Pflege bei Erkrankungen der Geschlechtsorgane 64 Pflege bei Erkrankungen der Geschlechtsorgane 64.1 Pflege bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechts­ organe 64.1.1 Bedeutung für die Patientin Patientinnen mit Erkrankungen der Geschlechtsorgane sind in vielerlei Hinsicht erheblich in ihrer Sexualität und ihrer Intimsphäre eingeschränkt. Dieser Aussage stimmen Pflegende bestimmt ohne zu zögern zu. Dennoch macht es Sinn, einmal näher darüber nachzudenken. Welche Rolle Sexualität und Intimsphäre in unserem Alltag spielen, lässt sich zwar kaum in ein paar Sätzen abhandeln. Aber wer sich bewusst ist, wie stark sie fast jeden Bereich des Lebens beeinflussen, kann zumindest erahnen, was es bedeutet, darin eingeschränkt zu sein. Sexualität fasst alles zusammen, das mit Geschlechtlichkeit zusammenhängt. Dazu gehört viel mehr als nur die biologische Seite, die bereits durch die Gene und die gebildeten Hormone eine enorme Auswirkung auf unser Empfinden und zudem auf unser körperliches Erscheinungsbild hat. Sexualität spielt eine große Rolle für unser Identitätsund Selbstwertgefühl. Erkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane wirken sich auf die Selbstwahrnehmung einer Frau und auf ihr alltägliches Verhalten gegenüber ihren Mitmenschen aus. Intimsphäre bezeichnet den „innersten Bereich“ eines Menschen, den er vor der Außenwelt schützen möchte. Die Intimsphäre hat sowohl eine körperliche als auch eine 1334 psychische Seite. So kann es genauso ein Eindringen in die Intimsphäre darstellen, wenn ein fremder Mensch einem anderen beim Weinen zuschaut, wie wenn er jemandem körperlich näher kommt, als diesem angenehm ist. Kranke Menschen sind in vielen Fällen darauf angewiesen, medizinisches Personal in ihre Intimsphäre eindringen zu lassen. Wo die persönliche Intimsphäre einer Patientin anfängt, ist individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt. Von Pflegekräften ist hier ein hohes Maß an Sensibilität gefordert. Sexualität und Intimsphäre sind zudem in unserer Gesellschaft noch immer tabuisierte Themen. Wenn die Geschlechtsorgane erkrankt sind, stellt daher schon das Sprechen über die Krankheit ein Problem dar. Dies ist besonders bei älteren oder auch Frauen aus anderen Kulturkreisen der Fall. Sie meiden daher unter Umständen sogar den Besuch bei einem Frauenarzt. Gynäkologische Patientinnen müssen sich zudem für viele Untersuchungen in die sogenannte Steinschnittlage begeben, also mit nacktem, möglichst weit vorgeschobenem Unterkörper auf dem gynäkologischen Stuhl liegen und beide Beine seitlich nach oben in spezielle Schienen legen. Der Untersucher kommt dabei nicht nur den Geschlechtsorganen der Frau nahe, er tastet sie üblicherweise auch noch mit den Händen ab. Diese Situation stellt wahrscheinlich für jede ­ iele Frau einen schweren Eingriff in ihre Intimsphäre dar. V fühlen sich ausgeliefert und würdelos. Das Beinespreizen gilt zudem noch immer als unschicklich. Dies mit entblößtem Unterkörper zu tun, kostet eine enorme Überwindung. In manchen Fällen scheuen Patientinnen mit gynäkologischen Erkrankungen den Kontakt mit der Außenwelt. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn eine Frau inkontinent ist und Angst hat, dass andere möglicherweise etwas riechen können. Oder wenn eine Frau mit einer Brustprothese befürchtet, ihre Prothese könne verrutschen. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 64 Bedeutung die Patientin der ▶ S.weiblichen 1334 Pflege beifür Erkrankungen Geschlechts­organe Auffrischer Anatomie und Physiologie ▶ S. 1335 Mitwirken bei der Diagnostik ▶ S. 1336 Besondere Beobachtungskriterien in der Gynäkologie ▶ S. 1339 Spezielle Pflegemaßnahmen in der Gynäkologie ▶ S. 1341 Pflege bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane Mammakarzinom ▶ S. 1342 Erkrankungen der Vulva und der Vagina ▶ S. 1345 Erkrankungen des Uterus ▶ S. 1347 Erkrankungen der Adnexe ▶ S. 1352 Perioperative Besonderheiten bei Genitalkarzinom ▶ S. 1354 Perioperative Besonderheiten bei Hysterektomie ▶ S. 1355 Bedeutung für den Patienten ▶ S. 1356 Auffrischer Anatomie und Physiologie ▶ S. 1356 Mitwirken bei der Diagnostik Erkrankungen der Hoden und der Nebenhoden ▶ S. 1366 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Pflege bei Erkrankungen der männlichen Geschlechtsorgane ▶ S. 1356 Erkrankungen der Prostata ▶ S. 1359 Perioperative Besonderheiten ▶ S. 1370 bei Hodenoperation Erkrankungen des Penis Sexuell übertragbare Infektionskrankheiten Beispiel Scham Eine ältere Frau liegt wegen eines Herzinfarkts in einer kardiologischen Klinik. Eine Pflegende möchte ihr beim Waschen behilflich sein. Doch schnell merkt sie, dass die Frau sich ihr Oberteil nicht ausziehen lassen möchte. Behutsam fragt sie, ob vielleicht Schmerzen der Grund dafür seien, was die Patientin verneint. In der Zwischenzeit ist der Pflegenden bereits ein eitriger Geruch aufgefallen. „Haben Sie vielleicht eine Wunde am Oberkörper? Wenn Sie möchten, kann ich mir das gerne mal anschauen“, schlägt sie daher vor. Nach kurzem Zögern ist die Patientin damit einverstanden. Nun lässt sie sich bereitwillig ihre Kleider und mehrere Schichten eines unfachmännisch angelegten Verbands auf ihrer linken Brust entfernen. Darunter kommt ein großes, tiefes und eitriges Geschwür zum Vorschein, das die Patientin bestimmt schon monatelang mit sich herumgetragen hat. „Ich glaube, wir sollten das einmal einer Ärztin zeigen“, sagt die Pflegende. Damit ist die Patientin einverstanden. Sie scheint sogar erleichtert, dass jemand auf ihr Problem aufmerksam geworden ist. 64.1.2 Auffrischer Anatomie und Physiologie Zu den weiblichen Geschlechtsorganen (▶ Abb. 64.1) gehören die Vulva, die Scheide, die Gebärmutter, die Eierstöcke und die Eileiter, außerdem die Brüste. ●● Vulva: besteht aus Schamhügel (Mons pubis) mit der Schambehaarung, Schamlippen, Klitoris und Scheidenvorhof. Zwei große und 2 kleine Schamlippen (Labia pudendi) umgeben den Scheideneingang. Die kleinen treffen vorn an der Klitoris (Kitzler) zusammen, die einen Schwellkörper und zahlreiche sensible Nervenendigungen enthält. In den Scheidenvorhof (Vestibulum vaginae) münden die Scheide und die Harnröhre. ▶ S. 1370 ▶ S. 1372 (Vagina): nimmt beim Geschlechtsverkehr den Penis auf und bildet den Geburtsweg. Die Vaginalschleimhaut ist von Bakterien besiedelt, die Laktat bilden und damit in der Scheide für einen niedrigen pH-Wert (4 – 4,5) sorgen. Die Vaginalwand besteht aus glatten Muskelfasern und ist stark dehnbar. ●● Gebärmutter (Uterus): Fruchthalter, Muskulatur bildet durch Kontraktionen die Wehen. Der Uterus liegt im Becken zwischen Harnblase und Rektum. Die Zervix (Gebärmutterhals) bildet den unteren Anteil des Uterus. Sie endet mit der Portio und dem äußeren Muttermund in der Scheide und umschließt den Zervikalkanal. Dieser geht am inneren Muttermund in die Uterushöhle über, die im Ute­ ruskörper (Corpus uteri) liegt. Dessen oberes abgerundetes Ende wird als Fundus uteri bezeichnet. Die Gebärmutter ist über das Uterusgekröse (Parametrium) an der Beckenwand befestigt. Die Uteruswand ist aus Endometrium, Myometrium und Perimetrium aufgebaut. Das Endometrium enthält zahlreiche Schleimdrüsen, teilweise werden diese bei der Menstruation abgestoßen. Das Bauchfell überzieht als Perimetrium den Uterus nur teilweise. ●● Eierstöcke (Ovarien): Ort der Follikel mit den Eizellen. Pro Menstruationszyklus reift ein Follikel zum sprungreifen Follikel heran. Beim Eisprung verlässt die Eizelle den Follikel und gelangt in den Eileiter. Die Follikel bilden außerdem die weiblichen Geschlechtshormone (Östrogene und Gestagene). Die Ovarien liegen beiderseits des Uterus im kleinen Becken. ●● Eileiter (Salpinx oder Tuba uterina): transportiert Eizelle nach dem Eisprung vom Ovar zum Uterus, dort findet ggf. auch die Befruchtung statt. Der Eileiter verläuft vom Eierstock zum Uterus, wo er kurz unterhalb des Fundus in die Uterushöhle mündet. ●● Scheide 1335 64 Pflege bei Erkrankungen der Geschlechtsorgane Abb. 64.1Die weiblichen Geschlechtsorgane. A. u. V. iliaca communis sinistra Lig. suspensorium ovarii (mit A. u. V. ovarica) 5. Lendenwirbel rechter Eileiter (Tuba uterina dextra) rechter Harnleiter (Ureter dexter) A. u. V. iliaca externa dextra rechter Eierstock (Ovarium dextrum) M. rectus abdominis Gebärmutter-Eierstock-Band (Lig. ovarii proprium) Fundus uteri Uteruskörper (Corpus uteri) Lig. teres uteri Uterushöhle (Cavum uteri) Gebärmutterhals (Zervix) Harnblase Scheidengewölbe (Fornix vaginae) Symphyse Vagina M. levator ani Schwellkörper der Klitoris M. sphincter ani externus M. transversus perinei kleine Schamlippe (Labium minus pudendi) Aus: Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus LernAtlas der Anatomie. Thieme 2012 (Mamma): dient der Milchbildung und der Milchabgabe. Sie besteht aus der eigentlichen Brustdrüse, der Brustwarze mit Warzenvorhof, Binde- und Fettgewebe und der äußeren Haut. Sie liegt dem Brustmuskel außen auf. ●● Brust 64.1.3 Mitwirken bei der ­Diagnostik Am Anfang der Diagnostik steht die Anamnese, bei der der Arzt – i. d. R. ohne Beisein der Pflegefachkraft – Informationen über die aktuellen Beschwerden der Patientin, ihre Vor- und Begleiterkrankungen, den Menstrualzyklus, die Verhütungsmethode sowie Schwangerschaften und Geburten sammelt. Bei der anschließenden Untersuchung auf dem gynäkologischen Stuhl reichen Pflegende dem Arzt Instrumente an. Zunächst inspiziert er die Vulva. Dann dehnt er mithilfe eines Spekulums (Spreizinstrument) die Scheide und inspiziert die Schleimhaut und das Sekret von Scheide und Portio. Im Rahmen dieser Spekulumuntersuchung ●● untersucht der Arzt das Scheidensekret ggf. unter dem Mikroskop auf Erreger oder entzündungsbedingte Zellveränderungen, ●● nimmt er ggf. Abstriche, um sie auf Erreger oder auf Krebszellen bzw. deren Vorstufen zu untersuchen, 1336 ●● betrachtet er ggf. die Scheidenwände und die Portio mit einem Mikroskop, dem Kolposkop, das bis zu 40-fach vergrößert. Bei der Kolposkopie kann er Gewebeproben entnehmen (Knipsbiopsie). Nach der Spekulumuntersuchung führt der Arzt eine bimanuelle Tastuntersuchung durch. Dabei liegt seine eine Hand auf der Bauchdecke der Frau und mit der anderen Hand tastet er die Scheide ab. Dabei kann der Arzt die Beschaffenheit, Lage, Größe und Beweglichkeit der Scheide, Gebärmutter und Eierstöcke beurteilen. Abschließend kann der Arzt auch noch den Raum zwischen Enddarm und Gebärmutter (Resistenz, Druckschmerzhaftigkeit) rektal oder rektovaginal abtasten. Nachdem die Patientin den gynäkologischen Stuhl verlassen und sich wieder bekleidet hat, erfolgt die Palpation der Brust. Gegebenenfalls schließen sich an die körperliche Untersuchung bildgebende Untersuchungen an, z. B. abdominelle oder transvaginale Sonografie oder eine Mammografie (Röntgenuntersuchung der Brust). Bei Auffälligkeiten folgt eine Biopsie (S. 519). Ist der Befund der Knipsbiopsie auffällig, muss ein größerer Gewebeabschnitt untersucht werden. Gewebeproben werden entweder über eine Abrasio (S. 1338) (Entnahme von oberflächlicher Schleimhautschicht der Gebärmutter), oder eine Konisation (S. 1338) (Entnahme eines kegelförmigen Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Rektum Peritoneum Pflege bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechts­organe Spekulum-, Abstrich- und kolposkopische Untersuchung Es gibt zweiteilige und einteilige Spekula (▶ Abb. 64.2a und ▶ Abb. 64.2b). Letztere verwendet der Untersucher, wenn er einen Abstrich entnehmen will, um eine Hand dafür frei zu haben. Im Rahmen einer Kolposkopie kann der Untersucher durch eine Knipsbiopsie Gewebe für eine histologische Untersuchung entnehmen. Weil die Portio sehr gut durchblutet ist, können im Anschluss Blutungen auftreten, die bei normaler Gerinnung innerhalb kurzer Zeit aufhören. Merken Gerinnungswerte Pflegende sollten darauf achten, die Gerinnungswerte jeder Patientin zur gynäkologischen Untersuchung mitzubringen, damit der Arzt Gerinnungsanomalien ausschließen kann. Abb. 64.2Spekula zur gynäkologischen Untersuchung. Bei einer Untersuchung auf dem gynäkologischen Stuhl bereiten Pflegende den Raum, die Instrumente und die Patientin vor. Sie assistieren bei der Untersuchung und räumen Raum und Instrumente auf und säubern diese. Der Raum sollte nicht zu kühl, die Spekula hingegen sollten in einem Wärmeschrank oder mithilfe von warmem Wasser vorgewärmt werden. Die Patientin wird gefragt, ob sie vorher auf die Toilette gehen möchte. Sie sollte die Möglichkeit haben, noch verbliebene Fragen zu stellen. Pflegende versuchen, eine Atmosphäre zu schaffen, in der die Patientin möglichst angstfrei und entspannt ist, z. B. indem sie eine lockere Konversation mit der Patientin führen, während sie auf dem gynäkologischen Stuhl Platz nimmt. Pflegende erklären der Patientin, dass sie die Beine erst in die Schienen legen muss, wenn der Arzt da ist. Für ein junges Mädchen, das zum ersten Mal untersucht wird, sollten sich Pflegende besonders viel Zeit nehmen. Die Intimsphäre muss geschützt Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Ausschnitts