Der konkrete Fall – Eine unendliche Geschichte

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Arnhild Sobot
Lüneburg
Der konkrete Fall – Eine unendliche Geschichte
Vortrag auf dem Peiner Kinderschutztag
am 10.Oktober 2011
Liebe Kolleginnen,
liebe Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte nun mit Ihnen in die konkrete Fallarbeit einsteigen. In meinem Arbeitsalltag bin
ich mit diesen Fällen konfrontiert. Die Fälle, die mir in meinem Praxisalltag begegnen, haben
oft denkbar ungünstige Prognosen. Es waren oftmals schon Fälle, lange bevor für uns
überhaupt Handlungsmöglichkeiten gegeben waren. Natur gegeben.
Beispielhaft möchte ich hier bei Einflüssen auf das Ungeborene in der Schwangerschaft
beginnen, dessen weitere Lebensentwicklung deutlich von den pränatalen Erfahrungen
beeinflusst ist (Folie „ Stress“). Bereits vor siebzig Jahren wurde erforscht und beschrieben,
dass mütterliche Angstzustände in der Schwangerschaft die seelischen Steuerungszustände
der
Kinder
verändern
können
-
mit
der
Folge
späterer
Verhaltens-
und
Entwicklungsstörungen der betroffenen Kinder. Chronischer Stress führt zu einer
Blutflussverteilung,
die
primär
auf
das
fetale
Hirn
ausgerichtet
ist,
was
zu
Wachstumsstörungen beim Ungeborenen führt. Zudem kommt es zu Veränderungen in den
fetalen Lernerfahrungen des Ungeborenen, das seine Lernerfahrungen am Herzschlag der
Mutter ausrichtet und daran einordnet. Eine chronische Aktivierung der Stressachse beim
Ungeborenen kann den Nährboden für unterschiedliche Krankheiten darstellen, der erhöhte
Cortisolspiegel die Funktionsfähigkeit der Abwehrzellen beeinträchtigen, mit der Folge einer
postnatal erhöhten Infektanfälligkeit der betroffenen Kinder. Es gibt mehrere Studien, die
eine Verbindung aufzeigen zwischen pränatal erfahrenem Stress und dem Auftreten von
Hyperaktivität bei Jungen sowie Störungen im Sozialverhalten bei Mädchen im Alter des 6./
7. Lebensjahres. Neuere Forschungsergebnisse verweisen gar auf einen Zusammenhang
zwischen pränatalem Stress und Bluthochdruck sowie Osteoperose im Erwachsenenalter.
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Ich möchte mit diesem Beispiel nicht anregen, Schwangere in Watte zu packen oder diese
oder jene Auffälligkeit beim Kind den normalen Schwangerschaftsstressoren zuzuordnen. Ich
möchte nur anregen, auch diese Phase in den Blick zu nehmen. Denn häusliche Gewalt,
Traumatisierungen, Delinquenz, Drogensucht, Existenzängste, Persönlichkeitsstörungen der
Schwangeren u.v.m. sind Faktoren, die nachweislich in ähnlicher Form pränatal Einfluss auf
die Kindesentwicklung nehmen können. Die Beachtung solcher Aspekte ist auch deshalb
wichtig, um die Eltern und ihre Kinder zu verstehen. Denn nur wenn wir die von uns
betreuten Familien verstehen, fühlen sie sich verstanden - und innerlich erreicht. Dies ist
einer der wichtigsten Bausteine für eine gute „Beziehung“ zu unseren Klienten. Und - auf der
Basis unseres Verstehens haben wir oftmals diesen oder jenen fachlichen Impuls, der für
unsere fachliche Arbeit mit dem Kind oder seiner Familie hilfreich ist.
Mein Arbeitsschwerpunkt liegt im Bereich der Suchtkrankenhilfe. Deshalb werde ich
exemplarisch ein Fallbeispiel aus dem Suchtbereich beschreiben ( Folie „ Heroin/ Methadon).
