Neue Fassadensysteme für höhere Energieeffizienz - Forum

Werbung
Holzbau
Freitag, 29. Januar 2016
Nummer 4 · Holz-Zentralblatt · Seite 99
Neue Fassadensysteme für höhere Energieeffizienz
Fassaden mit energieeffizienten Funktionen bieten auch viele Gestaltungschancen
Im Rahmen des zweitägigen Kernforums des „21. Internationalen Holzbau-Forums“ (IHF) in Garmisch-Partenkirchen (2. bis 4. Dezember 2015)
stellten sieben Referenten unter dem
Titel „Energieeffizientes Bauen – Intelligente Fassaden“ Projekte mit in
Form und Funktion besonderen Fassadenausführungen für Sanierungen wie
Neubauten vor. Doch ob Alt- oder
Neubau, die Gebäudehülle samt Fassade stellt Planer immer vor die Aufgabe, sie energetisch und optisch bestmöglich zu gestalten. Das zeigten auch
die ausgewählten Beispiele des Vortragsblocks.
der Müller von Müller-Schurr-Architekten (m2s), Marktoberdorf, zusammen mit Andreas Fischer von Rubner
Holzbau, Augsburg.
folgt. „Hierfür haben wir werkseitig
komplett vorgefertigte HolzrahmenbauElemente mit (dreifach verglasten)
Fenstern, Raffstores und Außenbekleidung in Kombination mit dem ,TES
Energy-Facade‘-System genutzt“, so der
Architekt.
Mit dieser Lösung konnte man der
Fassade ein einheitliches Gesicht geben, in der zuvor ein Konglomerat unterschiedlichster Fensterarten und -qualitäten verbaut war, ferner Vorsprünge
ausgleichen und aufwändige Details
vermeiden. Um außerdem weitere bauliche Maßnahmen zu vermeiden, wurden die vorhandenen Wandöffnungen
für die Fensterbänder auch bei der neuen Fassadengestaltung als Abwicklung
zugrunde gelegt.
Die Sanierung erfolgte bei laufendem
Betrieb der Schule; hierbei wurden die
alten Fenster erst nach bzw. während
der Montage entfernt. „Das ,TES-System‘ ermöglichte eine industrielle Fertigung auf Basis von 3 D-Daten der Gebäudegeometrie und der Struktur der
Bestandsfassade. Mithilfe der Foto-
Die Gebäudehülle des Aktiv-Stadthauses in Frankfurt am Main besteht aus gedämmten Holzrahmenbau-Elementen. In der Südfassade, die wie das Dach als
„hauseigener“ Energielieferant dient, sind Fotovoltaik-Module zwischen den
Fenstern eingebaut, was die Fassade gleichzeitig strukturiert
Foto: Ralf H. Pelkmann/ABG Frankfurt Holding
Die energetische Sanierung der Gesamtschule in Wetter ermöglichte ein einheitliches Erscheinungsbild bei gleichzeitiger Nutzung der vorhandenen Öffnungen für
die Fensterbänder
Fotos (2): Rubner Holzbau
Die Holzrahmenbau-Elemente mit eingebauten Fenstern wurden bei der Sanierung der Gesamtschule in Wetter nach dem ,TES Energy-Facade‘-System vorgefertigt. Wie ein Abguss umhüllen sie den Bestand
Sanierung als zweite
Chance für Baugestaltung
„Die meisten Gebäude im Bestand
sind etwas in die Jahre gekommen und
gesichtslos. Die Aufgabe ist, ein neues
Erscheinungsbild zu liefern und dabei
die markanten Merkmale wie beispielsweise die horizontalen Fensterbänder
des Bestands aufzugreifen“, erklärte
Müller die Herangehensweise.
