Chronische Erkrankungen Behinderung Entwicklungsunterstützung Peter Borusiak Inhalte Borusiak Mehrdimensionale Bereichsdiagnostik IVAN-Stufenkonzept Ressourcenorientiertes Vorgehen bei chronischen Erkrankungen Abgrenzung von Förderung und Therapie Therapieprinzipien der Sozialpädiatrie - Zieldefinitionen Kindzentrierte vs. familienzentrierte Ansätze Heilmittel Rechtliche Grundlagen (Behindertenausweis, Pflegeversicherung) Wuppertal 1 Grundlage Remo Largo: „Wir schauen immer auf die Defizite und wollen sie ausmerzen – dabei ist das aussichtslos. Für jedes Kind existiert ein individuelles Optimum dessen, was es erlenen kann.“ (Spiegel Nr. 38, 16.9.2013, S. 54-60, Interview „Auf Leistung getrimmt“) Positionierung des Kinder- und Jugendarztes gefragt! Borusiak Wuppertal 2 Statistik - I. Quartal 2011 • Gesamtausgaben Heilmittel Physiotherapie Ergotherapie Logopädie Podologie € 1.163.092.000 € 852.687.000 € 160.341.000 € 124.734.000 € 25.332.468 1,1 Mrd. 852 Mio. 160 Mio. 124 Mio. 25 Mio. • Kinder < 15 Jahre Physiotherapie Ergotherapie Logopädie € € € € 173 Mio. 34 Mio. 60 Mio. 77 Mio. 173.446.000 34.878.000 60.631.000 77.928.000 2013: 9 Mio Versicherte der Barmer GEK 81,5 Mio € für Blutzuckerteststreifen 3 Statistik - I. Quartal 2011 • Ergotherapie Hamburg und Sachsen Bremen Bayern ca. € 3.100 pro 1.000 Versicherte ca. € 1.600 pro 1.000 Versicherte ca. € 1.900 pro 1.000 Versicherte • Logopädie Nordrhein Sachsen Bayern ca. € 2.350 pro 1.000 Versicherte ca. € 1.700 pro 1.000 Versicherte ca. € 1.570 pro 1.000 Versicherte 4 MBS – mehrdimensionale Bereichsdiagnostik Umgebungsvariablen Kindbezogene Faktoren • Individuelle Variabilität • Begabungsprofil • Temperament • • • • • Kindergarten/Schule Soziales Umfeld Kulturelle Präferenzen Bewegungsfreiheit Gesellschaftliche Rahmenbedingungen Familiäre Variablen • Genetische Zielgröße • Zielvorstellungen der Eltern („Wunschkind“) Entwicklung Borusiak Wuppertal 5 Borusiak Wuppertal 6 Notwendigkeit der mehrdimensionalen Betrachtung Ergibt sich bei komplexer Problemlage aus der Notwendigkeit einer Priorisierung der therapeutischen Maßnahmen Beispiel Sprachentwicklungsstörung Ursache Therapeutische Intervention Hörminderung (Bereich K) z.B. Parazentese, z.B. Hörgeräteversorgung Intelligenzminderung (Bereich E) heilpädagogische Förderung (wenn z.B. der Sprachentwicklungstand dem kognitiven Stand im sprachfreien Bereich entspricht) soziale Deprivation (Bereich S) Jugendhilfemaßnahmen, Stabilisierung der familiären Situation, ggf. Fremdunterbringung autistische Störung (Bereiche E, P, A) autismusspezifische Interventionen 7 Entwicklungsauffälligkeit Borusiak normal zeitliche Variabilität Keine Therapie Normvariante Intrandividuelle Variabilität Keine Therapie Verzögerung Interindividuelle Variabilität Förderung? Störung Pathologie Therapie Wuppertal 8 IVAN - ein Lösungsansatz Stufenkonzept der Behandlung von Entwicklungsauffälligkeiten in einem interaktiven Diagnostik-/Therapiemodell Interdisziplinäre, verbändeübergreifende Arbeitsgruppe Entwicklungsdiagnostik (IVAN) des BVKJ, der DGAAP und der DGSPJ Koordinator: Prof. Dr. med. Ronald G. Schmid, Altötting (BVKJ) Dr. med. Folkert Fehr, Sinsheim (DGAAP) Dr. Hedwig Freitag, Berlin (DGSPJ, BAG-Psychologen) Dr. med. Helmut