Geschichte der Milchstraße

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Geschichte der Milchstraße
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Die Milchstraße begann ihre „Karriere“ bald nach dem
Urknall als diffuse Gasblase, die fast nur Wasserstoff und
Helium enthielt. Im Laufe der Zeit entwickelte sie sich zu
jener abgeflachten Spiralgalaxie, die wir heute
bewohnen.
Schon früh begann die Geburt von Sternen in unserer
Heimat, und danach bildeten sich Generationen um Generationen weiterer
Sonnen. Vor etwa 4,7 Milliarden Jahren entstand schließlich auch unser
Zentralgestirn.
Die gekrümmte Spiralgalaxie ESO 510-13. Man nimmt heute an, dass auch die
Milchstraße eine leichte Krümmung aufweist. © Star Observer
Die ersten noch vorläufigen Analysen haben ergeben, dass Objekte wie
Molekülwolken, Spiralarme, Schwarze Löcher oder vielleicht ein Zentralbalken in
der Galaxis die Bewegung der vermessenen Sterne durch die gesamte
Geschichte ihrer Existenz immer wieder gestört haben.
Das bedeutet, dass die Entwicklung der Milchstraße weit komplexer und
chaotischer war als die traditionellen, simplifizierten Modelle angenommen
haben. Supernova-Explosionen, Kollisionen mit anderen Galaxien und die
Durchdringung der Milchstraße durch extragalaktische Gaswolken haben die
Milchstraße zu einem Ort lebhafter Veränderungen gemacht.
Unsere Heimatgalaxis ist eine riesige Spirale, die von einem Ende bis zum
anderen etwa 100.000 Lichtjahre überspannt. Unsere
Sonne umkreist das Zentrum dieser Spirale in einem
dünn besiedelten Randgebiet eines der äußeren Arme,
26.000 Lichtjahre vom Zentrum entfernt.
Galaxien-Kollision: NGC 4676 © Star Observer
Alle Sterne der Milchstraße sind über die Gravitation an das kompakte
galaktische Zentrum gebunden und kreisen um dieses. Die meisten sind in
einem gleichmäßigen Orbit um den Kernbereich gefangen. Sobald sie aber
anderen Objekten begegnen, können sie aber ihren Kurs ändern; sie können
beschleunigen oder langsamer werden Alte Sterne scheinen sich generell
schneller zu bewegen als junge Sterne.
Was aber hat diese Störungen verursacht, was hat die unterschiedlichen
Geschwindigkeiten hervorgerufen?
Da sind zunächst

die Spiralarme der Milchstraße selbst, denn sie sind dichter als die relative
Leere zwischen den Armen;

Kleingalaxien, die durch die Milchstraße fallen und von ihr aufgesogen
werden;

gigantische extragalaktische Gaswolken, die durch die Galaxis ziehen, und
schließlich