Der Begriff der „intelligenten Fassade“
ist nicht selbsterklärend. Man könnte
sagen, es sind Fassadensysteme, die autark auf ihre Umwelt reagieren, um den
Energieverbrauch von Gebäuden zu
senken und das Innenraumklima für
den Nutzer zu verbessern. Dazu können selbstregulierende Wärme-, Fenster- und Sonnenschutzsysteme, die sich
wechselnden Licht- und Klimaverhältnissen anpassen oder entsprechend auf
sie abgestimmt sind, ebenso dienen wie
Fassaden-Lösungen mit FotovoltaikPaneelen, die Häuser zu ihrem eigenen
Kraftwerk machen.
Alexander
Müller
Prof. Andreas
Müller
Dass Planer mehr und mehr darüber
nachdenken, wie man die gebäudeumhüllenden Außenwände und deren witterungsschützende Bekleidungen (Fassaden) so ausführen kann, dass sie
einen Beitrag zur Energieeffizienz des
Gebäudes oder gar Energiegewinnung
liefern, spiegelten die Vorträge des Themenblocks deutlich wider. Moderiert
hat ihn Prof. Andreas Müller von der
Berner Fachhochschule Architektur,
Holz und Bau (BFH-AHB) in Biel,
Schweiz.
Über die energetische Sanierung der
Gesamtschule in Wetter im Landkreis
Marburg-Biedenkopf referierte Alexan-
Die Schule besteht aus einem Hauptgebäude und mehreren Nebengebäuden. Aufgrund der Hanglage ist sie stufenförmig und zweigeschossig ausgeführt. Wie die Untersuchungen an dem
Stahlbeton-Skelettbau aus den frühen
1970er-Jahren ergaben, war es nicht
möglich, die bestehende Vorhangfassade aus Stahlbeton-Fertigteilen als
Montagebasis für
eine neue Fassadenkonstruktion
zu nutzen, da sie
nicht
zusätzlich
belastet
werden
durfte. So wählten
die Planer ein autarkes, vorgestelltes Sanierungssystem, bei dem die
vertikale Lastabtragung der neuen
Fassade über neue
Fundamente vor
den Bestands-Betonfassaden
er-
grammmetrie und des 3 D-Laserscannens ließen sich die Fassadenelemente
aus Holz wie ein Abguss vorfertigen
und dann hinterströmungsfrei auf die
Bestandsfassade aufbringen. So war eine optimale Energieeffizienz erreichbar,
denn diese hängt vielfach davon ab, wie
gut die Anschlüsse der Gebäudehülle
an das Tragwerk entworfen und wie
sauber sie ausgeführt werden, erklärte
der Referent den Nutzen des Systems,
das auch die Herstellung der erforderlichen luftdichten Hülle ermöglichte.
Wesentliches Thema bei Fassadensanierung oder -erneuerung sind die
Brandschutzanforderungen. Bei der
Gesamtschule galt die Muster-Schulbaurichtlinie (M-SchulbauR) einzuhalten und eine Fassadenbekleidung zu
wählen, die „Brand ausbreitungsbegrenzend“ wirkt, bzw. einen Fassadenaufbau, der nach DIN 4102-4 ausgeführt ist.
Einen Brandüberschlag über die Geschosse zu verhindern, durch den Einsatz nichtbrennbarer Bekleidungen im
Erdgeschoss sowie eine Brandunterbrechung durch Querhölzer in der Unter-
Andreas Fischer
konstruktion bzw. Hinterlüftungsebene
zu gewährleisten, gehörten ebenfalls zu
den Maßnahmen – um hier nur die
wichtigsten zu nennen.
