Charakter und Proportion

Werbung
EXTRA: WDVS im Detail
1 Links: Wohnungsneubau am Potsdamer Volkspark mit detailreich
gegliederter Fassade und
bewusst eingesetzter
Farbigkeit.
2 Das Fassadensystem
ermöglichte ausgewogene
Proportionen und eine
schlanke Gestaltung.
Charakter und Proportion
In unmittelbarer Nachbarschaft zum Potsdamer Volkspark zeigt ein mehrgeschossiger
Wohnungsneubau, wie effizienter Wärmeschutz und detailreiche Fassadengestaltung
kombiniert werden können. Das Dämmsystem ermöglichte eine schlanke, leicht wirkende
Architektur mit differenzierter Gliederung durch Terrassen, Loggien und Gebäudeversprünge.
D
er Ausblick für die Bewohner
kann mitten in der Stadt beeindruckender kaum sein, grenzt
doch das Wohngebäude am Ende der
Horst-Bienek-Straße in Potsdam an zwei
Seiten an den Volkspark. Aber auch umgekehrt erleben die Besucher des Parks
den Neubau als erste markante Landmarke beim Blick in Richtung Stadt.
Diese spezielle Lage mit ihrer doppelten
Sichtbeziehung war es, die Frank Wachtel gereizt hatte, sich mit der Wachtel
Wohnbauten GmbH beim städtischen
Entwicklungsträger um das Grundstück
zu bewerben. Wachtel Wohnbauten hat
schon verschiedene Projekte in Potsdam
umgesetzt. Grundlage war der Entwurf
des Potsdamer Architekten Bernd Redlich
für ein viergeschossiges Gebäude mit 24
Wohnungen und einer den Vorstellun-
16
gen des Bauherrn entsprechenden differenzierten Formensprache.
»Wir wollten an dieser exponierten
Stelle ganz bewusst keinen einfach-glatten Kubus errichten«, beschreibt Frank
Wachtel die Überlegungen. »Stattdessen
greift der Entwurf die Idee der Gliederung in harmonischen Proportionen auf,
wie sie die klassizistischen Gebäude in
der Innenstadt von Potsdam vorgeben.
Die verschiedenen, teilweise farblich abgesetzten Balkone, Loggien und Erker
verleihen dem Gebäude Rhythmus und
Struktur. Die sich zur Straße öffnende
U-Form des Grundrisses zeigt darüber
hinaus Anklänge an die historischen
Stadtpalais mit ihren für Potsdam so
typischen Vorgärten. Das Gebäude führt
also städtische Bautraditionen fort, ist
aber mit seiner sachlich-klaren Linien-
führung und den hochwertigen Ausstattungsstandards eindeutig ein Kind unserer Zeit.«
Schlanke Ausführung
Zu dieser Ausstattung gehören beispielsweise funktionale Zimmeraufteilungen,
die barrierefreie Zugänglichkeit von der
Tiefgarage bis zu jeder Wohnung oder
die moderne Haustechnik mit Fußbodenheizung und bodengleichen Duschen.
Der energetische Standard übertrifft die
Anforderungen nach KfW 70, etwa durch
die dreifach verglasten Holzfenster oder
die Wärmedämmung auf den Außenwänden aus 24 cm dickem Kalksandsteinmauerwerk.
Das Fassadensystem sollte einerseits
einen hochleistungsfähigen Wärmeschutz bieten, andererseits aber nicht
ausbau + fassade 04.2017
Dämmsystem
durch zu große Dicken des Dämmstoffs
die elegante Wirkung der Gebäudegliederung beeinträchtigen. Den Weg für
eine besonders schlanke Ausführung
ebnete die Fassade »Warm-Wand Slim«
von Knauf, die durch ihre Dämmplatten
PU Slimtherm 026 eine hohe Energieeffizienz bei geringerer Schichtdicke im
Vergleich zu anderen Dämmstoffen bietet: Nur 120 mm waren erforderlich, um
den ausgezeichneten U-Wert der Außenwände von 0,19 W/m²K zu erreichen.
