!! der komplex mar stall lutz Carolin Conrad Arthur Klemt Jürgen Kuttner Peter Lutz Katharina Pichler Suse Wächter Pr Vo em rs ie te re llu m 1 ng a NO 8 Ke sda rs t V in ue al e r Pa 1 S l us td e .3 0 M in . peter 3 DER GELDKOMPLEX Uraufführung Ein Projekt von nach dem Roman von Regie Bühne Kostüme Puppen Licht Dramaturgie Jürgen Kuttner + Suse Wächter Franziska Gräfin zu Reventlow Jürgen Kuttner Kati Seibert Nina Gundlach Suse Wächter Martin Feichtner Angela Obst Regieassistenz Christoph Hetzenecker Bühnenbildassistenz Maximilian Lindner Kostümassistenz Marina Felix + Janina Baldhuber Dramaturgieassistenz Veronika Maurer Regiepraktikum Svenja Fischer Inspizienz Emilia Holzer Soufflage Thomas Rathmann Bühnenmeister Klaus Kreitmayr + Guido Ernst Stellwerk Oliver Gnaiger Video Meike Ebert Ton Matthias Reisinger Requisite Anna Wiesler, Max Keller, Hans Rittinger Maske Stefanie Polster + Babett Wagner Garderobe Sabine Berger + Anna Dietrich 4 „Wenn man aus Berlin in München ankommt, dann ist ‚Geld‘ schon ein zentraler Begriff, der einen geradezu anspringt - da fährt man wirklich nochmal vom Osten in den Westen, aus Bitterfeld in die Schweiz. Daraufhin ist mir dieser Roman ‚Der Geldkomplex‘ von Franziska zu Reventlow eingefallen, den ich vor fünfzehn Jahren mal gelesen habe und von dem ich dachte, aus dem müsste man mal was machen, der ist wirklich originell in seinem Zugriff aufs Geld. 5 der geldkomple x 2011/2012 6 Notizen aus einem 20-minütigen Gespräch mit Jürgen Kuttner Geld ist ja so ein Standardbegriff, wo sofort die Klischees einrasten – ‚anale Phase‘ bei Freud, Geld als ‚Mammon‘, als ‚goldenes Kalb‘, da sind die Bilder alle klar. Und die Reventlow schafft es, diese Klischees zu unterlaufen und das Thema ‚Geld‘ auf einer für jeden normalen Menschen nachvollziehbaren Ebene zu problematisieren. Sie begreift das Geld als Person, das ernst genommen werden will, umworben, nicht ignoriert. Die moderne ökonomische Theorie entspricht ja genau diesem magischen, vormodernen, irrationalen Denken. Man muss nur an unsere Politiker denken, die immer vor den Märkten zittern und sagen: ‚Wir müssen noch diese Nacht eine Entscheidung herbeiführen, morgen um 05:00 Uhr öffnet die Börse in Tokio und das Monster Markt erwacht und darf nicht böse auf uns sein.‘ Was bei der Reventlow noch als individuelle Tragik erzählt wird, taucht heute als gesellschaftliche Farce wieder auf. Diese Überschneidung interessiert mich.“ „In diesem Briefroman wird ja eine Art unglückliche Liebesbeziehung mit dem Geld erzählt, die psychoanalytisch therapiert werden soll. Aber dieser Zugriff läuft bei der Reventlow ins Leere, alle Erklärungsversuche - Verdrängung der Sexualität, Kindheitsprobleme etc. – greifen nicht. Die Erzählerin hat nur ein Problem: Sie hat einfach kein Geld. Hier geht es um soziale, existenzielle, nüchterne Geldnot, nicht um ein psychologisches Problem. Deshalb hilft alle Psychoanalyse nicht. Wie dieses vermeintliche Weltbegreifen, dieses Kritisieren von Welt durch Vulgär-Psychoanalyse ausgehebelt wird, wie da bodenständige Diskursverweigerung betrieben wird, das finde ich super.“ Pichler Katharina 6 9 Arthur Klemt der geldkomple x 2011/2012 „Sie lebte ja hier in München-Schwabing in einer Art Hexenkessel zwischen so irren Großfiguren wie Stefan George, Ludwig Klages, Alfred Schuler mit seiner ‚Blutleuchte‘ und seinem Antisemitismus, Erich Mühsam, dem Anarchisten, der dann im KZ umkam. Alle sehen in ihr die neue weltliche Heilige ihrer Kosmikerreligion. Von keinem dieser Leute, die am Reißbrett eine neue Welt entwerfen und dabei reaktionärer Momente nicht entbehren, lässt sie sich vereinnahmen. Wenn es ihr passt, lässt sie sich ein und spielt eine Weile mit, und wenn nicht, dann spielt sie eben nicht mehr mit. Und tendenziell geht ihr dieses Macho-Weltgestalten, der Molochismus, dieses ganze Blutgequatsche sowieso auf den Keks. Ihr Sohn Rolf Reventlow erzählte, das sei die Zeit gewesen, in der sie immer mit dem Revolver unterm Kopfkissen geschlafen habe.