Unterm Tonnendach

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Thema des Monats
Energieeffiziente Gebäude
BELICHTUNG
Unterm Tonnendach
Beim Bau der türkischen Botschaft in Berlin kam
ein großes Tonnendach aus Glas zum Einsatz,
das neben einem sehr guten Dämmwert auch noch
zahlreiche weitere Funktionen erfüllt.
Text: Hans-Gerd Heye | Fotos: Jet /Köster GmbH und nsh Architekten
M
it vielen interessanten
Detaillösungen wartet der Neubau der türkischen Botschaft in Berlin auf: Ein optisches Highlight des Gebäudes ist – neben
der typisch osmanischen Ornamentik in
einzelnen Bauteilbereichen – die auffällige Glasdacharchitektur. Gläserne Tonnendächer über dem Foyer und dem angrenzenden Atrium tragen durch ihre Ästhetik
zum attraktiven Gesamterscheinungsbild
bei. Tageslichtdurchflutete Räume sorgen
für eine besucherfreundliche Wohlfühlatmosphäre – bei gleichzeitig hohem Hitzeschutz dank hochwertiger Verglasung und
durchdachter Rauch- und WärmeabzugsTechnik.
Prägendes Merkmal des von den Berliner Architekten Volkmar Nickel, Felipe
Schmidt und Thomas Hillig entworfenen
Botschaftsgebäudes sind die beiden über
ein gläsernes Foyer miteinander verbundenen Gebäudeflügel. Sie stehen für die Lage
des Landes auf zwei Kontinenten. Das verbindende Foyer wird deshalb, genau wie die
Meerenge, „Bosporus“ genannt. Das repräsentative Bauwerk verknüpft zudem osmanische Stilmittel mit Gestaltungselementen
der europäischen Architektur.
Tonnendach aus Glas
▴▴Transparent: Bei der Überdachung der türkischen Botschaft in Berlin verbauten die Handwerker Glaselemente mit einer Gesamtfläche von 1500 m²
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Der Baustoff Glas spielte im Entwurf der
Architekten aufgrund seiner Transparenz
eine zentrale Rolle. Die großen Glasflächen
stellten – insbesondere im Dach – sowohl
hinsichtlich der Statik als auch unter brandschutztechnischen und raumklimatischen
Aspekten hohe Anforderungen an die Glasund Tragkonstruktion. Man vertraute dabei
auf die Erfahrung der Jet-Gruppe: „Schon
bei der Angebotserstellung des Generalunternehmers im Rahmen der Leistungsausschreibung haben wir für die gläsernen
Dachbereiche unterstützend mitgewirkt“,
erklärt Jörg Menschel, Niederlassungsleiter
Vertrieb des Herstellers.
In enger Abstimmung mit den Bauverantwortlichen entwickelten die Ingenieure
des Glasherstellers sowohl für das Foyer als
auch für das Atrium eine Glasdachlösung
mit aufgeständerten, tonnendachförmigen
Sonderkonstruktionen. Sie schließen beim
Foyer in Teilbereichen an die Fassaden der
▴▴Auch an den Fassaden der türkischen Botschaft kamen große Glasflächen zum Einsatz
Gebäudeflügel an. Als Tragwerk diente eine
Stahlkonstruktion mit Sonderprofilen. Das
Tragwerk und die Aufsatzkonstruktion wurden im Werk in Form von einzelnen Bauelementen in transportfähigen Maßen vorgefertigt und auf der Baustelle verschweißt.
Für den erforderlichen Rauch- und Wärmeabzug (RWA) wurden im Bereich der Dachaufständerungen im Foyer und Atrium
167 Lamellenfenster angeordnet.
Hohe Ansprüche ans Glas
Insgesamt haben die Handwerker bei der
Erstellung der Tonnendächer inklusive Giebel und Aufständerungen eine Fläche von
rund 1500 m² mit einer Verglasung versehen. Da die Glasflächen für Wartungsund Reinigungsarbeiten betreten werden
müssen, erfüllen sie nach den gesetzlichen
Bestimmungen für Überkopfverglasungen
(TRLV) die geforderte hohe Durchsturzsicherheit. Dies erforderte beim Glasaufbau
für die Außenscheibe ein Verbund-Sicherheitsglas mit zwei Scheiben (6 und 10 mm)
aus teilvorgespanntem Glas. Als Innenscheibe wählten die Planer des Herstellers
ein 12 mm dickes Verbund-Sicherheitsglas.
Dadurch ergab sich zusammen mit dem
Scheibenzwischenraum von 16 mm eine
Gesamtdicke der Verglasung von 44 mm.
Sie erreicht dabei einen Wärmedurchgangskoeffizienten Ug von 1,0 W/(m²K).
Nach den Sicherheitsbestimmungen für
betretbare Überkopfverglasung musste
zur Gewährleistung der Absturzsicherheit
für diesen individuellen Glasaufbau eine
sogenannte „Zustimmung im Einzelfall“
eingeholt werden. Daher wurde ein entsprechender Bauteiltest an der Verglasung
vorgenommen. Der vorgeschriebene Fallversuch mit einem Glaskugelsack belegte
die ausreichende Durchsturzsicherheit.
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Zudem musste die Verglasung weitere
bauphysikalische Anforderungen erfüllen:
Zum Schutz vor Überhitzung des Foyers
und Atriums bei intensiver Sonneneinstrahlung durfte der Gesamtenergiedurchlass
(g-Wert) nicht größer als 27 Prozent sein.
Die Verglasung musste weiterhin einen
Lichttransmissionswert von mindestens
50 Prozent gewährleisten, um eine ausreichende Tageslichtversorgung sicherzustellen – trotz eines 60-prozentigen Siebdruckanteils auf der Innenscheibe mit einem um
60 Grad versetzten Punktraster.
Feierliche Eröffnung
Mit dieser nationalen Landesvertretung
wurde das letzte größere Botschaftsgebäude in Berlin fertiggestellt. Das Bauwerk
schließt die Bebauungslücke zwischen der
italienischen und der südafrikanischen
Botschaft. Bei der Eröffnung konnten sich
1400 Gäste aus dem In- und Ausland vom
stilvollen Erscheinungsbild des Gebäudes
und der behaglichen Atmosphäre unter den
gläsernen Tonnendächern überzeugen.
■
S TECK BRIEF
Objekt/Standort:
Türkische Botschaft
D-10785 Berlin
Architekten:
Kooperation nsh Architekten
D-Berlin
Entwurf, statische Berechnung und
Einbau der Glasdächer:
Jet-Gruppe
D-32609 Hüllhorst
www.jet-gruppe.de
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