Hollmann, Bonn (DGSPJ) Susanne Kleuker, Essen (DGSPJ, BAG-Psychologen) Dr. med. Norbert Knieß, Ingolstadt (DGAAP) Manfred Mickley, Berlin (DGSPJ, BAG-Psychologen) Dr. med. Andreas Oberle, Stuttgart (DGSPJ) Armin Wegener, Düsseldorf (DGSPJ, BAG-Psychologen) 9 IVAN – Stufenkonzept Borusiak Stufe 1 • Screening • Niedergelassener Kinder- und Jugendarzt • 10-30 min Stufe 2 • Basisdiagnostik • Kinder- und Jugendarzt / SPZ • 25 – 50 min Stufe 3 • Vertiefte Diagnostik • EKPSAT-Schema • 4 – 10 h (und mehr) Wuppertal 10 Genetik und Epilepsie Borusiak Wuppertal 11 Chronische Erkrankung 12 Chronische Erkrankung 13 Chronische Erkrankung - Häufigkeit Allergien: ca. 30 % der Schulkinder Asthma: 4,7 %* Neurodermitis: 13,1%* Angeborene Herzfehler: ca. 1 % Epilepsie: ca. 0,5 % Diabetes Typ 1: ca. 0,2 % Migräne: 2,5%* *KiGGS-Daten, Prävalenz, 0 – 17 Jahre Kamtsiuris et al. 2007 14 Chronische Erkrankung – Änderung der Rahmenbedingungen Vorrang der ambulanten Behandlung Wandel des Spektrums: Verschwinden von Infektionskrankheiten (Tbc) Kliniken: Hohe Fluktuation kurze Verweildauer Hohe Wiederaufnahmerate Intensivbehandlung in Spezialkliniken: Engmaschige diagnostische und therapeutische Prozeduren Kind: Überflutung anstelle von Langeweile Lange Anfahrtswege: erneute Trennung von Familien Zunahme Psychosomatische Krankheiten / Zivilisationskrankheiten Paradoxie: Medizinische Behandlung senkt nicht den Betreuungsbedarf, sondern erhöht ihn! 15 Chronische Erkrankung – Was ist los? Tiefe Verunsicherung: Kann ich geheilt werden? Wie wird die Krankheit mein Leben verändern? Zugzwang medizinischer Entscheidungen Akzeptanz Ohnmacht und Hilflosigkeit Kontrollverlust 16 Körperlich chronisch kranke Jugendliche Bis 3‐fach erhöhtes Risiko für psychische/psychiatrische Erkrankungen (Aggression, Depression, Angststörung) Gründe hierfür sind u.A.: Erhöhte Belastung der Familien Verlusterlebnisse und Einschränkungen Reduzierte Lebensqualität, verengte Lebensperspektive Eingeschränktes Zeitbudget durch Unterstützung und Hilfestellungen Noeker & Petermann (2013) 17 Chronische Erkrankung – erkrankungsübergreifende Leitprinzipien Biopsychosoziales Grundverständnis chronischer Krankheit Interdisziplinäre Zusammensetzung der Schulungsteams Pragmatische Bewältigungs‐ und Ressourcenorientierung Familienorientierung Entwicklungsorientierung: Implikationen für Didaktik (altergerechtes Krankheitskonzept) Berücksichtigung von krankheitsunabhängigen Entwicklungsaufgaben 18 Epilepsie – was wann? Initial: Angst Dann: Entwicklung Jugend: Verhalten 19 Schulungen (krankheitsübergreifend) • Vermittlung von altersgerechtem Wissen und funktionalen Erwartungen zu Krankheit und Behandlung • Kompetenzen zur Selbstbehandlung akuter Exazerbation (Notfallplan) • Kompetenzen und Motivation zur Therapiedurchführung im symptomfreien Intervall • Abstimmung der Krankheitsbewältigung im Familiensystem Selbstwirksamkeit 20 Borusiak Wuppertal 21 Borusiak Wuppertal 22 Wer braucht was….. Borusiak Wuppertal 23 ...neulich in der Praxis... Die Lehrerin hat gesagt, Lisa-Marie braucht Ergotherapie Die Kindergärtnerin sagt aber, dass Kai-Michael Logopädie braucht Irgendwie kann sich Peter-Helmut nicht so konzentrieren – ich hab‘ da mal im Internet