kunstspeicher prantl - carsten roth architekt

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CARSTEN ROTH ARCHITEKT
KUNSTSPEICHER PRANTL
BURGENLAND - ÖSTERREICH
„Karl Prantl ist Bildhauer, seine
Frau Uta malt. Ihre Bilder brauchten ein Depot mit konstanter Temperatur, in dem man sie
lichtgeschützt lagern konnte.
Architekt Carsten Roth entwarf
ihnen einen 25 Meter langen,
schwebenden Schrein für die
Kunst, der Staunen macht.
Schichtungen des Ortes
Ein Künstlerehepaar, eine Architekturikone, alte Obstbäume und
Steine, in denen sich Lebenszeit
und Erfahrung zu Skulpturen
verdichtet haben: Das Grundstück, auf dem das Atelierhaus
des Bildhauers Karl Prantl und
der Malerin Uta Prantl steht, ist
ein magischer Ort. Er liegt auf
einer schmalen, langen Parzelle
im burgenländischen Pöttsching
und verströmt die Aura meditativer Versunkenheit. Prantl ist
hier geboren. Als er den Grund
erbte, war er nur 10 Meter breit,
später kaufte er die Nachbarparzelle dazu. Erst waren da
nur zwei schwere Blöcke aus
Osttiroler Serpentin. Sie bildeten
die Ecksteine, zwischen denen
das Atelierhaus entstand. Architekt Ernst Hiesmayr plante den
leichten Holzbau, dessen Untergeschoß von einem Hohlweg
gequert wird. Kochen, Essen,
Waschen, Schlafen: alles Leben
wurzelt in der Erde. Darüber
liegt die Stätte der Kunstproduktion: ein großer Raum mit vier
hohen Wänden zum Malen
und Hängen.Leicht ansteigend,
erstreckt sich die Parzelle heute
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500 Meter von der Straße im
Nordosten bis zum Horizont. An
ihre südöstliche Grundgrenze
setzte Hiesmayr einen schmalen
Zubau aus Lärchenholz. Hier
lagerte Uta Prantl ihre Bilder.
Doch im Sommer wurde es viel
zu heiß, im Winter viel zu kalt,
die Schwankungen setzten der
Malerei stark zu. Ein neuer Kunstspeicher musste her. Im Nordwesten wurde ein Streifen Land
dazu gekauft, auf den Architekt
Carsten Roth ein Gebäude
stellte, das die Gesetzmäßigkeiten der Schwerkraft für
einen ewigen Moment aus den
Angeln zu heben scheint. Leicht
abgerückt von der Grundgrenze,
steht es wie ein erratischer
Block am Rand des Gartens und
schließt ihn zum Hof: Der alte
Stadel und der neue Schrein,
dazwischen ein gefasstes Stück
Skulpturenpark und die Zeit, die
vergangen ist.
Verlagerte Materie
Wie Ackerfurchen ziehen lange,
schmale Flurflächen und Hakenhöfe ihre parallelen Linien in die
Landschaft. „Alle Straßendörfer
folgen dieser Anordnung. Die
Form sollte das beinhalten“, so
Carsten Roth. Das Gebäude ist
viereinhalb Meter breit, fünfundzwanzig Meter lang und etwa
sieben Meter hoch. Präzise gießt
es das Wesen der Kunst und
die Kunst des Staunens in einen
Baukörper.Er fußt auf einem
Sockel aus Stahlbeton. Über
einer kräftigen, schwarzen Fuge
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aber ruht darauf der Schrein der
Malerei. „Ein Lebenswerk muss
reifen, wie der Wein im Keller“,
so Karl Prantl. Arbeiten aus
55 Jahren, die seine Frau Uta
oben aufbewahrt wissen wollte.
Siebzehneinhalb Meter kragt der
Depotraum nun über einer leicht
bombierten Stahlbetonplatte
aus, die hauchzart auf der Wiese
aufzusetzen scheint. Aus dieser
Plattform entwickelt sich das Gebäude, das zwischen oben und
unten einen sehr präzisen Raum
umschreibt, der sich zu Himmel und Landschaft öffnet. „Ich
wollte dem Ort meine Ehrerbietung erweisen“, so Roth. „Das
wichtigste ist der Außenraum. Er
bereitet einen auf die Bilder vor,
die drinnen aufbewahrt werden.“
Hier wird das Leichte schwer und
das Schwere leicht. Unter dem
auskragenden Bauteil lassen
sich Skulpturen witterungsgeschützt aufstellen. Der Speicher
gibt dem Garten einen Rahmen,
der sich in der Baumreihe an
der Wand, die den Nachbarn
ausblendet, fortsetzt und dann
in die Landschaft übergeht.
