Energetische Sanierung - der Schlüssel zum Energiesparen Die

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Schweizerischer Verband Dach und Wand SVDW
red. Beitrag für SGZ Nr. 40
16.09.2009
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Energetische Sanierung - der Schlüssel zum Energiesparen
Die meisten Gebäude in der Schweiz sind Altbauten. Viele von ihnen müssen in den
nächsten Jahren saniert werden. Die Investitionen in eine umfassende Erneuerung
lohnen sich. Doch es gilt, die richtige Strategie zu wählen und vorhersehbare
Stolpersteine zu umgehen.
Der Schweiz ist zu grossen Teilen und seit längerem gebaut. 70 Prozent aller Wohnbauten
und Geschäftshäuser besitzen Jahrgang 1970 oder früher. An Charme, Geschichte und
Standortqualitäten sind die Altbauten bisweilen kaum zu überbieten. Aber mit dem
steigenden Alter fallen die zunehmenden Gebäudemängel ins Gewicht: Das Raumkonzept
ist eng und nicht mehr zeitgemäss, Leitungssysteme sind überholungsbedürftig oder die
Übergänge zwischen Fenster und Wand sind undicht. Denn so wie der Immobilienwert
steuertechnisch einschätzbar ist, lässt sich auch das Verfalldatum einzelner Hausteile
physikalisch bestimmen: Bereits nach 10 bis 15 Jahren sind es etwa Wände und Böden,
welche sehr häufig eine Auffrischungskur mit Pinsel oder Schleifmaschine nötig haben. Nach
20 bis 25 Jahren ist die Tauglichkeit der meisten haustechnischen Installationen respektive
der Heizungsanlage zu hinterfragen. Die durchschnittliche Lebensdauer der Gebäudehülle –
von der Fassade, über die Fenster bis zum Dach – beträgt zwischen 40 und 50 Jahre.
Zwei Drittel weniger Energie
Diese Angaben sind als Richtwerte zu lesen und deshalb nicht für jedes sanierungswürdige
Objekt gültig. Beispielhaft dafür steht das 5-stöckige Mehrfamilienhaus am Wingertweg 11 in
Chur. Das Wohnhaus wurde 1934 erstellt und im vergangenen Jahr erstmals umfassend
erneuert. Doch obwohl die Aussenwände nicht zusätzlich gedämmt worden sind, hat sich der
Energieverbrauch seither um fast zwei Drittel gesenkt. Der Eigentümer, der Bündner
Architekt Luzius Graf, konzentrierte sich daneben vorab darauf, das Äussere gestalterisch
schonend aufzufrischen und den Wohnkomfort in den 4 Wohnungen zeitgemäss
anzupassen. Die gesamten Umbaukosten betragen rund eine Viertelmillion Franken. Wegen
zu hoher Investitionen wurde die Aussendämmung nicht in Betracht gezogen. Die
Aussenwände sind allerdings schon im Originalzustand solid gebaut und bestehen aus
einem 34 bis 40 cm mächtigen, einschaligen Mauerwerk.
Ansonsten aber wurde für einen besseren Wärmeschutz Wirkungsvolles getan: Die hellrot
gestrichene Hausfassade ist mit dreifach verglasten Holz-Aluminium-Fenstern ergänzt
worden, welche besonders undurchlässig sind. Gleichzeitig wurde der Haussockel besser
gedämmt. Der über die Erdoberkante gezogene Kellerbereich weist nun inwendig an Boden,
Decke und Wänden eine 12 cm bis 14 cm dicke Dämmschicht auf. Doch damit nicht genug:
Das Dachgeschoss wird neu als Wohnraum genutzt. Unterdach und Lukarne wurden
vollständig umgebaut und mit 16 cm dicken Mineralwollplatten gedämmt.
