Universität Osnabrück Fachbereich Physik Dr. W. Bodenberger Vorlesung Elektronik 1 Dioden Die Richtung des Pfeiles bezeichnet die Durchlaßrichtung einer Diode. Einem Strom, der in Richtung des Pfeiles fließt, bietet eine Diode nur einen kleinen Widerstand, im Idealfall den Widerstand Rd = 0. Die Richtung entgegengesetzt dem Pfeil heißt Sperrichtung. Einem Strom in Richtung entgegen dem Pfeil bietet die Diode einen sehr hohen Widerstand, im Idealfall den Widerstand RS = ∞ Man faßt diese Eigenschaft in einer Kennlinie zusammen, die den funktionalen Zusammenhang zwischen angelegter Spannung u and fließendem Strom i wiedergibt: Prinzipschaltung mit einer Diode Halbleiter Flächen-Dioden Der pn-Übergang (pn-junction) Reine Eigenleitung Bei reiner Eigenleitung ist bei Temperatur T = 0 K das Valenzband vollständig besetzt, das Leitungsband leer. Es existieren keine frei beweglichen Ladungsträger, die Leitfähigkeit verschwindet. Bei Temperaturen T > 0 K werden Elektronen aus dem Valenzband thermisch in das Leitungsband angehoben. Sie können sich dort frei bewegen, und damit Strom transportieren . Die im Valenzband entstehenden ”Löcher” oder ”Blasen” sind dort ebenfalls frei beweglich, sie tragen wie quasi ”positive Elektronen” ebenfalls zum Stromtransport bei. Da Leitungselektronen und ”Löcher” paarweise erzeugt werden (Paarerzeugung), ist die Teilchendichte der Elektronen ni = pi der Teilchendichte der Löcher, der Index i steht für Inversionsdichte. Typische Werte der Eigenleitung sind: für Germanium: ni ≈ 1013 /cm3 , für Silizium ni ≈ 1010 /cm3 , und für Metalle ni ≈ 1022 /cm3 . Universität Osnabrück Vorlesung Elektronik 2 n-Leitung Die Donator-Atome geben schon bei relativ kleinen Temperaturen ihre Elektronen an das Leitungsband ab. Es entsteht ein Überschuß an frei beweglichen Elektronen. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Löcher im Valenzband durch Rekombination ab. Die Rekombinationsrate ist proportional der Wahrscheinlichkeit, daß ein Elektron und ein Loch sich am gleichen Ort treffen, d.h. proportional dem Produkt nn · pn . Im Gleichgewicht muß die Rekombinationsrate wieder gleich der Erzeugungsrate von Elektron-Loch-Paaren sein, d.h. nn · pn = n2i p-Leitung Akzeptor-Atome haben eine chemische Wertigkeit, die um eins niedriger liegt als die der Wirt-Atome. Ihnen fehlt für den Einbau in das Kristall-Gitter ein Elektron, das sie sich aus dem Valenzband holen. Auf diese Weise wird dort eine große Zahl von frei beweglichen Löchern erzeugt. Für Löcherleitung gilt: pp np Der Index p steht für Löcher oder Defektelektronen. Außerdem ist: pp · np = n2i Gleichzeitig wird durch Rekombination die Zahl der freien Elektronen abgebaut, bis wieder pp · np = n2i ist. pn-Kontakt n-Material und p-Material sind für sich nach außen hin elektrisch neutral, bewegliche und ortsfeste Ladungen kompensieren sich im Mittel. Das ändert sich sofort, wenn man einen n-Leiter und einen p-Leiter miteinander in Kontakt bringt. An der Berührungsfläche diffundieren Elektronen aus dem n-Gebiet in das p-Gebiet und umgekehrt Löcher aus dem p-Gebiet in das n-Material. Durch diesen Vorgang wird netto die n-Seite positiv aufgeladen (Elektronen wandern weg, positive Löcher wandern zu) und entsprechend die p-Seite negativ. Universität Osnabrück Vorlesung Elektronik 3 Dieser Ausgleichsvorgang hört auf, wenn das sich ausbildende elektrische Feld E ausreicht, um einen weiteren Netto-Ladungstransport über die Kontaktfläche zu verhindern. Das EFeld drängt die frei beweglichen Elektronen des n-Materials aus der Nähe der Berührungsfläche zurück ebenso die Löcher im p-Material. Dadurch entsteht im n-Gebiet