Schulfernsehen Schulfernsehen Muslime in Deutschland - Das Kopftuch Ein Film von Gudrun Friedrich Beitrag: Volker Eklkofer, Simon Demmelhuber & Sieglinde Zeiler-Haas Inhalt Muslimische Frauen in Deutschland In Deutschland leben etwa vier Millionen Muslime, 47 Prozent von ihnen sind Frauen. Alle islamischen Strömungen - Sunniten, Schiiten, Aleviten, Sufis etc. - sind in der Bundesrepublik vertreten. Bei Männern wie Frauen finden wir verschiedene Lebensformen und Religionsauslegungen. Der Grad der Frömmigkeit ist unterschiedlich. Nach Schätzungen wird das Kopftuch von einem Drittel aller Musliminnen in Deutschland getragen. Die einen kombinieren das islamische Kleidungsstück mit westlicher Mode, andere tragen dazu dunkle Mäntel oder knöchellange Keuschheitsroben. Manche verstehen das Kopftuch als Symbol religiösen Lebens nach strengen moralischen Werten. Andere wollen damit nur ausdrücken, dass sie an Gott glauben. Daneben gibt es eine Minderheit, die mit dem Kopftuch ihre islamistische Grundhaltung zeigt und ein deutliches Signal gibt: Abschottung. Ein Kopftuch kann für eine religiöse Überzeugung stehen, es kann aber auch ein Zeichen sein für Unfreiheit und patriarchalische Zwänge. Fest © Bayerischer Rundfunk steht jedenfalls: Kopftuchträgerinnen sorgen für Irritationen in unserer säkularen Gesellschaft. Die Frauen zu akzeptieren und das politische Symbol zu verurteilen, ist stets eine Gratwanderung. Plädoyer für das Kopftuch Das Kopftuch soll nach Ansicht der 16-jährigen Seynep, die sich mit 14 Jahren bewusst für den Islam entschieden hat, muslimische Mädchen und Frauen vor zudringlichen Blicken schützen. Sie sollen vor der Ehe keusch sein und in der Ehe treu. Im Film zitiert Seynep aus dem Koran: "Oh Prophet, sag deinen gläubigen Frauen und den Kindern, dass sie sich verhüllen sollen….”. Für Seynep ist die Hingabe an Gott besonders wichtig. Das Leben als Muslimin sieht sie als Vorteil für ihr nächstes Leben. Durch das Tragen des Kopftuchs fühlt sie sich als Persönlichkeit. Für das Kopftuch hat sich auch die Studentin Sümmeye entschieden. Es hat sie nach eigenem Bekunden vor "schlimmen Augen” bewahrt. Es bereitet Sümmeye ein schönes Gefühl, nicht wegen irgendwelcher Äußerlichkeiten bewertet zu werden, sondern dass ihr Inneres, ihre Gedanken, interessant sind. 1 Schulfernsehen Schulfernsehen Bewusster Verzicht auf das Kopftuch Im krassen Gegensatz dazu tritt in der Sendung eine junge Türkin auf, die kein Kopftuch tragen will, sich gerne ausdrucksvoll schminkt und modisch kleidet. Das Mädchen wächst durchaus behütet auf, doch in ihrer Familie ist man anderen Kulturen gegenüber aufgeschlossen. Noch drei weitere junge Frauen erweitern das Meinungsbild. Die eine fühlt sich auch ohne Kopftuch als Muslimin, die andere wünscht, "dass jeder machen soll, wie er glücklich wird”, die dritte bringt einen neuen Aspekt in die Debatte ein: Sie will erst dann ein Kopftuch tragen, wenn sie selbst Kinder bekommt, damit die Werte ihrer Religion dem Nachwuchs nicht verloren gehen. Raum zu zeigen. Sonst würde die Familie sie gar nicht aus dem Haus lassen. Andere Musliminnen entscheiden sich bewusst dafür, ihr Haupt und ihre Reize zu bedecken und sehen darin die Erfüllung ihrer religiösen Pflichten. In Deutschland