Editorial Aus der Redaktion Liebe Mitglieder und Freunde des Senckenberg, etwas größer ist es, aber in Ihren Briefkasten dürfte es dennoch passen, das neue „NuM“. Haben Sie es wiedererkannt? Als weiterer Schritt zur Umsetzung des im Herbst eingeführten Corporate Designs erscheint Ihre Zeitschrift jetzt in einem neuen, attraktiveren Layout – wir hatten es im November/Dezember-Heft ja angekündigt. Überrascht haben dürfte Sie aber vor allem der neue Name. „SENCKENBERG – Natur · Forschung · Museum“ lautet der Titel. Auch diese Änderung ist nur konsequent, betrachtet man das, was unsere Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SGN) ausmacht. Die Natur ist unser Untersuchungsobjekt, Forschung unser Handwerk, seit beinahe 200 Jahren. Den Elfenbeinturm haben schon die frühen SenckenbergForscher verlassen, denn wir sehen unsere Aufgabe gemäß der Satzung ebenso darin, die Ergebnisse unserer Forschung „einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen“. Hierzu stehen uns verschiedene Medien zur Verfügung: das Museum als Fenster zur Wissenschaft, aber auch „Publikationen, die in allgemein verständlicher Form naturwissenschaftliche Kenntnisse verbreiten helfen“ – populärwissenschaftliche Publikationen wie „Natur · Forschung · Museum“. Dieser Titel mag Ihnen zunächst gewöhnungsbedürftig erscheinen, doch er spiegelt unser Tun und unseren Anspruch sehr treffend wieder – in einem „Dreiklang“: Die Forschung steht in der Mitte, im Zentrum unseres Schaffens. 4 Lassen Sie mich daher, gerade auch für unsere neuen Leser, an dieser Stelle das Senckenberg-Konzept der Naturforschung nochmals skizzieren. Unsere Kernkompetenz ist die Biodiversitätsforschung mit der zentralen Fragestellung: Wie ist Biodiversität entstanden und welche Bedeutung hat sie für das System Erde und für uns Menschen? Senckenberg untersucht diese Frage auf drei Ebenen – auf der Ebene der einzelnen Organismen, auf der Stufe der Ökosysteme und schließlich in einem ganzheitlichen Ansatz, der das „System Erde – Mensch“ und seine Veränderungen und Wechselwirkungen über die letzten vier Milliarden Jahre betrachtet. Aktuell arbeiten an diesen Fragen über 200 SenckenbergWissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an neun Standorten in Deutschland. Ihre Forschungsprojekte sind über den gesamten Globus verteilt, in Vernetzung mit anderen renommierten Forschungseinrichtungen. Schwerpunkte bilden die organismisch orientierte Evolutions- sowie Biodiversitätsund Geodiversitätsforschung mit ihren Anwendungen in Ökologie, Naturschutz und neuerdings auch im Gesundheitswesen. Um hierfür öffentliche Zustimmung zu erhalten, bedürfen Forschungsprojekte auch außerhalb der Wissenschaft einer nachvollziehbaren Begründung. Forschung ist kein Selbstzweck, sondern muss gesellschaftlichen und kulturellen Erwartungen gerecht werden. Die interessierte Bevölkerung sollte die Gelegenheit haben, dieses Wissen im Diskurs mit der Wissenschaft zur eigenen Weiterbildung vermittelt zu bekommen – verständlich und prägnant. Und genau diesem Zweck dient „Natur · Forschung · Museum“ als e i n Medium der Wissenschaftskommunikation am Senckenberg. Wir versenden die Zeitschrift an private und öffentliche Einrichtungen – Kindergärten, Schulen, Bibliotheken, Universitäten, wissenschaftliche Gesellschaften und andere Forschungseinrichtungen. Es ist uns nämlich ein Anliegen, Sie, liebe Mitglieder, Mitarbeitende, Spender und Wissenschaftler anderer Institute, aber auch die Politik und Zuwendungsgeber aus Bund, Ländern und Kommunen an unseren Aktivitäten teilhaben zu lassen. Unsere jungen Leser muss ich leider noch um etwas Geduld