archITEKTUR ARCHITEKTUR Mietwohnungen, Zürich MODULØR Magazin 2010 07 Architekten Moser Wegenstein, Zürich www.moserwegenstein.ch Bauherrschaft Ledermann Immobilien AG, Zürich BauZeit 2007–2009 Die Fassade aus rotem Klinker nimmt Bezug zur traditionellen Baukultur im Seefeld. 058 Schmuckstück im Zürcher Seefeld Mietwohnungen, Zürich Das Zürcher Seefeld ist um ein Schmuckstück reicher: An der Wildbachstrasse 55/57/59 (Ecke Münchhaldenstrasse) haben Moser Wegenstein Architekten aus Zürich im Auftrag der Ledermann Immobilien AG ein mehrgeschossiges Gebäude mit 65 Mietwohnungen fertiggestellt, das sich sehen lassen kann. von Fanny Andermatt (Text) und Francesca Giovanelli (Fotos) Bereits Santiago Calatrava hatte Pläne für eine Überbauung an der Wildbachstrasse 57/59. Sein Entwurf sah Büros und Wohnungen vor. Nachdem seinem Projekt kein Erfolg beschieden worden war – Nutzungskonzept und Architektur stimmten nicht überein –, wurde die Planung neu gestartet, motiviert auch durch die veränderte Ausgangslage nach dem Zukauf einer angrenzenden Bauparzelle. Der heutige Grundeigentümer und Bauherr Urs Ledermann hatte klare Vorstellungen von der zukünftigen Erscheinung und Nutzung des Neubaus: Als Fassadenmaterial war Klinker zu verwenden, eine Reminiszenz an die zahlreichen Backsteinbauten im Seefeld. Auch in Bezug auf die Erschliessung, die Wohnungsgrundrisse, die im Innenraum zu verwendenden Materialien, die Energieeffizienz und das Serviceangebot erhielten die Architekten vom Bauherrn klare Vorgaben. Städtebauliche Situation Die Bauparzelle liegt an der Ecke eines Strassengevierts mit einer vorgängig nicht abgeschlossenen Hofrandbebauung. Die Bau- und Zonenordnung lässt hier eine Bautiefe von zwanzig Metern ab Baulinie zu. Eine Weiterführung dieser Struktur, also die Schliessung des Blockrandes mit einem L-förmigen Gebäude, lag zwar auf der Hand, hätte jedoch bedeutet, eine Vielzahl von Räumen nicht natürlich belichten zu können. Dies kam für den Bauherrn nicht infrage. In intensiver und konstruktiver Zusammenarbeit mit dem Amt für Baubewilligungen und dem Amt für Städtebau konnten die Architekten die L-Form zu einem rechteckigen Baukörper ergänzen, der die Blockrandstruktur abschliesst. Das „Leervolumen“ wurde quasi von der rückwärtigen Fassade in das Gebäudeinnere verschoben und tritt nun in Form zweier nach oben offener Lichthöfe in Erscheinung. Die Ausnützung blieb dabei unverändert. Dass durch diese Massnahme auch Wohnungen entstehen, deren Wohnräume hauptsächlich nach Nordosten ausgerichtet sind, nahm der Bauherr in Kauf. 059 ARCHITEKTUR Mietwohnungen, Zürich Die Innenhöfe ermöglichen die zweiseitige Belichtung der Wohnungen und bringen Licht bis ins Untergeschoss. Die Überbauung Wildbachgut überzeugt nicht nur im grossen Massstab, sondern auch im Detail. MODULØR Magazin 2010 07 Liebe zu Material und Detail wie auch die Treppenhäuser und Lifte schliessen an die beiden Innenhöfe an, die bis ins Untergeschoss reichen und so auch die Tiefgarage mit natürlichem Licht versorgen, was ebenfalls eine Vorgabe des Bauherrn war. Die Eingangsbereiche und Treppenhäuser wirken nicht nur aufgrund der grosszügigen Verkehrsflächen und der natürlichen Belichtung, sondern auch wegen der Raumhöhe von 2,70 Meter luftig und hell. Die räumliche Qualität, die dadurch entsteht, sticht auch in den Wohnungen sofort ins Auge. Durch die Mehrhöhe wirken selbst die teilweise etwas verwinkelten und nur indirekt belichteten Eingangsbereiche grosszügig. Die gut geschnittenen Wohn- und Essbereiche wie auch die vielfach quadratischen Schlafzimmer lassen verschiedene Möblierungsmöglichkeiten zu. Beim Innenausbau der Wohnungen, die die Handschrift von Gaetano Irpinio tragen, wurde ebenfalls nicht gespart. Die raumhohen Schränke im Eingangsbereich sind ebenso wie die Küchenfronten und die Spiegel- und Unterschränke in den Nasszellen aus furniertem Nussbaum gefertigt, dessen warme Farbe gut mit den hellen Eichenparkettböden im Wohnbereich und den dunkelbraunen Feinsteinzeugmosaikböden in den Nasszellen harmoniert. Die