nachgesehen – das passt alles zum ADS Irgendwie kann sich Peter-Helmut nicht so konzentrieren – ich hab‘ da mal im Internet nachgesehen – das passt alles zu einem Autismus Irgendwie kann sich Peter-Helmut nicht so konzentrieren – ich hab‘ da mal im Internet nachgesehen – das passt alles zu einer Wahrnehmungsstörung Irgendwie kann sich Peter-Helmut nicht so konzentrieren – ich hab‘ da mal im Internet nachgesehen – das passt alles zu einer Hochbegabung Borusiak Wuppertal 24 Abgrenzung von Förderung und Therapie • pädagogische Förderung grundlegende Entwicklungsstörung längerfristig allgemein • medizinische Therapie umschriebenes Problem klar definierte Therapieziele begrenzter Zeitraum 25 Abgrenzung von Förderung und Therapie Entwicklungsfördernde Interventionen* • Klar positive Effekte Bei jungen und psychosozial deprivierten Kindern Durch psychologische und pädagogische Ansätze (Lernprogramme) Auf die Interaktion Auf die gesamte Familie • Eher geringe Effekte Bei organischen Ursachen, v.a. bei schwerer Behinderung Durch medizinisch orientierte Therapieformen *Dunst CJ, Snyder SW, Mankinen M: Efficacy of early intervention (1989) Metananalyse von 105 Studien zur Frühbehandlung und Frühförderung 26 Entwicklungsfördernde Interventionen aus: v. Suchodoletz: Therapie von Entwicklungsstörungen – was wirkt wirklich 27 Entwicklungsfördernde Interventionen aus: v. Suchodoletz: Therapie von Entwicklungsstörungen – was wirkt wirklich 28 Frühförderung • Klassisch: heilpädagogische Frühförderung • seit einigen Jahren (regional extrem unterschiedliche Umsetzung): Komplexleistung Frühförderung (§ 30 und § 56 SGB IX) Heilpädagogische Förderung und medizinisch-funktionelle Therapie (Ergo, Logo, Physio) aus einer Hand keine externen Therapien auf Heilmittelrezept mehr möglich keine Parallelbehandlung mit gleichem Ansatz im SPZ (also nicht Logopädie in IFF und im SPZ) aber Vorstellung im SPZ z.B. zur Diagnostik und Behandlung der Epilepsie / ICP bei paralleler Fortführung der IFF möglich Im Ansatz gut gemeint……regionale Umsetzungen teilweise schwierig…..“übliches“ Problem: unterschiedliche Kostenträger 29 Ganzheitliche Förder- und Therapieverfahren • Pädagogik, Heilpädagogik, Sonderpädagogik • Entwicklungsförderung unter Einbeziehung spielerischer Ansätze • Spiel als genuine, eigeninitiative Tätigkeit • Spiel als Grundlage des Lernens Heilpädagogik speziell für Kinder mit Entwicklungsstörungen und Behinderungen Montessori-Pädagogik Konduktive Förderung nach Petö 30 Richtlinien zur Heilmittelverordnung Wichtige allgemeine Aussagen (1) „..dienen der Sicherung einer ...ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung...“ Nicht die optimale Versorgung, sondern die ausreichende ist Vorgabe des Gesetzgebers Es geht nicht um die optimale Entwicklung, sondern um die normale! 