5 SPEZIELLE ENDODONTIE Anatomische Besonderheiten ● Der Dens invaginatus (syn.: Dens in dente; Abb. 5.1) ist eine seltene strukturelle Fehlbildung der Zähne, deren Ätiologie nicht vollständig geklärt ist. ● Vermutet wird ein Defekt im Schmelzorgan oder eine Invagination des Schmelzorgans während der Amelogenese. Neuere Theorien gehen davon aus, dass durch eine Verdrehung des Schmelzorgans während der Zahnbildung ein schmelzbegrenzter Kanal entsteht, der bis tief in den Zahn hineinreichen kann. ● Schmelz und Dentin am Boden dieser Einziehung sind oft von minderer Qualität und irregulär strukturiert. ● Möglicherweise gibt es eine genetische Determination. ● Am häufigsten betroffen sind obere seitliche Schneidezähne, ein beidseitiger Befall ist nicht ungewöhnlich. ● Von verschiedenen Klassifikationen des Dens invaginatus hat sich die von Oehlers vorgeschlagene Einteilung weitgehend durchgesetzt: – Typ I: Die Invagination reicht nicht weiter apikalwärts als bis zur Schmelz-ZementGrenze. – Typ II: Die Invagination reicht apikalwärts über die Schmelz-Zement-Grenze hinaus und endet als blinder Sack innerhalb der Wurzel. Eine direkte Verbindung zwischen Invagination und Pulpa ist möglich. – Typ III: Die Invagination besitzt apikal oder lateral eine direkte Verbindung zum Parodont, es liegt aber keine Verbindung zur Pulpa vor. Abb. 5.1 Histologisches Bild eines Dens invaginatus. Die unvollständige Schmelzauskleidung am Boden der Invagination ist gut zu erkennen. – Ergänzend wird die Form des „incipient dens in dente“ genannt. Hierbei handelt es sich um eine tiefe, schmelzbegrenzte palatinale oder linguale Grube, deren Boden vollständig mit Schmelz ausgekleidet ist und die keine Verbindung zur Pulpa besitzt. ● Die Entdeckung eines Dens invaginatus ist meist ein Zufallsbefund. Ungewöhnliche Kronenformen (z. B. fassförmige Kontur der oberen seitlichen Schneidezähne) oder tiefe Einziehungen am Foramen coecum können erste Anhaltspunkte liefern (Abb. 5.2). ● Die definitive Diagnose wird röntgenologisch gestellt. ● Die tiefe Einziehung und schlechte Zugänglichkeit zur Mundhygiene machen die Invagination zur einer Kariesprädilektionsstelle. Abb. 5.2 Foramen coecum. a Ein tiefes Foramen coecum kann Hinweis auf eine Invagination sein. b Die Einziehung erstreckt sich bis in die Pulpa des Zahnes und erklärt die Pulpanekrose. a 196 b Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Hülsmann, M.: Checklisten der Zahnmedizin - Endodontie (ISBN 9783131382511) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Dens invaginatus 5 SPEZIELLE ENDODONTIE Anatomische Besonderheiten Abb. 5.3 den Sensibilitätstest positiv reagiert, genügt eine endodontische Versorgung der Invagination. ● Kombinierte endodontisch-chirurgische Maßnahmen sind nur erforderlich in Fällen mit sehr breitbasiger Öffnung am Apex, bei denen eine Apexifikation wenig erfolgversprechend erscheint, und bei Zähnen, bei denen anatomische Probleme die orthograde Aufbereitung und Füllung des komplexen Wurzelkanalsystems verhindern. ● Die enorme morphologische Vielfalt des Dens invaginatus lässt die Erstellung eines Therapieschemas, das alle Varianten sowohl in morphologischer als auch in pathologischer Hinsicht ausreichend berücksichtigt, nicht zu. Das in Abb. 5.3 dargestellte Therapieschema erfasst den Großteil der Fälle. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Ist der Schmelz am Boden der Invagination schlecht mineralisiert oder besteht eine Verbindung zwischen Invagination und Pulpa, kann es zur Pulpanekrose und Entwicklung einer Parodontitis apicalis kommen. ● Da diese Entwicklung häufig bereits kurz nach dem Zahndurchbruch beginnt, finden sich in der Literatur viele Falldarstellungen von jugendlichen Patienten mit nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum. ● Bei rechtzeitiger Diagnostik kann die Invagination sorgfältig gereinigt und durch eine Fissurenversiegelung oder Füllung geschützt werden ● Wenn keine Verbindung zwischen Invagination und Pulpa, aber eine Verbindung zum Parodont besteht (Typ III) und der Zahn auf Therapieschema des Dens invaginatus. