Weyarn - Haus der Bayerischen Geschichte

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Klöster in Bayern: Seite 1 von 4
Weyarn
BASISDATEN
Klostername
Weyarn
Ortsname
Weyarn
Regierungsbezirk
Oberbayern
Landkreis
Miesbach
Orden
Augustinerchorherren
Diözese
München und Freising
Patrozinium
St. Peter und Paul
Gründungszeit
1133
Gründer
Graf Siboto II. von Falkenstein
Aufhebung
1803
Weiternutzung
1803 erwarben einige Chorherren den Konventstock. Prälatur und Refektorium wurden
abgerissen, Kirche und St.Jakobs-Kapelle blieben erhalten.
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GESCHICHTE
Weyarn - Wein und Musik im wilden Tal
Im Jahr 1133 schenkte Graf Siboto II. von Falkenstein seine Burg "wiare", das heißt "Weinkeller", sowie eine Reihe
von Hofstellen, Mühlen und Weingütern (!) für eine Kirche zu Ehren der Apostel Petrus und Paulus. Mit
Genehmigung des Erzbistums Salzburg wurde sie betreut von Augustiner-Chorherren. Der erste Konvent kam
vermutlich auch aus dem Salzburger Domstift. Zur Gemeinschaft gehörte auch der verwitwete Stifter. Er starb als
Konverse in Weyarn.
Die Burg diente als Wohngebäude für den Konvent. Die heute noch erhaltene Burgkapelle St. Jakob war der
Kapitelsaal. Neu gebaut wurde eine romanische Basilika als Stiftskirche. Über viele Generationen oblag der Propstei
die Seelsorge für die Bauern im damals noch wilden Tal der Mangfall. Die geistliche Oberaufsicht hatte das
Salzburger Domkapitel mit dem Vorschlagsrecht für den jeweiligen Propst. Im 18. Jahrhundert leitete die Abtei
Tegernsee stellvertretend für Salzburg die Wahlen in Weyarn. Mit der Verleihung der Pontifikalien an den jeweiligen
Propst im Jahr 1694 erlangte Weyarn indes größere geistliche Selbstständigkeit.
In den Jahren 1236 und 1356 vernichteten Großbrände das Stift nahezu vollständig. Erst im späten 14. Jahrhundert
hatte sich Weyarn von diesen Katastrophen erholt. Hiervon zeugte ab 1374 eine neue Stiftskirche im Stil der frühen
Gotik. Der heute noch vorhandene untere Teil des Kirchturms stammt aus der Zeit um 1470.
Im Zeitalter der Reformation erlebte das Stift eine Phase geistlichen Verfalls. Vorübergehend stand es unter
herzoglicher Kontrolle um den Übertritt der Chorherren zum Luthertum zu verhindern. Zeitweilig war der Konvent gar
nicht besetzt. Auch um die wirtschaftliche Lage stand es nicht zum besten. Den Status als Herr einer Hofmark erhielt
das Stift definitiv sogar erst 1565.
Seine einsame Lage bewahrte Weyarn im Dreißigjährigen Krieg vor größeren Schäden durch herumstreifende
Truppen. Mit dem Propst Valentin Steyrer, der zwischen 1626 und 1659 regierte, besaß das Stift gleichsam einen
Prototyp des tatkräftigen Barockprälaten. Propst Valentin vergrößerte die wirtschaftliche Basis des Stifts durch
Erwerb zahlreicher Bauernhöfe und Einrichtung einer Brauerei. Bereits 1646 baute er eine höhere Schule mit
Internat. 1653 übernahmen die Augustiner-Chorherren die ständige Wallfahrtsseelsorge in Weihenlinden und
errichteten dort 1657 eine der ersten Barockkirchen in Bayern.
Die prächtige Stiftskirche St. Peter und Paul erbaute Lorenzo Sciasca aus Roveredo von 1687 bis 1693 noch im Stil
des Graubündner Hochbarock. Eine Generation später hielt im Kirchenraum das bayerische Rokoko Einzug mit den
Deckenfresken und Stuckarbeiten von Johann Baptist Zimmermann sowie den meisterhaften Skulpturen von Ignaz
Günther.
Berühmtheit erlangten die Weyarner Chorherren in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit ihrer Liebe zur
geistlichen und weltlichen Musik. Durch einen besonderen Glücksfall blieb in Weyarn der gesamte Notenfundus
(rund 600 Sammelhandschriften) jener Zeit erhalten. Er befindet sich heute als Leihgabe der katholischen
Kirchengemeinde St. Peter und Paul zu Weyarn in der Dombibliothek Freising. Als lokale Komponisten sind die
Chorherren Prosper Hailler (1742-1792), Bernhard Haltenberger (1748-1780) und Herkulan Sießmayr (1761-1832)
zu nennen. Lorenz Justinian Ott (1748-1805) verdanken wir nicht nur zahlreiche musikalische Werke, sondern auch
ein historisch wertvolles Tagebuch. Im Weyarner Notenschrank fanden sich auch zahlreiche Komponisten anderer
Augustiner-Chorherrenstifte und anderer Orden. Durch die Seminaristen erfuhren Chor und Orchester des Stifts
eine wertvolle Verstärkung. Weyarn unterhielt zudem eine Musikschule, die auch bei Angehörigen anderer Stifte und
Klöster eifrigen Zuspruch fand.