3 Der Dämmstoff ist
Schlanker Aufbau ohne Brandriegel
Die geringe Aufbauhöhe des Systems
Warm-Wand Slim ermöglicht schlanke
Ausführungen in Bereichen der Fensterleibungen (kein »Schießscharteneffekt«)
und der Fensterbänke sowie feingliedrige
Fassadendetails an Pfeilern und Erkern.
Gleichzeitig werden Planung und Ausführung beim baulichen Brandschutz
deutlich vereinfacht. Auf zusätzliche
Brandschutzmaßnahmen kann damit
verzichtet werden. Der eingesetzte
Dämmstoff Polyurethan verhält sich im
Brandfall nahezu wie ein nichtbrennbarer Dämmstoff. Somit entsteht auch
ohne den Einsatz von Brandriegeln ein
schwerentflammbares System. Das komplett mineralische Putzsystem schafft
eine Basis zum Schutz vor einem möglichen Befall mit Algen und Pilzen.
Der Schichtenaufbau eines Fassadensystems mit den Dämmplatten PU Slimtherm 026 entspricht dem konventioneller Systeme. Auch die Verarbeitung ist
weitgehend identisch, wie Bauleiter Rene
Kuhl vom Fachunternehmen Hörmannshofer Fassaden berichtet: »Beim Zuschneiden oder Ausklinken muss man
mit den festen Platten vielleicht etwas
sorgfältiger und genauer umgehen. Beim
Verkleben aber profitiert man, worüber
sich unsere Kollegen sehr begeistert
geäußert haben: Es geht wesentlich einfacher, weil die Platten formstabiler sind
und nicht so sehr nachgeben wie Polystyrol oder Mineralwolle.«
Homogene Dämmschicht
In den Normalgeschossen oberhalb des
Sockels wurde mit dem Kleber SM300
von Knauf gearbeitet. Einzigartig ist, dass
bei einem Neubau, wie in diesem Fall,
auf eine zusätzliche Dübelbefestigung
verzichtet werden kann. Sollte doch ein-
www.ausbauundfassade.de
besonders formstabil,
so dass kleinteilige
Strukturen mit geringer
Dämmstärke und hoher
Präzision hergestellt
werden konnten.
mal gedübelt werden, steht im System
der wärmebrückenfreie Schlagdübel SZ8
plus zur Verfügung.
Der Dämmwert der Fassade bleibt
über die gesamte Fläche gleich, weil
Warm-Wand Slim als schwerentflammbares System auch in den Gebäudeklassen 4 – 5 keine Brandriegel benötigt. So
entstand eine homogene Dämmschicht
ohne Materialwechsel und ohne punktuelle Schwächungen des Wärmeschutzes.
Den Abschluss bildet ein mineralisches
Putzsystem. Als Armiermörtel wurde
der mineralische, faserverstärkte Armierputz SM700 Pro mit dem eingelegten
Armiergewebe verwendet. Für den Oberputz gibt es bei Warm-Wand Slim wahlweise eine mineralische oder eine organische Systemlösung. In Potsdam wurde
der mineralische Edelputz Noblo mit
3 mm Korngröße in Scheibenputzstruktur ausgeführt, der allein durch seine
Alkalität vorbeugend gegen Algen und
Pilze wirkt.
4 Das schwerentflammbare Fassadensystem
benötigt keine Brandriegel, so dass vom Sockel
bis zum Dach und selbst
an Details, wie hier dem
Rollladenkasten, eine
wärmebrückenfreie
Oberfläche entsteht.
17
EXTRA: WDVS im Detail
5 Die farbliche Gliederung wird bis zur Geländeoberkante fortgeführt. Gleichzeitig
betont der Übergang vom Scheibenputz der Fassade zum Filzputz des Sockels dezent
den unteren Gebäudeanschluss.