31 Richtlinien zur Heilmittelverordnung Wichtige allgemeine Aussagen (2) „Vertragsärzte und Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, dass die Versicherten eigenverantwortlich durch gesundheitsbewusste Lebensführung....und durch aktive Mitwirkung an Behandlungsmaßnahmen dazu beitragen, Krankheiten zu verhindern und deren Verlauf und Folgen zu mildern“ Das sollte eigentlich selbstverständlich sein – Realität? keine Therapie ohne Einbeziehung der Bezugspersonen und ohne „Hausaufgaben“ 32 Richtlinien zur Heilmittelverordnung Wichtige allgemeine Aussagen (3) „Die Verordnung von Heilmitteln kann nur erfolgen, wenn sich der behandelnde Vertragsarzt von dem Zustand des Kranken überzeugt, diesen dokumentiert und sich erforderlichenfalls über die persönlichen Lebensumstände informiert hat oder wenn ihm diese aus der laufenden Behandlung bekannt sind. Folgeverordnungen sind nach Maßgabe des Heilmittelkatalogs nur zulässig, wenn sich der behandelnde Vertragsarzt zuvor erneut vom Zustand des Patienten überzeugt hat. Bei der Entscheidung des Vertragsarztes über Folgeverordnungen sind der bisherige Therapieverlauf sowie zwischenzeitlich erhobene Befunde zu berücksichtigen.“ Keine Verordnung, nur weil Lehrer, Therapeut etc. das sagt! eigene Kompetenz 33 Richtlinien zur Heilmittelverordnung Wichtige allgemeine Aussagen (4) „Insbesondere bei Verordnungen außerhalb des Regelfalls hat der Vertragsarzt störungsbildabhängig eine weiterführende Diagnostik durchzuführen, um auf der Basis des festgestellten Therapiebedarfs, der Therapiefähigkeit, der Therapieprognose und des Therapieziels die Heilmitteltherapie fortzuführen oder andere Maßnahmen einzuleiten.“ Auch schwer betroffene Kinder haben ein Anrecht darauf, dass die Therapienotwendigkeit überprüft wird. Das entspricht dem üblichen Vorgehen beim Einsatz anderer „Mittel zur Heilung“, z.B. bei Medikamenten. 34 Therapieprinzipien der Sozialpädiatrie Indikation Zielvereinbarung Therapiepausen Beendigung der Therapie 35 Nebenwirkungen? Interaktionsstörungen, Rückzugsverhalten bzw. Verweigerung zeitliche Überlastung des Kindes Fortschreibung von Störungsmustern (Studie zur Sprache)* Verlust des Vertrauens in eigene Kompetenzen Vernachlässigung weiterer differenzialdiagnostischer Schritte Mangelnde Akzeptanz für die Behinderung des Kindes Verschwendung von emotionalen, interaktiven, sozialen, zeitlichen und finanziellen Ressourcen der Familie Einschränkung der eigenen Beziehungs- und Handlungskompetenz des Patienten bei Übertherapie Psychische Abhängigkeit des Patienten / Angehörigen von den Therapeuten *Ritterfeld & Dehnhardt (2000) Borusiak Wuppertal 36 Therapieprinzipien der Sozialpädiatrie - Indikation • Umschriebene Entwicklungsstörung in einem Bereich, der mittels der zur Verfügung stehenden Heilmittel therapierbar ist: gut: Sigmatismus interdentalis cave: „auditive Wahrnehmungsstörung“ • Die Entwicklungsstörung muss alltagsrelevant sein: ja: Stifthaltung, Anpressdruck nein: Tennisaufschlag • Idealerweise gelingt eine standardisierte Messung und der Vergleich mit den übrigen Entwicklungsbereichen, z.B.: expressiver Sprachentwicklungsstand (SETK): 3;6 Jahre rezeptiver Sprachentwicklungsstand (SETK): 4;8 Jahre kognitiver Entwicklungsstand (SON-R): 4;10 Jahre 37 UEMF – Umschriebene Entwicklungsstörung motorischer Funktionen (N. Knieß) Abgestufte Interventionen bei auffälliger Entwicklungsdiagnostik oder alltagsrelevanter Entwicklungsstörung: intensivierte häusliche Förderung pädagogische Angebote, Vereine FamilienErgo – Konzept Heilmittelverordnung (Ergotherapie), weiterführende Diagnostik (evtl. in Zusammenarbeit mit ErgotherapeutIn Movement-ABC, BOT-2) Verlaufskontrolle