Datenmanagement nach den Anforderungen der EUUmgebungslärmrichtlinie bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) Projektübersicht Projektname: Datenmanagement nach den Anforderungen der EU-Umgebungslärmrichtlinie bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) Fachgebiet: Emission/Lärm Auftraggeber: Österreichische Bundesbahn Infrastruktur AG (ÖBB) Eingesetzte Technologien: Cadenza, Oracle Spatial/Locator, Oracle PL/SQL, FME (Server, API), Java Zusammenfassung Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben sich bei der Umsetzung ihres Datenmanagements nach den Anforderungen der EU-Umgebungslärmrichtlinie für die Disy Informationssysteme GmbH als Dienstleister und Software-Lieferant entschieden. Disy ist es gelungen in gut einem Jahr die historisch gewachsenen, sehr heterogenen Datengrundlagen der ÖBB zu analysieren und vollständig in ein standardisiertes Datenmodell zur Strategischen Lärmkartierung zu überführen. Durch die für die ÖBB entwickelte teilautomatisierte Integration, Qualitätsprüfung und Korrektur der Daten wurde sichergestellt, dass ihre nachhaltige Nutzung auch für andere Fragestellungen künftig möglich und vereinfacht wird. Die ÖBB verfügen nun unter anderem über eine flächendeckende, umfassende und homogene digitale, objektbasierte Dokumentation ihrer Haupt- und Nebenfahrgleise, einschließlich aller Sachinformationen, die für die Lärmberechnung benötigt werden. Hintergrund Die EU-Umgebungslärmrichtlinie (2002/49/EG) schreibt unter anderem eine strategische Lärmkartierung für alle Haupteisenbahnstrecken mit einem Verkehrsaufkommen von über 60.000 Zügen pro Jahr vor. Nach 2007 hat in Österreich der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zum zweiten Mal eine strategische Umgebungslärmkarte spätestens bis zum 31.05.2012 vorzulegen und dieses danach alle fünf Jahre zu wiederholen. Die Lärmkartierung ist die Grundlage für ebenfalls in der Richtlinie vorgeschriebene Lärmaktionspläne, die den Schutz der Bevölkerung vor Lärmbelastung dort sicherstellen sollen, wo gemäß Lärmkartierung vorgegebene Grenzwerte überschritten werden. Die strategische Lärmkartierung wird durch rechnerische Methoden zur Bestimmung von Langzeitschallindizes vorgenommen, die für vorgegebene Tag- und Nachtzeiträume Jahresmittelwerte der Lärmbelastung angeben. Dies setzt eine einheitliche Datengrundlage für alle betroffenen Eisenbahnstrecken voraus, in denen unter anderem Daten zum Gleisnetz, Gebäuden in einem mehrere Kilometer breiten Korridor rechts und links der Schienenstränge sowie Daten von vorhandenen Lärmschutzeinrichtungen mit externen Daten wie Bevölkerungs- und Siedlungsdaten kombiniert werden. © Disy Informationssysteme GmbH Seite 1 von 3 Ziel Ziel des Projektes war der Aufbau einer solchen einheitlichen Datengrundlage für die strategische Lärmkartierung auf Basis zahlreicher bei den ÖBB vorhandener, aber historisch gewachsener und dadurch sehr heterogener Datenbestände. Dazu mussten Sach- und Geodaten aus zahlreichen Quellen integriert in einem für die Belange der ÖBB entwickelten Datenmodell zusammengeführt werden. Im Fokus stand dabei, eine leicht fortschreibbare, umfangreiche und unabhängig von der Frage der Lärmkartierung universal nutzbare Datenbasis zum Gleisnetz der ÖBB aufzubauen. Auf dieser Basis können dann nicht nur die in der EU-Richtlinie vorgesehenen weiteren Lärmkartierungen im Fünf-Jahres-Rhythmus leicht vorgenommen werden, sondern zahlreiche Fragestellungen rund um Gleisnetzplanung und Gleisnetzanalyse behandelt werden. Das erleichtert zukünftig auch beispielsweise Bürgerbeteiligungen