Theater in Wien um 1900 - Digitale Schule Bayern

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Theater in Wien um 1900
1. Inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema
Theater in Wien um 1900
Zu Beginn des Buches „Leutnant Gustl“ von Arthur Schnitzler besucht die
Hauptperson Gustl ein Konzert, weil er die Eintrittskarte dafür von seinem Freund
Kopetzky bekommen hat. Die Aufführung findet im Wiener Musikverein am
Karlsplatz im I. Wiener Gemeindebezirk statt, in dem der Evangelische Singverein
„Paulus. Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift“ von Felix MendelsohnBartholdy aufführt.
Auch wenn Gustl sich nicht für diese Art von Unterhaltung begeistern kann und
immer wieder bereut überhaupt in das Konzert gegangen zu sein („… Hätt’ ich die
Karte lieber dem Benedek geschenkt, dem machen solche Sachen Spaß;(…)“1)),
war ein Theaterbesuch dennoch bei dem überwiegenden Teil der Bevölkerung in
Wien sehr beliebt.
Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden verstärkt Theater und
Opernhäuser in Wien errichtet, welche für alle Bürgerschichten zugänglich waren.
Durch die verstärkten Aufführungen von Opern und Ballettdarbietungen wurde das
bloße Schauspiel jedoch langsam verdrängt.
Neben dem Wiener Musikverein wird auch das Ronacher von Gustl erwähnt, da er
beim Passieren dieses Gebäudes an alte Zeiten denken muss: „… den ganzen
Nachmittag hab’ ich geschlafen wie ein Stock, und am Abend waren wir schon
beim Ronacher … der Kopetzky, der Ladinser und … (…)“2).
Das Ronacher ist ein von „Anton Ronacher (1841-92) erbautes Etablissement im I.
Bezirk (Seilerstätte 9) an der Stelle des abgebrannten Stadttheaters. Konzipiert als
Vereinigung von Theater, Ballsaal, Hotel, Restaurant und Kaffeehaus, (…)“3).
An diesem Beispiel kann man sehr gut erkennen, dass um 1900 nicht nur in
Theatern und Opernhäusern Konzerte, Opern und Theateraufführungen
stattgefunden haben, sondern dass auch Kaffeehäuser zu derartigen
Unterhaltungszwecken sehr beliebt waren.
Dennoch war und ist Wien eine bekannte Kultur- und Theaterstadt, was auch die
große Anzahl an Theatern zeigt.
Das älteste Theater in Wien ist das Burgtheater am Michaelerplatz, welches 1742
eröffnet wurde. Ab 1821 wurde es offiziell zum „Hofburgtheater“, allerdings blieb
es dies nur bis 1888, da es dann auf Grund baulicher Mängel geschlossen wurde.
Das neue Burgtheater, das 1874-1888 erbaut wurde, löste das Hofburgtheater
daraufhin ab, wurde aber bereits nach neun Jahren wieder kurzfristig geschlossen,
um verschiedene Mängel, wie schlechte Klangwirkung und Sicht,… zu verbessern.
Doch noch vor der Ersteröffnung des Burgtheaters 1888 entstanden die drei
berühmten Vorstadttheater: das Leopoldstädter Theater (1781), das Theater in der
Josefstadt (1788) und das Theater an der Wien (1801).
Zwei dieser drei Theater sind auch heute noch in Betrieb. Das Leopoldstädter
Theater hingegen wurde 1838 erworben und neun Jahre später als Carltheater
wiedereröffnet. Allerdings hat sich auch dieses Theater nur 82 Jahre halten
können und wurde 1929 endgültig geschlossen.
Doch schon in der Zeit, in der das Carltheater noch aktiv war, wurden etliche
weitere Prachtbauten zum selben Zweck gebaut.
Hierbei muss die Wiener Staatsoper, die ehemalige Wiener Hofoper, erwähnt
werden, deren Bauzeit lediglich fünf Jahre betrug (1863-1868) und die auch heute
noch die größte und prächtigste Oper in Wien ist.
Marcus Mühlnikel
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Theater in Wien um 1900
Nur zwei Jahre später wurde der Wiener Musikverein eröffnet, in dem Leutnant
Gustl das bereits genannte Oratorium besucht hat.
1871 wurde das Wiener Stadttheater erbaut, welches aber nur zwölf Jahre später
durch ein schweres Feuer völlig zerstört wurde. Anstatt es wieder aufzubauen,
wurde es an Anton Ronacher verkauft, der es 1887/88 als "Etablissement
Ronacher" wiedereröffnete, in dem ab 1891 ständig Theateraufführungen gezeigt
wurden.