“ „Wie Franziska zu Reventlow ihre Lebensansprüche formuliert und konsequent und kompromisslos lebt, ist durchaus protofeministisch. Sie bricht mit ihrer Adelsfamilie, geht nach München, sagt, ich will Malerin werden, das schafft sie nicht, Schauspielern wird nichts, Puppenspielen funktioniert nicht. Das beirrt sie aber nicht, sie schlägt sich mit Übersetzungen französischer Literatur durch, schreibt nebenbei noch. Aber ihr Hauptinteresse ist nicht, ein großes literarisches Werk zu hinterlassen - sie will gut leben, lieben, frei sein. Und sie zieht als alleinstehende Mutter Anfang des 20. Jahrhunderts ihren Sohn Rolfi groß, dessen Vater sie nie nennt, und ist dabei überhaupt nicht verblasen, sondern von großer Bodenständigkeit. Zur Not geht sie auch mal auf den Strich, um ihren Bubi durchzubringen. Sie ist keine Käthe-Kollwitz-Gestalt, die mit verhärmten Wangen durch die Gegend latscht und das Elend der Welt anklagt, sondern verteidigt mit großem Selbstbwusstsein ihre Autonomie. Sie ist Täterin ihres Lebens und sieht sich nicht als Opfer.“ Conrad Carolin „Im Grunde passt sie nicht in diesen modernen feministischen Diskurs. Fernab aller Gender-Behauptungen, dass Geschlecht eine Zuschreibung, eine soziale Konstruktion sei, sagt sie: ‚Ich kenne den Unterschied zwischen Männern und Frauen sehr genau‘. Und der ist ihr wichtig, auf dem baut ja ihre sexuelle Freizügigkeit, ihr wildes, anspruchsvolles Liebesleben auf. Da befindet sie sich in so einer Position zwischen einer blaustrümpfigen Alice Schwarzer und Charlotte Roche. Ihre Haltung ist: Männer sind dazu da, Frauen die Türen aufzumachen. Und Frauen sind dazu da, durch von Männern geöffnete Türen zu gehen. Diese Geschlechterdifferenzbehauptung interessiert mich, weil ich in meiner Naivität auch an einen relevanten Unterschied zwischen Männern und Frauen glaube.“ 5 12 JÜRGEN Kuttner der geldkomple x 2011/2012 „Reventlow zeigt, dass es nicht stimmt, dass ein Leben sich ‚rechnen‘ muss. Sie behauptet – und das ist ja ein durchaus sozialkritischer oder gesellschaftskritischer oder kapitalismuskritischer Ansatz –, dass das Leben der andren das falsche ist, das nationalökonomisch strukturiert ist, das sich rechnen muss. Gegen Adorno zeigt sie, dass es ein richtiges Leben im falschen gibt. Auch wenn sie selbst arm und krank stirbt. Es geht für sie nicht darum, Erfolg zu haben, sondern den eigenen Lebensanspruch kompromisslos zu behaupten. Und man fragt sich, wie sähe denn eine Welt aus, in der solcherart Leben für jeden möglich wäre. Da finde ich Reventlows Souveränität, mit der sie ihr Leben selbst gestaltet, radikal modern und auf eine umwegige Weise subversiv.“ suse …der Start wächter Das Residenztheater fährt VOLVO Familienbetrieb seit 1969 RESIDENZTHEATER Spielzeit 2011/2012 Wir danken dem Museum für Angewandte Kunst Frankfurt für die freundliche Leihgabe der ‚Rheintochter‘-Puppe. TEXT 6 Notizen aus einem Gespräch mit Jürgen Kuttner REDAKTION Angela Obst MITARBEIT Veronika Maurer FOTOS Thomas Dashuber GESTALTUNG Herburg Weiland, München DRUCKEREI Weber Offset HERAUSGEBER Bayerisches Staatsschauspiel Max-Joseph-Platz 1, 80539 München Intendant Martin Kušej Geschäftsführender Direktor Holger von Berg Technischer Direktor Thomas Bautenbacher Kostümdirektorin Elisabeth Rauner Künstlerische Betriebsdirektorin Andrea Hauer Chefdramaturg Sebastian Huber Kommunikation Anna Georgiades Technik Klaus Hammer, Natascha Nouak Werkstätten Michael Brousek Ausstattung Anneliese Neudecker Beleuchtung/Video Tobias Löffler Ton Michael Gottfried Requisite Dirk Meisterjahn Damenschneiderei Gabriele Behne Herrenschneiderei Carsten Zeitler Maske Andreas Mouth Garderobe Cornelia Faltenbacher Schreinerei Stefan Baumgartner Schlosserei Ferdinand Kout Malersaal Achim Paggen Tapezierwerkstatt Peter Sowada Hydraulik Karl Daiberl Galerie Christian Unger Transport Harald Pfähler Bühnenreinigung Adriana Elia Autohaus am Goetheplatz Karl Bauer & Söhne GmbH Lindwurmstr. 20-24 80337 München Telefon: 089 / 544180-0 Telefax: 089 / 544180-10 email: [email protected] www.autohaus-am-goetheplatz.de 15 e .d r te a e th z n e d si e .r www residenz theater cuvilliÉs theater mar stall