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Umfassende Analyse
Das Churer Mehrfamilienhauses zeigt, wie individuell eine umfassende Erneuerung eines
bestehenden Gebäudes ausgeführt werden kann. Dabei steckt in der Gebäudehülle das
grosse Sparpotenzial: Eine umfassende Modernisierung von Altbauten reduziert den
Energieverbrauch um einiges mehr als die Hälfte. Zum einen ist dafür ein besseres Dämmen
von Fassade, Dach, Estrichboden oder Keller von Nöten. Bei einem bestehenden Gebäude
fliessen rund 40% der Heizwärme durch Fenster und Fassade, knapp 20% durch Dach und
Estrich sowie rund 10% über den Keller ab. Zum andern sind die Optionen, ein Gebäude auf
Vordermann zu bringen, vielfältig und das Spektrum möglicher Erneuerungsmassnahmen ist
breit. Tätig zu werden ist nicht nur angesichts der reduzierbaren Energie- und Betriebskosten
attraktiv. Sondern auch Gebäudewert, Wohnkomfort und Vermietbarkeit werden dadurch
gesteigert. Was jedoch durchwegs zu beachten ist: Ohne eine umfassende Gebäudeanalyse
und den Beizug von Baufachleuten geht es kaum. Nur wenn der Zustand eines Gebäudes
bekannt ist, lässt sich die Sanierung gezielt planen.
Die Berufsverbände für die Gebäudehülle (Schweizerischer Verband Dach und Wand)
respektive Gebäudetechnik (suissetec) haben eine Bildungsoffensive lanciert, um die
Beratungskompetenz zu erweitern. Spezialisierte Energieberater sollen den
Hauseigentümern bei der Gebäudeanalyse weiterhelfen und im selben Schritt den
Gebäudeenergieausweis ausstellen können.
Kompetente Beratung
Kompetente Beratung ist oft entscheidend, denn eine funktionierende Hülle besteht aus
verschiedenen einzelnen Bauteilen: Auf undichte Stellen bei Fensterbrüstungen ist ebenso
zu achten wie auf unnötige Wärmebrücken. Und ebenso wichtig ist das bauphysikalische
Zusammenspiel von dichten Fenstern und ungedämmter Fassade, wenn später keine
Feuchtigkeitsschäden auftreten sollen. Guter Rat ist ebenso wichtig, wenn es um das
angemessene Dämmen bestehender Hauswände geht. Bei denkmalgeschützten Bauten
wird etwa auf die Innendämmung als passende Alternative hingewiesen. Um den
Feuchtehaushalt nicht negativ zu beeinflussen und unnötige Wärmebrücken zu verhindern,
sind fast zwingend Energieberater und Spezialisten den Gebäudehülle beizuziehen.
Auch bei herkömmlichen Aussendämmungen sind die Empfehlungen der Baufachleute zu
beachten. Im Bereich des Massivbaus genügen minimale Dämmstärken zwischen 16 cm und
18 cm. Bei Leichtbaukonstruktionen sind hingegen 18 bis 20 cm dicke Dämmschichten
erforderlich. Mehr kann es auch sein: Der Zusatzaufwand, eine Standard-Dämmung zur
Minergie-Lösung aufzuwerten, ist sehr gering. Die Arbeitsabläufe sind dieselben und der
Mehraufwand für die Materialien fällt bei den Zusatzinvestitionen kaum in Betracht.
Kompensiert wird dies durch geringere Energiekosten und ausgeglichenere
Raumtemperaturen.
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Strategische Entscheide
Doch mit Abklärungen zum baulichen Zustand und zum effektiven Energieverbrauch ist es
nicht getan. Die Erneuerungsstrategie hat ebenso allfällige Komfortmängel – unter anderem
Durchzug in den Wohnräumen oder ungenügende Grundrisse – sowie die baugesetzlichen
Vorschriften zu berücksichtigen. Es gilt, das Wünschbare vom Machbaren zu trennen.
Paragraphen in den jeweiligen Bauverordnungen können allerdings einschränkend oder
befreiend sein: Bisweilen darf aus Gründen des Denkmalschutzes die Aussenfassade nicht
verändert werden. Anders verhält es sich bei Reserven, welche für eine grössere
Ausnützung der Parzellenfläche sprechen. Kann eine Erneuerung mit einem Ausbau unter
dem Dach, mit einem Wintergarten oder einem anderweitigen Anbau kombiniert werden,
ergeben sich interessante Optionen für die künftige Nutzung und Bewirtschaftung sowie
besonders für die Finanzierung. Gebäudebesitzer haben sich daher vorgängig zwischen
Werterhaltung, Teilerneuerung, umfassender Erneuerung oder einem Ersatz-Neubau zu
entscheiden. Tatsächlich kann ein Ersatz finanziell und energetisch günstiger sein als eine
Totalsanierung, sagt eine Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz.
