technische universität münchen

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TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN
Zentrum Mathematik
Prof. Dr. Boris Springborn, Martin von Gagern
Projektive Geometrie 2, SS 2012
Lösungen zu Aufgabenblatt 5 (12. Juli 2012)
— Präsenzaufgaben —
Aufgabe 1. Gegenüberstellung
In der Vorlesung haben Sie zwei verschiedene Problemstellungen kennengerlernt, die sich aus einer diskretisierten
Betrachtung geometrischer Eigenschaften ergeben. Das ist zum einen das Kreismusterproblem und zum anderen das
diskret konforme Abbildungsproblem. In dieser Aufgabe sollen diese beiden Probleme und ihre Lösungsansätze einander
gegenübergestellt und verglichen werden. Eine Zusammenstellung der Ergebnisse in zwei Spalten beitet sich an.
a) Geben Sie für beide Probleme an, was die Eingabe des Problems ist, welche Informationen also als Vorgegeben
betrachtet werden.
b) Geben Sie für beide Probleme an, welche Parameter durch das Variationsprinzip bestimmt werden, und wie sich
die abschließende Lösung aus diesen Parametern bestimmen lässt.
c) Formulieren Sie für beide Probleme unter Verwendung der Funktion V̂ je ein geeignetes Funktional, mit dem sich
die Lösungen des Problems durch ein Variationsprinzip bestimmen lassen. (Beweis in der nächsten Teilaufgabe.)
d) Weisen Sie nach, dass jeweils die kritischen Punkte des Funktionals tatsächlich Lösungen des jeweiligen Problems
entsprechen. Welche Eigenschaft der Funktion V̂ ist dafür von zentraler Bedeutung?
e) Formulieren Sie Ihre Funktionale so um, dass sie statt der Funktion V̂ die Funktion f benutzt. Verwenden Sie
im Fall der diskret konformen Abbildung die logarithmischen Längen λ̃ij .
Lösung:
a) Eingaben zu den Problemen:
Gemeinsam: Der Graph einer Triangulierung, (V, E, F )
Kreismuster: Schnittwinkel der Kreise: Θ∗ : E → R>0
Konforme Abbildung: Ursprüngliche Kantenlängen ` : E → R>0 sowie Polygon-Innenwinkel Φ : VRand →
R>0
b) Parameter:
Kreismuster: logarithmische Kantenlängen xij bestimmen die Kantenlängen `ij = exij .
Konforme Abbildung: Skalierungsfaktoren ui bestimmen zusammen mit den ursprünglichen Kantenlängen
1
`ij die neuen Kantenlängen `˜ij = `ij · e 2 (ui +uj ) .
c) Funktional mit V̂ :
Kreismuster:
S(x) =
X
V̂ (0, 0, 0, 2xij , 2xjk , 2xki ) −
X
Θ∗ij xij
ij∈E
ijk∈F
Konforme Abbildung:
S(u) =
X
V̂ (−ui , −uj , −uk , λjk , λki , λij ) +
1X
Φi ui
2
mit λij = 2 log `ij
i∈V
ijk∈F
Für innere Punkte wird Φi = 2π angesetzt, um ein flaches Dreiecksgitter zu erhalten.
1
d) Zentral ist die Ableitung von V̂ nach einem seiner Parameter:
∂ V̂
1
= αij
∂λij
2
Kreismuster:


∂S
=
∂xij
X
k
m
n
αij
− Θ∗ij = αij
+ αij
− Θ∗ij
ijk∈Fij
Dabei entsprechen m und n den der Kante ij gegenüberliegenden Ecken. Die Winkel α sind in der Triangulierung zunächst die der Kante gegenüberliegenden Dreiecksinnenwinkel. Einem solchen Innenwinkel
entspricht jedoch ein Zentriwinkel von 2α, was in dem gleichschenkligen Dreieck aus Kante und Mittelpunkt
zu zwei Winkeln von je π2 − α führt. Um vom Radius über die Kante zur Tangente zu kommen, muss dieser
Winkel zu einem rechten Winkel ergänzt werden, so dass der Winkel zwischen Triangulierungskante und
Kreistangente wieder α beträgt. Damit beträgt der Winkel zwischen den beiden Kreistangenten, gemessen
n
m
, was im Falle eines kritischen Punktes
+ αij
über die Triangulierungskante (also der „Linsenwinkel“), αij
∗
des Funktionals genau mit der Vorgabe Θij übereinstimmt.
