Fusaclean G ohne Einfluss auf Cyclamen-Sämlinge

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PFLANZENSCHUTZ
Fusaclean G ohne Einfluss auf
Cyclamen-Sämlinge
Die FH Erfurt und das Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau
befassten sich mit dem Fusarium-Antagonisten Fusaclean G (FO 47).
Es ging um dessen Einfluss auf die Keimung der Samen sowie auf die
optische Qualität der Sämlinge und Jungpflanzen der Cyclamensorte
‘Leuchtfeuer Bob’ bei verschiedenen Temperaturen.
Erscheinungsbild der bei verschiedenen Temperaturen herangezogenen Cyclamen-Jungpflanzen nach
dem Topfen (Beispielpflanzen; Topftermin 28. Mai 2003, Aufnahmetermin 30. Juni 2003)
Aufnahme: Dercks
Samen von Alpenveilchen werden
üblicherweise bei circa 20 °C ausgesät und
nach acht bis zwölf Wochen pikiert (Evers,
1998). Obwohl Cyclamen tagneutral sind
und prinzipiell das ganze Jahr über gesät
und angezogen werden können (Gründler,
1987), erfolgen diese Produktionsschritte in
der gärtnerischen Praxis meist von Januar
bis April, weil sich die erforderlichen Temperaturen dann leichter einhalten und die
Pflanzen im nächsten Herbst und Winter
verkaufen lassen, was kommerzielle Vorteile bietet.
In Forschungsprojekten, deren Finanzierung in der Regel nur eine begrenzte Zeit
läuft, empfiehlt es sich häufig, Samen auch
zu anderen Jahreszeiten auszusäen, um
nicht zu viel Zeit zu verlieren. An anderer
Stelle wurde über Arbeiten zur Etablierung
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eines Testsystems für die standardisierte
Prüfung von Antagonistenpräparaten
gegen die Cyclamenwelke und die Prüfung
von Fusaclean G in diesem Testsystem
(Dercks et al., 2003) berichtet.
Die Samen für den bei Dercks et al.
(2003) beschriebenen Versuch wurden Ende
Mai 2002 ausgesät. Die Keimung und Entwicklung der Sämlinge vollzog sich also im
Spätfrühjahr und Frühsommer zu einer
Zeit, in der immer wieder eine hohe Sonneneinstrahlung auf die Gewächshauskabinen einwirkte. Obwohl die Regeltemperatur
auf 18 bis 20 °C eingestellt war, kam es im
Tagesverlauf häufig zu einem Temperaturanstieg bis in die Mitte des 20er-Gradbereichs in der für die Keimung verdunkelten
Kabine. Dabei wurde beobachtet, dass die
Keimung der Samen und die Entwicklung
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Fazit
Fusaclean G hatte bei der Cyclamensorte ‘Leuchtfeuer Bob’ keinen Einfluss
auf die Keimfähigkeit der Samen, den
Anteil pikierfähiger Sämlinge und die
optische Qualität der Jungpflanzen. Es
war lediglich anfangs ein keimungsverzögernder Effekt zu beobachten, den die
behandelten Samen aber schnell wieder
aufholten. Er dürfte keine Bedeutung für
die gärtnerische Praxis haben.
Die Temperatur von 22 °C erbrachte
bei der Cyclamensorte ‘Leuchtfeuer Bob’
die beste Keimfähigkeit der Samen, den
höchsten Anteil pikierfähiger Sämlinge
und die beste optische Qualität der Jungpflanzen. Sie war der Temperatur von 18
°C (praxisüblich) und der alternativ
getesteten von 26 °C weit überlegen.
Diese Ergebnisse weichen von den in der
Literatur beschriebenen Informationen
ab, sie mögen eventuell nur für die
Cyclamensorte ‘Leuchtfeuer Bob’ zutreffen.
Wenn sich ähnliche Verhältnisse
allerdings auch für andere Cyclamensorten bestätigen sollten, könnten die hier
beschriebenen Ergebnisse für Gärtner
(insbesondere Jungpflanzenproduzenten)
interessant sein – vorausgesetzt, die
höheren Temperaturen lassen sich aus
betrieblichen und ökonomischen Gründen (zum Beispiel Heizkosten) rechtfertigen.
In Bezug auf den bei Dercks et al.
(2003) beschriebenen Versuch lässt sich
also sagen, dass die verzögerte Keimung
der Cyclamensamen mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit auf die
hohen Temperaturen während der
Anzucht der Sämlinge zurückzuführen
war (Aussaat 22. Mai 2002, Pikieren 16.
August 2002).
WD
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der Sämlinge langsamer zu verlaufen schienen als im Winter.
Prinzipiell ist bekannt, dass die Keimung von Samen vieler Cyclamensorten im
Temperaturbereich von 25 bis 30 °C verzögert wird (Evers, 1998). Es liegen auch
Publikationen zur optimalen Keimtemperatur von Cyclamensamen vor (zum Beispiel
Dotterweich und Röber, 1988; Corbineau et
al., 1989). Jedoch sind keine für die Sorte
‘Leuchtfeuer Bob’ spezifischen Daten veröffentlicht. Diese Tatsache war der eine Grund
für die Durchführung des hier beschriebenen Versuchs.