Andreas Fischer ergänzte den Vortrag
des Architekten noch mit Einblicken in
Fertigung, Transport und Montage. Die
geschickte Elementeinteilung der rund
100 Holzrahmenbauwände bei der Planung war nicht nur der zentrale Faktor
für eine optimal ausgebildete Gebäudehülle, sondern ermöglichte auch eine
reibungslose Baustellenlogistik. Die Tafeln wurden im Werk bis zur Schalungsebene vorgefertigt, zur Baustelle transportiert und vor Ort mithilfe einer entsprechenden Baustelleneinrichtung die
Fenster und andere Einsatzelemente
eingebaut. „Eine große Herausforderung stellte der Zeitplan dar“, so Fischer. „Aber wir haben es geschafft: Ende März 2014 wurden wir beauftragt, im
August haben wir mit der Montage begonnen und Mitte September 2014 waren wir fertig.“ Die Planung der Sanierung orientierte sich vom Einbau bis
zum Rückbau zudem am Lebenszyklus,
um den ökologischen Fußabdruck klein
zu halten.
Bewegte Fassaden für
die Wiedererkennung
Die Lisenen aus brettschichtverklebtem Lärchenholz wurden
einzeln, nach individuellen Profilen und nach Vorgabe des
Architekten mit einer CNC-Anlage gefräst und über die gesamte Gebäudehöhe von 18 m in einem Stück montiert
Die 18 m hohen Lisenen des Bürogebäudes „Z 3“ von Züblin
in Stuttgart-Möhringen bilden das markante Gestaltungselement des Fünfgeschossers
Fotos (2): Rubner Holzbau
Die Fassade des fünfgeschossigen Bürogebäudes „Z 3“ der Ed. Züblin AG in
Stuttgart-Möhringen beleuchtete Jürgen
Bezler vom gleichnamigen Unternehmen. Markantes Gestaltungselement
sind 18 m hohe vertikale Lisenen aus
Jürgen Bezler
brettschichtverklebtem Lärchenholz an
der Fassade. Diese wurden nach individuellen Profilen und Vorgaben der Planer von MHM Architects, Wien (Österreich), mit einer CNC-Anlage bei Rubner gefräst und über die gesamte Gebäudehöhe in einem Stück montiert.
Die Gebäudehülle selbst, also die Außenwandkonstruktion, besteht aus vorgefertigten Holzrahmenbau-Elementen
mit Regelabmessungen von 4,5 × 3,2 m.
„Sie wurden inklusive Fenster (DreiScheiben-Wärmeschutzverglasung,
mittlerer Uw-Wert: 0,4 W/(m²K)), Außenjalousien und Blechverkleidung auf
die Baustelle geliefert und vor Ort in
den Rohbau eingesetzt“, erklärte Bezler. Die Elemente überspannen jeweils
drei Fensterachsen und schließen entsprechend dem Achsmaß des Stahlbetonskelettbaus auf beiden Seiten an eine Betonstütze an. Täglich konnten bis
zu zehn der insgesamt 175 Wandelemente montiert werden. Auf diese Weise war das komplette Gebäude innerhalb weniger Tage „rohbaudicht“, so
der Referent.
Im Zuge der planungsbegleitenden
thermischen und lichttechnischen Gebäudesimulationen ließen sich durch
die Anpassung der Lisenentiefe und
-breite eine Optimierung des Kunstlichtbedarfs und der Effizienz des außenliegenden Sonnenschutzes erreichen. Der Gesamtanteil der transparenten Fassadenbereiche liegt bei etwa
45 %. Das Gebäude wurde aufgrund
Fortsetzung auf Seite 100
Holzbau
Seite 100 · Nummer 4 · Holz-Zentralblatt
Freitag, 29. Januar 2016
Neue Fassadensysteme für gute Energieeffizienz
Fortsetzung von Seite 99
seiner hohen Energieeffizienz (Passivhausstandard) außerdem mit dem
DGNB-Label in Gold zertifiziert. Aktuell steht eine energetische Aufrüstung
für das „Z 3“ an: Im Frühjahr 2016 sollen in den Brüstungsbereichen der Fassade nachträglich Fotovoltaikmodule
integriert werden. Dabei rechne Züblin
mit einer jährlichen Einspeisung von
rund 20 000 kWh, schloss Bezler seinen
Vortrag.