aus dem Gebärmutterhals) entnommen. Gegebenenfalls ist eine Endoskopie der Bauch- bzw. Beckeneingeweide (Laparoskopie) nötig. Bei der Sonografie, der Abra­ sio, der Konisation und der Laparoskopie haben Pflegende Aufgaben in der Vor- und/oder Nachbereitung. Pflegende unterstützen den Arzt dabei, dass ●● offene Gespräche über die Krankheit und die geplanten Untersuchungen stattfinden können, auch wenn die Patientin Hemmungen hat, über bestimmte Dinge zu sprechen, ●● die Patientin möglichst angstfrei und entspannt ist. Schon ein Lächeln kann dabei helfen. Pflegende sprechen die Patientin vor der Untersuchung an, ob sie noch Fragen hat. werden. Während der Untersuchung assistieren Pflegende dem Arzt. Dazu können sie sich neben die Patientin stellen. Anschließend werden die benutzten Spekula den Hygienerichtlinien entsprechend aufbereitet. In der Regel werden sie zunächst in eine dafür vorgesehene Desinfektionslösung gelegt und später in eine Zentralsterilisationsabteilung gegeben. Etwaiges Untersuchungsmaterial wird weitergeleitet, der gynäkologische Stuhl und die Instrumente werden für die nächste Patientin vorbereitet. Pflegerische Besonderheiten nach einer Knipsbiopsie • Pflegende achten in der Nachsorge auf vaginale Blutungen. Bei einer ambulant durchgeführten Knipsbiopsie sollte die Patientin wissen, dass bei anhaltenden Blutungen bzw. Blutungen, die stärker sind als eine Schmierblutung, eine Nachuntersuchung notwendig ist. Auch stärkere Schmerzen nach einer Knipsbiopsie sind nicht normal und bedürfen einer Abklärung. Außerdem sollte die Patientin im Anschluss 2 – 3 Tage lang nicht baden und keinen Geschlechtsverkehr haben. WISSEN TO GO a vorderes Blatt Spekulum-, Abstrich- und kolposkopische Unter­ suchung hinteres Blatt Bei der Spekulumuntersuchung beurteilt der Arzt das Sekret und die Schleimhaut von Scheide und Portio. Gegebenenfalls nimmt er Abstriche, betrachtet die Schleimhaut bei Vergrößerung mittels Kolposkop und führt dabei eine Knipsbiopsie durch. Pflegerische Aufgaben: ●● Vorbereitung: Gerinnungswerte bestimmen lassen und zur Untersuchung mitbringen ●● bei der Untersuchung: Instrumente anreichen ●● Nachbereitung: Spekula desinfizieren, Untersuchungsmaterial weiterleiten, Raum und Instrumente für die nächste Patientin vorbereiten. Nach einer Knipsbiopsie auf vaginale Blutungen achten bzw. ambulante Patientinnen aufklären: Eine Nachuntersuchung ist notwendig bei jeder Blutung, die stärker als eine Schmierblutung ist, sowie bei stärkeren Schmerzen; Verzicht auf Bad und Geschlechtsverkehr für 2 – 3 Tage. b a Einteiliges Entenschnabelspekulum (auch Selbsthaltespeku- lum genannt). Aus: Schewior-Popp S, Sitzmann F, Ullrich L. Thiemes Pflege. Thieme 2012 b Zweiblättriges Spekulum. Aus: Schewior-Popp S, Sitzmann F, Ullrich L. Thiemes Pflege. Thieme 2012 1337 Pflege bei Erkrankungen der Geschlechtsorgane Sonografie Konisation Die inneren Geschlechtsorgane der Frau können vaginal oder transabdominal geschallt werden. Die vaginale Sonografie liefert exaktere und schärfere Bilder. Vor einer vaginalen Ultraschalluntersuchung sollte die Patientin die Harnblase entleeren. Für die transabdominale Sonografie dagegen sollte die Harnblase möglichst gefüllt sein. Üblicherweise bekommt die Patientin etwa eine halbe Stunde vor der Untersuchung 500 ml Flüssigkeit zu trinken. Bei der Konisation schneidet der Arzt von der Vagina aus einen kegelförmigen Gewebeabschnitt aus dem Gebärmutterhals heraus (z. B. mit einem Skalpell, einer Drahtschlinge oder einem Laser). Der Eingriff hat einen diagnostischen Zweck, wenn ein zytologischer Abstrich aus dem Gebärmutterhals einen auffälligen Befund gezeigt hat, und zugleich einen therapeutischen, wenn sich damit eine Krebsvorstufe (Dysplasie, Carcinoma in situ) im Gesunden entfernen lässt. Im Anschluss führt der Operateur eine Abrasio des restlichen Zervikalkanals durch, um auch eventuelle höhersitzende Veränderungen festzustellen. Die Patientin bekommt üblicherweise eine Vollnarkose. Der Eingriff wird mitunter ambulant durchgeführt. Abrasio uteri Bei einer Abrasio uteri (auch Ausschabung oder Kürettage) trägt der Untersucher von der Vagina aus unter SpekulumSicht die gesamte obere Schicht der Gebärmutterschleimhaut mit einer Kürette ab. Die Abrasio wird sowohl zu diagnostischen Zwecken – meist zum Ausschluss eines Karzinoms – als auch therapeutisch eingesetzt. Im ersteren Fall wird eine fraktionierte Abrasio durchgeführt, d. h., die Schleimhaut des Gebärmutterhalses wird getrennt von der des Gebärmutterkörpers entnommen, um sie bei der anschließenden histologischen Untersuchung auseinanderhalten zu können. Eine therapeutische Abrasio wird z. B. durchgeführt, um Schleimhautpolypen oder Plazentareste zu entfernen. Die Patientin bekommt üblicherweise eine Vollnarkose. Der Eingriff kann ambulant durchgeführt werden. In diesem Fall sollte die Patientin wegen der Gefahr einer starken Nachblutung postoperativ einige Stunden überwacht werden. Postoperative pflegerische Besonderheiten • Pflegende achten postoperativ auf Zeichen einer Entzündung (starke Schmerzen, Fieber, Druckschmerzhaftigkeit der Gebärmutter) und das Ausmaß der vaginalen Blutung. Schmerzen wie während der Menstruation und eine geringe vaginale Wundblutung, die nach ein paar Tagen sogar etwas zunehmen kann, sind normal. Merken Abrasio Übersteigt der Blutverlust 5 Vorlagen bzw. Tampons, ist die Blutung also stärker als eine Menstruationsblutung, muss der Arzt informiert werden. Er muss sofort informiert werden, wenn die Patientin starke Schmerzen hat, ihr Bauchumfang zunimmt, ihr Blutdruck sinkt und ihre Herzfrequenz steigt. Es könnte eine Perforation der Gebärmutterwand mit Blutung in die Bauchhöhle zugrunde liegen. Informieren, Schulen, Beraten • Nach einer Kürettage sollte die Patientin ●● etwa 3 Wochen lang nicht baden, keinen Geschlechtsverkehr haben und keine Tampons benutzen, um das Risiko einer Infektion möglichst gering zu halten. ●● sich für etwa 1 Woche körperlich schonen. ●● 3 Monate nicht schwanger werden. WISSEN TO GO Abrasio uteri (Ausschabung, Kürettage) Abtragung der oberflächlichen Schleimhautschicht der Gebärmutter, i. d. R. unter Vollnarkose. Pflegerische Auf­ gaben: ●● postoperativ bei stärkeren vaginalen Blutungen (> 5 Vor­ lagen/Tampons), Fieber, starken Bauchschmerzen, zunehmendem Bauchumfang, Pulsanstieg und Blutdruckabfall Arzt informieren ●● informieren bzgl. körperlicher Schonung, Infektionsprophylaxe, Geschlechtsverkehr und Verhütung 1338 Postoperative pflegerische Besonderheiten • Siehe Abrasio uteri (S. 1338). Etwa 1 Woche nach einer Konisation kann sich der Wundschorf lösen und stärkere Nachblutungen auslösen. Informieren, Schulen, Beraten • Nach einer Konisation kann bei einer Schwangerschaft eine Gebärmutterhalsschwäche auftreten. Bei Kinderwunsch bespricht der Arzt daher mit der Patientin, wann eine Schwangerschaft frühestens wieder möglich ist und was die Patientin dann zu beachten hat. Zu den Inhalten der pflegerischen Beratung siehe Abrasio uteri (S. 1338). WISSEN TO GO Konisation Entnahme eines kegelförmigen Gewebeabschnitts aus dem Gebärmutterhals zur histologischen Untersuchung. Die Patientin erhält i. d. R. eine Vollnarkose. Pflegerische Aufgaben: ●● postoperativ bei stärkeren vaginalen Blutungen (> 5 Vorlagen/Tampons), Fieber, starken Bauchschmerzen, zunehmendem Bauchumfang, Pulsanstieg und Blutdruckabfall Arzt informieren ●● informieren über körperliche Schonung, Infektionsprophylaxe und Geschlechtsverkehr Laparoskopie Eine Laparoskopie ist ein minimalinvasiver endoskopischer Eingriff zur Diagnose und Therapie von Krankheiten in der Bauch- oder der Beckenhöhle; in letzterem Fall spricht man auch von einer Pelviskopie. Die Vorbereitungen zur Laparobzw. Pelviskopie entsprechen denen einer kleineren Operation. Weil der Hautschnitt im Bereich des Bauchnabels erfolgt, sollte dieser gereinigt sein. Pflegende verabreichen evtl. angeordnete Abführmittel und sedierende Medikamente zum jeweiligen Zeitpunkt. Der Arzt leitet über eine Kanüle, die über die Bauchdecke in den Bauchraum gelegt wird, Kohlensäuregas in die Bauch- bzw. Beckenhöhle und bläht diese, um die eng aneinanderliegenden Bauchorgane voneinander zu lösen und Platz zum Operieren zu schaffen. Durch einen kleinen Bauchschnitt wird das Laparoskop eingeführt. Der Bauchraum und die Organe können damit betrachtet werden. Bei Bedarf werden Gewebeproben entnommen oder es wird chirurgisch interveniert, z. B. werden Verklebungen gelöst, Zysten abgetragen (▶ Abb. 64.3). Der Eingriff wird in Vollnarkose durchgeführt. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 64 Pflege bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechts­organe Nach der Untersuchung führen Pflegende eine Vitalzeichenkontrolle durch. Dabei achten sie insbesondere nach einer therapeutischen Laparoskopie, bei der z. B. im Rahmen der Untersuchung ein gutartiger Tumor entfernt wurde, auf vaginale Blutungen und den Bauchumfang. Leichte Schmerzen und Blähgefühl können durch das Kohlensäuregas bedingt sein. Bleiben diese bestehen oder treten starke Schmerzen auf, informieren Pflegende einen Arzt. Verläuft alles unkompliziert, kann die Patientin i. d. R. am gleichen Tag wieder aufstehen und essen und trinken. Beachten • Der Befund einer Laparoskopie hat unter Umständen erhebliche Konsequenzen für das Leben der Patientin. Die Laparoskopie kann z. B. zur Diagnose einer Sterilität oder einer malignen Erkrankung führen. In diesem Fall sollten Pflegende besonders feinfühlig mit der Patientin umgehen und versuchen, sie auch psychisch zu unterstützen, indem sie sich z. B. Zeit für Gespräche nehmen. WISSEN TO GO Laparoskopie/Pelviskopie Minimalinvasiver Eingriff mithilfe eines Endoskops, um die inneren Geschlechtsorgane zu begutachten und ggf. therapeutische Maßnahmen zu ergreifen. Die Patientin erhält i. d. R. eine Vollnarkose. Pflegerische Aufgaben: ●● Vorbereitung: Bauchnabel reinigen, Abführmittel und sedierende Medikamente nach Arztanordnung verabreichen ●● Nachbereitung: Vitalzeichenkontrolle. Bei stärkeren vaginalen Blutungen (> Schmierblutung) oder Bauchschmerzen Arzt informieren. Besondere Untersuchungssituation: ­Vorgehen nach Vergewaltigung Nach einer Vergewaltigung ist es im Hinblick auf die psychische Verfassung des Opfers wichtig, die Zeit bis zur Untersuchung kurz zu halten. Die Frau sollte von einer Ärztin untersucht werden. Wesentlich ist, alle Verletzungen zu erfassen. Deshalb ist außer der gynäkologischen Untersuchung eine Ganzkörperuntersuchung notwendig; Lage und Größe der Befunde (z. B. Hämatome) müssen exakt dokumentiert werden – am besten mittels Digitalkamera und mithilfe eines Lineals. Auch sollten alle Spuren des Täters (z. B. Haare) erfasst werden. Aus diesem Grund werden die Schamhaare der Frau ausgekämmt und ihre Kleidung asserviert – sofern sie sie nicht bereits gewechselt hat. Zum Nachweis von Sperma bzw. zur Identifizierung des Täters werden Abstriche aus der Scheide genommen. Ein weiteres Ziel der gynäkologischen Untersuchung ist, bei der Vergewaltigung möglicherweise übertragene Erreger nachzuweisen. Zusätzlich wird Blut auf Lues, Gonorrhö und HIV untersucht und ein Schwangerschaftstest durchgeführt. Die Betroffene kann zur Vermeidung einer Schwangerschaft die „Pille danach“ erhalten. Pflegende sollten besonders einfühlsam mit der Patientin umgehen. Sie können z. B. fragen, ob sie eine vertraute Person herbeibitten sollen. Der Untersuchungsgang – es ist möglicherweise ihr erster Besuch beim Frauenarzt – und der Sinn der diagnostischen Maßnahmen sollten erklärt werden. Pflegende begleiten die Patientin, wenn ihre Verletzungen versorgt werden, und hören der Patientin geduldig zu, wenn sie dies möchte. Auf Wunsch geben Pflegende die Nummer des Frauennotrufs und von Selbsthilfegruppen weiter. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Abb. 64.3Laparoskopie. WISSEN TO GO Vorgehen nach einer Vergewaltigung Die Patientin wird nicht nur gynäkologisch, sondern am ganzen Körper untersucht. Wesentlich ist zudem der Nachweis bzw. Ausschluss einer Infektion und einer Schwangerschaft. Ein einfühlsamer Umgang mit der Patientin ist besonders wichtig: ●● Aufklärung der Patientin über den Untersuchungsablauf und den Sinn der diagnostischen Maßnahmen ●● Unterstützung bei der Dokumentation der Befunde im Rahmen der Ganzkörperuntersuchung ●● Begleitung der Patientin und, wenn sie dies wünscht, Beratung bzgl. Frauennotrufnummer und Selbsthilfe­ gruppen. 