Der zweite (vom wissenschaftlichen
Interesse her wichtigere) Grund bestand in
der eigenen, wiederholt gemachten Beobachtung einer Keimungsverzögerung nach
Einmischung des Antagonisten FO 47
(Präparat: Fusaclean G) in das Aussaatsub-
strat zwecks Vorbeugung gegen die Cyclamenwelke. Über diesen Effekt lagen auch
mündliche Mitteilungen aus der gärtnerischen Praxis vor, es gibt hierzu aber keine
veröffentlichten Daten.
Widersprüchliche Aussagen
In diesem Versuch wurde die Frage
untersucht, ob sich beide Beobachtungen
(Einfluss von FO 47 und Temperatur) bei der
Cyclamensorte ‘Leuchtfeuer Bob’ auf eine
kausal abzusichernde Ursache zurückführen
lassen. Daneben wurde ermittelt, ob bei den
pikierten Sämlingen irgendwelche Veränderungen im optischen Erscheinungsbild der
Pflanzen während der Weiterkultur auftreten – auch hierzu gibt es widersprüchliche
mündliche Aussagen aus der Praxis. Der
Versuch wurde im Rahmen des Projekts
100
80
18°C
60
22°C
40
26°C
20
0
1
2
3
4
5
6
7
8
„Technologietransfer Biologische Krankheitsbekämpfung“ durchgeführt (Koch et al.,
1999; zitiert in Dercks et al., 2003).
Im Versuch sollte erstens der Einfluss
von Fusaclean G auf die Keimung der Samen
getestet werden. Zu diesem Zweck wurden
eine unbehandelte (Standardsubstrat) und
eine mit Fusaclean G behandelte Variante
(Standardsubstrat plus Fusaclean G) geprüft.
Da zweitens untersucht werden sollte, welchen Einfluss die Temperatur auf die Keimung der Samen der Cyclamensorte ‘Leuchtfeuer Bob’ hat, wurden beide Varianten bei
18 °C (Vergleichstemperatur, Standardbedingungen) sowie 22 °C und 26 °C geprüft, um
die Bedingungen während der Aussaat- und
Anzuchtphase des bei Dercks et al. (2003)
beschriebenen Versuchs zu simulieren. Drittens sollte ermittelt werden, ob Veränderungen im optischen Erscheinungsbild der
pikierten Jungpflanzen auftreten.
Ergebnisse
◆ Einfluss von Fusaclean G und Temperatur auf die Keimung
Acht Wochen nach der Aussaat wurden
Werte für die Keimfähigkeit ermittelt
(Tabelle 1). Fusaclean G hatte nach acht
Wochen bei keiner der getesteten Temperaturen einen Einfluss auf die Keimfähigkeit.
Die beste Keimfähigkeit wurde bei 22 °C
erzielt. Sie unterschied sich hoch signifikant von denjenigen, die bei 18 und 26 °C
ermittelt wurden. Die Keimfähigkeit bei 18
und 26 °C lag in derselben Größenordnung.
Werte von 50 bis 60 Prozent sind in der
Praxis normal, sie schwanken dort zwischen 38 und 84 Prozent (Blecken, 1988).
Rückstand wieder aufgeholt
100
80
60
18°C
40
22°C
26°C
20
0
1
2
3
4
5
6
7
8
Abbildung 1 a/b: Verlauf der Keimung von Samen der Cyclamensorte ‘Leuchtfeuer Bob’ in Abwesenheit
(oben) beziehungsweise in Gegenwart (unten) von Fusaclean G (FO 47) bei verschiedenen
Temperaturen (n = 200)
Abbildungen: Dercks
Sieht man sich die Kurven für den Keimungsverlauf an (Abbildung 1 a und b),
ändert sich das Bild nicht grundlegend. Es
ist aber zu erkennen, dass die mit Fusaclean
G behandelten Prüfglieder in der zweiten
und dritten Woche nach Aussaat einen kleinen Rückstand gegenüber den unbehandelten aufwiesen. Dieser Rückstand war aber
statistisch nicht signifikant und nach fünf
Wochen aufgeholt. Der visuell wahrnehmbare Effekt mag aber unter gewissen
Umständen deutlicher ausfallen und für die
in der Einleitung dargelegten Beobachtungen verantwortlich sein.
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Von der achten bis zur zwölften Woche
nach Aussaat liefen nur noch vereinzelt
Sämlinge auf. Die Keimrate wurde in diesem
Zeitraum maximal um ein Prozent gegenüber
derjenigen nach acht Wochen verändert.