Was es mit „Lignoalp – die besondere
Fassade“ auf sich hat, darüber klärten
Michael
Sedlmayer
Michael Sedlmayer und Markus Damiani von Damiani-Holz & Ko aus Brixen
(Südtirol) am Beispiel des eigenen neuen Firmensitzes auf, einem viergeschossigen Kubus mit 15,5 × 15,5 m Grundfläche und 16 m Höhe: ein StahlbetonSockelgeschoss mit drei Holzbaugeschossen darüber. Die wellenförmige
timalen Abstand zwischen den vertikalen Lamellen zu finden. Betrachtet wurde bei der Visualisierung am Computer
der Lichteinfall zwischen den Lamellen, aber auch die Ästhetik der Fassade,
um den Eindruck einer geschlossenen
Hülle zu erhalten“, erklärte Damiani.
Ferner galt es, die optimale Lamellenbreite zu finden, was wiederum stark
vom jeweiligen Holzwerkstoff abhing.
Die besten Voraussetzungen bezüglich
Dauerhaftigkeit,
Dimensionsund
Formstabilität, Schutz der LamellenSchmalflächen, Wartung usw. bot
kreuzweise verklebtes, kesseldruckimprägniertes Furnierschichtholz (FSH/
LVL). Das Material ermögliche schlanke Querschnitte und benötige weder einen Wartungsanstrich noch einen zusätzlichen Schutz der Schmalflächen,
so Damiani. Zudem sei es einfach zu bearbeiten und in Längen bis zu 23 m verfügbar, sodass die Lamellen im Portalbearbeitungszentrum dreigeschosshoch
gefertigt werden konnten. Im Ergebnis
kamen 12,6 m hohe, 20 cm bis 65 cm
breite und 57 mm dicke Lamellen zum
Einsatz, die über Stahlschwerter an die
Außenwandelemente
angeschlossen
wurden. Damiani erwähnte auch den
Gewährleistungszeitraum des LVLHerstellers, den er mit 15 Jahren angab.
Möge es so lange halten.
Die beiden Wohnblöcke der Baugenossenschaft „La Cigale“
in Genf aus den frühen 1950er-Jahren mussten 2009 dringend saniert werden
Fotos (3): La Cigale
Nach der Sanierung erreichten die achtgeschossigen Häuser
von „La Cigale“ den Energieeffizienz-Standard Minergie-P.
Ermöglicht hat es die neue Gebäudehülle
Flaggschiff für
energieeffizientes Wohnen
Markus
Damiani
Fassade ist aus einem Ideenwettbewerb
hervorgegangen. Im Entwurf entwickelten die Architekten daraus eine vertikal
gegliederte Fassade, in der sich eine
dreidimensional geformte Welle über
die komplette Fassadenfläche zieht;
weitergeführt über die Dachebene gibt
die Gebäude umhüllende Welle dem
Firmensitz ein markantes Erscheinungsbild: Das Relief der Fassade
nimmt Bezug zur Topografie der umgebenden Berglandschaft.
Die Holzkonstruktion des Büro- und
Verwaltungsbaus besteht aus einer
Kombination von Holzrahmenbau- und
Brettsperrholzbauweise. „Die Herausforderung bei der technischen Umsetzung der Fassade bestand darin, den op-
Die Macher des 27 m hohen, 150 m langen, dabei aber nur knapp 10 m breiten „Aktiv-Stadthauses“ in Frankfurt/Main
wollen zeigen, dass Plusenergiegebäude auch im großen Maßstab funktionieren. Die Gebäudehülle aus nichttragenden,
vorgefertigten Holzrahmenbau-Elementen machte die Immobilie auf dem schmalen Grundstück erst wirtschaftlich.