64.1.4 Besondere Beobachtungs­ kriterien in der Gynäkologie Fluor genitalis Definition Fluor Der Begriff „Fluor“ leitet sich von dem lateinischen „fluere“ („fließen, ausströmen“) ab. In der Gynäkologie versteht man unter ­Fluor genitalis (oder vaginalis) den vaginalen Ausfluss. Physiologisch tritt er in der Mitte des Zyklus, bei sexueller Erregung, physischer Anstrengung und während der Schwangerschaft auf und besteht vorwiegend aus einem Transsudat der Vaginalschleimhaut, dem Drüsensekret der Bartholin-Drüsen und Bakterien der Scheidenflora. Letztere 1339 64 Pflege bei Erkrankungen der Geschlechtsorgane Tab. 64.1 Veränderungen in Menge, Farbe, Geruch und/oder Konsistenz des Fluor genitalis und ihre Ursachen. mögliche Ursache farb- und geruchlos psychische Belastung, Irritation der Schleimhaut durch zu enge Kleidung, Wärmestau (luftundurchlässige Kleidung bzw. Slipeinlagen) gelblich weiß, cremig bis krümelig Pilzinfektion der Scheide (v. a. Candida albicans) grünlich gelb, schaumig Infektion der Scheide mit Trichomonas vaginalis gelb, rahmig = eitrig Gonorrhö grau, wässrig, blasig, fischartiger Geruch Mischinfektion der Scheide mit Gardnerella vaginalis, Anaerobiern, Mykoplasmen und anderen Bakterien braun, blutig, wässrig, u. U. fauliger Geruch bösartiger Tumor der Vulva, der Scheide oder der Gebärmutter bräunlich, übel riechend Fremdkörper in der Scheide modifiziert nach Skibbe X., Löseke, A.: Gynäkologie und Geburtshilfe für Pflegeberufe. Thieme; 2013 spielen eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Krankheitserregern, indem sie einen biologischen Säureschutzfilm bilden. Normaler Fluor ist farb- und geruchlos. Verändern sich Menge, Geruch und/oder Aussehen des Fluors, kann das z. B. Zeichen einer Infektion oder einer hormonellen Störung sein (▶ Tab. 64.1). Pflegende fragen gynäkologische Patientinnen daher nach Menge, Geruch und Aussehen ihres vaginalen Ausflusses. Menstruation Zu Beginn des 25 – 35 Tage dauernden Menstruationszyklus löst sich die oberste Schicht der Gebärmutterschleimhaut (Functionalis) ab. Dadurch kommt es zu einer 3 – 7 Tage andauernden vaginalen Blutung, der Menstruation. Abb. 64.4Menstruationsstörungen. Insgesamt verliert eine Frau während einer Menstruation etwa 50 – 150 ml Blut. Ein normaler Zyklus heißt in der Fachsprache Eumenor­ rhö. Manche Frauen fühlen sich während der Menstruation unwohl, in ihrer Alltäglichkeit eingeschränkt und unsauber. Großen Einfluss auf dieses Empfinden haben die Erziehung und das gesellschaftliche Umfeld. Es sind aber auch physische Beschwerden möglich (▶ Abb. 64.4). Neben Ziehen im Lendenwirbelbereich, Kopfschmerzen, Stimmungsveränderungen und leichter Übelkeit sind dies: ●● Unterbauchschmerzen: Während der Menstruation zieht sich die Uterusmuskulatur zusammen, was zu teilweise starken krampfhaften Unterbauchschmerzen führen kann. Diese können aber auch Zeichen einer extrauterinen Schwangerschaft oder einer gynäkologischen oder anderen Erkrankung sein (Endometriose, Appendizitis). ●● Prämenstruelles Syndrom: Mitunter haben Frauen schon vor der Menstruation Beschwerden wie Unterbauchschmerzen, Unwohlsein, Kopfschmerzen. Veränderungen, die über das Normale hinausgehen, sollten bei Anhalten dem Arzt vorgestellt werden, da jede Menstruationsstörung ein Anzeichen für eine Schwangerschaft, aber auch für ein krankhaftes Geschehen sein kann (▶ Tab. 64.2). Pflegende sollten gynäkologische Patientinnen nach Dauer, Regelmäßigkeit und Stärke ihrer Monatsblutung und nach Zwischenblutungen fragen. Die Stärke einer Menstruationsblutung kann anhand der benötigten Vorlagen eingeschätzt werden. 150 ml entsprechen etwa 5 Vorlagen bzw. 5 Tampons am Tag. WISSEN TO GO Beobachtungskriterien in der Gynäkologie Viele Frauen behelfen sich im privaten Raum mit speziell auf Menstruationsbeschwerden abzielenden Schmerztabletten und entkrampfender lokaler Wärmeanwendung. Pflegende können feucht-warme Bauchwickel anwenden, um Beschwerden zu linden. Ein Tuch wird mit heißem Wasser übergossen, ausgewrungen und vor dem Auflegen wird die Temperatur am eigenen Unterarm überprüft. Überdeckt wird das feuchte Tuch mit einem trockenen Tuch. © Piotr Marcinski/Fotolia.com 1340 Vaginaler Ausfluss: Veränderungen weisen auf Infektionen oder andere Veränderungen des äußeren oder inneren Genitales hin. Menstruationsstörungen (= Zyklusstörungen) (abnorme Dauer, Stärke und/oder Unregelmäßigkeit der Monatsblutung, Zwischenblutungen oder verstärkte Regelschmerzen): weisen auf Hormonstörungen oder Veränderungen des äußeren oder inneren Genitales hin. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Fluorbefund Pflege bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechts­organe Tab. 64.2 Zyklusstörungen. Definition mögliche Ursache Amenorrhö Ausbleiben der Regelblutung von Anfang an (primäre Amenorrhö) oder nach der ersten Regelblutung (sekundäre Amenorrhö) primäre angeborene Amenorrhö: Chromosomenanomalie, Fehlbildung der inneren Geschlechtsorgane, Funktionsstörung der Eierstöcke, des Zwischenhirns oder der Hirnanhangsdrüse sekundäre erworbene Amenorrhö: Schwangerschaft (häufigste Ursache!), Magersucht, Leistungssport Polymenorrhö verkürzter Zyklus (< 25 d) Funktionsschwäche der Eierstöcke nach der ersten Regelblutung oder vor den Wechseljahren, starke körperliche oder psychische Belastung Oligomenorrhö verlängerter Zyklus (> 35 d) Funktionsschwäche der Eierstöcke nach der ersten Regelblutung oder vor den Wechseljahren, Schilddrüsenfunktionsstörung, Magersucht, Leistungssport Hypermenorrhö verstärkte Blutung Veränderungen der Gebärmutter (Polyp, Endometritis, Endometriumkarzinom, Endometriose, Myom), Spirale, Gerinnungsstörung Hypomenorrhö schwache Blutung Funktionsschwäche der Eierstöcke kurz vor den Wechseljahren, Übergewicht, gestagenhaltige Spirale, Zustand nach Ausschabung Menorrhagie verlängerte Blutung Veränderungen der Gebärmutter (Myom, Polyp, Endometriose, Endometriumkarzinom), Gerinnungsstörung, Bluthochdruck Brachymenorrhö verkürzte Blutung psychische Belastung, Ovulationshemmer Metrorrhagie verlängerte und verstärkte Blutung, kein Zyklus erkennbar Veränderungen der Gebärmutter (Polyp, Endometritis, Endometriumkarzinom, Myom) Spotting zusätzliche, unabhängig von Geschlechtsverkehr auftretende Blutung Funktionsschwäche der Eierstöcke kurz vor den Wechseljahren, Entzündungen (Scheide, Gebärmutter), Endometriose, Polyp, Karzinom (Zervix, Endometrium) Kontaktblutung unmittelbar nach Geschlechtsverkehr auftretende Blutung Verletzungen der Scheide, Veränderungen der Gebärmutter (Polyp, Zervixkarzinom) Dysmenorrhö verstärkte Unterbauchschmerzen zu Beginn oder vor der Regelblutung, evtl. mit Kopf- und Rückenschmerzen, Übelkeit, Erbrechen seit der ersten Regelblutung (primäre Dysmenorrhö) oder später einsetzend (sekundäre Dysmenorrhö) primäre Dysmenorrhö: verstärkte Prostaglandinsekretion, Fehlbildung oder Lageanomalie der Gebärmutter sekundäre Dysmenorrhö: Endometriose, Polyp, Myom 64.1.5 Spezielle Pflegemaßnahmen in der Gynäkologie Genitalspülung Wenn z. B. nach einer Operation das Waschen mit einem Waschlappen zu schmerzhaft wäre, können Pflegende den Intimbereich einer Frau durch eine Genitalspülung reinigen (▶ Abb. 64.5). Dazu wird im Zimmer ein Sichtschutz aufgestellt. Die Patientin liegt in einer bequemen Rückenlage. Pflegende füllen einen Messbecher mit lauwarmen Wasser oder auch eventuell frisch zubereitetem, nicht zu heißem Kamillentee, da dieser entzündungshemmend wirkt. Pflegende sollten nach Allergien fragen. Pflegende ziehen Einmalhandschuhe an, legen eine Einmalunterlage unter das Gesäß der Patientin und helfen ihr ggf., den Slip herunterzuziehen. Die Vorlagen werden entfernt und mit den Einmalhandschuhen in einem Müllbeutel entsorgt. Der Patientin wird ein Steckbecken untergeschoben. Die Hände werden erneut desinfiziert und es werden Einmalhandschuhe angezogen. Die Patientin soll leicht die Beine spreizen. Die Wassertemperatur wird zunächst an der Innenseite des Oberschenkels getestet. Empfindet die Patientin sie als angenehm, können Dammbereich und Oberschenkel gespült werden. Dann werden die Schamlippen der Patientin gespreizt und es wird erneut gespült. Nach Ende der Spülung wird das Steckbecken entfernt. Merken Abtrocknen Zum Abtrocknen kann der Intimbereich abgetupft werden – erst die Umgebung des Scheideneingangs, dann die restliche Vulva, zuletzt Damm und Anus –, um eine Reizung und eine Kontamination mit Keimen aus dem Anus zu vermeiden. Die Einmalunterlage wird entfernt und mit den Handschuhen entsorgt. Gegebenenfalls helfen Pflegende der Patientin beim Einlegen der Vorlagen (wenn die Patientin stark blutet, ziehen Pflegende dazu erneut Handschuhe an) und beim Anziehen des Slips. Pflegende helfen der Patientin ggf., sich 1341 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Bezeichnung 64 Pflege bei Erkrankungen der Geschlechtsorgane Abb. 64.5Benötigte Materialien für eine Genitalspülung. 64.1.6 Mammakarzinom Grundlagen Definition Mammakarzinom Steckbecken, Behälter mit Spüllösung, Händedesinfektionsmittel, Einmalhandtücher, Bettschutz, frischer Einmalslip, frische Vorlage, Abwurfbeutel. Aus: Kirschnick O: Pflegetechniken von A–Z. Thieme 2010 bequem hinzulegen, und entsorgen bzw. desinfizieren das restliche benutzte Material. Sitzbäder Ein Sitzbad kann durch seinen reinigenden Effekt die Wundheilung fördern. Bei Bedarf können Badezusätze eingefügt werden. Vorher sollte aber unbedingt abgeklärt werden, ob Allergien vorhanden sind. Mitunter verordnet ein Arzt auch einen therapeutischen Zusatz wie Kamillenextrakt oder Ichtho-Bad (Ichtho-Bad ist ein Badezusatz, der Juckreiz und Rötung lindert). Die Wassertemperatur sollte 38 – 40 °C betragen, die Dauer des Sitzbads 10 – 20 Minuten. Die Patientin sollte kreislaufstabil sein und die Klingel erreichen können. Nach dem Bad helfen Pflegende der Patientin aus der Wanne heraus und desinfizieren die Wanne. Vaginale Kompressen Es ist die häufigste Krebserkrankung der Frau: Jede 9. Frau ist betroffen. Das mittlere Erkrankungsalter beträgt 63 Jahre, es können aber auch unter 30-Jährige erkranken. Meist geht das Karzinom vom Epithel der Milchgänge aus (duktales Karzinom), nur selten von dem der Drüsenläppchen (lobuläres Karzinom). Risikofaktoren für ein Mammakarzinom sind (▶ Abb. 64.6): ●● genetische Vorbelastung: Bestimmte Mutationen im BRCA-1- und BRCA-2-Gen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, an einem Mammakarzinom (im Falle des BRCA-1Gens auch an einem Ovarialkarzinom) zu erkranken. ●● höheres Lebensalter ●● frühe erste Regelblutung (vor dem 12. Lebensjahr) und späte letzte Regelblutung (nach dem 50. Lebensjahr) ●● Rauchen, starkes Übergewicht ●● Kinderlosigkeit oder späte erste Schwangerschaft (> 35. Lebensjahr), Nichtstillen ●● ein Mammakarzinom der kontralateralen Brust Symptome des Mammakarzinoms sind: ●● Verhärtung (Knoten) in der Brust, die neu aufgetreten ist. Sie ist meist nicht schmerzhaft, derb und wenig verschieblich. Ca. 50 % der Karzinome treten im äußeren oberen Abb. 64.6Mammakarzinom. genetische Vorbelastung BRCA-1- und BRCA-2- Genmutationen vererbt durch Risikoaltersgruppe Vater oder Mutter Bei Juckreiz oder Brennen im Vaginalbereich können Kompressen mit einer kühlenden Salbe (z. B. Bepanthen-Salbe) Linderung verschaffen. Bei Infektionen verordnet der Arzt mitunter eine antimi­ kro­bielle Salbe (z. B. Canesten-Creme), die auf eine Kompresse aufgetragen wird. WISSEN TO GO Spezielle Pflegemaßnahmen in der Gynäkologie Risikofaktoren frühe Regelblutung, späte Menopause Rauchen MAMMAKARZINOM Kinderlosigkeit Nichtstillen • Knoten in der Brust • Hautveränderung (Einziehung, Vorwölbung, Orangenhaut) • Einziehen der Brustwarze oder Ausfluss aus der Brustwarze • Asymmetrie der Brüste Nachweis durch: • Tastuntersuchung • Sonografie • Röntgen • ggf. Biopsie 1342 63 Adipositas ●● Genitalspülung: wenn Waschen nicht möglich ist (z. B. postoperativ) ●● Sitzbad: fördert die Wundheilung ●● vaginale Kompressen: bei Juckreiz oder Brennen im Bereich der Scheide 30 50 % + Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Das Mammakarzinom ist ein bösartiger Tumor der Brustdrüse. Pflege bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechts­organe Die Diagnostik umfasst die Tastuntersuchung, Mammografie und Sonografie der Brüste. Die Diagnose wird durch eine Biopsie gesichert. Es wird untersucht, ob die Tumorzellmembranen Östrogen-, Progesteron- oder HER2/neu(Wachstumsfaktor-)Rezeptoren aufweisen. Da das Mammakarzinom häufig in Leber, Lunge und Knochen metastasiert, werden ein Sonogramm des Abdomens, ein Röntgenthorax und ein Skelettszintigramm angefertigt. Abb. 64.7Einziehung der Brustwarze beim Mammakarzinom. Aus: Schewior-Popp S, Sitzmann F, Ullrich L. Thiemes Pflege. Thieme 2012 WISSEN TO GO Mammakarzinom – Grundlagen Häufigster bösartiger Tumor der Frau. ●● Symptome: Knoten in der Brust (meist im oberen äußeren Quadranten), tastbare Lymphknoten in der Axilla (bei Lymphknotenmetastasen), Hautveränderung (Vorwölbung, Einziehung oder Rötung), Einziehung der oder Ausfluss aus der Brustwarze, neu aufgetretene Asymmetrie der Brüste.Diagnostik: Tastuntersuchung, Sonound Mammografie, Biopsie, Bestimmung des Hormonund Wachstumsfaktorrezeptorstatus des Tumors Mitwirken bei der Therapie Das primäre Ziel der Therapie ist, den Tumor vollständig zu entfernen. Da die Brust als äußeres Erscheinungsmerkmal eine große Rolle für das Selbstvertrauen einer Frau spielt, wird der Tumor, wenn irgend möglich, brusterhaltend entfernt. Ist präoperativ noch keine Biopsie erfolgt, wird das Gewebe intra­ operativ histologisch untersucht und dann über den weiteren Verlauf der Operation entschieden. Brusterhaltende