Schwarze Löcher
Dramatische Veränderungen
Astronomen wissen seit langem, dass sich die Milchstraße während der
bisherigen Lebenszeit des Universums, also über einen Zeitraum von etwa 13,7
Milliarden Jahren, dramatisch entwickelt hat. Neuere Modelle zeigen, dass die
Galaxien ihre Hauptmassen über Milliarden von Jahren aufbauen, indem sie mit
anderen Galaxien verschmelzen und Kleingalaxien „auffressen“. Gerade in den
letzten Jahren wurden ganze Ketten von Sternen beobachtet, die sich mit
auffallender Geschwindigkeit in ungewöhnlichen Winkeln bewegen. All das sind
Hinweise für eine chaotische Vergangenheit.
Einst war die Milchstraße von Tausenden
Kugelsternhaufen umgeben, von denen heute nur noch
etwa 200 existieren. Diese Kugelsternhaufen stürzten
ineinander oder wurden einfach von der Milchstraße
aufgesogen. Die überlebenden Sterne aus dieser Zeit
sind weitaus älter als jedes Fossil auf der Erde. Sie sind
viel älter als unsere Sonne, und ihr Ursprung reicht
zurück bis an die Anfangstage des Universums selbst.
Die Geburtsstätte der Sonne hat einst auch ausgesehen wie der Gasnebel NGC
604 © Star Observer
In diesen permanenten Entwicklungsprozess der Milchstraße hinein wurde vor
4,6 Milliarden Jahren auch unsere Sonne geboren. Sie entstand wahrscheinlich
wie die meisten Sterne in einer dichten Gaswolke inmitten eines dichten
Sternhaufens und wurde später in ihre gegenwärtige, weniger dichte und
sternenarme Umgebung gestoßen. Seit ihrer Entstehung hat die Sonne das
galaktische Zentrum 20-mal umrundet.
Andromeda-Galaxie und der Komet Ikeya-Zhang © Star Observer
Wie wir heute wissen, bewegt sich unsere Milchstraße und die größte Galaxie der
so genannten Lokalen Gruppe, die Andromeda-Galaxie (M 31), aufeinander zu.
Irgendwann in ferner Zukunft wird es voraussichtlich zu einer Kollision mit
dieser Sterneninsel kommen.
Ein Beispiel, wie es dereinst der Milchstraße ergehen kann, ist die seltsam
geformte Galaxie AM 0644-741. Sie ist ein Mitglied der Klasse der Ringgalaxien
und liegt 300 Millionen Lichtjahre entfernt in der Richtung des SüdhimmelSternbildes Dorado. AM 0644-741 ist größer als unsere Heimatgalaxie, aber das
muss nicht immer so gewesen sein. Sie hat heute einen Durchmesser von
150.000 Lichtjahren; unsere heutige Milchstraße könnte durch diesen
Sternenring hindurchfliegen, ohne ihn zu streifen.
Ringgalaxien sind ein besonders auffallendes Beispiel, wie
Kollisionen von Galaxien deren Struktur dramatisch
verändern können und dabei gleichzeitig die Bildung
neuer Sterne anregen. Ringgalaxien entstehen durch
einen speziellen Kollisionstyp, bei dem eine Galaxie,
quasi der „Eindringling“, direkt durch die Scheibe einer
anderen Galaxie, das „Opfer“, dringt.
Hoags Object – Ringgalaxie © Star Observer
Dabei ist jene Sternspirale, die AM 0644-741 durchdrungen hat, auf unserem
Bild nicht mehr zu sehen. Die Spiralgalaxie, die in der linken oberen Hälfte des
Bildes sichtbar ist, ist eine zufällige Hintergrundgalaxie und steht nicht in
Zusammenhang mit dem Ring.
Wer auf einem in den Ring eingebetteten Planeten lebte, würde nachts über sich
ein brillantes Band blauer Sterne erleben, die sich in einem gewaltigen Bogen
über den Himmel wölben. Diese Sicht würde aber nicht ewig bestehen, so wie
nichts im Leben einer Galaxie von Dauer ist. Nach etwa 300 Millionen Jahren
hätte der Ring seinen maximalen Radius erreicht, danach würde er sich langsam
auflösen.
Die durch die Kollision entstehende Gravitationsstoßwelle
würde die Orbits von Sternen und Gaswolken in der
Zielgalaxie dramatisch verändern. Diese würden sich
beschleunigt nach außen bewegen, etwa wie Wellenringe
in einem Teich, nachdem ein großer Stein hineingeworfen
wurde. In dem Maße, wie der Ring in die Außenbereiche
der Galaxie pflügt, kollidieren Gaswolken und werden
komprimiert. Diese verdichteten Wolken können sich
dann unter dem Einfluss ihrer eigenen Gravitation
zusammenziehen, schließlich kollabieren und in der Folge
eine Fülle an neuen Sternen entstehen lassen.
NGC 1275 - zwei kollidierende Galaxien im Perseus-Crater © Star Observer
Die wuchernde Sternenbildung erklärt auch, warum der Ring eine blaue Färbung
aufweist. Er formt kontinuierlich massereiche, junge und heiße Sterne, die im
energiereichen blauen Spektralbereich leuchten. Ein weiteres Zeichen intensiver
Sternentstehung sind die rosafarbenen Regionen entlang des Rings. Das sind
dünne Wolken von leuchtendem Wasserstoffgas, die wegen der starken
ultravioletten Strahlung, die von den neu gebildeten massiven Sternen
ausgesendet wird, fluoreszieren.
Auch die rosafarbenen Regionen entlang des Ringes sind Zeichen einer robusten
Sternformation. Astronomen gaben diesem Gebilde den Spitznamen „Die
Mäuse“, weil jede der beiden Komponenten einen langen Schweif aus Gas und
Sternen hinter sich herzieht. Die Durchdringungsgeschwindigkeit dieser beiden
Galaxien ist zu gering, als dass sie sich wieder voneinander lösen könnten. So
werden sie zunächst bis zu einer gewissen Distanz auseinanderstreben und dann
wieder aufeinander zufallen. Dabei werden sie sich gegenseitig durchdringen,
immer wieder und wieder, bis sie in fernen Jahrmillionen miteinander
verschmolzen sind.
Geschehnisse, wie sie diesen beiden Sterneninseln widerfahren, kosmische
Kollisionen ungeheuren Ausmaßes, sind keine Katastrophen. Sie sind Ausdruck
der ungeheuren Kraft der Natur. Auch mit Andromeda und der Milchstraße kann
das in ferner Zukunft geschehen. Ihre Verschmelzung wird der Auslöser für die
Geburt unzähliger neuer Sterne sein. Sterne, die vielleicht - so wie unsere
Sonne - von Planeten umkreist werden, über denen sich ein Himmel wölbt, der
die Sonnen zweier Galaxien in sich vereint. Ein grandioses Schauspiel für unsere
Nachfahren in Jahrmilliarden.
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