und beschleunigt entsprechende Planungsverfahren. Darüber hinaus können neue Daten zukünftig direkt bei Bereitstellung geprüft und in die Datenhaltung übernommen werden, so dass eine einfache Pflege des Gesamtdatenbestands möglich wird. Umsetzung und Technik Die Datengrundlage bei den ÖBB bildeten Shapefiles, Orthofotos, digitale Geländemodelle und mehrere Tausend CAD-Plandaten im .dwg-Format. Vor allem letztere dokumentieren das rund 6.000 Kilometer lange Gleisnetz sowie die vorhandenen Lärmschutzeinrichtungen. Als reine CAD-Dateien repräsentieren diese Daten jedoch vornehmlich eine präzise zeichnerische Darstellung von Lärmschutzwänden oder Gleissträngen. Sie funktionieren lediglich als optischer Plan und weisen keine homogene Layer-Struktur auf. Ebenso fehlten zumeist eindeutig definierte räumliche Objekte mit einer für beliebige Auswertungen notwendigen Semantik. Eine der wichtigsten Aufgaben war es daher, aus den in den Datengrundlagen vorhandenen PlanGeometrien operationalisierbare GIS-Objekte zu erzeugen (Objektbildung), die spätere Auswertungen und Berechnungen gestatten. Dies verlangte eine sehr gründliche Analyse der vorhandenen heterogenen Layer-Strukturen. Disy hat dazu einen komplexen Prozess realisiert, der eine weitgehend automatisierte Migration der Plandaten in das vorgegebene Datenmodell für die Lärmkartierung erlaubt. Dieser Prozess stützt sich hauptsächlich auf drei Softwarekomponenten, die mittels Java flexibel verbunden und gesteuert werden. Aus Nutzersicht stellt sich der Prozess als einfache webbasierte Anwendung dar, der mittels parametrisierter URLs gesteuert wird. Unterhalb dieser Oberfläche werden Funktionalitäten von Oracle Spatial, die Feature Manipulation Engine (FME) der kanadischen Safe Software sowie Disys eigene Lösung GISterm genutzt. GISterm ist ein vollständig integrierter Bestandteil von Cadenza, der für die Optimierung dieses Prozesses um weitere von Disy entwickelte Java-Bibliotheken ergänzt wurde. Erst durch die Kombination dieser drei Komponenten standen alle notwendigen Objektbildungsalgorithmen zur Verfügung. Dieser Prozess wurde dabei so konfiguriert, dass für jede einzelne Geometrieoperation das jeweils optimale Werkzeug genutzt wird. Alle Komponenten sind mittels ihrer jeweiligen APIs dafür umfassend und gleichberechtigt eingebunden. Unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Stärken wurden so aus den einzelnen Werkzeugen der beteiligten Lösungen komplexe und integrierte Workflows zur Datenmigration zusammengesetzt, mit denen sämtliche geometrische Operationen vollzogen werden konnten. Dies wäre mit keinem der genannten Produkte allein zu realisieren gewesen. Auch eine Verarbeitung der Ausgangsdaten in einem „nacheinander“ der genutzten Softwarelösungen hätte kein optimales Ergebnis in einem automatisierten Prozess geliefert. Von Disy eigens entwickelte Filter halfen zusätzlich dabei, nicht notwendige Geometrien wie etwa Schraffuren zu erkennen und diese in einem ebenfalls automatischen Verfahren auszusortieren. Dort, wo zu den gleichen Gleisabschnitten verschiedene Datensätze vorlagen, wurden in enger Abstimmung mit dem Kunden Kriterien entwickelt, um immer den höchstwertigsten Datenbestand herauszufiltern und erst dann im fortlaufenden Prozess weitere Informationen aus nachrangigen Datenbeständen hinzuzufügen. Sämtliche Zwischenschritte und Ergebnisse wurden parallel zum eigentlichen Prozess automatisch dokumentiert und diese Protokolle als Metadaten in der Datenbank hinterlegt. © Disy Informationssysteme GmbH Seite 2 von 3 Dadurch lässt sich auch im