n. Ergotherapie, ggf. Weiterüberweisung bei mangelndem Therapieerfolg o. Verordnung über den Regelfall hinaus an nächsthöhere Versorgungsstufe wie SPZ Borusiak Wuppertal 38 Therapieprinzipien der Sozialpädiatrie - Zielvereinbarung Bitte nicht: „Ergotherapie bei Wahrnehmungsschwäche“ • Ziele von Therapien sind grundsätzlich an den Bedürfnissen des Kindes zu orientieren • Zielsetzungen müssen folgende Eigenschaften erfüllen: abgesprochen mit Eltern und wenn möglich mit Kind, konkret, realistisch, alltagspraktisch und erreichbar • Die Zielsetzungen müssen überprüfbar sein …das gilt auch für schwer-mehrfach Behinderte 39 Betätigungen - Aktivitäten Betätigungen sind Handlungen, die aus der Klientenperspektive für die Gestaltung der individuellen Lebensbereiche Bedeutung haben. Aktivitäten sind aus der professionellen Perspektive beschrieben und sinnvoll CO-OP = Cognitive Orientation to daily Occupational Performance Statt „Förderung der Feinmotorik“, beispielsweise „Laura zieht sich ab der kommender Woche morgens vor dem Kindergarten die Oberteile ohne Hilfe von Mama an“ Borusiak Wuppertal 40 Borusiak Wuppertal 41 RopE Borusiak Wuppertal 42 RopE Borusiak Wuppertal 43 Therapieprinzipien der Sozialpädiatrie - Therapiepausen Sinnvoller Bestandteil des Behandlungskonzeptes Beobachtung der spontanen Weiterentwicklung Beurteilung des Transfers therapeutischer Inhalte in den Alltag Überprüfung der weiteren Therapienotwendigkeit Zeitliche Entlastung der Familie Emotionale Entlastung des Kindes 44 Therapieprinzipien der Sozialpädiatrie Beendigung der Therapie Was soll das Kind nach 20 Therapieeinheiten können, was es momentan nicht kann und ohne Therapie nicht erreichen wird? Wie viele Therapieeinheiten sind wohl notwendig? Woran würde man merken, dass die Therapie erfolgreich war und beendet werden kann? www.dgspj.de (unter Qualitätssicherung Papiere der Qualitätszirkel) 45 Besonderheiten bei behinderten Kindern und Jugendlichen Annäherung an Normalität nur begrenzt oder nicht möglich Andere Zielstellungen: - Lebensqualität - Größtmögliche Selbständigkeit und - Optimierung der sozialen Teilhabe - Stärkung der elterlichen Kompetenz Borusiak Wuppertal 46 Therapie im pädiatrischen Alltag - Korridor 47 Therapie im pädiatrischen Alltag - Korridor 48 Unterschiede Eltern – Kinder Melanie White-Koning et al. Pediatrics 2007 49 Lebensqualität bei CP Kinder mit CP, die über sich selbst berichten können haben eine ähnliche Lebensqualität wie gleichaltrige Kinder ohne Behinderungen 50 Psychische Probleme bei CP SPARCLE-Gruppe Strenghts and Difficulties Questionnaire (SDQ) 51 52 53 54 Prävalenz psychischer Störungen Psychische Störung Prävalenz in % bei Intelligenzminderung ohne IM odds ratio Emotionale Störung 9,5 4,1 2,4 Angststörung 8,7 3,6 2,5 Depression 1,5 0,9 1,7 Störung des Sozialverhaltens 25,0 4,2 7,6 Hyperaktivität 8,7 0,9 10 Tiefgreifende Entwicklungsstörung 7,6 0,1 74,7 Ticstörung 0,8 0,0 15,3 Essstörungen 0,4 0,1 3,5 Emerson 2003; n=10.438 55 Kindzentrierte vs. familienzentrierte Ansätze Entscheidung über die Hauptproblemebene der MBS Handelt es sich um ein genuines Problem, welches beim Kind begründet ist (z.B. ICP) oder liegt die (vermutete) Ursache eher im psycho-sozialen Umfeld (familiäre Situation, Erwartungsdruck, soziale Verhältnisse) Therapeutische Ansätze können erst bei Sicherung der Grundbedürfnisse wirksam sein Stabilisierung des Umfelds vor kindzentrierten Maßnahmen 56 Kindzentrierte vs. familienzentrierte Ansätze Möglichkeiten der Jugendhilfe Arbeitsformen Familienunterstützende Hilfen Familienergänzende Hilfen Familienersetzende Hilfen Angebote Hauptzielgruppen Erziehungsberatung Alle Altersgruppen Soz-päd. Familienhilfe Fam. mit jüngeren Kindern Soz. Gruppenarbeit Ältere Kinder/Jugendliche Erziehungsbeistände Ältere Kinder/Jugendliche Gemeinsame Wohnformen für Väter/Mütter & Kinder Alleinerziehende Eltern mit Kindern < 6 Jahre Tagesgruppen Kinder bis 14 Jahre Soz.-päd. Tagespflege Kinder im Vor-/Grundschulalter Vollpflege v.a. jüngere Kinder Heimerziehung / sonstige Wohnformen Intensive soz.-päd. Einzelbetreuung Kinder / Jugendliche / junge Volljährige Jugendliche / Heranwachsende 57 (Schwer-) Behindertenausweis – SGB IX „Behindert“ sind Menschen, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate für den für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehinderte Menschen sind behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung mindestens 50 beträgt, die in Deutschland wohnen, ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder hier beschäftigt sind. Borusiak Wuppertal 58 (Schwer-) Behindertenausweis – SGB IX Antragstellung schriftlich an das zuständige Landesamt für Soziales, Jugend und Familie (Versorgungsamt) mit dem Ziel der Feststellung der Behinderung und Ihrer Schwere dem Nachweis bestimmter gesundheitlicher Merkmale zur Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen (z.B. Steuervergünstigungen) der Ausstellung eines Ausweises zur Wahrnehmung von Rechten und Nachteilsausgleichen. Die Antragstellung kann auch rückwirkend erfolgen! Borusiak Wuppertal 59 (Schwer-) Behindertenausweis – SGB IX Merkzeichen G Feststellung einer erheblichen Beeinträchtigung im Straßenverkehr, einer erheblichen Gehbehinderung und einer Geh- und Stehbehinderung Merkzeichen G berechtigt zur Freifahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Umkreis von 50 km (mit Wertmarke) Merkzeichen aG Feststellung einer außergewöhnlichen Gehbehinderung Mit dem Merkzeichen aG kann der blaue Behindertenaufkleber beantragt werden, der zur Nutzung von Behindertenparkplätzen und anderen Parkerleichterungen dient Borusiak Wuppertal 60 (Schwer-) Behindertenausweis – SGB IX Merkzeichen H Feststellung von Hilflosigkeit Bedeutet die höchstmögliche Steuervergünstigung Merkzeichen B Feststellung der Notwendigkeit ständiger Begleitung Beim Merkzeichen B hat eine Begleitperson Freifahrt in sämtlichen öffentlichen Verkehrsmitteln bundesweit. Merkzeichen RF (Befreiung von Rundfunkgebühren) Merkzeichen Bl (Blindheit) Merkzeichen GL (Gehörlosigkeit) Borusiak Wuppertal 61 Pflegeversicherung – SGB IX Pflegebedürftig sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens von sechs Monaten, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Die Antragstellung für Leistungen aus der Pflegeversicherung erfolgt bei der Pflegekasse der Krankenkasse des Versicherten. Borusiak Wuppertal 62 Pflegeversicherung – SGB IX Das Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit wird durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung durchgeführt und erfolgt durch Hausbesuche und Begutachtung des Pflegebedürftigen im häuslichen Umfeld. Wichtig: Leistungen aus der Pflegeversicherung werden ab Antragstellung und nicht rückwirkend bewilligt! Drei Pflegestufen - Bei Kindern ist für die Zuordnung der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend. Borusiak Wuppertal 63 Pflegeversicherung – SGB IX Pflegestufe I Erheblich Pflegebedürftige Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand für die erforderlichen Leistungen muss mindestens 90 Minuten betragen, hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen. Borusiak Wuppertal 64 Pflegeversicherung – SGB IX Pflegestufe II Schwerpflegbedürftige Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand für die erforderlichen Leistungen muss mindestens drei Stunden betragen, hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen. Borusiak Wuppertal 65 Pflegeversicherung – SGB IX Pflegestufe III Schwerstpflegebedürftige Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts der Hilfe bedürfen und mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand für die erforderlichen Leistungen muss mindestens fünf Stunden betragen, hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens vier Stunden entfallen. Borusiak Wuppertal 66 Pflegeversicherung – SGB IX Pflegestufe 0 Demenzkranke, geistig, psychisch und physisch Behinderte mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz können Pflegegeld und bestimmte Leistungen zur Deckung eines Bedarfs an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung in Anspruch nehmen, auch wenn noch nicht der für Pflegestufe I erforderliche Zeitumfang erfüllt wird. Borusiak Wuppertal 67 Haushaltshilfe - SGB V Versicherte erhalten eine Haushaltshilfe, wenn sie wegen Krankenhausbehandlung einer Kurmaßnahme oder Müttergenesungskur einer sonstigen medizinischen Rehabilitationsmaßnahme (z.B. Anschlussheilbehandlung) einer einer häuslichen Krankenpflege einer medizinisch erforderlichen Mitaufnahme der haushaltsführenden Person bei stationärer Behandlung eines Versicherten ein Kind nicht ausreichend versorgen können. Voraussetzung Im Haushalt lebt ein Kind, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 12.Lebenjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Borusiak Wuppertal 68 Häusliche Krankenpflege - SGB V Häusliche Krankenpflege bedarf einer ärztlichen Verordnung, wenn Krankenhausbehandlung geboten aber nicht ausführbar ist oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. Ein Anspruch besteht höchstens 4 Wochen pro Krankheitsfall. Ist eine häusliche Krankenpflege länger als 4 Wochen erforderlich, muss die Krankenversicherung den Medizinischen Dienst einschalten. Gegenüber den Leistungen der Pflegeversicherung hat die häusliche Krankenpflege der Krankenkassen Vorrang. Für die Behandlungspflege ist immer die Krankenkasse zuständig! Borusiak Wuppertal 69 Fazit Eigene Positionierung für die Inhalte in der Praxis Screening – Basis – vollständige MBS Eigene Positionierung zum Stand der Entwicklung des Kindes „Saubere“ Nomenklatur Verzögerung – Störung Therapie – Förderung Klare Definition von Zielen Borusiak Wuppertal 70