Vermeidung von Beta-Laktamen bei vermeintlicher Penicillin

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Vermeidung von Beta-Laktamen bei vermeintlicher PenicillinAllergie führt zu mehr Komplikationen
Frage:
Kommt es durch Verzicht auf ein Beta-Laktam Antibiotikum bei Anamnese einer PenicillinAllergie zu einem ungünstigeren klinischen Verlauf als wenn an der Therapie der Wahl
festgehalten wird?
Hintergrund:
Patienten geben häufig an eine Penicillin-Allergie zu haben, aber nur eine Minderheit leidet
tatsächlich an einer Beta-Laktam-Allergie. Einerseits werden Unverträglichkeitsreaktionen oder
Symptome einer viralen Erkrankung als Allergie verkannt, andrerseits bildet sich die
Hypersensitivität bei IgE-vermittelten Reaktionen nach Jahren häufig zurück. Dadurch kommt
es oft zu einem unnötigen Verzicht auf Beta-Laktam-Antibiotika. Die alternativ eingesetzten
Antibiotika sind aber möglicherweise mit mehr Komplikationen assoziiert und klinisch weniger
wirksam.
Einschlusskriterien:
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Alle durch einen infektiologischen Konsiliarius gesehenen, stationären Patienten zwischen
April 2014 und Januar 2015.
Ausschlusskriterien:
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Keine
Studiendesign und Methode:
Prospektive Kohortenstudie
Studienort:
3 akademische Zentrumskliniken in Toronto, Kanada.
Kategorisierung für die Datenanalyse:
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Gruppe 1: Patienten ohne Anamnese einer Beta-Laktam-Allergie.
Gruppe 2: Patienten mit Anamnese einer Beta-Laktam-Allergie für welche das Antibiotikum
der Wahl kein Beta-Laktam war.
Gruppe 3: Patienten mit Anamnese einer Beta-Laktam-Allergie für welche das Antibiotikum
der Wahl ein Beta-Laktam war und ein solches trotzdem verabreicht wurde.
Gruppe 4: Patienten mit Anamnese einer Beta-Laktam-Allergie für welche das Antibiotikum
der Wahl ein Beta-Laktam war und eine alternative Therapie verabreicht wurde.
Outcome:
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Therapie-assoziierte Komplikationen als kombinierter Endpunkt bestehend aus: Akuter
Niereninsuffizienz, Clostridium-difficile Infektion innerhalb von 3 Monaten, Verdacht auf
unerwünschte Arzneimittelwirkungen mit Therapiestopp, Rehospitalisation mit Infektion
durch den gleichen Erreger.
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Mortalität und die einzelnen Elemente des kombinierten, ersten Endpunkts.
Resultat:
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507 Patienten erhielten ein Antibiotikum, davon berichteten 23 über eine Beta-LaktamAllergie ohne dass ein solches die Therapie der Wahl darstellte, 47 berichteten über eine
Beta-Laktam-Allergie und erhielten trotzdem eines, bei 25 Patienten wurde aufgrund einer
Beta-Laktam-Allergie auf eine entsprechende Therapie verzichtet.
Wenn aufgrund einer angeblichen Beta-Laktam-Allergie auf ein Beta-Laktam Antibiotikum
verzichtet wurde, obwohl ein solches indiziert gewesen wäre (Gruppe 4), dann kam es zu
mehr Komplikationen als bei Patienten ohne Angabe einer Allergie (angepasste Odds Ratio
3.18; Konfidenzintervall; 1.28–7.89).
Die ausschlaggebenden Komplikationen waren hauptsächlich unerwünschte
Arzneimittelwirkungen (Gruppe 3: 9%, Gruppe 4: 8%) und Rehospitalisationen (Gruppe 3:
4%, Gruppe 4: 24%).
Patienten mit Angabe einer Beta-Laktam-Allergie, welche trotzdem mit einem Beta-Laktam
behandelt wurden, wiesen keine erhöhte Komplikationsrate auf (angepasste Odds Ratio
1.33; Konfidenzintervall 0.62–2.87).
Kein Mortalitätsunterschied zwischen den verschiedenen Gruppen.
Kommentar:
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Über ein Drittel der Patienten, welche angaben eine Penicillin-Allergie zu haben, erhielt bei
Indikation einer Beta-Laktam-Therapie eine alternative Behandlung, obwohl die
berichteten allergischen Reaktionen meist minimal waren. Trotzdem kam es in dieser
Gruppe zu einer höheren Rate an Komplikationen im Vergleich zu Patienten ohne Angabe
einer Penicillin-Allergie.
Diejenigen Patienten welche trotz Angabe einer Penicillin-Allergie ein Beta-Laktam
Antibiotikum erhielten, wiesen, im Vergleich zu Patienten ohne Allergie, statistisch keine
signifikant erhöhte Rate an Komplikationen auf.
Ein Grossteil der Patienten mit vermeintlicher Penicillin-Allergie leidet nicht an einer
eigentlichen Allergie oder diese hat sich bereits «ausgewachsen».
Im Sinne einer generell erhöhten Anfälligkeit traten unerwünschte Arzneimittelwirkungen
unter den Patienten mit Angabe einer Penicillin-Allergie jedoch häufiger auf, unabhängig
davon, ob sie ein Beta-Laktam erhielten oder ein anderes Präparat erhielten.
Diese Resultate legen nahe, dass Strategien zum Ausschluss einer vermeintlichen PenicillinAllergie, beispielsweise mit Prick-Test, Vorteile mit sich bringen könnten. Weiterhin scheint
eine anamnestische Penicillin-Allergie ein Prädiktor für unspezifische
Arzneimittelunverträglichkeit, nicht aber für Penicillin-Unverträglichkeit zu sein.
Literatur:
MacFadden DR et al. Impact of Reported Beta-Lactam Allergy on Inpatient Outcomes: A
Multicenter Prospective Cohort Study. Clinical Infectious Diseases 2016; 63:904-10
Verfasser:
Leander Muheim
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