2/2010 Österreichische Zeitschrift für LIEGENSCHAFTSBEWERTUNG Schriftleitung: Heimo Kranewitter im fokus Lebenszykluskosten von Immobilien schwerpunkt Gebäudekosten, zyklisch betrachtet befund & gutachten Lebenszyklus einer Immobilie preis & markt Statistiken/Indizes/Tabellen Büromieten in Wien bewertung international Marktübersicht: Slowakei bilanz & steuern Nutzungsdauergutachten im Steuerrecht finanzieren & investieren ISSN 2072-2230 Der Einfluss von Nachhaltigkeit auf die Immobilienbewertung P.b.b. Verlagsort 1010 Wien Plus.Zeitung 09Z038013P im fokus Dipl.-Ing. Dr. Helmut Floegl Department für Bauen und Umwelt, Donau-Universität Krems Lebenszykluskosten von Immobilien Nachhaltige leistbare Immobilien. Während der Betriebs- und Nutzungsphase kostet eine Immobilie ein Mehrfaches der Errichtungskosten. Diese Folgekosten sind komplex. Mit der zukünftigen ÖNORM B 1801 – 3 werden sie definiert und gegliedert Errichtungskosten sind früh prognostizierbar Die Planung und Errichtung von Immobilien wurde in den letzten Jahrzehnten strukturiert und professionalisiert. Die Errichtungskosten von Immobilien können heute schon in der Entwurfsphase relativ genau prognostiziert werden. Voraussetzung dafür war die durchgängige Standardisierung der Kosten in Kostenbereiche nach der ÖNORM B 1801 „Bauprojekt- und Objektmanagement“ – Teil 1: Objekterrichtung bzw nach der DIN 276 „Kosten im Hochbau“. Zum Lebenszyklus eines Gebäudes gehört nicht nur die Planungs- und Errichtungsphase, sondern auch die Betriebsund Nutzungsphase und der Abbruch und die Objektbeseitigung. Die Komplexität der Folgekosten Nach Ende der Errichtungsphase entstehen die Folgekosten. Sie sind in ihren Erscheinungsformen komplexer und fallen während des gesamten restlichen Lebenszyklus des Gebäudes an. Die Lebenszykluskosten ergeben sich als Summe der Grundkosten, der Errichtungskosten und der Folgekosten. Sie betreffen neben dem Eigentümer auch die Betreiber und Nutzer. Die Anfang 2011 erscheinende ÖNORM B 1801 „Bauprojekt- und Objektmanagement“ – Teil 3: Objekt-Folgekosten definiert die Folgekosten und legt eine Gliederung in Gruppen und Untergruppen fest. n Folgekosten sind die Summe (der Barwerte) aller Kosten, die sich – dem Objekt oder seinen Elementen direkt zuordenbar – aus dem Betrieb und der Nutzung während der Nutzungsphase eines Objektes ergeben und diesem oder des- sen Elementen direkt zugeordnet werden können zuzüglich der Objektbeseitigungs- und Abbruchskosten ergeben. Lebenszykluskostenprognosen Die Lebenszykluskosten ergeben sich als Summe der Grundkosten, der Errichtungskosten und der Folgekosten. Die Lebenszykluskosten werden als Gesamtkosten gerechnet und nicht auf den Eigentümer, den Betreiber und den Nutzer aufgeteilt. Daraus folgt, dass die Kosten für Finanzierung, Miete und Abschreibungen Teil der Erfolgsrechnung und der Bilanz jedes Beteiligten sind oder intern zwischen den Beteiligten verrechnet werden und daher nicht als Kostengruppe in der Gesamtkostenbetrachtung aufscheinen. Lebenszykluskosten sollten nie absolut, sondern stets im Zusammenhang mit den entsprechenden Erlösen (Mieterträge, Nutzungsentgelte) betrachtet werden. Sie sollen nicht bloß minimiert, sondern in Bezug auf die erwarteten Erlöse optimiert werden (Pelzeter, 2006). Ein wichtiges Ziel der Lebenszykluskostenprognose ist es, möglichst früh in der Planung einer Immobilie potenzielle Folgekostentreiber aufzuzeigen. Mit Hilfe der Berechnung von Planungsvarianten lässt sich die lebenszykluskostenoptimierte Planung ermitteln. Lebenszykluskostenprogramme Es gibt derzeit eine Reihe von Lebenszykluskosten-Prognoseprogrammen. Diese Programme unterscheiden sich in ihren Rechenannahmen, Modellbildungen und Ergebnisstrukturen. Die Ergebnisse sind daher nicht vergleichbar. Im Rahmen des vom FFG geförderten Forschungsprojekts (Floegl, 2008 – 2009) wurde ein einfaches praxisbezogenes Berechnungsmodell für Lebenszykluskosten entwickelt, das auf den Kostengruppen der ÖNORM B 1801 – 1 und der zukünftigen B 1801 – 3 beruht. Die Einhaltung dieser Standards stellt somit die Basis für eine zukünftige Vergleichbarkeit mit anderen normkonformen Lebenszykluskostenmodellen dar. Ein wichtiges Ziel der Lebenszykluskostenprognose ist es, möglichst früh in der Planung einer Immobilie potenzielle Folgekostentreiber aufzuzeigen Beispiel: Lebenszykluskosten für ein Verwaltungsgebäude Die Berechnung des dreigeschossigen Gebäudes mit unterschiedlich großen Geschossen, quadratischem Grundriss und Innenhof mit 5.500 m2 BGF und 4.454 m2 NGF ergibt Errichtungskosten von 6,20 Mio Euro und Lebenszykluskosten von 25,87 Mio Euro über angenommene 36 Jahre Nutzungsdauer. Davon sind die Reinigungskosten 4,16 Mio Euro, die Kosten für Heizung und Warmwasser 1,87 Mio Euro, die Stromkosten für die Gebäudetechnik 0,98 Mio Euro und die Stromkosten der Nutzer 1,72 Mio Euro. Es hat sich gezeigt, dass das entwickelte Prognosemodell eine Lebenszyklusprognose mit wenigen Parametern in einem sehr frühen Planungsstadium ermöglicht. Diskussionen, Vergleichsrechnungen und Vergleiche mit Ist-Werten haben ergeben, dass die gewählten Folgekostenansätze gute praxistaugliche Ergebnisse liefern. Ganz im Sinne ökonomischer Nachhaltigkeit sollen für alle neuen Gebäude Lebenszykluskosten prognostiziert werden, um dem Bauherrn die Sicherheit einer nachhaltigen Leistbarkeit der Immobilie zu geben. Literatur Floegl, H. (2008 – 2009): Berechnung von Lebenszykluskosten von Immobilien, Forschungsprojekt „Nachhaltig massiv“ des Fachverbands der Stein- und keramischen Industrie der Wirtschaftskammer Österreich. Pelzeter, A. (2006): Lebenszykluskosten von Immobilien, Hrsg: Schulte KarlWerner, Bone-Winkel Stephan, Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, Köln, ISBN 3-89984-156-5. ZLB 2010/17 Liegenschaftsbewertung 2 | 2010 25