Heroin hat eine Halbwertzeit von 3-4 Stunden (bei Methadon ist sie höher). Der
wiederkehrend sinkende Substanzspiegel wird von dem Ungeborenen viel eher
wahrgenommen als von seiner Mutter. Es kommt damit zu einer permanenten
Unterbrechung von Erholungsphasen. Dieser Wandel zwischen Sedierung und Entzug, d.h.
die damit verbundenen körperlichen Aktivitäten werden bereits im ersten Drittel der
Schwangerschaft nach positiven und negativen Konsequenzen bewertet und im
unbewussten
Erfahrungsgedächtnis
des
Kindes
abgespeichert.
Zunächst
im
Körpergedächtnis, später auch psychologisch. Das ist deshalb möglich, weil zu dieser Zeit
bereits die Amygdala (und die limbischen Verbindungswege)ausreifen, die die Funktion
besitzen, unbewusste emotionale Erinnerung zu speichern und sie einzuordnen.
Uns
begegnet
zum
Beispiel
eine
drogenabhängige
Schwangere
in
der
4.
Schwangerschaftswoche. Hier sind zunächst meine KollegInnen der Suchtkrankenhilfe, i. d.
Regel aus den Bereichen der medizinischen Rehabilitation und der Krankenkassen (= SGB V)
gefordert. Nach einer ausführlichen Anamnese und Diagnose sind bei der Auswahl der
möglichen Behandlungsprozesse die jeweiligen Indikationskriterien für die entsprechende
Form eines medizinisch- beruflichen Rehabilitationsprozesses zu berücksichtigen ( Folie „
Indikationskriterien“).
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Auch diese Kriterien aus dem Rehabilitationsrecht, denen sich die Krankenkassen über
Vereinbarungen angeschlossen haben, dienen dem Kinderschutz. Präventiv.
So setzt beispielweise eine ambulante Therapie eine kurze Suchtkarriere mit spätem Einstieg
und geringer Ausprägung voraus, es sollte auch keine oder nur eine geringe Komorbidität
vorhanden sein, eine Arbeit mindestens in Aussicht, eine hohe Selbstverantwortlichkeit der
Betroffenen und ein Netzwerk von 6-7 drogenfreien Kontaktpersonen für alle Wochentage.
Wir können davon ausgehen, dass diese Beurteilungskriterien, wenn sie wirklich beachtet
werden, dann auch den Kindern zu Gute kommen.
Aber drängen wir unsere Klienten nach dem dritten gescheiterten Abstinenzversuch, nach
der dritten missglückten Entgiftung, nun endlich eine stationäre Therapie anzustreben?
Konfrontieren wir die süchtigen Eltern mit den Folgen ihrer Sucht für die Weiterentwicklung
ihrer Kinder? Oder haben wir Sorge, dass klare Worte dazu führen, dass die Klienten nicht
mehr wiederkommen? Fühlen wir uns überhaupt für die Kinder unserer Klientinnen
zuständig?
Wählen wir optimistisch und nach der Prämisse - wenn schon denn schon - erst ambulant
vor stationär? Passt denn hier wirklich Sozialraumorientierung? … damit die bisherigen
Kontakte erhalten bleiben, die oftmals nur aus Dealern und abhängigen Freunden
bestanden? Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, denn unzureichende Hilfen oder keine
stringente Behandlungsplanung für Eltern oder wie in diesem Fall für eine Schwangere
führen meist mit Geburt des Kindes in ein Desaster.
Der Säugling muss auf Grund eines neonatalen Entzuges intensiv medizinisch betreut
werden, durchläuft diesen klinischen Entzug
Entgiftungsangebote für
oft mehrwöchig. Auf Grund mangelnder
Mutter und Kind werden beide voneinander getrennt, der
Bindungsaufbau zwischen beiden wird dadurch behindert, die Mutter bleibt auf sich alleine
gestellt, mit ihrem Versagen konfrontiert. Und was passiert? Sie setzt ihren bisherigen
Lebenswandel fort… Genau das, passiert. Am laufenden Band!
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Und…dass Jugendhilfe tätig werden muss. Raten sie bei diesen Fällen mal, in welcher Form …
Das Kind muss herausgenommen werden, muss zunächst in die Pflegestelle oder ins Heim,
möglicherweise muss das Familiengericht eingeschaltet werden, der ganze Apparat läuft
an…(Folie „ Blinder Optimismus“).
