Positionierung der Brackets • Scherfestigkeit während der aktiven Zahnbewegung (siehe auch Kapitel 2) • Verhalten beim Debonding Vorgeschichte Zu Beginn der Multi-Band-Technik zementierte E. W. E. Magill aus Edelmetall gefertigte Bänder auf die Zähne seiner Patienten. Rund 70 Jahre später, im Jahr 1965, wandte G. V. Newman erstmals adhäsive Befestigungsverfahren an. Mit diesem bedeutenden Schritt wurde es für jeden behandelnden Arzt möglich, eine Multi-Band/ Multi-Bracket-Therapie in der Praxis durchzuführen. Der bis dahin riesige logistische Aufwand, einen Vorrat an Bändern für den jeweiligen Zahn in 30 oder mehr Größen bereitzuhalten, war nun nur noch für die Molaren notwendig (Abb. 6.1). Die Evolution der Befestigungstechniken für festsitzende Apparaturen verlief also über • zementierte Bänder, • die Adhäsivtechnik mit – universeller Bracket-Basis, – anatomisch vorgeformter Bracket-Basis, – individuell adaptierter Bracket-Basis. Nur Schritt „zwei“ unterscheidet sich bei SL-Brackets wesentlich im Vergleich zu konventionellen Brackets und muss hier näher erläutert werden. Positionierung der Brackets Vertikale Positionierung Als klinische Leitlinien wurden von diversen Autoren Bezugspunkte empfohlen. Vor allem der Abstand des Bracket-Slots zur Schneidekante ist der meist genutzte Referenzpunkt für den Höhenabgleich. Wir empfehlen hier die Werte in nachfolgender Tabelle (Tab. 6.1). Die Vorgaben führen zu einem dezenten Höhenunterschied von ca. 0,5 mm zwischen den mittleren und seitlichen Schneidezähnen des Oberkiefers (Abb. 6.2). Eine eigene, an gescannten dreidimensionalen Modellen durchgeführte Studie überprüfte die Basen-Kongruenz diverser Hersteller zu den jeweiligen Zahnoberflächen (Abb. 6.3). An einer aus 500 mittleren oberen Schneidezähnen errechneten dreidimensionalen Labialfläche wurde die Kongruenz verschiedener Bracket-Basen zur Zahnoberfläche in mesiodistaler und okklusogingivaler Ausdehnung verglichen. Der Bracket-Slot kann durch Passungenauigkeiten nicht die theoretisch gewünschte Position einnehmen. Im Therapieverlauf kommt es zu klinisch unerwünschten Ausrichtungen von Einzelzähnen, die häufig durch zusätzliche Bogenbiegungen korrigiert werden müssen. b Abb. 6.1 a u. b Multi-Band-Apparatur vor ca. 40 Jahren (a) und moderne Multi-Bracket-Apparatur (b). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Die Ausrichtung vorprogrammierter Brackets muss in allen Raumebenen möglichst exakt erfolgen. In der Evolution der Bracket-Geschichte sind selbstligierende Brackets keine revolutionäre Weiterentwicklung. Die bisher bei der Befestigung bekannten Probleme sind unverändert. Die Positionierung erfordert sogar, wie in diesem Kapitel behandelt, einen höheren Zeit- und Präzisionsaufwand. Das erfolgreiche Kleben von vorprogrammierten Brackets für eine zielgerichtete dreidimensionale Zahnbewegung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Diese Faktoren sind zum großen Teil unabhängig vom Verschlussmechanismus, da die Klebebasen der meisten Hersteller, egal ob konventionelles oder selbstligierendes Modell, weitgehend übereinstimmen. Die Grundlagen des Bracket-Klebens sind in der Literatur ausführlich beschrieben. In diesem Kapitel werden vorrangig die Besonderheiten beim Kleben von SL-Brackets gezeigt. Folgende Aspekte beeinflussen den Erfolg eines adhäsiv befestigten Brackets: • Kongruenz der Bracket-Basis zur Zahnoberfläche • Positionierung: vertikale und horizontale Ausrichtung, Rotation a 83 84 6 Klebetechniken Zahn 1 2 3 4 5 6 7 Abstand zur Schneidekante in mm (Standardwerte) Oberkiefer 5 4,5 5 4,5 4 3 2 Unterkiefer 4 4 4,5 4 3,5 2,5 2,5 offene Konfigurationen Frontzähne: +1 mm Seitenzähne: –0,5 bis –1 mm Oberkiefer 6 5,5 6 3,5 3 2 2 Unterkiefer 5 5 5,5 3 2,5 2 2 tiefe Konfigurationen Frontzähne: –1 mm Seitenzähne: +0,5 bis +1 mm Oberkiefer 4 3,5 4 5,5 5 4 3 Unterkiefer 3 3 3,5 5 4,5 3,5 3,5 a b Abb. 6.2 a–c c Frontzahntreppe vor (a), während (b) und nach der kieferorthopädischen Ausformung (c). Die Folgen, die sich aus einer Inkongruenz zwischen Zahnoberfläche und zugehöriger Bracket-Basis ergeben, wurden bereits in Kapitel 2 ausführlich besprochen. Horizontale Positionierung Die Positionierung der Brackets in mesiodistaler Ausrichtung erfolgt in Bezugnahme zur Zahnlängsachse (Abb. 6.4). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Tab. 6.1 Angaben zur vertikalen Ausrichtung nach McLaughlin, Bennett und Trevisi [3, 4]. Abhängig von der zugrunde liegenden Anomalie werden die Brackets in einem Schwankungsbereich von ± 0,5–1 mm in ihrer Höhenposition versetzt. Abb. 6.3 a–f Vertikale Profilschnitte entlang einer definierten Vorgabe: a–c Der Radius des Innovation-R-Brackets ist zu eng, d. h. die a e b f Bracket-Basis ist zu stark gekrümmt, um zu dem Mittelwert-Zahn zu passen. d–f Der Radius des Quick-Brackets fügt sich relativ gut an die Oberfläche des Mittelwert-Zahnes. c d Abb. 6.4 a–f Bracket 11 wurde bei der horizontalen Ausrichtung nach distal versetzt platziert (a). Am Runddraht fällt der Fehler noch nicht ins Auge (b–d), am Vierkantbogen macht sich dann aber der versehentlich einprogrammierte Stellungsfehler deutlich bemerkbar (e, f). 85 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Positionierung der Brackets