Operationen werden nach ihrem Ausmaß eingeteilt in Tumorekto­ mie, Segment- und Quadrantenresektion. Früher wurden bei diesen Operationen immer Achsellymphknoten entfernt, egal, ob sie Metastasen enthielten oder nicht. Es bestand also stets die Gefahr, dass im Arm der betroffenen Seite ein Lymph­ödem auftritt. Heute markiert man immer häufiger im Vorfeld der Operation den sog. Wächterlymphknoten im Rahmen einer Szintigrafie und untersucht ihn intraoperativ auf Metastasen. Ist er frei von Metastasen, werden die Achsellymphknoten belassen, sonst werden sie entfernt. Im Anschluss an die brust­ erhaltende Operation kann eine Strahlentherapie erfolgen, um evtl. verbliebene Krebszellen zu beseitigen. Lässt sich der Tumor nicht mit ausreichendem Abstand im gesunden Gewebe entfernen oder ist ein Erhalt der Brust aus einem anderen Grund nicht möglich, wird eine Mastek­ tomie durchgeführt: Der gesamte Brustdrüsenkörper wird mit der darüberliegenden Haut, der Mamille (Brustwarze), der darunterliegenden Muskelfaszie und den Achsellymphknoten entfernt. Ist der Tumor schon in den Brustmuskel hineingewachsen, muss auch er in Teilen entfernt werden (radikale Mastektomie). Dadurch kann es zu Bewegungseinschränkungen der Schulter und des Arms kommen. Patientinnen mit einem hohen Rezidivrisiko wird eine Bestrahlung im Anschluss an die Mastektomie empfohlen. Ein plastisch-chirurgischer Wiederaufbau der Brust kann direkt nach einer Mastektomie oder später in einer zweiten Operation erfolgen. Man unterscheidet zwischen einer autologen Rekonstruktion, bei der die Brust aus körpereigenem Gewebe aufgebaut wird (z. B. durch einen Haut-Muskel-Lappen aus dem geraden Bauchmuskel), und einer Prothesenimplantation. Manche Patientinnen entscheiden sich aber auch gegen eine Rekonstruktion und tragen stattdessen eine Büstenhalterprothese (Epithese). Da zum Zeitpunkt der Diagnose bereits in vielen Fällen Krebszellen in das Lymphsystem oder das Blut gestreut haben, erfolgt im Anschluss an Operation und Bestrahlung oft eine Chemotherapie. Weist der Tumor Östrogen- oder Progesteronrezeptoren auf, ist die Gabe von „Antihormonen“ (z. B. Antiöstrogene bzw. Antigestagene) eine weitere Behandlungsoption. Weist der Tumor sehr viele Wachstumsfaktorrezeptoren auf, kann der Antikörper Trastuzumab zum Einsatz kommen (Immuntherapie). Er blockiert den Rezeptor – und damit Wachstumssignale in den Tumorzellen – und unterdrückt das Wachstum von Blutgefäßen. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Quadranten auf; haben diese bereits auf dem Lymphweg Metastasen gebildet, sind Achsellymphknoten tastbar. ●● Hautveränderungen: Einziehungen, Vorwölbungen oder Orangenhaut im Bereich des Tumors. Eine Sonderform des duktalen Karzinoms, der Morbus Paget, wächst in der Haut nahe der Brustwarze und kann ekzemartige Hautveränderungen hervorrufen. Breitet sich ein Mammakarzinom über die Lymphgefäße aus, kann eine Hautrötung wie durch eine Entzündung entstehen (inflammatorisches Karzinom). ●● Einziehung der Brustwarze (▶ Abb. 64.7) oder Ausfluss aus der Brustwarze ●● neu aufgetretene Asymmetrie der Brüste Präoperative Pflege bei Mastektomie Neben der allgemeinen präoperativen Pflege (S. 743) gibt es folgende Besonderheiten: ●● frühzeitig den Armumfang auf der zu operierenden Seite messen, um später ein Lymphödem zeitig erkennen zu können ●● ggf. Physiotherapie vom ersten postoperativen Tag an organisieren (zur Prophylaxe von Lymphödem, Fehlhaltung und Kontrakturen) ●● in Absprache mit der Patientin eine Erstversorgungsprothese als Übergangslösung bestellen ●● vor der Operation mit der Patientin über den Moment des Aufwachens aus der Narkose sprechen, wenn im Vorfeld nicht feststeht, ob brusterhaltend operiert werden kann. Vielleicht möchte sie, dass dann ihr Partner oder ein anderer Angehöriger bei ihr sein kann. 1343 Pflege bei Erkrankungen der Geschlechtsorgane Postoperative Pflege bei Mastektomie Zu den allgemeinen postoperativen Maßnahmen (S. 751) kommen folgende spezielle hinzu: ●● Wenn die Patientin postoperativ zum ersten Mal das Fehlen ihrer Brust registriert, herausfinden, was ihr am meisten hilft. Manchen hilft es, darüber zu sprechen, dass der Tumor entfernt wurde und dass Ärzte später die Brust rekonstruieren werden. Andere wollen einfach nur weinen und vielleicht, dass Pflegende ihre Hand halten. Wieder andere möchten in diesem Moment am liebsten alleine sein. ●● Besonders beim ersten Verbandwechsel einfühlsam vorgehen. Vorher mit der Patientin besprechen, ob sie schon bereit ist, das Wundgebiet zu sehen. WISSEN TO GO Mammakarzinom – Therapie Therapie: Wenn möglich brusterhaltende Entfernung des Tumors und Bestrahlung der Brust; Entfernung von Achsellymphknoten nur bei Nachweis von Lymphknotenmetastasten. Sonst Entfernung der gesamten Brust (Mast­ ektomie) und von Achsellymphknoten, ggf. Bestrahlung. Nach Mastektomie plastisch-chirurgischer Wiederaufbau der Brust oder Anpassung einer Büstenhalterprothese. Systemisch Chemo-, Antihormon- oder Immuntherapie, je nach Rezeptorstatus des Tumors. Pflegerische Maßnah­ men bei Mastektomie: ●● präoperativ: Armumfang auf der zu operierenden Seite messen, Physiotherapie ab 1. postoperativem Tag organisieren, ggf. Erstversorgungsprothese bestellen. ●● postoperativ: einfühlsamer Umgang mit der Patientin insbesondere beim 1. Verbandwechsel. Pflegebasismaßnahmen Psychische Unterstützung und Mobilisation Hat die Patientin durch die Operation eine Brust verloren, ist das eine erhebliche Belastung. Pflegende versuchen, ihr in ihrer Trauer um das verlorene Organ zur Seite zu stehen. Wenn möglich, bieten Pflegende auch eine psychoonkologische Unterstützung an. Eine Frühmobilisation ist prinzipiell schon am 1. postoperativen Tag möglich. enorm wichtig. Besonders Übungen vor dem Spiegel können einer Fehlhaltung vorbeugen und außerdem zu einer Akzeptanz der veränderten körperlichen Erscheinung beitragen. Lymphödem • Wurden der Patientin Achsellymphknoten entfernt, kann die Lymphflüssigkeit nicht mehr oder nicht vollständig abtransportiert werden und lagert sich im Gewebe ein. Ein Lymphödem ist die Folge. Dies kann durch verschiedene Maßnahmen reduziert oder vermieden werden. Pflegende ●● lagern den Arm der operierten Seite leicht erhöht und messen regelmäßig seinen Umfang (▶ Abb. 64.8). Sie informieren einen Arzt, wenn der Armumfang zunimmt oder die Patientin über ein Spannungs- oder ein Schweregefühl des Arms klagt. ●● organisieren eine physiotherapeutische Lymphödemprophylaxe (manuelle Lymphdrainage) vom 1. postoperativen Tag an. ●● sollten das Schultergelenk der betroffenen Seite nur bis zur Schmerzgrenze bewegen, um die Bildung von lymphogenen Kollateralen nicht zu beeinträchtigen. ●● messen den Blutdruck und verabreichen subkutane Injektionen nur am Arm der nicht operierten Seite. ●● bestellen evtl. auf ärztliche Anordnung einen Kompressionsstrumpf für den Arm (und die Hand), helfen der Patientin zunächst beim Anziehen und leiten sie vor der Entlassung zum selbstständigen Anziehen an: ––den Strumpf auf links ziehen und den vorderen Teil nach innen umstülpen ––den umgestülpten Strumpf so weit wie möglich über den Arm ziehen ––den Strumpf bis zur Achselhöhle hochziehen. Dabei kann die Patientin sich mit dem betroffenen Arm an einem Haltegriff festhalten. Pneumonie • Patientinnen nach einer Mastektomie sind wegen der damit verbundenen Schmerzen und Schonatmung besonders gefährdet, an einer Pneumonie zu erkranken. Pneumonieprophylaxe siehe Pflegetechniken zur Unterstützung der Atmung (S. 542). Abb. 64.8Hochlagerung Arm. Körperpflege An die Narbe darf in den ersten Tagen weder Wasser noch Seife gelangen, daher muss die Narbe mit einem wasserdichten Pflaster verdeckt werden. Damit kann die Patientin duschen, wobei sie den Arm der betroffenen Seite nur wenig bewegen kann und darf! Aus diesem Grund benötigt die Patientin Unterstützung bei der Haarwäsche. Besonderheiten bei den Prophylaxen Kontrakturen • Nach Mastektomie sollte Physiotherapie möglichst frühzeitig nach der Operation beginnen, um einer Versteifung des Schultergelenks entgegenzuwirken. Fehlhaltung • Besonders bei Frauen mit großen Brüsten kann der Verlust einer Brust zu unbewussten Haltungsänderungen und dadurch zu schmerzhaften Muskelverspannungen führen. Auch deshalb ist eine intensive Physiotherapie 1344 Der Arm der betroffenen Seite sollte auf einem Kissen leicht erhöht gelagert werden, um Ödeme zu vermeiden oder zu reduzieren. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 64 Pflege bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechts­organe WISSEN TO GO WISSEN TO GO Mammakarzinom – Pflegebasismaßnahmen Mammakarzinom – Informieren, Schulen, Beraten ●● psychische ●● korrekte Selbstuntersuchung der Brüste bzw. der verblie- Unterstützung nach Mastektomie ●● Frühmobilisation benen Brust ●● Lymphödemprophylaxe Informieren, Schulen, Beraten Pflegende leiten die Patientin zur korrekten Selbstuntersuchung der Brüste bzw. der verbliebenen Brust an. Wurden ihr Achsellymphknoten entfernt, informieren Pflegende über folgende Maßnahmen zur Prophylaxe eines Lymph­ ödems: ●● mit dem betroffenen Arm nicht schwer heben und monotone Bewegungen – wie Wäsche aufhängen, Fenster putzen, Tippen – nur kurze Zeit ausführen. ●● Verletzungen des betroffenen Arms vermeiden, z. B. durch konsequente Hautpflege mit milden, die Haut nicht reizenden Substanzen, vorsichtige Nagelpflege, Schutz vor Insektenstichen, Tragen von Handschuhen bei der Gartenarbeit, beim Abspülen und Putzen, Nähen nur mit Fingerhut und bei Verletzungen sofort die Haut desinfizieren. Blutabnahmen, Injektionen und Blutdruckmessungen dürfen nur am kontralateralen Arm durchgeführt werden. ●● den betroffenen Arm auf Hautveränderungen untersuchen und bei Rötung, Schwellung oder Missempfindungen den Arzt aufsuchen. ●● enge, einschnürende Kleidung, BHs, Armbänder (auf der betroffenen Seite) meiden sowie Wärmeeinwirkung (Sonne, Sauna, langes Vollbad, Dampf beim Bügeln) auf den betroffenen Arm vermeiden. ●● ggf. Einschreibung in ein Disease-Management-Programm ●● Anschlussheilbehandlung zur körperlichen und psychischen Erholung ●● medizinische Nachsorge 64.1.7 Erkrankungen der Vulva und der Vagina Vulvitis/Kolpitis Grundlagen Definition Vulvitis Eine Vulvitis ist eine Entzündung des äußeren weiblichen Genitalbereichs (Vulva). Definition Kolpitis Bei einer Kolpitis ist die Scheide (Vagina) entzündet. Eine Kolpitis geht oft mit einer Vulvitis einher. Entzündungen der Vulva und der Vagina können durch eine Infektion (mit Bakterien, Viren, Pilzen oder Parasiten, ▶ Tab. 64.1) oder eine mechanische oder chemische Reizung entstehen (▶ Abb. 64.9). Mitunter ist ein Fremdkörper (z. B. ein vergessener Tampon) der Auslöser. Es kommt zu Juckreiz, Rötung, Schwellung, Überwärmung und Schmerzen im Bereich der Vulva oder der Vagina, oft auch zu Brennen beim Wasserlassen. Außerdem kann sich der Ausfluss in Farbe, Geruch und Menge verändern. Abb. 64.9Entzündungen der Vagina und Vulva. Fremdkörper Gesundheitsförderung und Alltagsbewältigung An Brustkrebs Erkrankte können sich in ein Disease-Management-Programm (kurz DMP) einschreiben, welches Krankenkassen zusammen mit niedergelassenen Ärzten mit dem Ziel durchführen, die Versorgung der Patientinnen zu optimieren. Eine engmaschige Nachsorge ist wichtig, um einerseits ein Rezidiv frühzeitig zu erkennen und andererseits Folgen der Krankheit und der Behandlung zu therapieren. Eine Anschlussheilbehandlung hilft der Patientin, bestmöglich mit der Krankheit und ihren Folgen zu leben. Betroffene können außerdem eine weitere Kur in Anspruch nehmen. Es gibt eine Reihe verschiedener Anlaufstellen und Informationsmaterialien. Hilfreich ist, wenn Betroffene schon in der Klinik eine Mappe mit Adressen und Literatur erhalten. Eine hilfreiche Broschüre findet sich im Internet z. B. unter www.leitlinienprogramm-onkologie.de. Bakterien mechanische Reizung VULVITIS Infektion Viren Pilze Parasiten chemische Reizung ! Karzinom KOLPITIS veränderter Ausfluss Brennen beim Wasserlassen Rötung Schwellung Symptome Überwärmung Juckreiz Schmerzen 1345 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Besonderheiten bei den Prophylaxen: ●● nach Entfernung von Achsellymphknoten Lymphödemprophylaxe durch leicht erhöhte Lagerung des Arms der operierten Seite, Physiotherapie und ggf. Anpassung eines Armkompressionsstrumpfs ●● nach Mastektomie Physiotherapie außerdem zur Prophylaxe von Kontrakturen, Fehlhaltung und Pneumonie Pflege bei Erkrankungen der Geschlechtsorgane Merken Mögliches Karzinom Hinter einer Kolpitis bzw. Vulvitis kann sich auch ein Karzinom verstecken. Betroffene ab dem 50. Lebensjahr sollten deshalb immer einen Frauenarzt aufsuchen, um die Ursache der Beschwerden zu klären. Therapie und Pflege Je nach Ursache kommen (z. B. antimykotische oder antibiotische) Vaginalcremes oder Vaginalzäpfchen zum Einsatz. Mobile Patientinnen können sie sich selbst in den hinteren Vaginalabschnitt einführen, am besten vor dem Schlafengehen (im Liegen bleibt der Wirkstoff lokal am längsten erhalten) und