ein Bereich positiver Raumladung (positive Donator û Ionen), im p-Gebiet ein Bereich negativer Raumladung (Akzeptor-Ionen). Dieser relativ scharfbegrenzte Bereich wird als Grenzschicht oder Sperrschicht bezeichnet. Außerhalb der Sperrschicht hat man praktisch die Ladungsverhältnisse des ungestörten Materials. Die Potentialdifferenz, die sich zwischen p- und n-Seite ausbildet, wird als Diffusionsspannung Ud bezeichnet. Ihre Größe läßt sich aus dem Diffusionsvorgang der beweglichen Ladungsträger über die Berührungszone berechnen: Im Gleichgewicht sind Elektronenstrom und Löcherstrom jeder für sich gleich Null: Die Stromdichte der Elektronen in x-Richtung ist: jxn ≡ 0 und die Stromdichte der Löcher gleich jxp ≡ 0. Im thermischen Gleichgewicht ist: jxnp = jxnn Die thermisch generierten Ströme sind Diffusionsströme, die mit den Diffusionskoeffizienten beschrieben werden. k·T Dn = µ n · = µ n · UT e0 k·T Dp = µ p · = µ p · UT e0 µn oder µp ist dabei die Beweglichkeit der Elektronen und Löcher im entsprechend dotierten Halbleitermaterial. Zur Erinnerung, die Beweglichkeit ist definiert als µ = v̄ mit v̄ als mittlere thermische GeschwindigE Universität Osnabrück Vorlesung Elektronik 4 keit und E als elektrisches Feld. k ist die Boltzmann Konstante = 1.38−23 Joule/K, e0 = 1.6−19 Coulomb die Elektronenladung. Für 300 K wird UT = 25,9 mV In der nebenstehenden Abbildung ist die Energieverteilung der np Ladungsträger auf der linken p-Seite des Halbleiters außerhalb der Grenzschicht skizziert. Für diese v̄ gilt:jxnp = · np . 4 Auf der rechten Seite der Grenzschicht ist dies für die nn Ladungsträger zu sehen. Für sie gilt: e0 · Ud − v̄ jxnn = − · nn · e k · T . 4 Aus der Skizze ist zu erkennen, daß alle np von der p-Seite zur n-Seite gelangen können. Für die nn gilt, daß nur die Elektronen von der nSeite zur p-Seite gelangen können deren kinetische Energie größer ist als die Potentialschwellenenergie e0 · UD . e0 · Ud − v̄ v̄ Aus · np − · nn · e k · T = 0 folgt 4 4 e0 · Ud nn = e k·T np Für die Diffusionsspannung ergibt sich dann: Ud = k·T nn · ln · e0 np Diodenkennlinie Der Gleichgewichtszustand ändert sich, wenn zwischen der p- und n-Seite von außen eine Spannung Upn angelegt wird. Ist Upn > 0 (< 0) verringert (vergrößert) sich die Potentialschwelle um e0 · Upn . Jetzt können mehr (weniger) Elektronen von der n-Seite zur p-Seite, der Elektronenstrom in umgekehrter Richtung bleibt er dagegen konstant. Jxn ist eine Teilchenstromdichte. Multipliziert man mit −e0 an der Kontaktfläche F zwischen nand p-Seite, erhält man den technischen Strom in , den die Elektronen über die Sperrschicht transportieren. Universität Osnabrück Vorlesung Elektronik − v̄ v̄ Netto fließt also ein Elektronenstrom von n nach p: jxn = · np − · nn · e 4 4⎤ ⎤ ⎡ ⎡ e0 · Upn e0 · Upn Elektronen v̄ = · np · ⎣1 − e k · T ⎦ , in = in0 · ⎣e k · T − 1⎦ 4 cm2 · sec 5 e0 · (Upn − Ud ) k·T Den gleichen Ausdruck erhält man für den Löcherstrom sodaß sich insgesamt ergibt: ⎤ e0 · Upn i = i0 · ⎣e k · T − 1⎦ ⎡ In der Praxis stimmen die Diodenkennlinien mit diesem Gesetz bei kleinen Strömen und Spannungen sehr gut überein, wenn man annimmt, daß die Sperrschicht-Temperaturen etwas höher liegen als Zimmertemperatur. k·T bei kleinen Schaltdioden: e0 k·T ≡ 45mV. Diese beiden Werte gelten für Silizium-Dioden. i0 ≡ 1 · 10−9 A = 1nA, e0 k·T ≡ 34mV. Dies sind die Werte für Germanium-Dioden. i0 ≡ 1 · 10−6 = 1µA, e0 Typische Werte für i0 und Diese Werte geben die Größenordnung an. Sie streuen beträchtlich von Exemplar zu Exemplar und sind stark temperaturabhangig. Universität Osnabrück Vorlesung Elektronik 6 Im Durchlaßbereich steigt der Strom