Foto: HHS Planer + Architekten
Nachdem der Vortrag „Fassade der
Zukunft – statisch oder dynamisch?“
von Prof. Dr.-Ing. Winfried Heusler von
Schüco International aus Bielefeld
krankheitsbedingt ausfiel, konnte Andreas Wiege von HHS-Planer und Architekten, Kassel, im Anschluss das Ende Juli 2015 fertiggestellte Projekt „Aktiv-Stadthaus mit Effizienzhaus-PlusStandard in Frankfurt am Main“ vorstellen. Mit dem vom Bund geförderten
Demonstrationsvorhaben, das im Rahmen der Forschungsinitiative „ZukunftBau“ des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und des Bundesamtes
für Bauwesen und Raumordnung errichtet wurde, hat man die bisherigen
Entwicklungen im Bereich von Einfamilienhäusern erstmals auf einen großmaßstäblichen Geschosswohnungsbau
im Innenstadtbereich einer Großstadt
übertragen. Der achtgeschossige, gut 27
m hohe Wohnblock (Gebäudeklasse 5)
mit einer Länge von rund 150 m, aber
nur knapp 10 m Breite erzeugt den Ge-
Als Material für die Fassaden-Lamellen des dreigeschossigen Lignoalp-Firmensitzes in Brixen wählten die Architekten kesseldruckimprägniertes Furnierschichtholz,
das schlanke Querschnitte erlaubte und laut Hersteller weder einen Wartungsanstrich noch einen Schutz der Schmalseiten benötigt
Fotos : R. G. Wett
samtenergieverbrauch der 74 Wohnungen in der Jahresbilanz komplett selbst.
Als Energiequellen dienen rund 750
hocheffiziente Fotovoltaik-Module auf
dem langgestreckten, allseitig überstehenden Pultdach bzw. etwa 350 Fotovoltaik-Module zwischen den Fenstern
der Südfassade.
Tragende Schotten aus Stahlbeton
und Mauerwerk bilden zusammen mit
Stahlbetondecken das statische Gerüst
des Wohnbaus, nichttragende Außenwände in Holzrahmenbauweise die Gebäudehülle. „Mit den Holzrahmenbauwänden ließen sich die notwendigen
Andreas Wiege
Wanddicken für den Passivhausstandard im Vergleich zu mineralischen
Wänden sehr schlank halten. Der
Wandaufbau mit den 33 cm dicken,
Holzrahmenbau-Elementen samt hinterlüfteter Fassadenbekleidung und
raumseitiger Vorsatzschale der Nordfassade umfasst rund 47 cm, der der
Südfassade analog mit hinterlüfteten
Fotovoltaik-Modulen rund 55 cm. Daraus ergibt sich auf dem schmalen
Grundstück mehr vermietbare Fläche
und damit eine sehr wirtschaftliche Lösung“, erklärte Wiege die Entscheidung
für die Holzbauweise.
Die vorgefertigten geschosshohen
Außenwand-Elemente sind vor den
Stahlbetonschotten angeordnet und horizontal an sie angeschlossen. Ihre Längen orientieren sich am Gebäuderaster
und den Knicklinien der Südfassade. In
den meisten Fällen reichen die Elemente über mehrere Schotten hinweg und
sind bis zu 12,60 m lang. Mit Zellulose
voll ausgedämmt erreichen sie einen UWert von 0,127 W/(m²K). Dazu wähl-
Voll ausgedämmte, vorgefertigte Holzrahmenbauwände samt eingebauter Fenster
umhüllen den Bestand der „La Cigale“-Häuser und machen aus Balkonen Loggien. Nach nur 13 Monaten war die Sanierung abgeschlossen
ten die Planer dreifach verglaste Fenster
(Uw-Wert zwischen 0,72 und 0,80
W/(m²K)) mit einem niedrigen Energiedurchlassgrad (g-Wert) von 0,44, das
heißt nur 44 % der auf die Fensterflächen auftreffenden Energie gelangen in
den Innenraum. Wiege erläuterte ergänzend zur Gebäudehülle das Energiekonzept und wie beides zusammenwirkt. Sein Fazit: Das Pilotprojekt zeige, das energieeffizientes Bauen im großen Maßstab wirtschaftlich „geht“.