nach dem Toilettengang. Bei vielen Vaginaltherapeutika liegt ein spezieller Applikator in der Packung bei. Spezielle pflegerische Maßnahmen • Die sind z. B.: ●● Genitalspülungen ●● Sitzbäder mit Kamille oder Eichenrindenextrakt ●● Kompressen mit kühlender, entzündungshemmender, antimykotischer bzw. antibiotischer Salbe Rezidivprophylaxe Mitunter tritt eine Vulvitis wiederholt auf. Um einen Rückfall zu vermeiden, sollte die Patientin Faktoren meiden, die eine Vulvitis begünstigen. Dazu zählen: ●● mangelhafte oder auch übertriebene Hygiene ●● Waschmittelreste in der Wäsche ●● antimikrobielle Seifen oder Intimsprays ●● Schleimhautverletzungen z. B. durch bestimmte Sexualpraktiken ●● hart eingestellter Wasserstrahl beim Duschen oder bei der Bidetbenutzung ●● Slipeinlagen mit Plastikfolien, enge, luftundurchlässige Unterwäsche Bei infektiösen Ursachen muss evtl. auch der Partner behandelt werden. Gegebenenfalls sollte das saure Milieu in der Scheide durch die lokale Gabe von Milchsäure bzw. Milchsäurebakterien wiederhergestellt werden. Da auch ein Östro­genmangel Infektionen begünstigt, kommt bei älteren Patientinnen eine Östrogengabe in Betracht. WISSEN TO GO Vulvitis/Kolpitis Entzündung der Vulva und/oder der Scheide, hervorgerufen durch Erreger oder Reizung. ●● Symptome: Veränderungen des Fluor genitalis, Juckreiz oder Schmerzen, Schwellung ●● Therapie: je nach Ursache antimykotische oder antibiotische Therapie ●● pflegerische Maßnahmen: Genitalspülungen, Sitzbäder mit Kamille oder Eichenrindenextrakt, Vaginalkompressen. Beratung bzgl. schleimhautreizender Faktoren zur Rezidivprophylaxe 1346 Bartholinitis Grundlagen Definition Bartholinitis Die Bartholinitis ist eine Entzündung des Ausführungsgangs einer Bartholin-Drüse. Die Entzündung tritt meist einseitig auf. Verschließt sich der Ausführungsgang durch die entzündliche Schleimhautschwellung, entsteht eine Zyste, die die Größe eines Tennisballs erreichen kann. Eine Bartholinitis geht oft mit starken Schmerzen einher. Therapie und Pflege Im Frühstadium kommen entzündungshemmende und schmerzlindernde Maßnahmen zum Einsatz (z. B. Sitzbäder, Antiphlogistika, kühlende Kompressen). Hat sich eine Zyste gebildet, ist die operative Eröffnung (Marsupialisation) die Therapie der Wahl. Dabei vernäht der Operateur die eröffnete Zystenwand mit der Epidermis, um ein Verkleben zu vermeiden. So kann das gestaute Sekret abfließen. Postoperativ helfen Spülungen und Sitzbäder, die Wunde sauber und offen zu halten. Pflegende wechseln die Vorlagen regelmäßig und entsorgen sie sofort, um Keimverschleppung zu verhindern. Nach Ziehen der Fäden schrumpft die Öffnung wieder zu einem Ausführungsgang. Außerdem bieten Pflegende den Patientinnen weiche Sitzkissen an (keine Sitzringe, weil sie die Durchblutung beeinträchtigen und eine Ödembildung im Genitalbereich fördern können). Karzinome der Vulva oder Vagina Grundlagen Definition Vulva-/Vaginalkarzinom Das Vulva- bzw. Vaginalkarzinom ist eine maligne (bösartige) Neoplasie (Zellneubildung) der Vulva bzw. der Vagina. Das Vulvakarzinom (Vulva-Ca.) ist eine eher seltene Krebserkrankung der Frau. Es weist 2 Häufigkeitsgipfel auf: einen um das 50. und einen um das 75. Lebensjahr. Es macht sich durch quälenden Juckreiz oder Schmerzen bemerkbar; 20 % der Betroffenen sind jedoch beschwerdefrei. Das Vaginalkarzinom (Vaginal-Ca.) ist noch seltener und tritt um das 75. Lebensjahr auf. Es äußert sich durch fleischwasserfarbenen Fluor genitalis (S. 1339) und vaginale Blutungen; 20 % der Betroffenen sind jedoch beschwerdefrei. Therapie und Pflege Die Therapie der Wahl ist bei beiden Karzinomen die operative Entfernung des Tumors. Je nach Lage und Größe des Tumors müssen ggf. das ganze Organ und eventuell auch benachbarte Organe (teilweise oder im Ganzen) mit entfernt werden. Beim Vulvakarzinom ist mitunter eine radikale Vulv­ektomie, also die vollständige Entfernung der äußeren Geschlechtsorgane, erforderlich. Da das Karzinom relativ rasch über das Lymphsystem metastasiert, werden oft die Lymphknoten in den Leisten mit entfernt. Außerdem kann der Tumor auf direktem Weg in die Scheide, die Harnröhre oder den Mastdarm hineinwachsen, sodass ggf. Teile der Scheide, des Darmes oder die Harnblase mit entfernt werden müssen. Die Scheide kann im weiteren Verlauf durch körpereigenes Gewebe, z. B. Darm, wiederhergestellt werden. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 64 Pflege bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechts­organe Mitunter ist die Anlage eines Enterostomas (künstlicher Darmausgang) oder ein Ersatz der Harnblase notwendig. Ist der Tumor (Vulva- oder Vaginalkarzinom) für eine Operation zu weit fortgeschritten, kann eine Bestrahlung infrage kommen, bei Metastasen kann auch eine Chemotherapie helfen. Zu den pflegerischen Maßnahmen siehe Perioperative Besonderheiten bei Genitalkarzinomen (S. 1354). Abb. 64.10Antibabypille. Insbesondere nach einer radikalen Vulvektomie hilft eine frühzeitige psychoonkologische Betreuung der Patientin, mit ihrem veränderten Erscheinungsbild und seinen Folgen leben zu lernen. Durch moderne Operationstechniken ist es prinzipiell möglich, nach einer Vulvektomie weiterhin Geschlechtsverkehr und sogar einen Orgasmus zu haben. Zwar wird die Klitoris bei der Operation entfernt, aber andere stimulationsfähige Körperbereiche bleiben evtl. erhalten (z. B. die sog. Gräfenberg-Zone, auch G-Punkt genannt). Eine adäquate Aufklärung durch den behandelnden Arzt, Psychoonkologen oder Sexualtherapeuten kann helfen, eine befriedigende Sexualität aufrechtzuerhalten. Patientinnen nach einer Vulvektomie sollten wissen, welche Symptome auf ein Rezidiv hinweisen können, und in der Selbstbeobachtung geschult sein. Treten folgende Symptome anhaltend auf, sollte ein Arzt aufgesucht werden: ●● Juckreiz ●● Schmerzen (lokal, beim Wasserlassen) ●● Schleimhautveränderungen an den Labien (andere Schleimhäute sind für die Patientin selbst nicht einsehbar), z. B. weiße, dunkle oder rote Stellen bzw. erhabene Stellen Für die Inspektion empfiehlt es sich, einen Spiegel zu benutzen. Nützliche Informationen z. B. über die Nachsorge des Vulvakarzinoms und Kontaktadressen zu Selbsthilfegruppen finden sich im Internet unter: www.vulvakarzinom-shg.de. WISSEN TO GO Vulva- und Vaginalkarzinom Seltene Krebserkrankungen, die um das 50. Lebensjahr (Vulvakarzinom) bzw. das 75. Lebensjahr auftreten (Vulvaund Vaginalkarzinom). ●● Symptome: Vulvakarzinom: Juckreiz oder Schmerzen; Vaginalkarzinom: fleischwasserfarbener Fluor genitalis, vaginale Blutungen ●● Therapie: chirurgische Tumorektomie bzw. Organresektion, ansonsten Bestrahlung und/oder Chemotherapie ●● Pflege: siehe Perioperative Besonderheiten bei Genitalkarzinomen (S. 1354) ●● Informieren, Schulen Beraten: Vulvakarzinom mit Vulvektomie: frühzeitig psychoonkologische Betreuung organisieren, Rezidivsymptome erläutern; generell: über Selbsthilfegruppen informieren Antibabypillen mit hohem Östrogengehalt können das Wachstum von Uterusmyomen fördern. Es gibt jedoch sog. Minipillen, die nur Gestagen enthalten, welches dem Wachstum entgegenwirkt. Minipillen werden manchmal zur Myomruhigstellung eingesetzt. © thingamajiggs/fotolia.com 64.1.8 Erkrankungen des Uterus Uterusmyom Grundlagen Definition Uterusmyom Das Uterusmyom ist ein benigner (gutartiger) Tumor des Muskelgewebes der Gebärmutter. Finden sich mehrere Myome in der Gebärmutter, spricht man von einem Uterus myomatosus. Die Ursachen für die Entstehung von Myomen sind noch nicht ganz geklärt, es wird jedoch von einer genetischen Disposition ausgegangen. Das Wachstum von Uterusmyomen ist hormonabhängig, es wird unter anderem durch Östrogen stimuliert (▶ Abb. 64.10). Es gibt Schätzungen, nach denen die Hälfte aller Frauen über 40 Jahren davon betroffen ist. Mitunter führen Uterusmyome nicht zu Beschwerden und werden zufällig bei der transabdominalen Sonografie entdeckt. In diesem Fall ist zunächst keine Therapie notwendig. Je nach Lage, Anzahl und Größe können Myome aber zu Menstruationsstörungen (z. B. Hypermenorrhö mit daraus resultierender Anämie, Dysmenorrhö) führen. Durch Druck auf Blase, Darm und Geschlechtsorgane kann es zu Unterleib- oder Rückenschmerzen, Obstipation, Miktionsstörungen (häufiger Harndrang oder Harnstau), Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sowie Infertilität kommen. Ein gestieltes Myom kann ein akutes Abdomen hervorrufen, da nicht ablaufendes Sekret zu einer Entzündungsreaktion führen kann. Therapie und Pflege Eine Myomtherapie sollte erst bei auftretenden Symptomen oder präventiv vor einer Schwangerschaft erfolgen. Symptomatische Myome entfernen Gynäkologen üblicherweise operativ (wenn möglich laparoskopisch). Bei mehreren Myomen oder wenn kein Kinderwunsch mehr besteht, kommt auch die Entfernung der Gebärmutter (Hysterekto­ mie) in Betracht. Eine hormonelle Therapie mit sog. GnRHAnaloga (senken u. a. den Östrogenspielgel) kann zu einer 1347 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Informieren, Schulen, Beraten Pflege bei Erkrankungen der Geschlechtsorgane Verkleinerung der gutartigen Tumoren führen, aber auch zu Symptomen, die üblicherweise in den Wechseljahren auftreten (z. B. Stimmungsschwankungen, Hitzewallungen, Osteoporose). Eine moderne und komplikationsarme Behandlungsoption, die aber von den Kassen nicht immer bezahlt wird, ist die sog. HIFU-Methode, bei der die Myome mithilfe von hochenergetischem fokussiertem Ultraschall zerstört werden. Zur perioperativen Pflege siehe Perioperative Besonderheiten bei Hysterektomie (S. 1355). WISSEN TO GO Uterusmyom Gutartiger Tumor der Gebärmuttermuskulatur; kann mehrfach vorkommen (Uterus myomatosus). ●● Symptome: abhängig von Lage, Anzahl und Größe: Menstruationsstörungen, Fehlgeburten, Harnstau, Obstipation, Unterleibsschmerzen, bei Drehung eines gestielten Myoms akutes Abdomen ●● Therapie: Bei Beschwerden Entfernung der Myome (wenn möglich, laparoskopisch, sonst Hysterektomie), alternativ Größenreduktion durch Hormontherapie (­GnRH-Antagonisten) oder Zerstörung durch hochenergetischen Ultraschall ●● Perioperative Pflege: siehe Perioperative Besonderheiten bei Hysterektomie (S. 1355) Endometritis und Endomyometritis Grundlagen Definition Endometritis/Endomyometritis Eine Endometritis ist eine Entzündung der Gebärmutterschleimhaut. Ist die Muskulatur mitbetroffen, spricht man von einer Endomyometritis. Die Endometritis entsteht meist im Rahmen einer aufstei­ genden Infektion. Besonders gefährdet sind Frauen direkt nach einer Geburt oder einem Abort, weil der Gebärmuttermund danach noch einige Zeit offen und noch kein schützender Schleimpfropf vorhanden ist. So können Keime – häufig Mykoplasmen, Chlamydien, Gonokokken oder Anaerobier – ungehindert aus der Scheide in die Gebärmutter aufsteigen und zu einer Infektion des Wundgebiets führen, das durch das Ablösen der Plazenta entstanden ist, siehe Endometritis puerperalis (S. 625). Auch während der Menstruation und nach diagnostischen oder operativen Eingriffen an der Gebärmutter ist das Risiko, eine Endo(-myo-)metritiszu bekommen, erhöht. Symptome der Endometritis sind Zyklusstörungen (z. B. Schmierblutungen). Ist die Uterusmuskulatur beteiligt, kommen Schmerzen im Unterbauch und Fieber hinzu; der Unterbauch ist druckschmerzhaft. Um gezielt therapieren zu können, sollte eine Erregeridentifizierung durchgeführt werden. Dazu müssen ein mikrobieller Abstrich (im Rahmen der Spekulumuntersuchung) und eine anschließende Kulturanlage erfolgen. Bei Zyklusstörungen muss ein Karzinom der Zervix bzw. des Endometriums ausgeschlossen werden. Dazu wird ein Abstrich aus dem Gebärmutterhals auf Krebsvorstufen bzw. -zellen untersucht und nach Abklingen der Entzündung eine fraktionierte Abrasio (S. 1338) durchgeführt. 