Gedämmt bei Wind und Wetter

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1 Die neue Fassade des Hotels ist eine hinterlüftete Konstruktion mit außenseitiger Kunststoffverkleidung und einer darunter liegenden
vollmineralischen Dämmung.
Gedämmt bei Wind und Wetter
Für die Sanierung der Fassade eines Hotels auf dem Feldberg im Schwarzwald wurde eine
Dämmlösung mit langfristiger Witterungsbeständigkeit angestrebt. Die neue Fassade ist
eine hinterlüftete Konstruktion mit außenseitiger Bekleidung aus Hochdrucklaminaten, die
in Kombination mit einer Außenwanddämmung aus Mineraldämmplatten realisiert wurde.
Im Laufe seines 150-jährigen Bestehens
hat das Traditionshotel Feldberger Hof
sein Aussehen völlig verändert: Aus
dem ursprünglich im Stil eines Schwarzwaldhauses errichteten Gäste- und Kurhauses mit 70 Betten ist ein modernes
Gebäude geworden, das bis zu 400
Gästen Platz bietet. Zuletzt stand die
energetische Sanierung der Fassade
eines zum Hotelkomplex gehörigen
Appartementhauses an. Die exponierte
Lage in einer Höhe von fast 1300 Metern
und die auf dem Berg herrschenden
extremen Witterungsverhältnisse haben
die erst Ende der 1990er-Jahre mit Errichtung des Gebäudes erstellte Fassade
stark in Mitleidenschaft gezogen.
»Es zeigten sich Risse im Putz«, erzählt
Ingo Görsmeier, Chef der Firma Bauleitung Görsmeier aus Todtnau. »Die Fassade war undicht, in einigen Bereichen
war Wasser in das relativ neu aufgebrachte WDVS eingedrungen. Die Konstruktion war dauerhaft durchfeuchtet.«
Eine Dämmwirkung sei nicht vorhanden
gewesen. »Noch drohte keine akute
Gefahr«, so Görsmeier, dessen Firma mit
der Sanierung beauftragt wurde, »aber
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es musste damit gerechnet werden,
dass Teile der Fassade abfallen könnten.« Hinzu kamen immer wieder auftretende und nicht mehr beherrschbare
Wasserschäden im Inneren des Gebäudes. Eine Komplett-Sanierung der
Fassade des fünfgeschossigen Gebäudes
war unumgänglich.
Schutz vor Witterungseinflüssen
In zwei Bauabschnitten sollten die
Fassadenschäden behoben und das
Gebäude energetisch saniert werden.
»Wir mussten die Fassade vor den Witterungseinwirkungen schützen und für
ein trockenes Mauerwerk sorgen«, fasst
Thomas Baur vom Ingenieurbüro für
Tragwerksplanung in Todtnau zusammen. »Wir suchten eine Lösung mit
Witterungsbeständigkeit.« Eine Standardkonstruktion mit einem herkömmlichen WDVS schloss der Planer aus:
»Damit haben wir schlechte Erfahrungen gesammelt. Es hat sich hier gezeigt,
dass herkömmliche WDVS-Konstruktionen den extremen Wetterbedingungen auf dem Feldberg nicht standhalten.«
Diffusionsoffener Dämmstoff
Als langfristig beständige Lösung plante
Baur gemeinsam mit der Firma Görsmeier eine vorgehängte, hinterlüftete
Fassadenkonstruktion mit außenseitiger
Verkleidung aus Hochdrucklaminatplatten und darunter liegender diffusionsoffener Dämmung. Der Planer erklärt:
»Durch die gewählte Befestigung mit
horizontal eingedrehten Sogschrauben
und schräg von unten eingedrehten
Schubschrauben werden die Druckkräfte über den Dämmstoff übertragen.
Die Vertikalkräfte aus der Fassade werden in eine Zugkraft in der Schraube
und die Druckkraft auf den Dämmstoff
beziehungsweise die dahinterliegende
Wand ›zerlegt‹. Nur so können die einwirkenden Kräfte der vorgehängten
Fassade sicher abgetragen werden. Der
Dämmstoff sollte diffusionsoffen sein,
weil wir wegen der hohen Temperaturunterschiede einen kräftigen Dampfdiffusionsstrom von innen nach außen
haben. Die Feuchtigkeit, die von innen
nach außen will, muss weg und darf
sich nirgendwo aufstauen.« Zudem ist
die Dämmung mit Multipor wärme-
Außenwanddämmung
brückenarm. Vor dem Hintergrund, dass
das Hotel großen Wert auf Umweltund Klimaschutz legt, sollte der Dämmstoff über nachhaltige Eigenschaften
verfügen sowie ökologisch und gesundheitlich unbedenklich sein.