◆
Einfluss von Fusaclean G und Temperatur auf die optische Qualität der
Sämlinge und Jungpflanzen
Die Temperatur von 22 °C lieferte die beste
Qualität an Sämlingen: fast alle waren zum
Pikieren geeignet. Bei den anderen Temperaturstufen kam es zu beträchtlich höheren
Ausfällen (Tabelle 2). Die bei 22 °C angezogenen Jungpflanzen zeigten zum Zeitpunkt
Behandlung mit
Fusaclean G
nein
nein
nein
ja
ja
ja
Temperatur
(°C)
18
22
26
18
22
26
Literatur:
Blecken, H. (1988):
Cyclamen. Schriftenreihe der Lehr- und
Versuchsanstalt für
Gartenbau, HannoverAhlem.
Corbineau, F., Neveur,
N. und Come, D.
(1989): Seed germination and seedling
development in Cyclamen persicum. Annals
of Botany 63:
87-96.
Keimfähigkeit
(%)
48
61
47
48
60
51
Tabelle 1: Keimfähigkeit von Samen der Cyclamensorte ‘Leuchtfeuer Bob’
(acht Wochen nach der Aussaat ermittelt) in Ab- und Anwesenheit von
Fusaclean G (FO 47) bei verschiedenen Temperaturen (n = 200)
Behandlung mit
Fusaclean G
nein
nein
nein
ja
ja
ja
Temperatur
(°C)
18
22
26
18
22
26
Pikierfähige
Sämlinge (%)
33
59
36
27
57
37
Zum Versuch
Versuchspflanzen:
Prüfglieder:
Aussaat:
Pikieren:
Versuchsende:
Klimaführung:
Versuchsanlage:
Tabelle 2: Anteil pikierfähiger Sämlinge der Cyclamensorte ‘Leuchtfeuer
Bob’ (zwölf Wochen nach der Aussaat ermittelt) in Ab- und Anwesenheit von
Fusaclean G (FO 47) bei verschiedenen Temperaturen (n = 200)
des Topfens den kompaktesten Habitus
(siehe Foto). Fusaclean G hatte bei keiner
der getesteten Temperaturen einen Einfluss
auf das Erscheinungsbild (Wuchshöhe,
Durchmesser, Blattanzahl) von Sämlingen
oder Jungpflanzen in der Weiterkultur bis
zum Zeitpunkt des Topfens (Daten nicht
gezeigt), als der Versuch beendet wurde.
Prof. Dr. Wilhelm Dercks,
Anna Keuck, Marie-Luise Kreller,
FH Erfurt;
Dr. Frank Hennig, IGZ Erfurt
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Bonituren:
Dercks, W., Keuck, A.,
Kreller, M.-L., Seyler, C.
und Hennig, F. (2003):
Fusaclean G als Mittel
gegen die Cyclamenwelke geprüft. Gb –
Das Magazin für Zierpflanzenbau 103 (24):
29-33.
Dotterweich, B. und Röber, R. (1988): The influence of temperature upon germination of some
Primulaceae. Acta Horticulturae 226: 247-253.
Evers, G. (1998): Die Kultur der Cyclamen
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Cyclamen persicum Mill. (Alpenveilchen),
Sorte ‘Leuchtfeuer Bob’,
Saatgut von Dresdener Zierpflanzen
Steinle (Weixdorf)
1 = Standardsubstrat, 18 °C
2 = Standardsubstrat, 22 °C
3 = Standardsubstrat, 26 °C
4 = Standardsubstrat plus
Fusaclean G*, 18 °C
5 = Standardsubstrat plus
Fusaclean G*, 22 °C
6 = Standardsubstrat plus
Fusaclean G*, 26 °C
(* 200 g/m2 = vom Hersteller empfohlene Aufwandmenge, das Präparat wurde den Substraten jeweils
eine Woche vor der Verwendung
zugesetzt)
21. Januar 2003
11. April 2003
28. Mai 2003
(= potenzieller Topftermin)
nach Aussaat: Luftfeuchte über
90 Prozent, Dunkelheit
pikierte Pflanzen: Luftfeuchte über
90 Prozent, Licht circa 10.000 bis
15.000 Lux
Die Keimung der Samen erfolgte in
Klimaschränken (Firma Ehret,
Typ KBK / LS 4330), die pikierten
Sämlinge standen in Gewächshauskabinen.
Block 4 x 50 (vier Wiederholungen
je Prüfglied, 50 Samen je Wiederholung = 200 Samen je Prüfglied).
Jede Wiederholung bestand aus
einer Aussaatschale (Kunststoff)
von 17 x 13 cm Grundfläche und
5 cm Höhe.
Wöchentlich wurden die Anzahl
aufgelaufener Sämlinge beziehungsweise
pikierfähiger Pflanzen und die optische
Qualität der Pflanzen im Hinblick auf
wachtumsfördernde oder -hemmende
Effekte bei Wuchshöhe, Durchmesser
und Blattanzahl erfasst
persicum – Das Alpenveilchen. Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe, Münster.
Gründler, I.-G. (1987): Das Alpenveilchen. VEB
Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin, DDR.
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