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Hülsmann, M.: Checklisten der Zahnmedizin - Endodontie (ISBN 9783131382511) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 197 5 SPEZIELLE ENDODONTIE Dens evaginatus ● Als „Dens evaginatus“ oder „talon cusps“ werden koronale Ausstülpungen von Schmelz, Dentin und Pulpa bezeichnet, die äußerlich wie überdimensionierte Tubercula oder verlängerte Höcker aussehen (Abb. 5.4). ● Es handelt sich um entwicklungsbedingte Anomalien der Kronenform, die vorwiegend in den zentralen Grübchen von Prämolaren oder Molaren, aber auch an der palatinalen Fläche oberer Schneidezähne auftreten können. ● Die Prävalenz dieser Fehlbildung beträgt 1–8 %. ● Der seitliche OK-Schneidezahn ist häufiger befallen als der zentrale OK-Inzisivus, beidseitiges Auftreten ist nicht ungewöhnlich. ● Der Dens evaginatus tritt gehäuft auf bei Mohr-Syndrom, Rubinstein-Taby-Syndrom, Sturge-Weber-Syndrom und bei Fehlbildun- gen (Dens invaginatus, Odontome, Impaktierungen, Doppelanlagen). ● Formen: – „Talon cusp“: Morphologisch vollständig ausgebildeter zusätzlicher Höcker, der sich von der Palatinalfläche eines Frontzahnes abhebt und sich mindestens über die halbe Distanz von der Schmelz-Zement-Grenze bis zur Schneidekante erstreckt. – „Semi talon“: Zusätzlicher Höcker von 1 mm oder mehr, der sich über weniger als die halbe Distanz von der Schmelz-ZementGrenze bis zur Schneidekante erstreckt. – „Trace talon“: Vergrößerte oder prominente Formen des Zingulum (konisch, gespalten, oder höckerähnlich). – Diese zusätzlichen koronalen Zahnstrukturen bestehen aus Schmelz und Dentin und können auch Pulpagewebe beinhalten, dessen Menge und Ausdehnung allerdings variiert. a b c 198 Abb. 5.4 Dens evaginatus. a Ausgeprägter Dens evaginatus an einem OKSchneidezahn. Die Fehlbildung stellt ein massives Okklusionshindernis dar. b Korrespondierendes Röntgenbild. c Das Situationsmodell verdeutlicht das Ausmaß des durchgeführten Substanzabtrags. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Hülsmann, M.: Checklisten der Zahnmedizin - Endodontie (ISBN 9783131382511) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Anatomische Besonderheiten 5 SPEZIELLE ENDODONTIE Anatomische Besonderheiten Fusion und Gemination Fusionen und Geminationen zählen zu den entwicklungsbedingten Formanomalien der Zähne. Aufgrund der damit evtl. verbunde- nen funktionellen, kieferorthopädischen oder ästhetischen Probleme kann sich die Notwendigkeit komplexer Behandlungen ergeben, die endodontische, restaurative, chirurgische und kieferorthopädische Maßnahmen umfassen können. Fusion ● Vereinigung von Dentin und/oder Schmelz von 2 oder mehr benachbarten, sich jedoch aus 2 separaten Zahnkeimen entwickelnden Zähnen (Abb. 5.5). Es kann sich sowohl um partielle wie auch um totale Fusionen handeln, das Ausmaß der Fusion ist abhängig vom Zeitpunkt der Vereinigung während der Zahnentwicklung. ● Die Ätiologie dieser Anomalie ist nicht geklärt. Eine Krafteinwirkung während der Zahnentwicklung, die zu einem engen Kontakt der Zahnanlagen und so zur Verschmelzung führt, wird als ein möglicher Faktor diskutiert. ● In einigen in der Literatur beschriebenen Fällen von Fusion waren genetische Einflüsse nachweisbar. ● Die Mehrzahl der Fusionen findet sich im UK, die Frontzähne sind häufiger betroffen als andere Zahngruppen. ● Fusionen und Geminationen finden sich nicht selten in Zusammenhang mit bestimmten Syndromen, z. B. kranioektodermale Dysplasie, Goltz-Gorlin-Syndrom. ● Betroffene Zähne weisen in den meisten Fällen eine ungewöhnlich breite Krone und 2 deutlich getrennte Wurzelkanäle auf. Klinisch erscheinen die Kronen der beiden beteiligten Zähne wie verschmolzen mit einer schmalen, aber deutlichen vertikalen Einziehung zwischen dem mesialen und distalen Kronenanteil. ● Die Pulpen der beteiligten Zähne können koronal fusioniert sein und sich weiter apikal in 2 Wurzelkanäle aufgabeln, ebenso können aber auch 2 vollständig getrennte endodontische Systeme oder auch nur ein einziger Wurzelkanal vorliegen. Auch Kommunikationen zwischen 2 Wurzelkanälen sind möglich. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Hülsmann, M.: Checklisten der Zahnmedizin - Endodontie (ISBN 9783131382511) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. ● Klinische Probleme, die mit einer Evagination assoziiert sein können, umfassen Einschränkungen der Ästhetik, funktionelle Probleme, okklusales Trauma, Verlagerung/Verdrängung des Zahnes, Karies, Parodontopathien, Trauma oder Attrition mit Pulpaexposition. ● Viele Evaginationen benötigen keine Behandlung, da sie weder stören noch pathologische Veränderungen hervorrufen. ● Eine präventive Therapie ist indiziert, wenn die die Evagination umgebenden Grübchen und Fissuren einer ausreichenden Mundhygiene nicht zugänglich und damit Plaqueretentionsstellen sind. Die Therapie besteht aus einer Versiegelung dieser Fissuren und einer Optimierung der Mundhygiene. ● Rekonturieren/Einschleifen (Grinding): Eine Einschleiftherapie ist indiziert, wenn die Evagination ein Okklusionshindernis darstellt oder kosmetische und phonetische Probleme bereitet. In 6- bis 8-wöchigen Intervallen soll die Evagination vorsichtig durch Schleifmaßnahmen reduziert werden. ● Stellt die Evagination ein ausgeprägtes Okklusionshindernis dar, kann es notwendig sein, den gesamten Höcker abzutragen. Die hierbei freigelegte Pulpa wird im Sinne einer Pulpaamputation versorgt mit Ca(OH)2 oder evtl. MTA (ProRoot, Dentsply, Konstanz). Da diese Maßnahmen meist notwendig werden, bevor das Wurzelwachstum abgeschlossen ist, soll auf diesem Weg das weitere Wurzelwachstum durch Vitalerhaltung des verbleibenden Pulpaanteils gesichert werden. ● Ein orthograder endodontischer Eingriff wird notwendig, wenn es bereits zu irreversiblen entzündlichen Veränderungen oder einer Nekrose der Pulpa gekommen ist. Bei frühem Eintritt der Pulpanekrose vor Abschluss des Wurzelwachstums kann eine zusätzliche Apexifikation notwendig werden. 199 5 SPEZIELLE ENDODONTIE a b c d 200 Abb. 5.5 Fusion, Zwillingsbildung, Gemination und Verwachsung. a Schematische Darstellung von Fusion, Zwillingsbildung, Gemination und Verwachsung. b Klinisches Bild einer Fusion. c Korrespondierendes Röntgenbild. Es wird deutlich, dass sich die Fusion nur auf die koronalen Zahnanteile beschränkt. Es liegen getrennte endodontische Systeme vor. d Klinische Ansicht nach Trennung der Kronen und Entfernung des mittleren Zahnanteils. Der verbleibende Zahnanteil ist nach wie vor vital. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Hülsmann, M.: Checklisten der Zahnmedizin - Endodontie (ISBN 9783131382511) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Anatomische Besonderheiten 5 SPEZIELLE ENDODONTIE Anatomische Besonderheiten Verwachsung Abb. 5.6 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. ● Beschränkt sich die Verbindung von 2 Zähnen ausschließlich auf den Wurzelzement, so handelt es sich nicht um eine Fusion, sondern eine Verwachsung zweier Zähne („concrescence“; Abb. 5.6). ● Diese Verwachsung kann sowohl während der Zahnentwicklung als auch nach Abschluss des Wurzelwachstums auftreten. ● Es wird vermutet, dass es aufgrund von Hyperzementosen zu einer Resorption des interdentalen Knochens kommt. Betroffene Zähne weisen immer 2 Wurzeln und 2 separate Pulpasysteme auf. Es besteht keine Verbindung im Bereich des Dentins zwischen den Zähnen. Verwachsung von 2 Milchzähnen. Gemination und Twinning ● Die