1348 Therapie und Pflege Bei starken Unterbauchschmerzen verabreichen Pflegende auf Anordnung Spasmolytika (z. B. Buscopan Supp). Bei fortgeschrittener Infektion (Fieber!) kommen Antibiotika zum Einsatz. Die Patientin sollte Bettruhe einhalten, um ihren Bauch so gut wie möglich zu entspannen. Endometriose Grundlagen Definition Endometriose Endometriose ist eine gutartige, chronisch verlaufende Krankheit. Hierbei kommt Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) außerhalb der Gebärmutterhöhle (ihrer normalen Lokalisation) vor. Endometrium kann sich prinzipiell in oder auf allen Strukturen im Bauchraum, v. a. aber in der Muskelschicht der Gebärmutter, in den Eileitern oder Eierstöcken, in der Bauchfelltasche zwischen Uterus und Darm, im Darm oder in der Harnblase befinden (▶ Abb. 64.11). Merken Zyklusabhängigkeit Die Beschwerden der Endometriose sind oft zyklusabhängig, da versprengtes und ortsständiges Endometrium auf hormonelle Schwankungen reagieren. Das versprengte Endometrium wird wie ortsständiges Endometrium in Form einer Blutung abgestoßen, die aber häufig nicht abfließen kann. Dadurch können Zysten bzw. – durch bindegewebigen Umbau – Vernarbungen oder Verwachsungen entstehen und u. a. folgende Beschwerden auftreten: ●● Menstruationsstörungen, u. a. Dysmenorrhö, Hypermenorrhö (bei Lokalisation im Myometrium) ●● Schmerzen im Kreuzbeinbereich und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (bei Lokalisation zwischen Uterus und Darm) ●● Beschwerden beim Wasserlassen und Blut im Urin (bei Lokalisation in der Harnblase) ●● Blutungen aus dem Darm (bei Lokalisation im Darm) ●● Sterilität (bei Lokalisation in den Eileitern oder Eierstöcken) Je nach Lokalisation des versprengten Endometriums gibt die gynäkologische Untersuchung, die Unterbauchsonografie oder eine endoskopische Untersuchung (z. B. Darmspiegelung) diagnostische Hinweise. Zur Sicherung der Diagnose ist meist eine Laparoskopie notwendig. Therapie und Pflege Verursacht eine Endometriose keine Beschwerden, ist keine Behandlung notwendig. Die Therapieform hängt auch vom Alter und evtl. vom Kinderwunsch der Patientin ab. Ziel der Hormontherapie ist es, das Wachstum und die Neubildung von Endometrium(-herden) zu verhindern und vorhandene Herde zu verkleinern. Bei der operativen Behandlung wird versucht, die Endometriumherde komplett zu entfernen. Eine Gestagen-betonte Antibabypille oder Hormonspirale kann die Beschwerden lindern. In schweren Fällen und bei Kinderwunsch werden die Endometriumherde, Zysten oder Verwachsungen laparoskopisch entfernt. Bei Kinderwunsch sollte die Patientin nach der Operation wegen der Gefahr eines Rezidivs versuchen, möglichst bald schwanger zu werden. Zur postoperativen Pflege siehe Laparoskopie (S. 1338). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 64 Pflege bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechts­organe Abb. 64.11Endometriose. Darm Bauchhöhle Blutung Eierstock/Eileiter Sterilität Gebärmutter Eierstock Menstruationsstörungen Sterilität Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) Gebärmutter Zellen aus der Gebärmutterschleimhaut Blinddarm Kreuzschmerzen Schmerzen beim Geschlechtsverkehr Blase kleines Becken Beschwerden beim Wasserlassen Enddarm = Endometriumherde Scheide Muttermund Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Eileiter Wie die versprengten Schleimhautinseln (Endometriumherde) entstehen, ist unklar. Möglicherweise gelangen Endometriumzellen über die Eileiter, das Blut oder die Lymphe in die Bauchhöhle und in andere Organe und siedeln sich dort an. Eine andere Theorie besagt, dass ortsständige Zellen sich in Endometriumzellen umwandeln. Unterstützen, Informieren, Beraten, Schulen Endometriumkarzinom (Korpuskarzinom) Endometriose betrifft häufig junge Frauen. Durch die Krankheit sind Betroffene in vielen Fällen in ihrer Sexualität erheblich beeinträchtigt. Außerdem erfordert die Diagnose mitunter invasive Untersuchungen. Bis dahin haben viele Patientinnen bereits lange Zeit unter starken Schmerzen gelitten. Auch kommen die Beschwerden nach einer erfolgreichen Therapie nach einiger Zeit mitunter wieder. Hinzu kommt in manchen Fällen ein unerfüllter Kinderwunsch. Nicht immer kann die Behandlung hier weiterhelfen. Endometriose ist folglich oft mit einer enormen psychischen Belastung verbunden. Pflegende sollten sich deshalb Zeit für Gespräche nehmen und versuchen, möglichst einfühlsam mit den Patientinnen umzugehen. Wertvolle Tipps und Ansprechpartner finden Betroffene bei der Endometriose-Vereinigung Deutschland e. V. (www.endometriose-vereinigung.de) oder bei der Europäischen Endometriose-Liga (www.endometriose-liga.eu). Grundlagen WISSEN TO GO Endometriose Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) befindet sich außerhalb ihrer normalen Lokalisation, z. B. im Myometrium, in Eileitern, Eierstöcken, Harnblase, Darm. ●● Symptome: je nach Lokalisation: Menstruationsstörungen, Schmerzen bei Geschlechtsverkehr, mit der Menstruation auftretende Rückenschmerzen oder Blutungen aus Blase oder Darm, Sterilität ●● Therapie: in leichteren Fällen Antibabypille, sonst laparoskopische Entfernung ●● Unterstützen, Informieren, Beraten, Schulen: einfühlsamer Umgang mit den psychisch oft stark belasteten Patientinnen, Aufklärung über Selbsthilfegruppen Definition Endometriumkarzinom Das Endometriumkarzinom ist ein maligner (bösartiger) Tumor, der von der Schleimhaut des Gebärmutterkörpers ausgeht. Das Endometriumkarzinom tritt meist im höheren Alter (ca. 75 – 80 Jahre) auf. Das Wachstum ist i. d. R. östrogenabhängig. Deshalb ist bei Frauen mit früher erster und später letzter Regelblutung sowie nach längerer Behandlung mit Östrogenen (ohne Gestagenschutz) das Erkrankungsrisiko erhöht. Weitere Risikofaktoren sind Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Geburtslosigkeit. Das Karzinom macht sich relativ früh bemerkbar durch Blutungen nach der Menopause bzw. bei Frauen im gebärfähigen Alter durch Menstruationsstörungen (Zwischenblutungen, Hypermenorrhö) und auffälligen Fluor genitalis (▶ Abb. 64.12). Diagnostische Hinweise gibt die vaginale Sonografie. Gesichert wird die Diagnose durch fraktionierte Abrasio (S. 1338). Therapie und Pflege Therapie der Wahl ist die operative Entfernung des Tumors. Um den Tumor vollständig zu entfernen, muss der komplette Korpus und i. d. R. auch beide Eileiter, beide Eierstöcke sowie eine kleine Scheidenmanschette entfernt werden. Im fortgeschrittenen Tumorstadium entfernt der Operateur zusätzlich parametranes Gewebe (Beckenbindegewebe), das obere Scheidendrittel und die Lymphknoten im Becken (Radikaloperation nach Wertheim-Meigs). Bei prämenopausalen Frauen mit Kinderwunsch lässt sich die Operation in einem sehr frühen Erkrankungsstadium u. U. noch über eine Schwangerschaft hinaus verzögern. Bei inoperablen Patientinnen ist neben Bestrahlung eine hochdosierte Gestagentherapie möglich, die das Tumorwachstum aber i. d. R. nicht dauerhaft zurückdrängen kann. Zu den pflegerischen Maßnahmen siehe Perioperative Besonderheiten bei Genitalkarzinomen (S. 1354). 1349 64 Pflege bei Erkrankungen der Geschlechtsorgane Abb. 64.12Endometriumkarzinom. Risikoaltersgruppe erhöhtes Risiko • östrogenabhängiges Wachstum • Behandlung mit Östrogenen ohne Gestagenschutz 75 • frühe erste Regelblutung Risikofaktoren • späte letzte Regelblutung Übergewicht + Hypertonie früh auftretende Symptome Diabetes mellitus Kinderlosigkeit • Blutungen nach der Menopause • Menstruationsstörungen (z. B. Zwischenblutungen) • auffälliger Fluor genitalis Nachweis durch • vaginale Sonografie • ggf. fraktionierte Abrasio Das Endometriumkarzinom ist der häufigste bösartige Tumor der weiblichen Geschlechtsorgane (Deutsche Krebsgesellschaft 2014). Zervixkarzinom An der Entstehung des Karzinoms sind Humane Papillo­ maviren (HPV) der High-Risk-Gruppe (z. B. HPV 16 und 18) beteiligt, die beim Geschlechtsverkehr übertragen werden. Seit einigen Jahren ist eine Impfung gegen diese beiden (und andere) HPV-Typen verfügbar. Die Ständige Impfkommission des Robert Koch-Instituts empfiehlt jungen Frauen, sich vor dem ersten Geschlechtsverkehr gegen HPV impfen zu lassen. Das Zervixkarzinom macht sich meist erst in einem relativ späten Stadium bemerkbar, z. B. durch Kontaktblutungen (beim Geschlechtsverkehr, bei gynäkologischen Untersuchungen), Blutungen nach den Wechseljahren und auffälli­ gen Fluor genitalis (ggf. blutig) bzw. – in weit fortgeschrittenem Stadium – durch Harnstauung oder Lymphödeme der Beine sowie allgemeine Tumorsymptomatiken wie Gewichtsverlust und Schmerzen. Zur Diagnose führen der zytologische Abstrich, eine Kolposkopie (S. 1337) mit Knipsbiopsie und, wenn letztere nicht eindeutig ist, die Konisation (S. 1338). Grundlagen Therapie und Pflege Definition Zervixkarzinom Die Therapie richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung und den Wünschen der Patientin. Primäres Ziel ist die operative Entfernung des Tumors und die vollständige Heilung, sekundäres Ziel die Verlängerung des Lebens bei erhaltener bzw. verbesserter Lebensqualität. Der Tumor kann vaginal, abdominal oder laparoskopisch entfernt werden. Beim Carcinoma in situ, der Vorstufe des Karzinoms (Basalmembran noch nicht durchbrochen), reicht unter Umständen eine Ko­ nisation (S. 1338) aus. Scheint dieser Eingriff therapeutisch nicht ausreichend oder besteht noch Kinderwunsch, kann bei kleineren Tumoren eine vaginale oder laparoskopische Trachelektomie durchgeführt werden, bei der unter Erhalt der Fertilität nur ein Teil des Gebärmutterhalses und ca. ⅔ der Gebärmutter entfernt werden. Ist der Tumor schon weiter fortgeschritten oder die Familienplanung abgeschlossen, wird der Uterus im Ganzen entfernt (Hysterektomie). WISSEN TO GO Endometriumkarzinom (Korpuskarzinom) Bösartiger Tumor der Schleimhaut des Gebärmutterkörpers. ●● Symptome: Menstruationsstörungen, auffälliger Ausfluss ●● Diagnostik: vaginale Sonografie, fraktionierte Abrasio ●● Therapie: operative Entfernung von Gebärmutter, Eileitern, Eierstöcken und eines Teils der Scheide. Bei Inoperabilität Bestrahlung oder hochdosierte Gestagentherapie. ●● pflegerische Maßnahmen: siehe Perioperative Besonderheiten bei Genitalkarzinomen (S. 1354) Das Zervixkarzinom ist eine invasiv wachsende, d. h. die Basalmembran des Epithels überschreitende, maligne (bösartige) Geschwulst des Gebärmutterhalses. Der Tumor kommt am häufigsten im Alter von 35 – 45 Jahren und von 65 – 75 Jahren vor. Er geht meist vom Platten­ epithel aus und entwickelt sich über Vorstufen (Dysplasien bzw. ein Carcinoma in situ), die bei regelmäßiger Vorsorge­ untersuchung (1-mal/Jahr) erkannt werden können (▶ Abb. 64.13). Da die Zellveränderungen typischerweise von der gut einsehbaren Zervixkanalschleimhaut ausgehen, können sie relativ einfach bei der gynäkologischen Untersuchung entdeckt werden. Aus diesem Grunde kommt dem routinemäßigen gynäkologischen Screening eine besondere Bedeutung bei der Prävention von Zervixkarzinomen zu. 1350 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. ENDOMETRIUMKARZINOM 80 Pflege bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechts­organe Abb. 64.13Zervixkarzinom. Risikoaltersgruppe Humane Papillomaviren (HPV) Dysplasie Carcinoma in situ 35 45 65 75 + infizierte Plattenepithelzellen ZERVIXKARZINOM • Kontaktblutungen • Blutungen nach den Wechseljahren • auffälliger Fluor genitalis (ggf. blutig) • Harnstau • Lymphödem Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. spät auftretende Symptome Nachweis durch: • zytologischen Abstrich • Kolposkopie mit Knipsbiopsie • ggf. Konisation Findet sich bei der Vorsorgeuntersuchung eine Dysplasie, können Pflegende die Patientin auf spezielle Dysplasiezentren hinweisen. Eine Liste dieser Zentren findet sich im Internet unter www.dysplasiezentren.de. Gegebenenfalls entfernt der Operateur zusätzlich parame­ tranes Gewebe (Beckenbindegewebe), das obere Scheidendrittel und die Lymphknoten im Becken (Radikaloperation nach Wertheim-Meigs). Je nach Ausbreitung des Tumors muss er unter Umständen auch die Ovarien, Anteile der Blase, des Bauchfells und des Darmes entfernen und einen künstlichen Blasen- bzw. Darmausgang anlegen. Merken Kinderwunsch Bei einer Entfernung des Uterus, der Eileiter, des Eierstocks sowie weiterer Anhangsgebilde ist eine Schwangerschaft für die Patientin nicht mehr möglich. Daher sollten im Vorfeld der Therapie alle therapeutischen Möglichkeiten gemeinsam mit der Patientin besprochen und miteinander verglichen werden. Bei fortgeschrittenem Tumorstadium kombinieren Ärzte die operative Behandlung mitunter mit einer Bestrahlung. Bei inoperablen Tumoren ist die Bestrahlung, evtl. mit Chemotherapie, Therapie der Wahl. Der Tumor kann durch die Haut (perkutan = Teletherapie) oder alternativ von innen über die Vagina (transvaginal = Brachytherapie) bestrahlt werden. Bei der transvaginalen Bestrahlung wird radioaktives Material ferngesteuert in einen speziellen Applikator in der Gebärmutter bzw. im Scheidenstumpf eingebracht und nach einer gewissen Zeit automatisch in einen Bleibehälter zurückgefahren (Afterloading-Verfahren). Während der Bestrahlung kann das Personal mit der Patientin über eine Sprechanlage kommunizieren, um einen direkten Patientenkontakt zu vermeiden. Die Vitalparameter werden per Monitor überwacht. Zu den pflegerischen Maßnahmen siehe Perioperative Besonderheiten bei Genitalkarzinomen (S. 1354). WISSEN TO GO Zervixkarzinom Invasiv wachsendes Karzinom des Gebärmutterhalses, u. a. durch Humane Papillomaviren (HPV) der High-Risk-Gruppe bedingt. ●● Symptome: in spätem Stadium Kontaktblutungen, Blutungen nach der Menopause, auffälliger Fluor genitalis ●● Diagnostik: zytologischer Zervixabstrich, Kolposkopie mit Knipsbiopsie, bei zweifelhaftem Biopsiebefund Konisation ●● Therapie: Operation, ggf. mit Bestrahlung. Bei Inoperabilität Bestrahlung. ●● Pflegerische Maßnahmen: siehe Perioperative Besonderheiten bei Genitalkarzinomen (S. 1354). Descensus und Prolaps uteri Grundlagen Definition Descensus und Prolaps uteri Als Descensus uteri bezeichnet man eine Senkung der Gebärmutter in die Scheide hinein. Hat sich die Gebärmutter so weit gesenkt, dass ein Teil von ihr im Scheidenvorhof sichtbar ist und beim Pressen aus diesem heraustritt, spricht man von einem Prolaps uteri (Vorfall der Gebärmutter). Meist senken sich auch die Scheidenwände (Descensus vaginae). Ziehen