mit wachsender Spannung flacher an als man nach der theoretischen Formel erwarten sollte. Der Grund hierfür ist in dem ohmschen Widerstand des Diodenmaterials selbst zu suchen, an dem bei großen Strömen ein nicht zu vernachlässigender Spannungsabfall auftritt. Als dynamischen Durchlaßwiderstand rd bezeichnet man die reziproke Steigung der Kennlinie im Durchlaßbereich. U rd ist nicht zu verwechseln mit dem statischen Widerstand RD = . I e0 · U rd und RD sind vom Diodenstrom abhängig. Für nicht zu große Ströme mit e k · T 1 ist: k·T i dU k·T e = rd = 0 . · ln ⇒ U= e0 i0 di i rd ist damit umgekehrt proportional zum Strom durch die Diode. Beispiel für eine Si - Diode: k·T = 45mV e0 rd = 45Ω bei i = 1 mA rd = 4, 5Ω bei i = 10 mA Im Sperrbereich der realen Diode geht der Strom nicht gegen einen konstanten Wert i0 , sondern nimmt mit schwacher Steigung etwa linear zu. Dieser Anstieg kommt im wesentlichen durch Isolationsfehler zwischen den Diodenanschlüssen zustande. Ganz analog wie im Durchlaßbereich definiert man aus der Steigung den Sperrwiderstand rS der Diode. Die Sperrspannung darf nicht beliebig hoch gemacht werden. Oberhalb einer bestimmten Maximalspannung, die von Typ zu Typ verschieden ist schlägt die Sperrschicht der Diode durch. Eine normale Diode wird beim Durchschlag zerstört. Schaltsymbol einer Zenerdiode. Es gibt speziell hergestellte Dioden, sogenannte Zenerdioden, bei denen ein leichtes Überschreiten der Durchbruchspannung erlaubt ist. Der steile Stromanstieg der Kennlinie an dieser Stelle kann zur Spannungsbegrenzung oder Stabilisierung von Spannungen ausgenutzt werden. Universität Osnabrück Vorlesung Elektronik 7 Einige allgemeine Bemerkungen zum Gebrauch von Dioden a) Um die Nichtlinearität der Diodenkennlinie einsetzen zu können, müssen die Signale groß genug sein. D.h. die Spannungsamplitude eines Signals muß groß gegen die für den Verlauf der Kennlinie k·T (≈ 45 mV für Si und 35 mV für Ge) sein. charakteristische Spannung e0 Beispiel: Gleichrichtung einer Wechselspannung 1) kleine Spannungsamplitude: 2) große Spannungsamplitude: Beachtet man Regel a), ist es in der Praxis meist nicht notwendig, die explizite Form der Diodenkennlinie bei der Diskussion von Schaltungen zu berücksichtigen. Universität Osnabrück Vorlesung Elektronik 8 In der Mehrzahl der Fälle ist es ausreichend, das Verhalten einer Diode durch stark vereinfachte Kennlinien zu beschreiben. Reihenfolge üblicher Vereinfachungen: Die Knickspannung ist ungefähr 0,7 V bei Si und Ungefähr 0,3 V bei Ge. Man vergesse nie, daß eine Diode in einem Stromkreis die Funktion eines Stromventils hat, sie kann Strom nur in einer Richtung leiten. Das bedeutet, ein Strom durch eine Diode hat immer eine Gleichstromkomponente. Der äußere Schaltkreis, in den eine Diode eingebaut wird, sollte daher so beschaffen sein, daß auch ein Gleichstrom von der Anode zur Kathode der Diode fließen kann. Sorgt man nicht für einen äußeren Gleichstromweg, so sperrt die Diode nach kurzer Zeit: Beispiel: Universität Osnabrück Vorlesung Elektronik 9 Kombinationen von Dioden mit Widerständen 1) Spannungsbegrenzung nach oben (clipp- oder clamp - Dioden) . Grundschaltung : a) Erzeugung von trapezförmigen Impulsen aus einer Sinus-Spannung. b)oder als Schutzschaltung z.B. eines Verstärkers gegen zu hohe Eingangssignalspannungen. In der einfachsten Form kann man sich die Versorgungs-Spannungen + Ud sparen, wenn es sich um den Schutz eines sehr empfindlichen Verstärkers handelt: Hierbei wird ausgenutzt, daß eine Flächen-Halbleiter-Diode erst bei endlichen Spannungen (Knickspannung uK ≈ 0, 7V für Si und uK ≈ 0, 3V für Ge ) merklich leitet.