Gemination ist eine der Fusion ähnliche Anomalie. ● Die Gemination ist in den meisten Fällen unvollständig und führt zu nur einer einzelnen Wurzel mit 2 vollständig oder unvollständig getrennten Kronen. Der Zahn kann aber auch 2 Wurzelkanäle in einer einzelnen Wurzel aufweisen. ● Geminationen treten im Milchgebiss häufiger auf als in der bleibenden Dentition. ● Ob sie im UK häufiger zu finden sind als im OK, ist umstritten. ● Die Anomalie betrifft überwiegend Frontzähne, in Einzelfällen jedoch auch Molaren. Ein beidseitiger Befall kommt vor. ● Genetische Faktoren wurden in einzelnen Fällen nachgewiesen. ● Die Gemination kann auch auf ein Trauma während früher Stadien der Zahnentwicklung zurückgehen. ● Eine vollständige Gemination, d. h. die Entwicklung von 2 eigenständigen formidentischen Zähnen aus 1 Zahnkeim wird „Zwillingsbildung“ oder Twinning genannt. ● Bei Fusionen regulärer Zähne ist die Zahnzahl reduziert, bei Geminationen liegt eine normale Zahnzahl vor, da die Fehlbildungen jeweils als 1 Zahn gezählt werden. ● Gelegentlich ist es kaum möglich, exakt zwischen Fusion und Gemination zu unterscheiden. Um die differenzialdiagnostischen Probleme in diesen Fällen zu umgehen, wurde der Begriff „Doppelzahn“ („double tooth“) vorgeschlagen. Therapie ● Im Falle interventionsbedürftiger ästhetischer oder kieferorthopädischer Probleme ist die Hemisektion die Therapie der Wahl, sofern eine unvollständige Fusion mit 2 vollständig getrennten Wurzeln vorliegt. ● Bei Engstand wird nur der aus kieferorthopädischer und restaurativer Sicht optimal zu versorgende und nutzbare Zahnanteil erhalten, die Krone wird auf Kosten des zu entfernenden Anteils getrennt. Dies setzt jedoch voraus, dass präoperativ eindeutig beurteilt werden kann, ob tatsächlich 2 getrennte Wurzeln vorliegen. ● Ob die Hemisektion mit einem endodontischen Eingriff kombiniert werden muss, hängt davon ab, ob eine Verbindung zwischen den Kronenpulpen der beiden Zahnanteile vorliegt. Bei gemeinsamem Pulpakavum ist eine endodontische Behandlung des zu erhaltenden Zahnanteils notwendig. ● Da rein röntgenologisch nicht immer exakt zu diagnostizieren ist, ob tatsächlich keine Kommunikation zwischen beiden Kronenpulpen existiert, kann über die Notwendigkeit einer WKB definitiv erst während des chirurgischen Eingriffs entschieden werden. Möglich und wünschenswert ist aber im Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Hülsmann, M.: Checklisten der Zahnmedizin - Endodontie (ISBN 9783131382511) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart MERKE 201 5 SPEZIELLE ENDODONTIE Anatomische Besonderheiten C-förmiges Wurzelkanalsystem ● C-förmige Wurzelkanalsysteme treten überwiegend an UK-Molaren auf. ● Der distale und einer der beiden mesialen Wurzelkanäle sind miteinander verschmolzen (Abb. 2.22). ● Die bizarre und unkalkulierbare Morphologie c-förmiger Wurzelkanäle führt bei einer endodontischen Behandlung zu Problemen. ● Im Röntgenbild zeigen betroffene Molaren meist eine massive Wurzel, an der Wurzelaußenseite ist unter Umständen eine Einziehung zu sehen oder zu sondieren. Die Konturen der Pulpakammer stellen sich mitunter röntgenologisch unklar dar und verschwimmen apikalwärts zunehmend. ● Eine Furkation ist häufig nicht zu erkennen und der Verlauf der Wurzelkanäle kann oft nicht exakt verfolgt werden. ● Zur Diagnose inspiziert man den Pulpakammerboden genau und sondiert intensiv das komplexe Kanalsystem mit feinen Instrumenten. ● Am Pulpakammerboden findet man eine cförmige Kontur, 2 der Wurzelkanäle sind durch einen unterschiedlich breiten und ausgeprägten Isthmus verbunden. ● Eine gute Ausleuchtung und die Benutzung von Vergrößerungshilfen (Operationsmikro- 202 skop, Lupenbrille, Kaltlichtsonde) sind unverzichtbar. ● Eine optimale Reinigung und Desinfektion dieser komplexen morphologischen Strukturen ist nur durch