sie Teile der Harnblasenhinter- bzw. der Rektumvorderwand mit sich nach unten, spricht man von einer Zystozele bzw. Rektozele. Der Descensus uteri ist bei älteren Frauen häufig. Ursachen sind Bindegewebsschwäche, Östrogenmangel, Überdehnung des Beckenbodens (durch zahlreiche oder schwere Geburten, unzureichende Rückbildungsgymnastik nach Geburten), chronisch erhöhter Druck im Bauchraum (z. B. als Folge 1351 64 Pflege bei Erkrankungen der Geschlechtsorgane Abb. 64.14Vaginalkonen. WISSEN TO GO Vaginalkonen sind tamponförmige Gewichte, die von der Patientin in die Scheide eingeführt und etwa 15 Minuten durch Anspannung der Beckenbodenmuskulatur gehalten werden. Vaginalkonen gibt es in unterschiedlichen Gewichten, das Gewicht wird nach und nach gesteigert und die Beckenbodenmuskulatur dadurch gestärkt. Quelle: APOGEPHA Arzneimittel GmbH, Dresden 64.1.9 Erkrankungen der Adnexe von Übergewicht, schwerer körperlicher Arbeit oder chronischem Husten) und Operationen im Bereich des kleinen Beckens (z. B. Hysterektomie). Symptome sind ein Gefühl des Zugs bzw. Drucks nach un­ ten im Unterbauch oder Rückenschmerzen. Bei der Zystozele kommen Harnwegsinfekte, Harndrang oder Harninkontinenz vor (zunächst nur bei erhöhtem intraabdominalem Druck, z. B. Husten, Pressen), bei der Rektozele leiden die Patientinnen zusätzlich an Obstipation. Ein Prolaps uteri äußert sich u. a. durch auffälligen Fluor genitalis (Schleimhautreizung). Die Diagnose wird bei der gynäkologischen Untersuchung gestellt, z. B. kann man beobachten, dass beim Pressen der Gebärmutterhals tiefer tritt. Therapie und Pflege In leichteren Fällen sind Übungen zur Stärkung der Becken­ bodenmuskulatur ausreichend, z. B. Beckenbodengymnastik oder Vaginalkonen (Scheidenkegel, ▶ Abb. 64.14). Bei Östrogenmangel werden Östrogen-Vaginalzäpfchen eingesetzt. Ein Scheidenpessar kann die Gebärmutter in Position halten, allerdings auch Druckgeschwüre und Entzündungen hervorrufen; es muss deshalb regelmäßig ausgetauscht werden. In schweren Fällen ist eine Hysterektomie notwendig, bei Zysto- oder Rektozele mit Raffung der Scheidenwände (Kolporrhaphie). Zur perioperativen Pflege siehe Perioperative Besonderheiten bei Hysterektomie (S. 1355). 1352 Senkung der Gebärmutter in die Scheide hinein (Descensus) bis hin zum Herausfallen der Gebärmutter aus dem Scheideneingang beim Pressen (Prolaps). Meist verbunden mit einer Senkung der Scheidenwände (Descensus vaginae), die zum Tiefertreten der Blasenhinter- bzw. der Rektumvorderwand (Zysto- bzw. Rektozele) führen kann. ●● Ursachen: Bindegewebsschwäche, Östrogenmangel, Überdehnung des Beckenbodens, chronisch erhöhter Druck im Bauchraum, Operationen im Bereich des kleinen Beckens ●● Symptome: Gefühl des Zugs bzw. Drucks nach unten, Rückenschmerzen, bei Zysto- bzw. Rektozele Harnwegsinfekte, Harndrang oder -inkontinenz bzw. Obstipation ●● Therapie: in leichteren Fällen Beckenbodengymnastik, lokale Östrogentherapie, Einlage eines Scheidenpessars. Sonst Hysterektomie, bei Zysto- oder Rektozele mit Raffung der Scheidenwände (Kolporrhaphie). ●● Pflege: siehe Perioperative Besonderheiten bei Hysterektomie (S. 1355). Adnexitis Grundlagen Definition Adnexitis Die Adnexitis ist eine Entzündung des Eileiters, des Eierstocks und des umgebenden Gewebes. Im englischsprachigen Raum werden die Adnexitis und ihre Komplikationen unter dem Begriff „pelvic inflammatory disease“ (entzündliche Erkrankung des Beckens) zusammengefasst. Meist wird die Entzündung durch aus der Scheide aufsteigende (aszendierende) Bakterien verursacht – häufig Mykoplasmen, Chlamydien, Gonokokken oder Anaerobier. Menstruation, Wochenbett, ein Intrauterinpessar und dia­ gnostische oder therapeutische Eingriffe an der Gebärmutter begünstigen das Aufsteigen der Erreger. Von der Gebärmutter greift die Infektion meist auf beide Eileiter über (▶ Abb. 64.15). Als Folge der Entzündung kann das Lumen des Eileiters verkleben. Deshalb besteht die Ge­ fahr der Unfruchtbarkeit. Die Entzündung kann zur eitrigen Einschmelzung von Eileiter und Eierstock (Tuboovarialab­ szess) oder zu Verwachsungen zwischen Eileiter und Eierstock führen. In letzterem Fall steigt das Risiko einer späteren Eileiterschwangerschaft. Greift die Entzündung auf das Bauchfell über (das Eileiter und Eierstöcke bedeckt), kommt es zur Pelveoperitonitis. Symptome der akuten Adnexitis sind plötzlich einsetzende, starke Unterbauchschmerzen (oft mit aufgewölbter, gespannter und druckempfindlicher Bauchdecke), auffälliger Fluor genitalis (z. B. eitrig und übel riechend) sowie ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl. Oft hat die Patientin Fieber, ggf. Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Bei chronischer Adnexitis bestehen häufig wechselnd starke Unterbauch- oder Rückenschmerzen und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Die Diagnose wird durch Tasten (Portioschiebeschmerz), Blut- und Urinuntersuchungen (Entzündungsparameter erhöht), einen mikrobiellen Vaginalabstrich (Identifizierung Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Descensus und Prolaps uteri Pflege bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechts­organe 3. Bakterien gelangen in die Eileiter bis hin zu den Eierstöcken ! Lumen der Eileiter können verkleben = Gefahr der Unfruchtbarkeit 4. Infektion kann die Eileiter verlassen und in andere Teile des Körpers wandern ! eitrige Einschmelzung von Eileiter und Eierstock (Tuboovarialabszess) oder Verwachsung = Risiko der Eileiterschwangerschaft ! Bauchfellentzündung (Pelveoperitonitis) 1. Bakterien gelangen z. B. mit dem Geschlechtsverkehr in die Vagina 2. Bakterien passieren die Zervix und gelangen in den Uterus Am häufigsten betroffen von einer Adnexitis sind junge, sexuell aktive Frauen. Eine akute kann in eine chronische Adnexitis übergehen, die besonders häufig zu Verwachsungen zwischen Eileiter, Eierstock und dem umgebenden Gewebe führt. Deshalb ist bei chronischer Adnexitis das Risiko einer Eileiterschwangerschaft besonders hoch. Begleitend können auch Blähungen, Obstipation und Menstruationsstörungen auftreten. der Erreger) und transabdominale oder vaginale Sonografie (Vergrößerung der Adnexe, Flüssigkeitsansammlung) gestellt. Therapie und Pflege In der Regel erhält die Patientin mindestens 10 Tage lang in­ travenös Antibiotika – zuerst gegen die häufigsten Erreger, später gezielt gegen die nachgewiesenen Erreger gerichtet. Wurden Chlamydien oder Gonokokken nachgewiesen, muss auch der Partner der Patientin antibiotisch behandelt werden. Abszesse und Verwachsungen erfordern eine Operation. Ein Intrauterinpessar muss entfernt werden. Um die entzündeten Eileiter ruhigzustellen, sollte die Patientin bis zum Abklingen der Symptome strikte Bettruhe einhalten, um Komplikationen (z. B. Unfruchtbarkeit) zu vermeiden. Zur Schmerzlinderung ist bei akuter Adnexitis lokale Kühlung (z. B. durch einen mit einem Handtuch umwickelten Eisbeutel) geeignet, bei chronischer Adnexitis hingegen evtl. Wärmeanwendung (z. B. Fangopackungen). Pflegende verabreichen auf Anordnung antiphlogistische und schmerzlindernde Medikamente. Pflegende achten insbesondere auf Urin- und Stuhlaus­ scheidung. Treten dabei Schmerzen oder andere Auffälligkeiten, z. B. Obstipation, auf, informieren sie einen Arzt. Dies können Anzeichen einer Ausbreitung der Infektion auf Peritoneum, Blase oder Darm sein. Ist die Familienplanung noch nicht abgeschlossen, stehen Pflegende der Patientin in ihrer Angst vor Unfruchtbarkeit zur Seite. Auf Wunsch wird ein Arztgespräch organisiert. Pflegende klären die Patientin über das (besonders bei chronischer Adnexitis) erhöhte Risiko einer Eileiterschwangerschaft auf. Die Patientin sollte die Symptome kennen und wissen, wann sie bei Verdacht einen Arzt aufsuchen muss. WISSEN TO GO Adnexitis Entzündung meist beider Eileiter, der Eierstöcke und des umliegenden Gewebes. Begünstigende Faktoren: Menstruation, Wochenbett, Intrauterinpessar und Eingriffe an der Gebärmutter. Die akute Entzündung kann in eine chronische übergehen. ●● Symptome: akute Adnexitis: plötzlich einsetzende, starke Unterbauchschmerzen, auffälliger Fluor genitalis, ausgeprägtes Krankheitsgefühl, oft Fieber. Chronische Adnexitis: wechselnd starke Unterbauch- oder Kreuzschmerzen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr ●● Komplikationen: Abszessbildung, Entstehung von Verwachsungen, Peritonitis ●● Therapie: intravenöse Antibiotikatherapie, Bettruhe ●● Pflegerische Maßnahmen: Unterstützung beim Einhalten der Bettruhe, Schmerzlinderung. Auf Urin- und Stuhlausscheidung achten, bei Auffälligkeiten Arzt informieren. Information bzgl. der Symptome der Eileiterschwangerschaft. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Abb. 64.15Adnexitis. Zysten und gutartige Adnextumoren Zysten Definition Zyste Eine Zyste ist ein flüssigkeitsgefüllter, dünnwandiger, mit Epithel ausgekleideter Hohlraum im Gewebe. Zysten im Eierstock sind häufig. Meist entstehen sie als Folge der Veränderungen im Rahmen des Menstruationszyklus (sog. funktionelle Zysten). Sie können Menstruationsstörungen, Unterbauchschmerzen und – selten – durch Stieldrehung oder Ruptur ein akutes Abdomen hervorrufen. In der Regel werden sie zufällig bei der vaginalen Sonografie entdeckt und verschwinden innerhalb weniger Monate von selbst. Bleiben sie bestehen oder gibt das Sonogramm Anlass zu Zweifeln an ihrer Gutartigkeit, werden sie entfernt. Aufgabe der Pflegenden ist die perioperative Pflege. Bei akutem Abdomen ist eine Laparoskopie bzw. Laparotomie notwendig. Zysten im Eileiter sind ebenfalls häufig. Große Zysten können durch Stieldrehung oder Ruptur ein akutes Abdomen hervorrufen. Gutartige Adnextumoren Definition Gutartiger Adnextumor Gutartige Adnextumoren sind Neoplasien (Zellneubildungen) im Ovarium (Eierstock) oder in der Tuba uterina (Eileiter). Sie entstehen durch autonome Zellproliferation, die Zellen wandern jedoch nicht in andere Körperregionen ein (metastasieren nicht). Tumoren im Eileiter (ob gut- oder bösartig) sind sehr selten. Gutartige Ovarialtumoren dagegen sind relativ häufig. Sie führen i. d. R. zunächst nicht zu Beschwerden und werden oft zufällig im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung entdeckt. Unentdeckt können sie zu einer – mitunter 1353 64 Pflege bei Erkrankungen der Geschlechtsorgane Ovarialkarzinom Grundlagen Definition Ovarialkarzinom Das Ovarialkarzinom ist ein vom Oberflächenepithel des Eierstocks ausgehender maligner (bösartiger) Tumor. Das Ovarialkarzinom ist eine der häufigsten Krebsformen der Frau (▶ Abb. 64.16). Der Altersgipfel liegt bei 60 – 70 Jahren. Symptome treten i. d. R. erst spät auf: Der Bauchumfang nimmt zu durch das Tumorwachstum oder die Ansammlung von Flüssigkeit im Bauchraum (Aszites). Durch Druck auf Blase und Darm treten Probleme beim Wasserlassen und beim Stuhlgang auf. ACHTUNG Bei Stieldrehung oder Ruptur des Eierstocks kommt es zum akuten Abdomen. Dies ist ein lebensbedrohlicher Notfall und der Arzt muss sofort verständigt werden. Im Spätstadium kommen Leistungsminderung und Gewichtsverlust hinzu; letzterer kann jedoch durch den Aszites maskiert sein. Die Diagnose wird i. d. R. laparoskopisch durch eine Schnellschnittuntersuchung gestellt. Therapie und Pflege Die Therapie besteht in einer radikalen Operation, bei der der Operateur beide Eierstöcke, die Gebärmutter, die Lymphknoten im Becken und um die Aorta, das große Netz sowie mitunter auch Anteile der Blase, des Bauchfells und des Darmes entfernt. Im Anschluss bleiben die Patientinnen üblicherweise ein paar Tage auf einer Intensivstation. Meist erfolgt später eine Chemotherapie. Eine weitere Therapie­ option sind Antikörper, die die Neubildung von Blutgefäßen und somit das Wachstum des Tumors hemmen, z. B. Bevacizumab. Zu den pflegerischen Maßnahmen siehe Perioperative Besonderheiten bei Genitalkarzinomen (S. 1354). WISSEN TO GO Ovarialkarzinom Maligner, vom Oberflächenepithel des Eierstocks ausgehender Tumor. ●● Symptome: Zunahme des Bauchumfangs, Probleme beim Wasserlassen und beim Stuhlgang, bei Stieldrehung oder Ruptur akutes Abdomen ●● Therapie: Radikaloperation ●● Pflegerische Maßnahmen: siehe Perioperative Besonderheiten bei Genitalkarzinomen (S. 1354) Abb. 64.16Ovarialkarzinom. 64.1.10 Perioperative Besonderhei­ ten bei Genitalkarzinomen Risikoaltersgruppe 60 ! 70 + akutes Abdomen OVARIALKARZINOM Risiko von Stieldrehung oder Ruptur des Eierstocks spät auftretende Symptome • Bauchumfang nimmt zu (durch Tumorwachstum oder Aszites) • Probleme beim Wasserlassen und Stuhlgang (durch Druck auf Blase und Darm) • Leistungsminderung • Gewichtsverlust Bisher gibt es keine zuverlässige Methode der Früherkennung. Deshalb bleibt der Tumor in vielen Fällen bis zu einem späten Stadium unentdeckt. 