bitten. Sie sollen ihr eigeSENCKENBERG – natur • forschung • museum 141 (1/2) 2011 Liebe Leserinnen und Leser, nes Magazin bekommen, vielleicht auch als Blattsammlung mit dazugehörigem Ordner. Wir arbeiten daran! Ich denke, das neue „NuM“, das Sie heute in Händen halten, reflektiert sehr schön die gewachsenen Herausforderungen für unser Senckenberg und die damit einhergehenden umfassenderen Aktivitäten. Lassen Sie sich also begeistern für die spannenden Themen der modernen Naturforschung! Mein Dank gilt an dieser Stelle ganz besonders unserem Schriftleiter, Herrn Thorsten Wenzel, sowie dem „Stab Kommunikation“ unter Leitung von Herrn Dr. Soeren Dürr, die gemeinsam mit der renommierten Hamburger Agentur Peter Schmidt und unserer Layouterin, Frau Petra Schwarzmann, diese gelungene Neugestaltung unserer Mitgliederzeitschrift als attraktives Wissenschaftsmagazin erarbeitet haben. Und nun viel Spaß beim Lesen! Herzlichst, Ihr wann wäre der Zeitpunkt günstiger, die globale Erwärmung als Titelthema aufzugreifen und ein Resümee der internationalen Klimaschutzbemühungen zu ziehen, als jetzt, wenige Wochen nach dem Weltklimagipfel? Nach der Enttäuschung in Kopenhagen Ende 2009 ist mit der Unterzeichnung des jüngsten Abkommens von Cancun eines sicher: Es geht wieder voran mit dem Klimaschutz unter Federführung der UNO. Über 190 Länder wollen ihr Handeln nun am „2-Grad-Ziel“ orientieren und dafür Sorge tragen, dass die globale Durchschnittstemperatur das vorindustrielle Niveau nicht um mehr als zwei Grad Celsius übersteigt. Aus der Sicht der Klimaforscher die Minimalanforderung – sie plädieren dafür, den Grenzwert noch tiefer anzusetzen. Und darüber hinaus: Wollen heißt nicht müssen. Konkrete Umsetzungsempfehlungen in der Form völkerrechtlich verbindlicher Reduktionsverpflichtungen für Treibhausgasemissionen wurden noch nicht festgelegt. In diesem Kontext stellt sich zum Beispiel auch die Frage, wie es mit dem Kyoto-Protokoll weitergeht. Hand aufs Herz! Sind wir nicht alle der Klimadebatte ein wenig müde, vom Schlagabtausch zwischen „Klimaskeptikern“ und Wissenschaftlern, von Blockaden in zähen und scheinbar endlosen Verhandlungen und darin vereinbarten Lippenbekenntnissen – kleinsten gemeinsamen Nennern, dazu noch auf der Basis von Freiwilligkeit. Am liebsten würde man sich aus dem Thema ausklinken, doch Klimaschutz ist nicht zuletzt eine Frage des Gewissens, er appelliert an unser Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Mitmenschen und der Umwelt. Es geht vor allem auch um die Suche nach der „Wahrheit“: Wie steht es um unser Klima? Sind wir Menschen im Wesentlichen für den Klimawandel verantwortlich? Können wir so weitermachen wie bisher? Was müssen wir ändern? Diese Fragen greift Professor Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) im Leitartikel auf. Er gehört zu den profiliertesten Klimaforschern weltweit und ist auch ein reger und versierter Wissenschaftskommunikator. Er hat schon mehrere populärwissenschaftliche Bücher verfasst, 2010 erschien „The Climate Crisis“, das wir in dieser Ausgabe vorstellen. Professor Rahmstorf präsentiert die wesentlichen Erkenntnisse der Klimaforschung und ihre Vorläufer zurück bis in die Mitte des 19. Jahrhundert, liefert Zahlen, Fakten und Prognosen zur Entwicklung des Klimas bei unterschiedlichen Bedingungen. Für das 2-GradZiel ist es nämlich fünf vor zwölf, aber lesen Sie am besten selbst! Eine aufschlussreiche Lektüre wünscht Ihnen Thorsten Wenzel Volker Mosbrugger Redaktionsleitung Generaldirektor Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung SENCKENBERG – natur • forschung • museum 141 (1/2) 2011 5