Konforme Abbildung:




X
X
∂S
1
1
1
i 
i 
α̃jk
− α̃jk
=
+ Φi =  Φi −
∂ui
2
2
2
ijk∈Fi
ijk∈Fi
Im Falle eines kritischen Punktes entspricht die Winkelsumme um den Punkt also genau der geforderten
Winkelsumme, was für innere Punkte zu einer flachen Triangulierung und für Randpunkte zu den vorgegebenen Innenwinkeln füht.
e) Reformulierung unter Verwendung von f (und λ̃).
Kreismuster: Hier ist die Entsprechung fast trivial:
f (xij , xjk , xki ) = V̂ (0, 0, 0, 2xij , 2xjk , 2xki )
X
X
S(x) =
f (xij , xjk , xki ) −
Θ∗ij xij
ij∈E
ijk∈F
Konforme Abbildung: Am besten betrachtet man zunächst den Term für ein einzelnes Dreieck:
V̂ (−ui , −uj , −uk , λjk , λki , λij )
1 i
j
j
k
i
k
=
α̃jk (λjk − ui ) + α̃ki
(λki − uj ) + α̃ij
(λij − uk ) + V α̃jk
, α̃ki
, α̃ij
2
1 i
j
k
(λjk + uj + uk ) + α̃ki
(λki + uk + ui ) + α̃ij
(λij + ui + uj )
= α̃jk
2
j
j
i
k
i
k
− α̃jk
+ α̃ki
+ α̃ij
(ui + uj + uk ) + V α̃jk
, α̃ki
, α̃ij
=
1 i
j
j
k
i
k
α̃jk λ̃jk + α̃ki
λ̃ki + α̃ij
λ̃ij − π (ui + uj + uk ) + V α̃jk
, α̃ki
, α̃ij
2
=f
1
1
1
2 λ̃jk , 2 λ̃ki , 2 λ̃ij
−
π
2
(ui + uj + uk )
Damit kann man das Funktional schreiben als
X S(u) =
f 12 λ̃jk , 12 λ̃ki , 12 λ̃ij −
π
2
(ui + uj + uk )
+
1X
Φi ui
2
i∈V
ijk∈F
2
Aufgabe 2. Diskret konforme Abbildung für zyklische Zellzerlegungen
Bisher wurde das konforme Abbildungsproblem nur für Triangulierungen diskutiert. Das Kreismusterproblem hingegen
wurde in der Vorlesung auch auf Zellzerlegungen verallgemeinert. In dieser Aufgabe soll das Problem der diskret
konformen Abbildung verallgemeinert werden auf solche Zellzerlegungen, bei denen jede Zelle (konvex und) einem
Kreis einbeschrieben ist. Im Rahmen dieser Aufgabe soll eine solche Zerlegung als „zyklische Zellzerlegung“ bezeichnet
werden.
a) Formulieren Sie die Problemstellung des so verallgemeinerten konformen Abbildungsproblems.
b) Führen Sie das verallgemeinerte Problem auf eine Situation mit Triangulierungen zurück. Beschreiben Sie geometrisch, welche Bedingungen in dieser Situation gelten müssen.
c) Ziehen Sie eine Parallele zu dem Kreismusterproblem, um die eben gefundenen Bedingungen auszudrücken.
d) Formulieren sie ein Variationsprinzip, mit dem auch dieses verallgemeinerte Problem gelöst werden kann. Was
sind die zugehörigen Parameter, und wie sieht ein geeignetes Funktional dazu aus?
Lösung:
a) Gegeben sei der Graph (V, E, F ) einer Zellzerlegung sowie ursprüngliche Kantenlängen ` : E → R>0 und angestrebte Winkelsummen Φ : V → R>0 .