Gekonnt inszeniert der Bau den
Zugang: Eine Sichtbetonwand,
die im rechten Winkel zur nordwestlichen Grundgrenze verläuft,
bildet eine klare Zäsur zur
Straße. Man muss ein Tor durchschreiten, um den magischen Ort
zu betreten. Rein funktional ging
es um optimale Lagerbedingungen: möglichst geringe Temperaturschwankungen, möglichst
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wenig Sonne, gleichmäßiges Licht. Deshalb besteht der massive
Baukörper aus geschlossenen
Wand- und Deckenscheiben, die
wie abstrakte, weiße Flächen
wirken und so symbolisch auf
den Beginn aller Kunst verweisen. Die weiße Leinwand, den
rohen Stein, Tod und Auferstehung. „Der beidseitig gewölbte
Freiraum im Erdgeschoß erzählt
von der Materie, die sich verlagert hat“, sagt Carsten Roth.
Partitur aus Zeit und Raum
Der Speicher ist aus mehreren
Schichten gebildet, die sich erst
in der Bewegung erschließen.
Durch den Garten schreitet man
an der schwebenden Längsflanke entlang.
Die Schatten der kahlen Äste
eines Baumes fallen auf die
weiße Wand, klar hebt sich über
der horizontalen Linie einer tiefen Fuge der obere vom unteren
Bauteil ab, was den Eindruck des
Schwebens noch verstärkt. Diese
statische Meisterleistung wurde
vom Tragwerkplaner Alexander
Hentschel mit einer brückenartigen Konstruktion bewältigt, die
die Zugkräfte diagonal durch
die Wandscheiben ableitet. „Ich
wollte dem Staunen, das die
Wurzel und der Antrieb aller
Kunst ist, einen Ausdruck geben“, sagt Carsten Roth.
„Architektur ist in Ketten tanzen:
die Fugen mussten so tief ausgebildet sein, dass der Baukörper
wie ein ausgehöhlter Stein wirkt
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und so auf die Skulpturen reagiert, ohne mit ihnen in Konkurrenz zu treten.“ Es war hohe
Ingenieurskunst, die Druck- und
Zugkräfte an den Fugen vorbeizuführen. Unter der Untersicht
des Depots verdichtet sich der
Raum, an ihrer Kante wird der
Himmel zum schmalen Band, das
rechts und links in die Weite der
Ebene entgleitet. Unter diesem
massiven Baldachin schreitet
man auf den Sockel zu, zwischen dessen leicht gebogenen
Wandscheiben eine Stiege ins
Depot hinauf führt. Auch ihre
Stufen sind horizontal bombiert
und wirken, als seien sie von
den Schritten hunderter Jahre
ausgetreten. „Diese Details sind
sehr wichtig“, sagt Roth. „Die
geneigten Wände vermitteln
automatisch Geborgenheit. Man
geht von unten in eine andere
Welt.“ Das Steigungsverhältnis
der Treppe ist angenehm flach,
wie von selbst gleitet man dem
Licht entgegen, das durch das
Glas im Eingangsbereich auf die
Stufen fällt. Die Scheiben sind
mattiert, leuchtend reflektieren
sie die Sonne. Drei Stufen führen
in den langen, 2,64 Meter hohen
Raum. Die Seitenwände sind
gemauert und verputzt, das
Klima wohltemperiert, die Atmosphäre ruhig konzentriert, das
Licht leicht gedämpft, das Regalsystem gefinkelt: mühelos lassen
sich hier Bilder jeden Formats
schlichten und herausziehen. Am
Ende des Kunstkorridors aber
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schimmert es mystisch hell: hier
ist ein Oberlichtschlitz in die
Decke eingeschnitten. „Meine
Dinge entwickeln sich hinaus in
die Landschaft“, sagt Karl Prantl.
„Ich wollte eine Höhle schaffen
für die Bilder meiner Frau.“ Es
wurde ein Kunstspeicher, der
zum Himmel strebt.”
Abdruck mit freundlicher
Genehmigung von Isabella Marboe und Springer Verlag, Wien
– New York
“Die hohe Kunst der Fuge”,
erschienen in “architektur.aktuell”
Nr. 04/2009
KUNSTSPEICHER PRANTL
BURGENLAND - ÖSTERREICH
Standort/Anschrift
Feldgasse 18, 7033 Pöttsching, Österreich
Bauherrin
Uta und Karl Prantl
Wiener-Neustädter-Strasse 8
7033 Pöttsching, Österreich
Architekt und Bauleitung
CARSTEN ROTH ARCHITEKT
Rentzelstraße 10 B, 20146 Hamburg
Freiraumplanung
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Fachingenieure
Tragwerksplanung: Dr. Kreutz & Partner
Dr. Alexander Hentschel, Hintere Ledergasse 18, 90403
Nürnberg
Umbauter Raum
BRI = ca. 554 m3
Nutzfläche
BGF = ca. 158 m2
Fotograf
Klaus Frahm / ARTUR
Foto Cover © KF 1299-18
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9 - HAMBURG - KF1044-52
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