Druckfeste Außenwanddämmung
Angesichts der vielfältigen Vorgaben
rückten vor allem massive, vollmineralische Dämmungen in den Fokus. Die
schließlich ausgewählten Mineraldämmplatten überzeugten schon durch
die Auszeichnung mit Umweltzertifikaten. So gelten das NachhaltigkeitsZertifikat von »Natureplus« und die Umwelt-Deklaration des Institutes Bauen
und Umwelt als Beleg für die nachgewiesene hohe Umweltfreundlichkeit.
Auch sonst brachten die mineralischen
Platten aus Kalk, Sand, Zement und
Wasser alle Voraussetzungen mit, um
die Anforderungen zu erfüllen: Sie sind
druckfest, formstabil und drucksteif,
diffusionsoffen und nicht brennbar
(Baustoffklasse A1). Zudem verfügen sie
über eine Wärmeleitfähigkeit von 0,045
W/(mK). Thomas Baur betont: »Der ausgesuchte Dämmstoff entspricht den
baurechtlichen Anforderungen, ist aus
bauphysikalischer Sicht bedenkenlos
verwendbar und entspricht der Anforderung WAB gemäß DIN 4108-10, welche für hinterlüftete Fassadensysteme
gemäß DIN 18 516-1 bestehen.«
Realisiert wurde eine hinterlüftete Konstruktion mit einer Außenwanddämmung aus 180 mm dicken Multipor
Mineraldämmplatten und darauf angeordneter diffusionsoffener Witterungsschutzbahn (sd=0,5 m) sowie einer Unterkonstruktion aus Lärchenholz (4/10)
mit Beplankung aus großformatigen
Hochdrucklaminatplatten. Baur: »Dieser
Fassadenaufbau wird von innen nach
außen immer diffusionsoffener. Dabei
sorgen die Eigenschaften der Dämmplatten dafür, dass entstehende Feuchtigkeit permanent abtransportiert wird.«
Verarbeitung
Insgesamt rund 500 m² Mineraldämmplatten wurden pro Bauabschnitt für
die Sanierung des Appartementgebäu-
Grafik: Wandaufbau und Besfestigung im Bereich Mauerwerk und Beton.
(Foto/Grafik: Familotel Feldberger Hof)
des benötigt. Die Verarbeitung erfolgte
auf einem Untergrund aus 24 cm
dickem KS-Mauerwerk, das innenseitig
mit einem 2 cm dicken Putz versehen
ist. In Kombination mit dem mineralischen Kalksandsteinmauerwerk (Dichte
1900 kg/m²) sorgt die hohe Rohdichte
der 180 mm dicken Dämmplatten für
einen quasi monolithischen Systemaufbau. Die Montage der Platten im
Format von 600 x 390 mm erfolgte
gemäß den Anleitungen des Herstellers.
Görsmeier: »Der Dämmstoff war für uns
gut zu verarbeiten, weil er leicht und
einfach zu schneiden ist. Das handliche
Format war auf dem engen Gerüst und
bei der Gebäudehöhe von 20 m ein
Vorteil.«
Vollflächige Verklebung notwendig
Die Arbeiten begannen mit der Vorbereitung des Untergrundes. Multipor
Mineraldämmplatten benötigen einen
ausreichend ebenen Untergrund, um
eine vollflächige Verklebung zu gewährleisten. Er muss auch tragfähig und
trocken sein. Im nächsten Schritt
trugen sie den auf das Produkt abgestimmten und frisch angerührten
Systemkleber vollflächig mit einer
Zahntraufel (Zahnung 10 mm) auf der
Plattenrückseite auf. Die Steghöhe
betrug etwa 6 mm. Die anschließende
Plattenverklebung begann jeweils an
der unteren Hausecke oberhalb des
Sockelbereiches. Die Platten wurden
fugendicht knirsch aneinander
gestoßen und fortlaufend im Verband
mit mindestens 15 cm Überbindemaß
geklebt.
Mit Sog- und Schubschrauben
Auf eine Befestigung mit bauaufsichtlich zugelassenen Tellerdübeln konnte
verzichtet werden. Die zusätzliche
Befestigung der Platten erfolgte durch
die Unterkonstruktion für die Kunststoffplatten der geplanten Fassadenbekleidung. Die Befestigungsmittel, sogenannte ›Schraubanker‹, welche nach
dem Vorbohren direkt (ohne Dübel) in
das KS-Mauerwerk beziehungsweise die
vorhandenen Betonbauteile (wie Deckenspiegel, Gurte, Stürze und Stützen) eingedreht wurden, waren eigens für dieses Bauvorhaben in der erforderlichen
Länge von 360 mm hergestellt worden.
Mit abschließender HochdrucklaminatBeplankung verfügt die Konstruktion
über eine Gesamtdicke von 0,5 m und
bietet einen Wärmedurchlasswiderstand
von 4,45 m²K/W sowie einen U-Wert
von 0,216 w/(m²K). Erste Erfahrungswerte liegen bereits vor: »Das System
funktioniert einwandfrei«, stellt Ingo
Görsmeier fest.
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