1
Gesucht sind Kantenlängen `˜ij = `ij · e 2 (ui +uj ) , so dass das sich daraus ergebende Gitter um jeden Punkt die
geforderte Winkelsumme hat. Während ein allgemeines Polygon aus seinen Kantenlängen noch nicht eindeutig
bestimmt ist, ist ein zyklisches Polygon dadurch bereits festgelegt.
b) Man kann die Zellen mit mehr als drei Ecken in Dreiecke zerlegen. Für die so hinzugefügten Kanten ist noch
keine Länge bekannt. Diese muss so gewählt werden, dass alle Ecken auf einem gemeinsamen Kreis liegen.
c) Äquivalent zur Forderung, dass alle Ecken einer ursprünglich polygonalen Zelle auf einem Kreis liegen sollen,
kann man auch fordern, dass die Umkreise der entsprechenden Dreiecke übereinstimmen sollen. Und äquivalent
dazu kann man auch verlangen, dass sich diese Umkreise unter einem Winkel von Θ∗ = π schneiden sollen.
d) Das Variationsprinzip muss die beiden in der vorangegangenen Aufgabe diskutierten Probleme kombinieren:
Teilweise geht es darum, vorgegebene Winkelsummen zu erzielen, aber für die neuen Kanten sollen hingegen
ganz bestimmte Schnittwinkel eingehalten werden.
Die Parameter dieses Variationsprinzips seien ui für alle Knoten i ∈ V sowie xij für alle neu eingefügten Kanten
ij ∈ E 0 , wobei E 0 die Menge der neu eingefügten Kanten bezeichnen soll. Außerdem sei T die Menge aller
Dreiecke, im Unterschied zur Menge F der ursrünglichen Zellen. Die Werte λij für die neuen Kanten ij ∈ E 0
ergeben sich aus den Parametern xij als λij = 2xij , entsprechend der Verwendung bei den Kreismustern.
S(u, x) =
X
V̂ (−ui , −uj , −uk , λjk , λki , λij ) +
X
1X
Φi ui − π
xij
2
0
i∈V
ijk∈T
ij∈E
Die partiellen Ableitungen nach den ui entsprechen genau den Berechnungen für die diskret konforme Abbildung auf Triangulierungen, während die Ableitungen nach den xij Schnittwinkel von π und somit eine Übereinstimmung der Umkreise sicherstellen. Ein kritischer Punkt dieses Funktionals löst somit die oben formulierte
Verallgemeinerung des diskret konformen Abbildungsproblems.
3
— Hausaufgaben —
Aufgabe 3. Halbebenenmodell
In dieser Aufgabe werden Isometrien der hyperbolischen Ebene untersucht. Zur Modellierung wird das Halbebenenmodell von Poincaré verwendet.
a) Beschreiben Sie, welcher Zusammenhang im Halbebenenmodell besteht zwischen Möbius-Transformationen und
Isometrien. Welche Isometrien sind Möbius-Transformationen, und welche Möbius-Transformationen sind Isometrien?
b) Lassen sich Ihre eben angestellten Überlegungen auf höhere Dimensionen verallgemeinern?
c) Fassen Sie die Punkte der Halbebene auf als Punkte der komplexen projektiven Gerade:
z
1 ∈ CP Im z > 0
1
Beschreiben Sie, welche Struktur eine Matrix haben muss, damit diese gleichzeitig eine Möbius-Transformation
und eine hyperbolische Isometrie repräsentiert. Es sind Bedingungen gesucht, die zugleich hinreichend und notwendig sind.
d) Um Längen im Halbraummodell zu messen kann folgendes Längenelement verwendet werden:
|γ̇(t)| dt dz =
ds =
Im γ(t)
Im z Weisen Sie nach, dass die in der vorangegangenen Teilaufgabe beschriebenen Matrizen tatsächlich Isometrien
dieser Metrik sind, dass sich also das Längenelement durch Anwendung einer solchen Isometrie nicht ändert.
Lösung:
a) Eine orientierungserhaltende Isometrie ist eine Möbius-Transformation, die die Halbebene auf sich selbst abbildet.