Wenn ab 2020 nach der EU-Richtlinie
zur „Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden“ (EU 2020, Energy Performance of Buildings Directive (EPBD)
2010/31/EU) nur noch Neubauten zugelassen werden, die ihre benötigte
Energie selbst erzeugen bzw. aus regenerativen Ressourcen beziehen, könnte
dieser Wohnbau Schule machen.
Holz als bessere
Wärmedämmung
Markus Mooser von S-Win aus Lausanne (Schweiz) sprach über die guten
bzw. im Vergleich zu anderen Baustoffen besseren wärmedämmenden Eigenschaften von Holz und berichtete über
die energetische Sanierung zweier
Wohnblöcke der Wohnungsgenossenschaft „La Cigale“ in Genf, dem bislang
größten Sanierungsprojekt nach dem
Energieeffizienz-Standard Minergie-P
in der Schweiz. Seinem Projektvortrag
schickte er allgemeine Betrachtungen
voraus, warum und in welchen Fällen
Holz die beste Lösung ist. Dass Holz als
Kohlenstoffspeicher oder als Baustoff,
der bei der Verarbeitung wenig Primärenergie benötigt, einen Beitrag zum Klimaschutz leistet, kam ebenso zur Sprache wie die Vorteile, dass Holz „von
Haus aus“ eine wärmedämmende Wirkung hat und eine hohe Festigkeit bei
geringem Eigengewicht aufweist. All
das prädestiniere den Holzbau für Sanierungen und die Nachverdichtung in
Städten, so Mooser.
Den Beweis dafür lieferte sein Projektbericht über die erwähnte Sanierung der zwei achtgeschossigen Wohnblöcke. Die Wohnbaugenossenschaft
„La Cigale“ hatte sie 1952 im Zentrum
von Genf errichten lassen. Als die
beiden Immobilien 2009 grundsaniert werden mussten, steckten sich die
Eigentümer ein ambitioniertes Ziel:
eine Sanierung nach Minergie-P-Standard.
Das dazu erarbeitete Konzept sah
eine Senkung des Wärmebedarfs der
Gebäude um 70 % vor. Hierfür erhielten die Gebäude, ähnlich wie bei der
Gemeinschaftsschule in Wetter (siehe
vorne) eine neue Hülle aus vorgefertigten, voll ausgedämmten, 24 cm dicken
Holzrahmenbau-Elementen samt eingebauter Fenster und ein neu gedämmtes Dach. „Ein wichtiges Element der
energetischen Sanierung waren die Balkone. Mit einer Glasmembran verschlossen konnten sie zu Loggien umgewandelt werden und wurden damit
ganzjährig nutzbar. Auch die Wärmebrücken ließen sich so auf ein Minimum reduzieren“, erklärte Mooser. Mit
der neuen Gebäudehülle in Verbindung
mit einem Heizsystem, das eine Wärmepumpe, einen Eisspeicher und ein Solardach kombiniert, erreichen die
Wohnblöcke nun den gewünschten
Energiestandard.
Dank der Vorfertigung der Holzrahmenbau-Elemente, die vor Ort eine sehr
kurze
Sanierungszeit
ermöglichte,
mussten die Bewohner während der
Umbauarbeiten nicht ausquartiert werden. Im März 2014 war die Sanierung
nach 13 Monaten abgeschlossen. Wegen der besonderen sozialen, ökologischen und finanziellen Lösungen galt es
als Pilotprojekt und erfuhr Unterstützung durch das Bundesamt für Energie.
2014 wurde es sogar mit zwei Preisen
ausgezeichnet: mit dem „Nachhaltigkeitspreis des Kantons Genf 2014“ und
dem „Schweizer Solarpreis 2014“.
Susanne Jacob-Freitag, Karlsruhe
Herunterladen