Mittelbayerische Zeitung

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KULTUR
Artikel vom 08.02.2015, 10:23 Uhr
In Regensburg inszeniert Joseph Berlinger eine amüsante Jagd nach dem Glück: mit Eva Sixt, Titus Horst und einer
Philosophin.
Von Stephan Grotz, MZ
Regensburg Manchmal ist es schon ein Glück, wenn man alte
Bekannte nach einiger Zeit wieder zufällig trifft. Wie Herr Striede
die Mei Ding. Die beiden kennen sich seit dem BayrischCrashkurs „Mei Fähr Lady“. So heißt das Stück, das das
Regensburger Turmtheater in der Reihe „Fröhliche Wissenschaft“
schon länger im Programm hat. Am Freitag war nun Premiere für
das zweite Zusammentreffen von Striede und Mei Ding, in einer
Inszenierung von Joseph Berlinger. Die Zuschauer begegneten
Titus Horst wieder als Ex-Manager Striede und der brillanten Eva
Sixt, die die inzwischen dialektgestählte Chinesin Mei Ding spielt.
Die launische Lady im Mittelpunkt des Stücks: das „Freulein
Fortuna“.
Mei Ding (Eva Sixt) und Ex-Manager Striede (Titus
Horst) kommen sich bei einem Tänzchen näher, im
Hintergrund assistiert Philosophie-Professorin Elif
Özmen per Video-Einspieler. Foto: Helmut Koch
Mit dem Fräulein hat Ex-Manager und Freizeitbauer Striede seine
liebe Not: Nachdem ihn sein Esel getreten hat, findet er auch
noch einen Abschiedsbrief von seiner Frau. Da kann einem schon
sehr philosophisch ums Herz werden. Zumindest theoretisch
möchte Striede nun wissen, wie er hätte glücklich werden können.
Dafür heuert er, ganz der alte Macher, einen Privat-Coach an: Elif
Özmen, die im echten Leben als Philosophie-Professorin an der
Uni Regensburg arbeitet.
Lebenshilfe per Video
Das Dumme ist nur: Özmen hat eigentlich keine Zeit, da sie dem
akademischen Jet-Set angehört -- heute da eine Konferenz, morgen dort einen Vortrag. Bleibt also nur, dass sich Elif Özmen
aus dem Hotel per Video mit Striede in Verbindung setzt. Kenntnisreich und anhand von vielen Beispielen führt Özmen ihren
philosophischen Adepten Striede durch das Denkgebäude von Kant und Aristoteles, von John Locke, Thomas Hobbes und
Peter Singer. Zwar bekommt Striede ab und zu die Krise angesichts der ermattend unüberschaubaren Theorien: „Wozu
aufstehen, wenn ich abends mich wieder hinlege?“ Manchmal geht ihm aber auch ein Licht auf: „Hat meine Mama auch
immer zu mir gesagt!“
Viele Themen werden dem Publikum auf unterhaltsame Weise präsentiert: Ob es wünschenswert wäre, wenn einem ständig
das Glück in den Schoß fiele. Denn ein bisschen anstrengen sollte man sich schon, als seines Glückes Schmied. Wenn es
aber dann nichts wird -- ist man damit schon automatisch unglücklich?
Das Paar liegt im Stehen
Am amüsantesten ist aber Striedes Wiederbegegnung mit Mei Ding. Er stellt sie für seinen Eselstall an und sie landet in
seinem Bett. Bei der Liebesszene wird, wie bereits in der Inszenierung zum Thema Schlaf in der Reihe „Fröhliche
Wissenschaft“, das Bett in die Vertikale verlegt: Eva Sixt und Titus Hort liegen im Stehen. Der Zuschauer hat buchstäblich die
Aufsicht.
Ohne dass er es weiß, findet Striede mit Mei Ding praktisch sein Glück. Sonst wäre so eine Sternstunde der Zweisamkeit gar
nicht möglich: Nachdem Striede seiner Chinesin lebhaft die Philosophie des Buddha erläutert hat, beglückt sie ihn mit der
Weisheit: „Wenn Du an eine Weggabelung kommst – nimm sie!“ Sein Glück mit Mei Ding geht Striede aber erst auf, als er
zum Schluss Elif Özmen anbaggert und bei ihr abblitzt.
Mit „Freulein Fortuna“ ist dem Team um Regisseur Joseph Berlinger und Eva Sixt eine wunderbar komische und
anspielungsreiche Inszenierung gelungen. Und das war weniger eine Sache des Glücks als des Könnens. Besonders
beeindruckt das betont schlichte Bühnenbild, das für ganz verschiedene Szenerien taugt. Vor der Leinwand, die für
unterschiedliche Videoeinspieler genutzt wird, gibt es nur eine quergelegte Stange auf Brusthöhe: Sie dient etwa zum
Aufstützen, als Ruder für die Mattinger Fähr-Lady Mei Ding und als Teil des Liebeslagers. Der lang anhaltende Applaus des
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zufriedenen Publikums dürfte auch alle Mitwirkenden happy
gemacht haben.
Auf ein Tässchen Espresso: Mei Ding (Eva Sixt) und
Ex-Manager Striede (Titus Horst) kommen sich
näher. Foto: Tino Lex
Ex-Manager Striede (Titus Horst) sucht das Glück.
Foto: Tino Lex
Wer das Glück sucht, muss Hindernisse
überwinden: Titus Horst als Ex-Manager Striede in
„Freulein Fortuna“. Foto: Tino Lex
URL: http://www.mittelbayerische.de/index.cfm?pid=10022&lid=0&cid=0&tid=0&pk=1188514
08.02.2015 12:28
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