intensive Spülung möglich. ● Die Reinigung des Isthmus kann durch passive ultraschallgestützte Spülung verbessert werden. ● Zur Obturation sind thermoplastische Fülltechniken zu bevorzugen. Palatinal-radikuläre Furche („palatal groove“) ● Extraradikuläre Furche, die nahe des Zingulums des betroffenen Zahnes beginnt und unterschiedlich tief in Richtung der SchmelzZement-Grenze bis in den Wurzelbereich verläuft. ● Die palatinal-radikulären Furche ist eine Prädisposition für parodontale Erkrankungen. ● Liegt neben den parodontalen Problemen auch eine Beteiligung des Endodonts vor, so ist neben der Parodontalbehandlung auch eine WKB durchzuführen. Dilazeration ● Dilazerationen sind traumatisch bedingte Veränderungen der Achsrichtung eines Zahnes, überwiegend der mittleren OK- und UKSchneidezähne (Abb. 5.7). ● Die Lage der Abknickung richtet sich nach dem Stadium der Zahnentwicklung zum Zeitpunkt des Traumas. ● Neben Durchbruchsstörungen und Unregelmäßigkeiten der Schmelzbildung können ästhetische und funktionelle Probleme auftreten. ● Im Falle einer notwendig werdenden WKB kann es zu Problemen bei der Anlage der Zugangskavität und der Lokalisierung des Wurzelkanalsystems kommen. ● Die Zugangskavität sollte man vor Anlegen des Kofferdams präparieren, um durch Sondierung im Bereich des Sulkus die Achsrichtung der Wurzel kontrollieren und Perforationen vermeiden zu können. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Hülsmann, M.: Checklisten der Zahnmedizin - Endodontie (ISBN 9783131382511) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Einzelfall bei getrennten Pulpasystemen die Vitalerhaltung des verbleibenden Zahnsegments, bei nur punktueller Freilegung der Pulpa während der Separation ist auch eine Pulpaamputation in Betracht zu ziehen. ● Sollen beide Zahnsegmente ohne chirurgischen Eingriff erhalten werden, kann bei pulpitischen Symptomen auch die endodontische Behandlung nur eines Wurzelkanals ausreichen. ● Bei Geminationen mit nur 1 Wurzel und auf den koronalen Bereich begrenzten Formananomalien muss im Einzelfall entschieden werden, ob ästhetisch-restaurative Korrekturen der Krone notwendig, sinnvoll und möglich sind. Die endodontische Behandlung bei diesen ein- oder selten zweikanaligen Zähnen weist in den meisten Fällen keine Besonderheiten auf. 5 SPEZIELLE ENDODONTIE Anatomische Besonderheiten Abb. 5.7 Dilazeration. Zahn mit stark abgeknickter Wurzel. Es besteht der Verdacht auf eine traumatische Ursache (Milchzahntrauma mit Schädigung des Zahnkeims). ● Abhängig von Lage und Ausmaß der Abknickung kann eine Trepanation von bukkal indiziert sein. ● Bei nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum kann eine Pulpotomie oder Apexifikationsbehandlung indiziert sein. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Abb. 5.8 Taurodontismus. Schematische Darstellung der Formen des Taurodontismus. 1: Hypotaurodontismus, 2: Hypertaurodontismus. ● In OK-Molaren oder 2. UK-Molaren findet sich diese Anomalie seltener. ● In Abhängigkeit von der Lage der Aufgabelung bzw. der apikalen Ausdehnung des gemeinsamen Pulpakavums kann folgende Unterteilung vorgenommen werden (Abb. 5.8): – Hypotaurodontismus: weit koronale Trennung der Kanalsysteme, das Pulpakavum liegt weiter apikal als gewöhnlich – Mesotaurodontismus: Aufgabelung im mittleren Wurzelbereich – Hypertaurodontismus: Aufgabelung weit apikal, extrem tief reichendes gemeinsames Pulpakavum. Taurodontismus ● Verschmelzung der beiden Wurzeln, meist der 1. UK-Molaren. Folge ist ein großvolumiges Pulpakavum, das sich in unterschiedlicher Tiefe der Wurzel in 2 kurze, separate Wurzelkanäle aufgabeln kann. Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weitergegeben werden! Aus Hülsmann, M.: Checklisten der Zahnmedizin - Endodontie (ISBN 9783131382511) © 2008 Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 203