Aber wir gehen jetzt erst einmal von der positiven Variante aus: Die Kindesmutter hat im
Verlaufe der Schwangerschaft eine Drogenabstinenz erreicht und damit
ist auf der
elterlichen Ebene ein! Ein besonderes Gefährdungsrisiko für das Kind kann weitgehend
ausgeschlossen
werden.
Bleiben
lediglich
die
Spuren
der
vorangegangenen
Schwangerschaftseinflüsse (Folie „ belasteter Schwangerschaftsverlauf“).
In der Graphik betreffen diese frühkindlichen Regulationsstörungen und / oder motorischen
Entwicklungsverzögerungen eine suchtbelastete Schwangerschaft. Dieses sind Einzelfälle
und, so meinen wir, dementsprechend auch Ausnahmen. Zusammengefasst auf die
Gesamtpopulation zeigen sich jedoch z.B. in Studien von Egger und Angold 2006, dass bei 1425 % aller Kinder im Kleinkindalter psychische Störungen bestehen und wiederum nur
maximal 25% aller Verhaltensstörungen, die eine DSM IV -Diagnose aufweisen (das ist das
medizinische Klassifikationssystem), tatsächlich zur Diagnostik und Therapie vorgestellt
werden. Meist handelt es sich bei diesen Störungen neben motorischen und allgemeinen
Entwicklungsverzögerungen um die sogenannten Regulationsstörungen; exzessives Schreien,
Schlafstörungen,
Fütterstörungen,
die
dann
wiederum
für
Beziehungs-
und
Bindungsstörungen, aber auch für weitere psychische Störungen in der späteren Entwicklung
prädestinieren. Ausreichende Forschungsaktivitäten sind lediglich im Bereich der ADHS und
des ODD Oppositionell Difiant Disorder (Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem
Verhalten), der PTBS (Posttraumatischen Belastungsstörung) sowie den Schlafstörungen zu
verzeichnen.
Zunächst einmal sind für die Behandlung und die Betreuung solcher Störungsbilder vorrangig
Hilfen aus dem Gesundheitssystem angezeigt (Folie „ mögliche Hilfen“). Diese Aufzählung
erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, spiegelt jedoch die Fülle an vorhandenen
Möglichkeiten und Potentialen wider, die es innerhalb eines Systems gibt. Sie sehen links,
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welche unterschiedlichen Hilfen es gibt und rechts, welche unterschiedlichen Institutionen
die Hilfen anbieten.
Das Arbeiten in konkreten Hilfeprozessen ist geprägt von einer Strukturierung der Arbeit im
Dreischritt und lässt sich sowohl auf sozialarbeiterisches, psychologisches Handeln, als auch
auf alle medizinischen Konzepte übertragen. Dementsprechend setzt auch erfolgreiches
Handeln im Kinderschutz an dieser Trias aus: Anamnese, Diagnose und Behandlung sowie
deren Unterpunkten ( Folien „Anamnese“, „Diagnose“, „Behandlung“ ). Bei der Anamnese
geht es um das Ergründen der Vorgeschichte: Sozialanamnese, Familienanamnese,
Schwangerschaftsanamnese,
Schulanamnese,
biographische
Belastungen
und
Besonderheiten, Milieubedingungen, kultureller Hintergrund, Ressourcen und vieles mehr.
Nur wenn wir diese Anamnese exakt durchführen, sind wir in der Lage, daraus eine
gesicherte Diagnose abzuleiten oder kausale Hypothesen zu formulieren, z.B. warum sich
dieses oder jenes problematische Verhalten entwickelt hat oder dass es sich um diese oder
jene Krankheit handelt. Nur wenn Anamnese und Diagnose vorliegen, können wir definieren,
welches Ziel wir anstreben, um dann die Handlungsabläufe und die nötigen Interventionen
zu planen.
Möglicherweise denken Sie, sie sind in einem Bereich tätig, in dem sie mit diesen Aspekten
noch nicht Berührung kamen. Ich behaupte aber, dass Sie in Wirklichkeit in diesem Sinne
schon deshalb so vorgehen, um überhaupt Problemkonstellationen richtig zu erfassen und
sie entsprechend darzustellen. So zum Beispiel, um sich in der Fallbeschreibung oder in der
Fallbesprechung anderen gegenüber verständlich zu machen.