integrierten, homogenen Datenbestand jederzeit nachvollziehen, woher die Daten ursprünglich stammen und welche Datenextraktionen durchgeführt wurden. Neben dem Weglassen überflüssiger Geometrien, erfolgte eine zusätzliche Ausdünnung der Daten durch eine optimale Auswahl von Stützpunkten innerhalb der verbliebenen Geometrien. Dieser ebenfalls automatisierte Prozess sorgte unterm Strich für eine um rund 90 Prozent reduzierte Datenmenge. Zugleich gelang Disy insgesamt die parallele Bearbeitung jeweils unabhängig voneinander bestehender Teilmengen des Gesamtdatenbestands. Diese Parallelisierung in Kombination mit Filterung und Ausdünnung der Geometrien zeigte erhebliche Performancegewinne in der Datenbearbeitung, so dass noch weitaus größere Datenbestände als bei den ÖBB mit den beschriebenen Verfahren bearbeitet werden können. Es gelang Disy gemeinsam mit dem Kunden, ein vollständiges und homogenes Netz von Hauptfahrgleisen für die ÖBB zu modellieren, das sämtliche für die Lärmrechnung relevanten Informationen enthält. Die Hauptfahrgleise wurden dabei in Abschnitte unterteilt, die unter anderem in Brücken, Tunneln, engen Kurven und Eisenbahnkreuzungen differenziert werden. Auch Zugzahlen und Höchstfahrgeschwindigkeiten sind den Abschnitten zuzuordnen. Gemeinsam mit den im Zuge des Projekts ebenfalls aufbereiteten Daten zu allen Nebengleisen ist zugleich die Basis geschaffen worden, um ein objektbasiertes zusammenhängendes KnotenKantenmodell des Gleisnetzes zu erzeugen, das für verschiedene planerische Anwendungsfälle sowie Auswertungsszenarien Verwendung findet. Zusätzlich wurde auch ein Mechanismus umgesetzt und integriert, der es gestattet, Brücken und Tunnel mit Hilfe von Luftbildern präziser zu positionieren, als dies bislang allein aufgrund der Kilometrierungsangaben in den GeometrieDaten möglich war. Entscheidend für die strategische Lärmkartierung war darüber hinaus die Integration eines externen, flächendeckenden digitalen Geländemodells, mit dessen Hilfe auch Ausreißer und logische Fehler in den CAD-Daten vorgefundenen Höhenwerte automatisch korrigiert werden. Zeigte sich als Ergebnis der Datenübernahme, dass an einzelnen Orten die vorhandenen Informationen für eine Bewertung der Lärmbelastung nicht ausreichen, konnten notwendige Datenerfassungen vor Ort gezielt und mit klaren und nachhaltigen Qualitätskriterien zur Datenund Layerstruktur in Auftrag gegeben werden. Zudem ist der gesamte Prozess so aufgebaut, dass mit geringem Erweiterungsaufwand inkrementelle Updates möglich sind, um den jetzt aufgebauten Datenbestand auch weiterhin pflegen und aktuell halten zu können. Das Projekt macht in mehrfacher Hinsicht das vertiefte Know-how von Disy im Datenmanagement deutlich. Das Unternehmen entwickelt und implementiert spezifische Datenmodelle – in diesem Fall für den Zweck der Lärmkartierung – liefert mit Cadenza ein ebenfalls selbst entwickeltes und inzwischen vielfach bewährtes Reportingwerkzeug für integrierte Analysen von Sach- und Geodaten und ist Experte im Umgang mit Instrumenten wie FME und Oracle Spatial, über die sich heterogene Geometriedateien in Massen automatisiert extrahieren lassen, um die darin vorhandenen Daten in neuen Zusammenhängen nutzbar zu machen. Die Geometriedaten des Gleisnetzes der ÖBB liegen als Ergebnis des beim Kunden implementierten, vollständig dokumentierten webbasierten Prozesses offen und mit homogener Struktur vor. Damit sind sie unabhängig von den jeweiligen Fachanwendungen organisationsweit für vielfältige Zwecke nachhaltig als Basisdaten verwendbar. © Disy Informationssysteme GmbH Seite 3 von 3