Das letzte Gebäude, das zu dieser Zeit für Theater- und Opernaufführungen
errichtet wurde, ist die Volksoper, das 2. größte Opernhaus neben der Wiener
Staatsoper. Sie wurde 1898 als „Kaiser-Jubiläums-Stadttheater“ errichtet und wird
auch heute noch gerne besucht.
Allerdings werden - neben einigen Ausnahmen - in der heutigen Zeit völlig andere
Stücke dargeboten als um 1900.
Damals war der Vormarsch der Opern schon auf dem Höhepunkt angelangt, was
die Theaterprogramme dieser Zeit verdeutlichen.
Es gab immer weniger ‚reine’ Theaterstücke und auch an den Bauvorhaben der
damaligen Zeit zeigt sich, dass alles auf Opern, Konzerte und Musikstücke
ausgelegt war.
An Neubauten entstanden hauptsächlich Opern: Hofoper, Wiener Staatsoper,
Wiener Musikverein und Volksoper.
Eine sehr bekannte Oper in der damaligen Zeit war z.B. „La Traviata“ von
Giuseppe Verdi, aufgeführt in vier Sätzen. Auch Gustl hatte vor diese zu
besuchen: „Übermorgen könnt’ ich eigentlich wieder hineingeh’n, zur ‚Traviata’“4).
Weitere bekannte Opern, die um 1900 in Wien aufgeführt worden sind, sind z.B.
‚Der Vogelhändler’ (1891) von Carl Wolfgang Zeller und ‚Die lustige Witwe’ (1905)
von Franz Lehar.
Doch neben Opernbesuchen unterhielt Gustl sich auch durch Konzerte, wie
„Paulus. Oratorium nach Worten der Heiligen Schrift“ von Felix MendelssohnBartholdy, das er zu Beginn des Buches im Wiener Musikverein besucht hat.
Theatervorstellungen wie „Madame Sans-Gêne“, eine Komödie in drei Akten und
einem Prolog von Victorien Sardou und Émile Moreau 5) gehörten ebenfalls zu
seinen Favoriten.
In dieser Komödie spielte eine der berühmtesten Schauspielerinnen dieser Zeit bei
der Uraufführung 1894 in Wien mit: Helene Odilon (1864-1939).
Neben ihr gab es noch viele andere sehr talentierte Schauspieler, wie „Wilhelm
von Wymetal (1863-1937), Schauspieler, später Oberspielleiter an der Wiener
Staatsoper;“6), Ewald Balser (1898-1978), einen deutschen Schauspieler, der am
Wiener Burgtheater vor allem verschiedene Heldenrollen verkörperte und Johann
Nepomuk Eduard Ambrosius Nestroy (1801–1862) der in mehreren Wiener
Theatern spielte.
Im musikalischen Bereich sind vor allem Edyth Walker (1870-1950), eine
berühmte Oratoriensängerin und die bedeutendste Altistin der Zeit und „Margarete
Merlitschek (1875-1944)(…) als Soubrette an der Wiener Hofoper“7) zu erwähnen.
Auch nach mehr als hundert Jahren kann man Wien getrost als das Muss für
Oper- und Theaterfans bezeichnen, denn auch heute noch ist Wien der
Anlaufpunkt in Sachen Theater, Musik und Kultur.
Marcus Mühlnikel
deutsch-digitale-schule-bayern.de
Theater in Wien um 1900
Bis auf einige gesellschaftliche Veränderungen hat sich nicht viel an den Reizen
Wiens geändert.
Denn der einzige Unterschied zur damaligen Zeit ist die Tatsache, dass im 21.
Jahrhundert bedeutende Darsteller nicht nur auf den „Brettern die die Welt
bedeuten“ zu finden sind, sondern oftmals auch im Fernsehen europaweit präsent
sind (z.B. Christiane Hörbiger, Peter Weck, Angelika Milster).
Zitatangaben:
1)
2)
3)
4)
5)
Schnitzler, Arthur: Lieutenant Gustl. Stuttgart 2004, S.7/Z.16-18.
Schnitzler, Arthur: Lieutenant Gustl. Stuttgart 2004, S.22/Z.16-18.
Schnitzler, Arthur: Lieutenant Gustl. Anmerkungen, Stuttgart 2004, S. 53.
Schnitzler, Arthur: Lieutenant Gustl. Stuttgart 2004, S.8/Z.4-6.
Vgl.: Schnitzler, Arthur: Lieutenant Gustl. Anmerkungen, Stuttgart 2004, S.
49f.
6) Schnitzler, Arthur: Lieutenant Gustl. Anmerkungen, Stuttgart 2004, S. 58.
Marcus Mühlnikel
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