Aufteilbare Kosten
Die Kosten sind ein zentrales Thema bei der Gebäudeerneuerung. Je langfristiger die
Planung und umfassender das Programm, umso höher fallen die erforderlichen Investitionen
aus. Wichtig ist daher zu wissen, dass nicht alles auf einmal erneuert werden muss. Eine
Gebäudesanierung kann schrittweise in einzelnen Etappen erfolgen, welche auf mehrere
Jahre verteilt ausführbar sind. Wichtig ist jedoch, auf die richtigen zeitlichen Abläufe zu
achten. In falscher Reihenfolge saniert, können verschiedene Probleme wie zum Beispiel
Feuchtigkeit und Schimmelwachstum entstehen. Die etappierbaren Massnahmenpakete
werden von Sanierungsexperten folgendermassen skizziert:
1.
Ersatz der Fenster, neuer Sonnenschutz, Wärmedämmung der Fassade
2.
Wärmedämmung des Daches oder des Estrichbodens und der Kellerdecke
3.
Heizkesselersatz, neuer Wasserwärmer
4.
Innenausbau: Küche, Bad, neue Leitungen, eventuell Einbau einer Komfortlüftung
Erst die Kombination von modernisierter Gebäudehülle mit neuer Technik bringt die
beabsichtigten Synergien: Investitionen in eine hohe Dämmqualität wirken sich positiv auf die
Betriebskosten aus. Die Heizungsanlage wird günstiger, da Geräte mit geringerer Leistung
angeschafft werden können.
Finanzielle Anreize
Während bei Baufachleuten wichtige Tipps für eine Erneuerungsstrategie eingeholt werden
können, sind fast alle Kantone bereit, eine energetische Gebäudeerneuerung finanziell zu
fördern. Bei den bestehenden kantonalen, regionalen und kommunalen Förderprogrammen
werden zudem auch Beiträge an Sonnenkollektoren, Wärmepumpen oder andere
erneuerbare Energieträger ausbezahlt. Weiter sind die energetisch wirksamen Sanierungen
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sehr oft von den Steuern abzugsberechtigt. Und zudem können Banken um ökologische
Darlehen angefragt werden. Der Bund wird die Sanierung von Gebäuden ab kommendem
Jahr gesamthaft mit rund 200 Millionen Franken fördern. Noch bis Ende dieses Jahres kann
eine finanzielle Unterstützung bei der Stiftung Klimarappen beantragt werden.
Voraussetzung dafür ist: Sie erneuern mindestens zwei Bauteile an der Gebäudehülle
(Fenster, Dach, Fassade) und haben ihr Domizil bisher fossil, mit Heizöl oder Erdgas,
beheizt.
Dass sich eine energetische Gebäudesanierung aber nicht nur für Eigentümer sondern auch
für die Volkswirtschaft lohnt, betont Armin Binz, Hochschuldozent und Leiter der Minergie
Agentur Bau: «Anstatt viel Geld für den Einkauf von Energieträgern aus dem Ausland
auszugeben, sorgen Investitionen in die Gebäudehülle für eine hohe Wertschöpfung bei der
inländischen Baubranche.»
(9000 Zeichen)
© Paul Knüsel, Oerlikon Journalisten, für den Schweizerischen Verband Dach und Wand
Foto (Objektreportage_B1)
Legende zu B1 und B2: „Mehrfamilienhaus Wigertweg 11, Chur vor (links) und nach (rechts)
der Modernisierung: gezielte Massnahmen führten zu einer beachtlichen Senkung des
Energieverbrauchs sowie zu mehr Komfort und einer Wertsteigerung des Gebäudes.
Foto (Objektreportage_B2)
Legende: siehe oben
Foto (Objektreportage_B3)
Legende: Optimierungsmassnahmen: beispielsweise Nutzung der Dachflächen
(Warmwasserproduktion mit Sonnenkollektoren) und Wohnen direkt unter dem Dach.
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