Das Brett vorm inneren Auge Psychologen wollen Hirntheorie der

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URL: http://www.uni-jena.de/Forschungsmeldungen/FM170707_Hypnose_Hirntheorie.pdf
Das Brett vorm inneren Auge
Psychologen wollen Hirntheorie der Hypnose entwickeln
Foto: Jan-Peter Kasper
Eine unter Hypnose stehende Probandin muss auf verschiedene Symbole auf dem Bildschirm
reagieren. Gleichzeitig wird per EEG ihre Hirnaktivität gemessen. Auf diese Weise untersuchen die
Jenaer Psychologen, wie Hypnose einzelne Regionen des Gehirns bei der visuellen Reizaufnahme
beeinflusst.
Mit der Hilfe von Hypnose gewöhnen sich Menschen das Rauchen ab, finden besseren Schlaf und
überstehen sogar Zahnarztbesuche schmerzfrei. Doch was ist eigentlich Hypnose und was genau
passiert im Gehirn eines hypnotisierten Menschen? Im Rahmen eines von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft unterstützten Projektes gehen derzeit Psychologen der
Friedrich-Schiller-Universität Jena unter Mitwirkung eines Kollegen von der Universität Trier diesen
Fragen nach, um umfassende wissenschaftliche Antworten auf diese Fragen zu finden. In der
aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Scientific Reports" präsentieren sie erste Ergebnisse.
Wie das Gehirn hypnotische Zustände ermöglicht
Das Brett vorm inneren Auge
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"Wir untersuchen im Rahmen unseres Projektes, wie das Gehirn hypnotische Zustände
ermöglicht", erklärt Prof. Dr. Wolfgang Miltner, der sich bereits seit Jahrzehnten mit dem
Phänomen beschäftigt. "Aktuell haben wir dabei die Verarbeitung visueller Reize genauer unter die
Lupe genommen." Für ein Experiment teilten sie Probanden in drei Gruppen ein: Personen, die
sehr suggestibel, also empfänglich für Hypnose, sind, und Personen, bei denen diese Fähigkeit
eher mittelmäßig und wenig ausgeprägt ist. "Wir ließen sie hypnotisiert auf einen Bildschirm
schauen, auf dem wir verschiedene Symbole zeigten, beispielsweise einen Kreis oder ein Dreieck",
berichtet Dr. Barbara Schmidt, die den Versuch durchgeführt hat. "Die Testpersonen bekamen
dabei die Aufgabe, ein bestimmtes Symbol zu zählen, sich also darauf besonders zu
konzentrieren. Gleichzeitig sollten sie sich ein Brett vor ihren Augen vorstellen. Durch die
suggerierte Sichtbehinderung stieg die Anzahl der Zählfehler erheblich." Die Effekte zeigten sich in
allen drei Testgruppen, am stärksten ausgeprägt allerdings bei den besonders gut
hypnotisierbaren Probanden.
Um auch die Hirnaktivitäten beobachten zu können, waren die Testpersonen an einen
Elektroenzephalographen (EEG) angeschlossen. "Betrachten wir die dabei entstandenen
neuronalen Vorgänge des Gehirns bei der Verarbeitung der Symbole, dann erkennen wir etwa 400
Millisekunden, nachdem die Probanden das besonders zu beachtende Symbol gesehen haben,
eine extrem reduzierte Hirnaktivität, obwohl sie normalerweise sehr hoch sein müsste", erklärt
Schmidt. "Kurze Zeit vorher - bis 200 Millisekunden nach der Präsentation des Reizes - zeigen sich
jedoch keine Auffälligkeiten." Das bedeute also, dass die einfache Wahrnehmung noch stattfindet,
tiefere Verarbeitungsprozesse, wie etwa das Zählen, aber stark beeinträchtigt sind. Auf diesem
Weg konnten die Psychologen der Universität Jena herausfinden, wie die Hypnose einzelne
Regionen im Gehirn bei der visuellen Reizaufnahme beeinflusst.
Eine seriöse Hypnoseforschung etablieren
In den kommenden Jahren sollen weitere solche Untersuchungen folgen. Dabei widmen sich die
Jenaer Forscher zum einen der veränderten Verarbeitung akustischer Reize und zum anderen der
Schmerzlinderung durch Hypnose. "Bis in die 1920er Jahre hinein gehörte Hypnose durchaus zur
medizinischen Ausbildung und auch heute wird sie wieder in der Anästhesie eingesetzt", berichtet
Miltner. "Allerdings gibt es kaum wissenschaftliche Forschungen dazu, warum Hypnose wie ein
Narkosemittel wirkt." Leider gebe es zu viele esoterische Spekulationen zu diesem Thema, so dass
sich Wissenschaftler auf dem Gebiet häufig mit Skepsis konfrontiert sehen. "Wir müssen nicht
mehr zeigen, dass Hypnose wirksam ist, denn das ist bewiesen. Es gilt vor allem herauszufinden,
warum und wie solche merkwürdigen Wahrnehmungsveränderungen bei hypnotisierten Menschen
möglich sind", sagt Miltner. "So wollen wir eine seriöse Hypnoseforschung etablieren."
Original-Publikation:
Schmidt B. et al. The Power of mind: Blocking visual perception by hypnosis. Scientific Reports
(2017), 7: 4889, DOI:10.1038/s41598-017-05195-2; www.nature.com/articles/s41598-017-05195-2
Kontakt:
Prof. Dr. Wolfgang H. R. Miltner, Dr. Barbara Schmidt
Institut für Psychologie der Universität Jena
Am Steiger 3, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945140
E-Mail: [email protected], [email protected]
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