Eine orientierungsverkehrende Abbildung wäre eine Anti-Möbius-Transformation.
b) Die Konzepte lassen sich direkt übertragen, wenn man Möbius-Transformationen nicht algebraisch als rationale
Funktion über komplexen Zahlen beschreibt, sondern geometrisch als Verkettung einer geraden Zahl von Inversionen an Sphären. Anti-Möbius-Transformationen ergeben sich dann entsprechend aus einer ungeraden Anzahl
solcher Inversionen.
c) Eine Isometrie muss auf jeden Fall den Rand der oberen Halbebene auf sich selbst abbilden. Dieser Rand ist
die reelle Gerade. Man könnte die Möbius-Transformation also durch drei reelle Punkte und deren ebenefalls
reelen Bilder definieren. Daher muss es zumindest einen Repräsentanten der Matrix geben, der ausschließlich
reelle Koeffizienten hat. Komplexe skalare Vielfache sind natürlich weiterhin zulässig.
Die Transformation muss die relative Reihenfolge von Punkten erhalten, da eine die Reihenfolge umkehrende Abbildung die obere mit der unteren Halbebene vertauschen würde. (Erst durch Kombination mit einer komplexen
Konjugation würde daraus eine zulässige Anti-Möbius-Transformation werden.) Das Bild der 1 muss also nach
dem Dehomogenisieren positiv sein. Für eine reelle Matrix entspricht dies der Forderung, dass die Determinante
der Matrix positiv sein muss.
Somit ergeben sich für eine Matrix M insgesamt folgende Bedingungen:
M = λR
R ∈ R2×2
λ ∈ C 6= 0
det(R) > 0
d) Möbiustransformationen sind konform; sie skalieren also infinitesimal kleine Längen unabhängig von deren Richtung. Die Möbius-Transformation sei durch reelle Parameter a bis d beschrieben als
f : z 7→ z̃ = f (z) =
4
az + b
cz + d
Die euklidische Skalierung, die ein Längenelement unter dieser Abbildung erfährt, ergibt sich aus dem Betrag
der Ableitung:
df dz̃ a(cz + d) − c(az + b) = ad − bc
= =
|cz + d|2
dz dz 2
(cz + d)
Für die Bestimmung des hyperbolischen Längenelements ist jetzt noch der Bezug zwischen altem und neuem
Imaginärteil von z erforderlich.
1 az + b az̄ + b
ad − bc 1
ad − bc
1
z̃ − z̃ =
−
=
· (z − z̄) =
Im(z̃) =
2
2 Im(z)
2
2 cz + d cz̄ + d
|cz + d| 2
|cz + d|
Jetzt kann man beides zur hyperbolischen Metrix kombinieren:
ds̃ =
d |z̃|
=
Im(z̃)
ad−bc
d |z|
|cz+d|2
ad−bc
Im(z)
|cz+d|2
=
d |z|
= ds
Im(z)
Das hyperbolische Längenelement bleibt also unter der Transformation unverändert.
Aufgabe 4. Zusammenhänge
Im Laufe der Vorlesung haben Sie vermutlich an mehreren Stellen das Gefühl gehabt, einen Zusammenhang im Moment gerade noch nicht zu verstehen, aber hoffen zu dürfen, dass der zusammenhang später noch klar werden wird.
Inzwischen ist der Vorlesungsstoff fast komplett.
a) Gehen Sie diesen Stoff noch einmal durch, und machen Sie sich bewusst, an welchen Stellen Ihnen Zusammenhänge beim ersten Hören unklar waren.
b) Überlegen Sie sich, ob Ihnen die Zusammenhänge inzwischen klar sind.
c) Überlegen Sie sich auch, welche möglichen Zusammenhänge zwischen Teilbereichen des Stoffes bestehen, die
Ihnen bisher noch gar nicht aufgefallen waren.
d) Notieren Sie sich alle Stellen, an denen Ihnen ein Zusammenhang auch jetzt noch unklar ist, um in der letzten
Vorlesung oder Übung gezielt danach fragen zu können.
Lösung:
Für diese Aufgabe gibt es nur individuell verschiedene Lösungen.
5
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