Konzert - Sakrale Chorliteratur aus vier Jahrhunderten bot der Knabenchor »Capella vocalis« in St. Wolfgang Streifzug durch Musikepochen VON STEFANIE HÄUSSLER PFULLINGEN. »Das war jetzt mal was Erhabenes!« Und: »Ist ja wie immer bei solchen Veranstaltungen – fast nur alte Leute. Dabei könnten doch auch die Jungen davon was mitnehmen!« Diese beiden Äußerungen von zwei älteren Besucherinnen nach dem Konzert des renommierten Knabenchors »Capella vocalis« am frühen Sonntagabend in der St. Wolfgangskirche in Pfullingen umreißen zentrale Aspekte dieses Konzerts: Es war wahrlich erhaben, was die 48 Sänger zwischen fünf und 35 Jahren unter der engagierten Leitung ihres Chorleiters Christian Bonath zu Gehör gebracht haben. Der Knabenchor »Capella vocalis« sang in der Pfullinger St. Wolfgangskirche. FOTO: HÄUSSLER Und egal welchen Alters, wer das kostenlose, eineinhalbstündige Konzert verpasst hat, hat sich selbst um eine gehörige Portion kulturellen Seelenbalsam gebracht. Sakrale Chorliteratur aus vier Jahrhunderten, überschrieben mit dem 23. Psalm »Der Herr ist mein Hirte«, boten die 30 zarten Knabensoprane dar, zur Fülle ergänzt von den 18 jungen Tenören und Bässen – Chorgesang auf höchstem Niveau. Gesungener Segen Dem Wunsch von Dekan Hermann Friedl, den Applaus bis zum Schluss aufzusparen, kamen die Gäste dann später stehend nach. Als Zugabe spendierten die Sänger dann auch das bekannte »Jesus meine Freude«. Hatte der Einzug der Sänger zum italienischen Prozessionslied »Alta trinita beata« aus dem 15. Jahrhundert bereits auf das zu Erwartende eingestimmt, waren die Gäste zu Konzertende, auch durch den gesungenen Segen »The Lord bless you and keep you« des zeitgenössischen Komponisten John Rutter, so erfüllt, dass die sich zum Auszug der Sänger zu »Alta trinita beata« nochmals erhoben. Das Programm war ein Streifzug durch die musikalischen Epochen von der Renaissance, über Barock, Klassik und Romantik bis zur Musik des 20. Jahrhunderts. Heinrich Schütz’ »Also hat Gott die Welt geliebt« ist ebenso zu nennen, wie die Motetten von Johann und Johann Christoph Bach »Unser Leben ist ein Schatten« und »Fürchte dich nicht«. Bernhard Klein steht mit seiner Vertonung des 23. Psalms und Moritz Hauptmann mit den »Sechs geistlichen Gesängen« für die Klassik. Von den Romantikern Anton Bruckner hatte Bonath »locus iste« und von und Johannes Brahms die Marienlieder ausgewählt. Als Solist glänzte Jan Jerlitschka mit »Singe Seele, Gott zum Preise« und »Flammende Rose, Zierde der Erden« aus den »Deutschen Arien« von Händel, die Bonath behutsam an der Truhenorgel begleitete. Dekan Friedls Aufruf zu einem »Schein-Werfer-Opfer« in die Körbchen der jungen Sänger war das Publikum nach diesem Musikgenuss gerne nachgekommen. (GEA) Reutlinger General-Anzeiger, 16.06.2015