Fällen und Hilfeprozessen, die eine unendliche Geschichte zeichnen, ist in der Regel gemein,
dass Teilaspekte nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Oftmals ist z.B. die Anamnese
nicht vollständig, können wichtige Fakten nicht berücksichtigt werden, die nötig wären, um
die richtige bzw. passende Hilfe zu finden. Die Diagnose ist mitunter verwaschen, oder aber
die Zielfindung wird ständig erneuert. Zum Beispiel wird bei den Kontextfaktoren das
unterstützende oder hinderlich wirkende Milieu, die kulturellen Besonderheiten nicht
berücksichtigt, medizinische Auffälligkeiten als fachgebietsfremd bei Seite geschoben oder
Unterstützungspotentiale nicht einbezogen.
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Mitunter wird auch die ursprünglich geplante Zieldefinition verkürzt und zu früh Entwarnung
gegeben, so zum Beispiel bei elterlicher Drogenabhängigkeit nach der Absolvierung eines
Entzuges. Dabei ist just die kritischste Phase. Deshalb muss an dieser Stelle ggf. nahtlos eine
Anschlusshilfe ansetzen.
Mitunter bedarf es eines beratenden Hinzuziehens einer anderen Profession und manchmal
gehört auch die Erfüllung des Behandlungsauftrages gänzlich in die Hände eines anderen
Hilfesystem, so zum Beispiel in die Hände der Jugendhilfe… Aber all zu oft ist es so, dass im
Rahmen des Systems, das qua Kontakt am „nächsten dran ist“, also sozusagen mit dem
Klientel schon „in Beziehung ist“,
die Möglichkeiten und Chancen der gesicherten
Arbeitsbasis nicht ausreichend ausgeschöpft werden.
Nehmen wir zum Beispiel als Ärzte den Hörer in die Hand und versuchen über einen
unbürokratisch kollegialen Kontakt im Beisein der Eltern mit der Schreiambulanz oder der
Kleinkind- Psychiatrie flugs einen Termin zu vereinbaren? Nehmen wir uns die Zeit? Wäre es
manchmal nicht sinnvoll? Oder warten wir ab bis zum nächsten Wiedersehen, um
festzustellen dass die Betroffenen nicht mal in der Lage sind, höchst notwendige Termine
selbst zu vereinbaren …
Erfragen wir dann bei ihnen, woran es hapert? Oder pflegen wir zu den Betroffenen gar
keine Beziehung, auf deren Ebene sie uns vertrauensvoll berichten könnten, dass ein Anruf
eben nicht einfach ein Anruf ist, sondern die Konfrontation mit einem emotional leidvoll
besetzten Thema – und dieser einfache Anruf sie überfordert.
Im Zweifelsfall muss eben - um dieses herauszufinden und dann die Termine zu vereinbaren
- die Jugendhilfe ran, sei es durch allgemeine Beratung oder möglicherweise durch Präsenz
innerhalb der Familie in Form einer SPFH. Bedenken wir, dass es auf dem Weg der
„Weiterleitung“, z.B. an das Jugendamt, passieren könnte, dass die ursprüngliche
Vertrauensbeziehung z.B. zum Arzt beschädigt wird? Sich die Betroffenen unseren
Hilfeangeboten dann gänzlich entziehen? Bedenken wir das? Holen sich die KollegInnen der
Frühförderung, der Logopädie, der Krankengymnastik, der Hebammen, der Ergotherapie bei
Bedarf Beratung untereinander oder bei den spezialisierten Fachkräften der öffentlichen
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Jugendhilfe? Und trauen sie sich nach dieser Beratung möglicherweise auch mal ein
Familiengespräch zu, das nicht explizit Aufgabe ihres Bereiches wäre? Oder muss die bisher
vertrauensvolle Beziehung - und damit die wichtigste Arbeitsgrundlage zu unserer Klientel dadurch belastet werden, dass der
einzige Ausweg in der „ Überweisung“ an eine
„zuständige“ Institution liegt? (Folie „ Kinderschutz/ Vernetzung“) Oder - warten wir auf
Gesetzesänderungen? Sicherlich wäre die baldige Durchsetzung des § 8b SGB VIII im viel
diskutierten und umfangreich überarbeiteten Bundeskinderschutzgesetz zu begrüßen. § 8 b
SGB VIII-E verspricht nämlich eine flächendeckende Fachberatung zur Einschätzung einer
möglichen Gefährdungssituation, und zwar für all jene, die beruflich mit Kindern oder
Jugendlichen in Kontakt stehen. Davon würden wir alle profitieren, Institutionen des
Gesundheitsbereiches, des Schulsystems, der Eingliederungshilfe, der medizinischen
Rehabilitation, der Suchtkrankenhilfe…Wir alle würden profitieren. Und die Kinder! Wäre da
nur noch die Frage der Finanzierung dieser Beratungspools zu klären … Im bisherigen
Entwurf hängt die Finanzierung mal wieder ausschließlich an der Jugendhilfe.