hochwertigen Armaturen und Apparate in Küche und Bad unterstreichen den gehobenen Innenausbau, sodass man sich in einer Eigentumswohnung wähnt. Die dunkelrote Farbe des aus Norddeutschland stammenden Klinkers verleiht dem Gebäude ein frisches und zugleich edles Erscheinungsbild. Unterstützt wird dieser Eindruck durch den Kontrast, den die hellen Fenstergewände aus Kunststein und die weiss ausgestrichenen Decken und Wände der Loggien zur Klinkerfarbe bilden. Ein an das Trottoir angrenzender, leicht erhöhter Vorgartenbereich, gestaltet von Raderschallpartner aus Meilen, umgibt das ganze Gebäude und setzt das Erdgeschoss und die dort gelegenen privaten Aussenräume vom öffentlichen Strassenraum ab. Über ebenfalls mit Plasterklinkersteinen ausgeführte Treppen gelangt man in eine der drei Eingangshallen – dieser Begriff ist bei 55 Quadratmeter für einmal gerechtfertigt! Auch hier fällt die Liebe zu Material und Detail auf, sei es bei der Wahl und Verarbeitung der Bodenbeläge (heller und dunkler Terrazzo) oder bei der Ausgestaltung des Treppengeländers aus Bronze, welches vom Künstler Max Zuber entworfen wurde. Die Eingangshallen wohnMehrwerte durch Serviceleistungen Dass diese Wohnqualität ihren Preis hat, versteht sich von selbst. Die Bandbreite der Wohnungsmieten bewegt sich zwischen 3000 Franken für eine 2,5-Zimmer-Wohnung mit einer durchschnittlichen Fläche von ca. 66 Quadratmetern und 14‘000 Franken für eine Attikawohnung mit einer Fläche von rund 360 Quadratmetern. Das Preisniveau scheint der Vermietbarkeit jedoch nicht abträglich, waren doch bereits bei der Fertigstellung im Dezember 2009 50 Prozent der Wohnungen ab Plan vermietet. Seit Mitte 2010 gibt es keine Leerstände mehr. Dafür existiert bereits eine Warteliste. 060 Grossformatige Fenster und eine Raumhöhe von 2,70 m schaffen eine überdurchschnittliche Wohnqualität. Einheitliche Materialwahl: Küchenfronten, Wändschränke und Badmöbel sind aus furniertem Nussbaum. Der Wohnraum mit den grossformatigen Eichenholzriemen geht fliessend in die gedeckte Loggia über. 061 ARCHITEKTUR Mietwohnungen, Zürich MODULØR Magazin 2010 07 In diesen hohen Mietpreisen inbegriffen sind gewisse Leistungen des hauseigenen Concierges. Dazu gehören ein Postservice (Entgegennahme und Versand von Brief- und Paketpost), eine jährliche Fensterreinigung sowie ein zweiwöchiger Ferienservice. Alle weiteren Leistungen müssen separat abgegolten werden. Ebenfalls kostenpflichtig ist die Benützung des hausinternen Wildbachgut-Spa im 2. Untergeschoss. In den Genuss des Spa mit Sauna, Hamam, Solarium und Ruheraum kommen nur Hausbewohner; diese können die Wellnessoase während drei Stunden für maximal vier Personen exklusiv reservieren. Die Buchung erfolgt via Internet, die Anlage wird zum gewünschten Zeitpunkt vollautomatisch in Betrieb gesetzt und nach jeder Benutzung durch den Concierge gereinigt. Leider trägt das Spa gestalterisch eine andere Handschrift als der Rest des Hauses. Die Wellnessoase wurde als Gesamtpaket eingekauft. Die Gestaltung derselben war daher weitgehend vordefiniert und nur bedingt auf das gestalterische Gesamtkonzept des Hauses abstimmbar. Plan des Erdgeschosses: Grosszügige Eingangsbereiche und gut geschnittene Wohnungsgrundrisse. Einziger Wermutstropfen Kunst am Bau: Treppengeländer aus Bronze von Max Zuber, Lichtinstallation von Christian Herdeg. Die beiden Innenhöfe sind für die Erschliessung und die Wohnungen Bezugs- und Orientierungsraum. 062 Dank der gut konzipierten Nasszellen, der schwellenlosen Übergänge im Gebäudeinnern wie auch der innerstädtischen Lage mit behindertengerechtem Mobilitätsangebot sind die Wohnungen auch für Mieter mit körperlichen Einschränkungen attraktiv. Schade, dass für diese Klientel der Zugang zu den Nummern 57 und 59 nur über die Tiefgarage möglich ist! Einzig die Nummer 55 verfügt über einen direkten behindertengerechten Zugang. Diesem Aspekt ist beim Entwurf trotz eidgenössischem Behindertengleichstellungsgesetz zu wenig Beachtung geschenkt worden. Dies ist aber wirklich der einzige Wermutstropfen!