Dieser Pflegestätte der Künste setzte die Säkularisation ein Ende. Die Aufhebung des Stifts war allerdings ein
Vorgang, der sich über Jahre hinzog. Bereits die permanenten Durchzüge und Einquartierungen österreichischer
Truppen 1798 und 1799 beanspruchten die wirtschaftlichen Kräfte des Stifts erheblich. Im Koalitionskrieg der Jahre
1800/01 lag Weyarn monatelang zwischen den Kampflinien.
Im Februar 1801 beschlagnahmte der Kurfürstliche Geistliche Rat den Großteil des Weyarner Kirchensilbers. Im
Sommer 1802 erfassten staatliche Landvermesser alle Grundstücke des Stifts. Im November 1802 unterzog der
kurbayerische Staat Weyarn einer Bestandsaufnahme aller Vermögenswerte, das Stiftspersonal wurde bereits auf
den Kurfürsten vereidigt. Im Januar 1803 schloss man das Seminar.
Mit dem 19. März 1803 begann die eigentliche Säkularisation. Zu diesem Zeitpunkt gehörten zum Stift 33
Chorherren, davon wirkten etliche in der Filiale Weihenlinden und eine ganze Reihe betreute die fünf inkorporierten
Pfarreien. Am 1. April begann zwar die Auflösung des Konvents, doch acht Chorherren blieben dauerhaft zur
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Betreuung der Pfarre Weyarn im ehemaligen Richterhaus des Stifts. In späteren Jahren kamen acht weitere
Chorherren, die zwischenzeitlich auswärts als Seelsorger tätig waren, als Pensionisten sogar wieder zurück nach
Weyarn.
Nach der Auswahl der wertvollsten Kunstgegenstände, Archivalien und Bücher (ältere Bestände waren durch einen
Brand 1687 größtenteils verloren) begann Ende Mai 1803 die Versteigerung des Inventars. Im Sommer folgte die
Versteigerung des Viehbestands. Die Veräußerung der Immobilien dauerte bis 1805. Die meisten Gebäude wurden
in der Folge abgebrochen. Die Stiftskirche blieb jedoch als Gotteshaus der Pfarrgemeinde erhalten.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtete die Stadt München in Weyarn ein Waisenhaus. In den Dreißiger Jahren
diente es als Führerschule der Hitlerjugend und gegen Ende des Zweiten Weltkriegs als Lazarett. In der
Nachkriegszeit übernahm das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNRA) die Anlage als Übergangsheim
für "Displaced Persons". 1953 kaufte der Pädagoge Max Riel das Gelände von der Stadt München und gründete in
Weyarn ein Privatschule. Sie stellte 1984 den Betrieb ein.
1998 erwarb der Deutsche Orden das ehemalige Stift und verlegte den Sitz der Deutschen Provinz von Frankfurt am
Main nach Weyarn. Seit 1999 betreuen die Kleriker des Ordens auch die Pfarrei Weyarn.
( Christian Lankes )
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LITERATUR
Link:
http://www.weyarn.de/MenschenAktiv/Geschichte/AKGS-Kloster.htm
http://www.pfarrei-weyarn.de/pages/kirche-geschichte.htm
http://www.deutscher-orden.de
Literatur (in Auswahl):
Backmund, Norbert: Die Chorherrenorden und ihre Stifte in Bayern. Augustinerchorherren, Prämonstratenser,
Chorherren v. Hl. Geist, Antoniter. Mit einem Beitrag von Adalbert Mischlewski: Die Niederlassungen des
Antoniterordens in Bayern, Passau 1966, S. 153-156;
Bauer, Hermann und Anna: Klöster in Bayern. Eine Kunst- und Kulturgeschichte der Klöster in Oberbayern,
Niederbayern und der Oberpfalz, München 1985, S. 73-76;
Mai, Paul (Hrsg.), Die Augustinerchorherren in Bayern. Zum 25-jährigen Wiedererstehen des Ordens (=
Kataloge und Schriften des Bischöflichen Zentralarchivs der Bischöflichen Zentralbibliothek Regensburg Band
16), Regensburg 1999, insb. Tafel 25 (S. 138);
Mayer, Matthias, Die letzten sieben drangvollen Jahre des Augustinerchorherrenstifts Weyarn (17.1.1798 28.1.1805). Ein Augenzeugenbericht nach den Tagebüchern des Chorherrn Laurentius Justianus Ott, in:
Oberbayerisches Archiv 101 (1976), S. 68-117;
Münster, Robert, Die Musikpflege in den Bayerischen Augustiner-Chorherren-Stiften zur Barockzeit (=
Schriftenreihe der Akademie der Augustiner-Chorherren von Windesheim Band 1), Paring 1996;
Sepp, Florian: Weyarn. Ein Augustiner-Chorherrenstift zwischen Katholischer Reform und Säkularisation
(Studien zur altbayerischen Kirchengeschichte Bd.11), München 2003
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