Oder – können / dürfen wir einfach abwarten? Schlagwort „Prozessual“, da aktuell (noch)
keine akute Gefährdung zu erkennen ist… ( Folie „ Frühkindliche Störung“). Es besteht
lediglich
eine
Regulationsstörung beim
Kind. Diese
stellt per se
noch
keine
Gefährdungssituation dar. Problematisch ist z.B. nur das nächtliche Schreien des Kindes. Für
stabile Eltern eine große Herausforderung.
Für ehemals drogenabhängige Eltern ist das möglicherweise aber solch eine Überforderung,
dass sie durch den Griff zurück zur Droge ihre Überforderung durch erneuten Konsum zu
kompensieren versuchen. Durch den Drogenkonsum sind die Eltern dann emotional nicht
mehr präsent. Das Kind spürt nun die emotionale Unerreichbarkeit seiner Eltern und
entwickelt, wenn diese lange genug anhält, möglicherweise eine reaktive Bindungsstörung.
Diese kann sich unter Anderem darin ausdrücken, dass das Kind sich von den Eltern nicht
mehr erreichen lässt und problematisches Verhalten zeigt, welches die Eltern überfordert, in
Hilflosigkeit oder gar Ohnmacht treibt – beides Gefühle, die auf der anderen Seite in
Aggression kippen können. Möglicherweise in Aggression gegen das eigene Kind…
Spätestens jetzt bleibt der Jugendhilfe gar nichts anderes mehr übrig als den Beweis zu
erbringen, dass sie „ Kinder wegnehmen“. Vielleicht passiert auch nichts Dramatisches, die
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Symptome der primär Störung verschwinden zunächst und tauchen erst später wieder auf.
Wir kennen das. Oftmals verschwinden bestimmte Symptome und treten erst wieder auf
wenn das Kind in die nächste Entwicklungsphase eintritt (Folie“ Mögliche Elendskarrieren“).
Nunmehr sind halt die Schulprozesse betroffen… Sind denn die Hilfen des Schulsystems
ausreichend? Gibt es genügend Schulassistenzen, Förderlehrer, Integrationsangebote,
Schulsozialarbeiter in den Regelschulen (und sind die Hilfen innerhalb des Schulsystems
ausreichend vernetzt)? Oder muss im Zweifelsfall wieder …die Jugendhilfe ran?
Wer weiß? Zum Glück bleibt es bei der Entwicklung und – schwups, ehe wir recht blicken
können, sind die kleinen schon erwachsen. Auch wenn sie auf ihrem schwierigen Pfad
mitunter als schwer erziehbar bezeichnet wurden, auf einer Ebene, waren sie oftmals sehr
brav. Sie sind familienloyal, indem sie in die Fußstapfen ihrer Eltern treten. Und von
Generation zu Generation das Elend weitervererben (Folie „ Generation). Es sind nicht
wenige, die es betreffen könnte. Es sind auch keine Ausnahmefälle. Es sind – siehe Folie
Zahlen.
Wie es hier bei Ihnen in Peine ist, kann ich nicht sagen – vielleicht ist hier auch alles ganz
anders…
Vielen Dank!
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