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Vorplatz der Urania
Gutachterverfahren
Berlin, 2012
3.Rang
‚Verbreitung der Freude an der Naturerkenntnis’ - Wissenschaftliche Bildung für alle ist
die auf Alexander von Humboldt zurückgehende Zielsetzung der Urania. Die Bildungs- und
Kultureinrichtung dient seit 1888 gleichzeitig als „wissenschaftliches Theater, öffentliche
Sternwarte und physikalisches Kabinett“. Bis heute wird hier aktuelles Wissen aus erster Hand
durch zeitgemäße Medien vermittelt. An der Urania – benannt nach der Muse der Astronomie
– wurden historisch spektakuläre Versuche vorgeführt, wie zum Beispiel Röntgen-Strahlen
zur Zeit Ihrer Entdeckung. Nach wie vor ergänzen sich Berichte weltberühmter Forscher mit
Reiseberichten und Filmvorführungen. Das vielgestaltige Gebäudeensemble der heutigen Urania, nun im Wesentlichen als Altbau und Neubau beschreibbar, hat jedoch keine zusammenhängende Außenwirkung. Die unterschiedlichen Gebäudeteile haben zur Strasse nur schmale,
unterbrochene Vorzonen. Die Architektur besteht aus divergierenden, fragmentarischen
Zeitstücken. Der gründerzeitliche Altbau wurde in den 1980er Jahren postmodern ergänzt. Die
brutalistische Betonfassade des modernen Neubaus von 1962 wurde 1993 mit einer spiegelnden Verkleidung aus quadratischen Glaskacheln überdeckt. Der Neubau erzielt heute eine vage,
aber charakteristische Präsenz im - wenn auch fragmentarischen - modernistischen stadträumlichen Umfeld.
Entwurf - In dieser Fassade spiegelt sich die umgebende Stadt. Die Reflektionen und Lichteffekte sind als eine Art Einführung in das populäre naturwissenschaftliche Theater lesbar, dem
sich die Gründer der Urania Ende des 19.Jhd. verschrieben hatten. Der Entwurf schlägt deshalb
vor dieses sinnliche, optische Phänomen für den Ort weiterzuentwickeln und das Fassadenraster auf dem Vorplatz wiederzuspiegeln. Das Gebäude erhält dadurch einen großzügigen,
offenen Vorplatz, der eine eigene, teppichartige Präsenz im umfließenden Stadtraum aufweist.
Edelstahlprofile in den Fugen des großformatigen Platzbelags generieren eine eigenständige
Charakteristik des Platzes, die auch in der unklaren räumlichen Situation des collageartigen
Gebäudeensembles von Altbau und Neubau eine zusammenhängende Lesbarkeit ermöglicht.
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Das vorgeschlagene Raster nimmt darüber hinaus in seiner Flächenausrichtung Bezug auf die Volumetrie des Altbaus. Während vor
dem Neubau somit eine einladende Interferenz der Raster zwischen
Platz und Gebäude entsteht, erhält der kleine Vorplatz des Altbaus
eine ruhige Ausrichtung der Belagsgliederung.
Das aus der Gliederung der Neubaufassade abgeleitete quadratische
Bodenraster von 122 cm, besteht aus großformatigen Betonplatten
119,5 x 119,5 cm. In den Fugen sind zwei Zentimeter breite Edelstahlprofile eingelassen. Diese Profile generieren diffuse Lichtspiegelungen, die als Umkehrung des Fassadenrasters spezifisch auf das
Uraniagebäude – und seine naturwissenschaftlichen Bildungsinhalte und Vortragsprojektionen – verweisen. Mit der Wiederholung der
optischen Phänomene und der Bezugnahme auf das Gebäude erhält
die Belagstextur einen thematischen und räumlichen Charakter. Unaufdringlich, aber markant schiebt sich das neue Raster unter das
Vordach bis vor die Fassade und schafft somit eine Akzentuierung
des Haupteingangs zur Urania.
Erweiterung des stadträumlichen Bezugs - Die Öffnung des
Vorplatzes (räumlich und als Spiegelung) geht einher mit dem
Lesen des umgebenden Stadtraums als offener, modernistischer
Raum. Dieser sollte seinen Ausdruck nicht als Planungsrelikt einer
früheren Verkehrsplanung finden. Anstatt des derzeit zugewachsenen Mittelstreifens mit vorwiegend straßenbegleitender Baumstellung sollen deshalb sowohl auf dem Mittelstreifen als auch An
der Urania die Gehölze zu einer lockeren Baumstellung reduziert
werden, welche die Vorplätze des Altbaus und des Neubaus zu
einem parkartigen, offenen Raum verbindet. Um eine stärkere
räumliche Verankerung auch über die Strasse hinweg zu schaffen,
soll eine Gruppe Linden den kleinen Platz nach Westen begrenzen.
Diese hat hier auch einen Lenkungscharakter auf den kleinen Eingangsbau hin. Eine Baumgruppe aus zwei vorhandenen Linden und
drei neuen, schirmförmig wachsenden Trompetenbäumen (Catalpa
bignonioides) gibt dem schmalen Vorplatzbereich vor dem Neubau
Halt und definiert ihn als Aufenthaltsbereich für die Aussengastronomie. Der Arc de 124,5 degrées von Bernar Venet erhält eine
erneuerte Präsenz: als räumlicher Akzent und Bezugspunkt wird er
das weitere Vorfeld der Urania definieren.
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Urania Berlin
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Supersuperficie - Das regelmäßige Raster als einfaches Ordnungs- und Kohäsionsprinzip soll auch in der Ausstattung der
Vorplätze seine Fortsetzung finden. Als Grundprinzip schafft dieses
jenseits des Formalen eine sinnliche Brücke zwischen stadträumlichem Konzept und pragmatischer Möblierung. Die Möbel nehmen
das Grundrastermaß von 1,22m auf. Auch die Materialität findet
sich wieder: Grundkonstruktionen aus Edelstahlprofilen und Flächen
aus Beton. Die Ausrichtung der Möblierung orientiert sich jedoch
an der jeweiligen räumlichen Situationen der Vorplätze. Zwischen
Boden- und Objektraster entstehen so diagonale oder rechtwinklige
Interferenzen. Durch das Aufsetzen, bzw. Aufschrauben der Objekte
lassen sich diese in freier Anordnung unabhängig vom Bodenraster
anordnen.
Projektion - Die Themen der optischen Phänomene, des Lichts
und der Projektion liegen im geschichtlichen Kern der Urania. An
der Institution an der früher mit Refraktoren und Projektionsapparaten avancierteste Licht- und Kommunikationstechnik im
Vorführraum zum Einsatz kamen, kann heute moderne Lichttechnik
im Freiraum eingesetzt werden. Zwei Lichtmasten mit modularen
Scheinwerfer- und Projektionseinheiten akzentuieren die beiden
Vorplätze der Urania (z.T. per Umlenkung über die Fassade des
Neubaus). Austauschbare Gobo-Projektionsmasken ermöglichen die
themen- oder veranstaltungsbezogene Inszenierung der Vorplätze.
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