1354 Ein besonderes Augenmerk sollte auf die Psyche von Patientinnen mit einem Karzinom der Geschlechtsorgane gelegt werden. Die Zeit zwischen Diagnosestellung und Operation ist oft sehr kurz und die Operation häufig radikal. Zu der Angst vor dem weiteren Verlauf der Erkrankung kommt die Angst vor den direkten Folgen der Operation. Durch die Entfernung von Geschlechtsorganen kann die Frau erheblich in ihrem Selbstwertgefühl und ihrer Sexualität beeinträchtigt sein. Vielleicht war ihre Familienplanung noch nicht abgeschlossen. Pflegende stehen ihr bei möglichen Fragen zur Seite, auch was die Angst vor dem Aussehen betrifft. Sie signalisieren, dass sie mit der psychischen Belastung nicht alleingelassen wird. Wenn möglich, sollte eine frühzeitige psychoonkologische oder auch seelsorgerische Betreuung angeboten werden. Viele Eingriffe sind auch körperlich sehr belastend für die Patientin, auch wenn heute oft laparoskopische Techniken eingesetzt werden. In weit fortgeschrittenem Tumorstadium ist zudem die postoperative Komplikationsrate hoch: Bei der Operation können benachbarte Organe (Blase, Harnröhre, Darm) verletzt werden. Dann kommt es postoperativ ggf. zu Schmerzen beim Wasserlassen, Harn- oder Stuhlinkontinenz. Nach Entfernung der Beckenlymphknoten können Lymph­ ödeme in den Beinen auftreten, nach Entfernung eines Teils der Scheide sowie nach Vulvektomie Verwachsungen des Scheidenstumpfs mit daraus resultierenden sexuellen Problemen. Die OP-Wunde kann aufbrechen oder sich infizieren. Wird der Tumor bzw. das Operationsgebiet bestrahlt, kann dies zu Fistelbildung führen. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. enormen – Zunahme des Bauchumfangs und durch den Druck auf Blase und Darm zu Problemen beim Wasserlassen und Stuhlgang führen. Da man gutartige und bösartige Ovarialtumoren weder klinisch noch sonografisch voneinander unterscheiden kann, muss eine Laparotomie durchgeführt und das Tumorgewebe intraoperativ histologisch untersucht werden. Ist der Tumor gutartig, wird er entweder ausgeschält (Entfernung eines abgegrenzten Tumors, ohne dass umliegendes Gewebe entfernt wird) oder der betroffene Eierstock entfernt. Pflegende übernehmen die perioperative Pflege. Pflege bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechts­organe Alle aufkommenden Fragen besprechen Pflegende ausführlich mit der Patientin, bei Bedarf wird ein Gespräch mit einem Arzt, evtl. auch unter Einbeziehung des Partners vermittelt. Ist die Anlage eines Entero- bzw. Urostomas geplant, organisieren Pflegende eine Schulung in Stomapflege. Postoperative Maßnahmen Ausscheidungen der Patientin werden besonders sorgsam beobachtet. Bei Auffälligkeiten (übel riechender Fluor, blutiger Urin, zunehmende vaginale Nachblutung) einen Arzt informieren. Wurden bei der Operation die Beckenlymphknoten entfernt, lagern Pflegende wegen der Gefahr eines Lymphödems die Beine der Patientin leicht erhöht und organisieren so schnell wie möglich Physiotherapie zur Lymph­ ödem­ prophylaxe. Wenn die unteren Extremitäten anschwellen, wird der Arzt informiert, damit er eine Lymphdrainage verordnen kann. Auf Anordnung verabreichen Pflegende subkutane Injektionen in die Arme. Informieren, Schulen, Beraten Wurden der Patientin Beckenlymphknoten entfernt, informieren Pflegende über folgende Maßnahmen zur Prophylaxe eines Lymphödems: Die Patientin soll ●● ein Herunterhängen bzw. lange Immobilität der Beine, z. B. bei langen Reisen, vermeiden, indem sie die Muskelpumpe betätigt oder eine Kompressionsstrumpfhose trägt, ●● Sport nur in Maßen betreiben und langes Stehen vermeiden ●● Verletzungen der Beine vorbeugen, z. B. nicht barfuß laufen, nur gut sitzende Schuhe tragen, konsequente Hautpflege mit milden, die Haut nicht reizenden Substanzen, vorsichtige Nagelpflege, Schutz vor Insektenstichen. Bei Verletzungen sofort die Haut desinfizieren. ●● die Beine auf Hautveränderungen untersuchen und bei Rötung, Schwellung oder Missempfindungen den Arzt aufsuchen. ●● enge, einschnürende Kleidung, Gürtel oder Schuhe (vor ­allem hochhackige) sowie Wärmeeinwirkung (Sonne, Sauna, langes Vollbad) auf die Beine vermeiden. Gesundheitsförderung und Alltagsbewältigung Je nachdem, ob und wann eine anschließende Chemo- bzw. Strahlentherapie geplant ist, sollte die Patientin nach ihrem stationären Aufenthalt eine Anschlussheilbehandlung (S. 118) oder eine spätere Rehabilitation in Anspruch nehmen. Beides kann ihr dabei helfen, mit den körperlichen wie auch mit den seelischen Folgen der Erkrankung und ihrer Therapie leben zu lernen. Pflegende klären die Patientin über den Ablauf der Nachsorge auf und erläutern ihr, wie wichtig eine engmaschige Nachsorge ist – einerseits, um ein Rezidiv frühzeitig zu erkennen, andererseits, um Folgen der Erkrankung und der Therapie zu behandeln. Pflegende weisen die Patientin auf Informationen zu ihrer Krebserkrankung im Internet bzw. auf Selbsthilfegruppen hin. Nützliche Informationen zum Thema Krebs der Gebärmutter bzw. des Eierstocks finden Betroffene z. B. in einer Broschüre der Deutschen Krebshilfe. Diese findet sich im Internet unter: www.krebshilfe.de. Kontaktadressen zu Selbsthilfegruppen und andere Informationen zum Ovarialkarzinom finden sich im Internet z. B. unter www.krebsgesellschaft.de. WISSEN TO GO Perioperative Besonderheiten bei Genitalkarzinomen Die Operation ist oft radikal. Die psychische Unterstützung der Patientin ist daher besonders wichtig. ●● Postoperative Besonderheiten: ––Beobachtung des Urins, des Fluors bzw. des Ausmaßes der vaginalen Nachblutung; bei Auffälligkeiten Arzt informieren ––nach Entfernung von Beckenlymphknoten Lymph­ ödemprophylaxe durch leicht erhöhte Lagerung der Beine und Physiotherapie; subkutane Injektionen nur in die Arme ●● Informieren, Schulen, Beraten: Lymphödemprophylaxe ●● Gesundheitsförderung und Alltagsbewältigung: ––Anschlussheilbehandlung oder Rehabilitation ––medizinische Nachsorge Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Präoperative Maßnahmen 64.1.11 Perioperative Besonder­ heiten bei Hysterektomie Eine operative Entfernung der Gebärmutter kann vaginal, laparoskopisch oder abdominal über einen Bauchschnitt (Laparotomie) erfolgen. Auch eine Kombination aus vaginaler Hysterektomie und Laparoskopie ist möglich. Die rein laparoskopische Operation ist am schonendsten, gefolgt von der vaginal-laparoskopischen und der vaginalen. Man unterscheidet außerdem zwischen einer Totalexstirpation des Uterus, also der vollständigen Entfernung, und einer suprazervikalen Hysterektomie, bei der der Gebärmutterhals erhalten bleibt. Letztere ist schonender für den Beckenboden. Außerdem verkürzt eine Totalexstirpation die Scheide und kann zu einer Schmerzempfindlichkeit beim Geschlechtsverkehr führen. Bleibt der Gebärmutterhals erhalten, sollten die Patientinnen wissen, dass die Vorsorgeuntersuchungen auf Gebärmutterhalskrebs weiterhin indiziert sind. Präoperative Maßnahmen Um Spätkomplikationen wie eine Harninkontinenz oder einen Narbenbruch zu vermeiden, sollte schon präoperativ ein Physiotherapeut die Patientin beraten und mit ihr üben, wie sie sich postoperativ möglichst „beckenbodenfreundlich“ und narbenschonend verhalten kann. So sollte sie nach einer abdominalen Hysterektomie bei Anspannung des Bauchmuskels (etwa beim Husten) mit der flachen Hand einen leichten Gegendruck auf die Bauchdecke ausüben. Außerdem sollte sie in den ersten Tagen über die Seitenlage aufstehen, indem sie sich mit der Hand an der Bettkante hochdrückt. Es gelten die allgemeinen präoperativen Maßnahmen (S. 743) und die jeweiligen hausinternen Standards. Postoperative Maßnahmen Nach einer vaginalen Hysterektomie (rein vaginal oder laparoskopisch assistiert) müssen Pflegende zur Infektionsprophylaxe 1- bis 2-mal täglich und nach jedem Stuhlgang eine Genitalspülung (S. 1341) durchführen. Dabei achten sie auf vaginale Nachblutungen und informieren bei zunehmender Nachblutung den Arzt. Nach jeder Form der Hysterektomie stehen Pflegende der Patientin zur Seite. 1355 Pflege bei Erkrankungen der Geschlechtsorgane Informieren, Schulen Beraten Nach einer vaginalen Hysterektomie klären Pflegende die Patientin darüber auf, dass ●● Wundsekret noch bis zu 2 Wochen nach der Operation vaginal abfließt, ●● am 7.–10. postoperativen Tag kleinere Nachblutungen auftreten können, die durch Ablösung des Wundschorfs bedingt sind. Nach jeder Form der Hysterektomie sollte die Patientin noch 3 Monate lang nicht schwer, d. h. nicht mehr als ca. 5 kg, heben. Der erste Geschlechtsverkehr sollte erst stattfinden, wenn die Wunden vollständig verheilt sind (nach etwa 6 Wochen). Zur Infektionsprophylaxe sollte die Patientin 6 Wochen lang auf Vollbäder sowie Schwimmbad- und Saunabesuche verzichten. Pflegende klären die Patientin darüber auf, dass sie bei Schmerzen im Unterleib oder beim Wasserlassen oder riechendem Fluor genitalis ihren Frauenarzt aufsuchen muss. Sobald die Operationswunden vollständig verheilt sind, sollte die Patientin sich von ihrem Arzt Physiotherapie zur Stärkung der Beckenbodenmuskulatur verschreiben lassen und diese Übungen mehrere Monate lang konsequent durchführen, um eine Senkung der Scheidenwände (Descensus vaginae (S. 1351)) und deren Folgen zu vermeiden. WISSEN TO GO Perioperative Besonderheiten bei Hysterektomie ●● Präoperative Besonderheiten: beckenbodenschonende Verhaltensweisen einüben ●● Postoperative Besonderheiten: nach vaginaler Hyster­ ektomie 1- bis 2-mal täglich und nach jedem Stuhlgang Genitalspülung (S. 1341) durchführen, auf vaginale Nach­ blutungen achten und ggf. Arzt informieren ●● Informieren, Schulen, Beraten: ––nach vaginaler Hysterektomie: Wundsekretion und Nachblutungen ––nach jeder Form der Hysterektomie: Prophylaxe des Narbenbruchs bzw. des Aufbrechens von Wunden, Infektionsprophylaxe; nach abgeschlossener Wundheilung Beckenbodentraining 64.2 Pflege bei Erkrankungen der männlichen Geschlechts­ organe 64.2.1 Bedeutung für den Patienten Patienten mit Erkrankungen der Geschlechtsorgane sind voller Schamgefühl, insbesondere wenn die Erkrankung ihre Sexualfunktion beeinträchtigt. Sie fühlen sich dann häufig nicht mehr als „ganzer Kerl“. Sie sprechen nicht über ihre Beschwerden oder Sorgen, da Erkrankungen der Geschlechtsorgane noch immer stark tabuisiert sind. Sie sind mit ihren Beschwerden und Sorgen oft lange Zeit allein und die Beschwerden oft sehr stark, bevor sie sich endlich entschließen, einen Arzt aufzusuchen. Pflegende zeigen den Patienten Gesprächsbereitschaft, sind sich des starken Schamgefühls der Patienten bewusst und schützen ihre Intimsphäre so gut wie möglich. Zum 1356 Beispiel achten sie bei diagnostischen oder pflegerischen Maßnahmen darauf, dass währenddessen niemand das Zimmer betritt, und decken den Intimbereich des Patienten nur so kurz wie möglich auf. 64.2.2 Auffrischer Anatomie und Physiologie Zu den männlichen Geschlechtsorganen (▶ Abb. 64.17) gehören der Penis, die Harnsamenröhre, die Hoden, die Nebenhoden, der Hodensack, die Samenleiter, die akzessorischen Geschlechtsdrüsen und die Prostata. ●● Penis: Abgabe von Urin und Sperma. Von außen sichtbar sind der Penisschaft (Corpus penis) und die Eichel (Glans penis). Bei erschlafftem Penis ist die Eichel von der Vorhaut (Präputium) bedeckt. Bei Erregung füllen sich 2 Schwellkörper stärker mit Blut und schwellen an. Dadurch versteift sich der Penis, es kommt zur Erektion. Die Erektion wird in erster Linie durch den Parasympathikus vermittelt. ●● Hoden (Testes): bilden Samenzellen (Spermien) und Hormone, u. a. Testosteron. ●● Hodensack (Skrotum): besteht aus 2 getrennten Kammern, in denen jeweils ein Hoden liegt. ●● Nebenhoden (Epididymes): Reifung der unreifen Samenzellen zu befruchtungsfähigen Spermien, Speicherung der Spermien. Die Nebenhoden liegen den Hoden direkt auf. ●● Samenleiter (Ductus deferens): zieht vom Nebenhoden durch den Leistenkanal und die Prostata zur Harnröhre, leitet die Spermien aus dem Nebenhoden in die Harn­ röhre. ●● Akzessorische Geschlechtsdrüsen: Sekrete der Drüsen bilden zusammen mit den Spermien das Sperma (Ejakulat, Samenflüssigkeit). ●● Prostata (Vorsteherdrüse): deren Sekret trägt hauptsächlich zur Beweglichkeit der Spermien bei, macht knapp 30 % des Spermas aus. Die Prostata umgibt die Harnröhre, unten grenzt sie an den Beckenboden, hinten an das Rektum. Ihre Ausführungsgänge münden direkt in die Harnröhre. 64.2.3 Mitwirken bei der ­Diagnostik Tastuntersuchung der Prostata Bei der Prostatauntersuchung palpiert (betastet) der Arzt die Prostata vom Rektum aus. Am besten kniet der Patient dazu auf der Untersuchungsliege und stützt sich auf den Ellenbogen ab. Ist dies nicht möglich, kann er mit hochgezogenen Knien auf seiner linken Seite liegen. Die Untersuchung lässt sich aber auch am stehenden, den Oberkörper vorbeugenden Patienten durchführen. Der Arzt zieht einen unsterilen Einmalhandschuh an, fettet seinen Zeigefinger gut ein und führt ihn vorsichtig in den Anus des Patienten ein. Durch die Vorderwand des Rektums ertastet er die Größe und die Konsistenz der Prostata und erfragt, ob sie druckschmerzhaft ist. Urinuntersuchungen Gegebenenfalls ordnet der Arzt eine Untersuchung des Urins an, z. B. Urinstatus, Schnelltest oder Urinkultur (S. 1034). Meist wird hierfür Mittelstrahlurin verwendet. Bei Verdacht auf Entzündung der Harnröhre (Urethritis) jedoch wird Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 64