7. Thesen 1. Wirbelfrakturen sind relativ selten und können jede Altersgruppe betreffen. Ihre Therapie bedarf daher eines differenziertes Behandlungskonzeptes und einer klaren Indikationsstellung. 2. Biomechanisch entstehen Wirbelkörperfrakturen am häufigsten durch axiale Krafteinwirkung in Kombination mit Flexionsmomenten, wie bei Unfällen in Straßenverkehr und Haushalt und Leiterstürzen. Bei derartigen auftretenden Unfallmechanismen ist gezielt nach Wirbelverletzungen zu suchen. 3. Ein wesentliches Kriterium für die Auswahl des Behandlungsverfahrens ist die auf eine exakte klinische und radiologische Diagnostik gestützte Frakturklassifikation. Die AO-Klassifikation läßt eine Differenzierung der Frakturen nach Morphologie, Entstehungsmechanismus, Stabilität, Therapieoptionen und Prognose zu. 4. Neurologische Begleitverletzungen sind zu erfassen und werden nach dem Frankel-Schema eingeteilt. Sie haben großen Einfluß auf die Dringlichkeit und die Art des anzuwendenden Therapieverfahrens. 5. Behandlungsziel ist die Wiederherstellung der statischen, dynamischen und myeloprotektiven Funktion der Wirbelsäule. Dazu können funktionelle, konservative oder auch operative Behandlungsmethoden zur Anwendung kommen. 6. Die Behandlungsergebnisse der funktionellen Therapie stabiler Frakturen (Typ A1 nach AO) sind mit denen der konservativen Behandlung nach Magnus vergleichbar. Daher sollten diese Frakturen eher funktionell therapiert werden. 7. Die konservativ immobilisierende Wirbelbruchbehandlung n. Magnus instabiler bzw. temporär instabiler Frakturen (Typ A3 nach AO) ist mit mäßigen bis guten, vereinzelt aber auch mit sehr guten Ergebnissen möglich. Sie stellt damit beim Vorliegen von Kontraindikationen für eine Operation durchaus eine Behandlungsalternative dar. 8. Durch die primäre geschlossene Reposition von Wirbelfrakturen im Durchhang konnte initial eine Aufrichtung des Wirbelkörpers erzielt werden, die nach statischer Belastung jedoch bei allen Patienten vollständig wieder verloren ging. Repositionsmanöver sollten daher nur so früh wie möglich, am besten aber in Kombination mit einer internen Frakturstabilisierung erfolgen. 9. Auch die über Monate erfolgten Anwendungen von Gipsmiedern oder DreipunktStützkorsetten konnte die radiologisch nachweisbare Fraktursinterung nach Belastung nicht aufhalten. Der Einsatz derartiger Hilfsmittel sollte daher kritisch betrachtet werden und allenfalls kurzzeitig zur Schmerzlinderung bei Frühmobilisation erfolgen. 10. Das Ausmaß der resultierenden Wirbelkörperdeformierung korreliert nach übereinstimmenden Angaben in der Literatur und unseren Erfahrungen nicht mit den verbleibenden Patientenbeschwerden. Röntgenmorphologische Kriterien allein reichen zur Beurteilung des Behandlungserfolges also nicht aus. 11. Mehrsegmentverletzungen an der BWS, auch bei einfachen Frakturformen, neigen zur Ausbildung einer erheblichen posttraumatischen Kyphose, u.U. mit der Gefahr sekundär auftretender neurologischer Komplikationen. Diese Verletzungen sollten daher vorzugsweise operativ stabilisiert werden. 12. Kompressions-Distraktions-Verletzungen vom B-Typ (nach AO) heilten unter konservativer Therapie trotz langer stationärer Verweildauer mit schlechten Ergebnissen aus. Die Forderung nach grundsätzlich operativer Therapie dieser Verletzungen ist daher voll zu unterstützen. 13. Patienten mit primären posttraumatischen neurologischen Beeinträchtigungen haben unter konservativer Therapie nur geringe Besserungschancen um maximal 1 Stufe. Daher ergibt sich für alle Patienten mit Frankel C und schlechter eine zwar relative aber doch „gute“ OP-Indikation. 14. Die nichtoperative Wirbelbruchbehandlung ist mit einfachen und komplikationsarmen Methoden möglich und führt nach unseren Nachuntersuchungen überwiegend zu sehr guten und guten Behandlungsergebnissen in der funktionell behandelten Gruppe und mehrheitlich zu guten bis mäßigen Erfolgen bei sonstigen konservativen Verfahren. Sie ist damit bei indikationsgerechter Anwendung nach wie vor ein berechtigtes und erfolgreiches Therapieverfahren.