Klinische Propädeutik: NEUROLOGIE Univ. Prof. Dr. Eduard Auff Vorstand der Universitätsklinik für Neurologie Neurologie Erkrankungen des Nervensystems zentrales Nervensystem (ZNS) peripheres Nervensystem (PNS) autonomes (vegetatives) Nervensystem (ANS) der (quergestreiften) Muskulatur Schlaganfallhäufigkeit Anhaltszahlen für Österreich: 18.000 Neuerkrankungen pro Jahr 50.000 leiden an Folgen von Schlaganfall 15-20% sterben in den ersten 4 Wochen von den Überlebenden: 1/3 leben ohne Einschränkungen 1/3 selbständig, aber behindert 1/3 dauernd pflegebedürftig Hirnkrankheiten - Symptome Allgemeinsymptome Keines Kopfweh dieser Bewußtseinsstörungen Symptome (generalisierte) epileptische Anfälle ist ein allgemeines Psychosyndrom obligat ! Meningismus Hirndruckzeichen Lokalisatorische Symptome Fokale neurologische Symptome Neuropsychologische Ausfälle Sehstörungen Hirnnervenausfälle Fokale epileptische Anfälle Unterschiedliche Kombination und Ausprägung möglich ! Prinzip der 6 W W ie kam es zur Erkrankung (Anamnese) W as stellt man fest (Befund) W o sitzt die Läsion, die solche Symptome bewirken kann (topische Diagnose) W arum erkrankt der Patient (ätiologische Diagnose) W ohin führt der Krankheitsprozeß (Prognose) W omit behandelt man (Therapie) Anamnese Mehrdeutige Bezeichnungen – was ist exakt gemeint? z.B. „Schwindel“ „bamstig“ „plötzlich“ ….. Anamnese Beginn (Manifestation) der Erkrankung „schlagartig“ z.B. Schlaganfall, Trauma, Blutung „schleichend“ z.B. Tumor, neurodegenerative Erkrankungen Anamnese Verlauf der Erkrankung „akut“ „chronisch“ „progredient“ „in Schüben (und Remissionen)“ „fluktuierend“ ….. Topische Diagnose Aus der klinisch-neurologischen Untersuchung kann die topische Zuordnung erfolgen Der selben topischen Läsion können unterschiedliche Ursachen zugrundeliegen (daher weitere technisch-apparative Zusatzuntersuchungen für eine ätiologische Diagnose meist erforderlich), bestimmte Läsionsorte können jedoch unterschiedlich häufig bei verschiedenen Ursachen vorkommen Diagnose Klinisch-neurologische Untersuchung TOPISCHE DIAGNOSE Anamnese + Technisch-apparative und LaborZusatzuntersuchungen (z.B. Liquoruntersuchung, EEG, EMG, NLG, Röntgen, CCT, MRI, SPECT, PET ….) ÄTIOLOGISCHE DIAGNOSE Klinisch-neurologische Untersuchung Inspektion, Beobachtung Kopf, Hirnnerven OE/Rumpf/UE (Kraft, Muskeltonus, Beweglichkeit, Feinmotorik, Reflexe) Sensibilität Koordination Stand, Gang Neuropsychologische Funktionen (z.B. Sprache) Videobeispiele Paresen (Muskelschwäche) Muskelatrophie Spastik (gesteigerter Muskeltonus) Reflexe Babinski-Zeichen (Pyramidenbahnzeichen) Willkürmotorik – Pyramidenbahn Topik 1 kortikale Monoparese 2 kapsuläre Hemiparese 3 Dezerebration 4 Tetraparese und gekreuzte Hirnnervensyndrome bei Hirnstammläsion 5 Tetraparese bei hoher Halsmarkläsion 6 Paraparese bei Brustmarkläsion Capsula interna Sensibilität – periphere Nerven/Muster Sensibilität - Dermatome RM-Läsion/Brown-Sequard Ursachen neurologischer Erkrankungen Genetisch bedingte Erkankungen Erworbene Erkrankungen perinatal erworbene Störungen (Fehlbildungen) Vaskuläre Erkrankungen Tumore Neurodegenerative Störungen Entzündliche Erkankungen infektiöse Erkrankungen Autoimmunerkrankungen des Nervensystems metabolische Erkrankungen traumatische Schädigungen Intoxikationen ...... Genetisch bedingte Erkrankungen: z.B. Chorea Huntington autosomal dominanter Erbgang Prävalenz 4 bis 8 /100.000 CAG Expansion am Huntington Gen am Chromosom 4 progredienter Neuronenverlust psychische und kognitive Veränderungen hyperkinetische Bewegungsstörungen keine kausale Therapie Tumore: z.B. Glioblastom maligner neuroepithelialer Tumor sehr schlechte Prognose Kopfschmerzen, fokale Symptome: Lähmungen, Psychosyndrom, Gesichtsfeldausfälle, Chemotherapie, Bestrahlung, Operation, symptomatische Therapie Infektiöse Erkrankungen: z.B. Bakterielle Meningitis Inzidenz etwa 5-10/100.000 akute Symptomatik mit Kopfschmerz, hohem Fieber, Lichtscheu, Somnolenz Pathogenese: hämatogen, fortgeleitet, direkte Infektion Liquor: massive Pleozytose mit über 3000/3 Zellen Therapie: Antibiotika Prognose: bis zu 40% Letalität bis zu 25% Dauerschäden Metabolische Erkrankungen: z.B.: diabetische Polyneuropathie multifaktorielle Entstehung im Rahmen des Diabetes mellitus (vaskulär, metabolisch, immunologisch) 25% aller Polyneuropathien Formen: distal symmetrische sensomotorische PNP (Schmerzen, sensible Störungen) autonome PNP (trophische Störungen, Anhidrose, Impotenz, Kreislaufdysregulation) asymmetrische proximale PNP (Multiplextyp) Therapie: optimale Blutzuckereinstellung Prognose neurologischer Erkrankungen Harmlos, mehr oder weniger stark beeinträchtigend z.B. Essentieller Tremor, Kopfschmerz Schwere akute Erkrankung kurze Dauer, vollständige Heilung kurz- oder langfristige Behinderung Chronisch-progrediente Erkrankung Zunehmende Behinderung Schwerste Schädigung Hirntod Chronisch Progrediente Erkrankung: z.B.: Multiple Sklerose schubförmig (RR MS) sekundär progredient (RP MS) primär progredient (PP MS) Hirnstammeinklemmung und Hirntod Therapie in der Neurologie Kausale Therapie Antibiotika bei Infektionen Immunmodulation bei Multipler Sklerose Symptomatische Therapie L Dopa beim idiopathischen Parkinsonsyndrom Muskelrelaxantien bei Spastik Neurologische Rehabilitation Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Neuropsychologische Rehabilitation, … Palliative Behandlung Atemunterstützung bei ALS