Geschützt gegen Feuchte,
Stöße und Schnee
Die Qualität eines Fassadensystems wird
neben seinem Aufbau in der Fläche
wesentlich von der fachgerechten und
hochwertigen Ausführung der Details
bestimmt. Das Montageteam von Hörmannshofer Fassaden verwendete konsequent Putzprofile für alle Ecken und
Anschlüsse. So sorgen beispielsweise an
den Fenstern Anputz- und Eckprofile mit
jeweils angearbeiteten Gewebestreifen
sowie zusätzliche Diagonalbewehrungen an den Fensterecken für dauerhafte
Sicherheit.
Während in der Fläche und an den
Fenstern durchgängig mit 120 mm
dicken Dämmplatten gearbeitet wurde,
6 Der Sockelmörtel »SockelSM Pro« mit integriertem Feuchteschutz ist Kleber,
Armierputz und
Oberputz in
einem Produkt.
Fotos:
Knauf/Klonk
18
kamen für spezielle Anpassungsarbeiten,
etwa an den vorgesetzten Rollladenkästen oder für die Anpassung von Pfeilern
an das Fassadenniveau, auch andere
Plattenstärken zum Einsatz. Die Gliederung und räumliche Tiefe der Fassade
muss dadurch nicht den Zwängen des
Wärmedämmstoffs folgen, sondern
zeigt unter Berücksichtigung der Wärmeschutzanforderungen die vom Architekten vorgesehene filigrane Struktur
und Gestaltung.
Solider Sockelputz mit
integriertem Feuchteschutz
Ein Vorteil bei der Verarbeitung von PU
Slimtherm ist die Eigenschaft des Materials bei anliegender Feuchtigkeit. So
kann nicht nur über die gesamte Fläche
wärmedämmend gearbeitet werden,
sondern auch im Sockelbereich und
sogar bis 50 cm unter der Geländeoberkante. Es war bis zum Anschluss an die
Perimeterdämmung der Tiefgarage kein
Materialwechsel erforderlich. Durch den
Einsatz des mineralischen Sockelputzes
Sockel-SM Pro konnte auf eine zusätzliche Beschichtung mit einer Dämmschlämme, wie bei herkömmlichen
mineralischen Putzen aufgrund ihrer
kapillarleitenden Eigenschaften üblich,
verzichtet werden. Der Armiermörtel mit
integriertem Feuchteschutz ist zudem
Klebemörtel und Oberputz in einem.
Auch darüber hinaus geht die Arbeit
mit Sockel-SM Pro schneller, wie Bauleiter Rene Kuhl erklärt: »Der Armierputz
benötigt sonst rund eine Woche zum
Austrocknen, ehe der Oberputz aufgetragen werden kann. Hier haben wir mit
dem gleichen Material weitergearbeitet,
so dass der Oberputz am Sockel schon
am nächsten Tag folgen konnte.« Mit seiner Filzputzstruktur widersteht er den
typischen Belastungen eines Gebäudesockels durch Feuchte, Stoß und Schnee.
Der leichte Rücksprung am Sockel und
das umlaufende Kiesbett vermindern die
Gefahr von Schmutz und Wasserspuren,
weshalb der Sockel elegant in den gleichen hellen Farben wie die Fassade
gehalten werden konnte.
»Für neue Materialien und Systeme
habe ich mich schon immer begeistert«,
beschreibt Bauherr Frank Wachtel
rückblickend seine Herangehensweise.
»Nachdem ich schon verschiedene
andere Fassadensysteme ausprobiert
habe, sollten es hier die PU-Dämmung
und die neue Sockellösung sein. Den
optischen Eindruck durch die schlanke
Dämmung und die nicht so große Tiefe
der Fensterleibungen finde ich überzeugend. Vor allem aber bin ich froh, dass
wir die differenzierte Gliederung des
Gebäudes, wie sie schon im ursprünglichen Bewerbungsentwurf von Bernd
Redlich vorgesehen war, jetzt auch praktisch umsetzen konnten.«
Andreas Gabriel,
Knauf Gips KG
ausbau + fassade 04.2017
Herunterladen