hat besonders der Fall der Kopftuch tragenden Lehrerin Fereshta Ludin, der 1998 in Baden-Württemberg die Aufnahme in den Schuldienst verweigert worden war, für Aufsehen und Irritationen gesorgt. Doch nicht nur das Medieninteresse am "Kopftuchstreit” lenkt den Blick in jüngster Zeit auf die Verhüllung, viele muslimische Mädchen sind heute selbst daran interessiert, per Kopftuch ihre religiöse Identität zu betonen - sie inszenieren, wie im Film zu erleben, ihre Religiosität geradezu. Ihre Eltern sind oft überhaupt nicht religiös und raten den Kindern sogar davon ab, ein Kopftuch zu tragen, um keine Nachteile zu haben. Fakten Das Kopftuch: Emanzipation auf islamische Art oder Unterdrückung der Frau? Religiöse Muslime lesen aus der 33. Sure des Korans das Kopftuchgebot für die Frau heraus: "Prophet! Sag deinen Gattinnen und Töchtern und den Frauen der Gläubigen, sie sollen (wenn sie austreten) sich etwas von ihrem Gewand (über den Kopf) herunterziehen. So ist es am ehesten gewährleistet, dass sie (als ehrbare Frauen) erkannt und daraufhin nicht belästigt werden. Allah aber ist barmherzig und bereit zu vergeben.“ Hinzu kommt die Sure 24, in der es heißt, dass Frauen ihren Schmuck nicht öffentlich zeigen sollen. Zählt man nun die Haare zum Schmuck der Frau, müssten sie in der Öffentlichkeit bedeckt bleiben. Da bleibt viel Raum für Interpretationen und man ist sich in der islamischen Welt uneins darüber, ob und in welcher Form der Koran von den Frauen nun verlangt, sich in der Öffentlichkeit zu verhüllen. So verwundert es nicht, dass das Kopftuch nicht nur in westlichen Ländern die Gemüter bewegt, sondern auch in manchen Staaten der islamischen Welt. Viele Mädchen werden von ihren Vätern und Brüdern gezwungen, das Kopftuch anzulegen. Nach außen ist das Stück Stoff der befohlene Schutz vor fremden Blicken. Nach innen gewendet, bietet es den jungen Frauen erst die Möglichkeit, sich überhaupt im öffentlichen © Bayerischer Rundfunk Allerdings empfindet sich ein Teil der vier Millionen in Deutschland lebenden Muslime seit langem missverstanden und verletzt. Sie sprechen häufig von "Demütigung” und fühlen sich nach dem 11. September 2001 unter Rechtfertigungsdruck. Eine wachsende Zahl von ihnen integriert sich nicht mehr in die Gemeinschaft, sondern definiert sich über ihre - zuweilen extremistisch ausgelegte - Religion. Schulen machen seit einigen Jahren die Erfahrung, dass sich Jugendliche aus muslimischen Familien von der westlichen Gesellschaft mehr und mehr abwenden. Für diese Jungen und Mädchen ist Islam jung, schick, cool. Die Religion ist zu einer Art Modebewegung geworden - zum Protest gegen die westliche Gesellschaft. Die Soziologin Nilüfer Göle nennt die neue Lust an der Verschleierung und das Tragen eines Kopftuches eine "freiwillige Übernahme stigmatisierender Symbole” und meint: "Diese Muslime verfolgen als in modernen Gesellschaften ‘Unerwünschte’ nicht eine Strategie der Assi2 Schulfernsehen Schulfernsehen milation, sondern verschärfen ihr beunruhigendes Anderssein noch”. Die Bandbreite zwischen brutaler Unterdrückung der Frau, Zwangsverhüllung, neuem weiblichen Selbstverständnis und Streben nach Individualisierung ist groß. So kommt es vor, dass Islamisten kontrollieren, ob ihre Glaubensgenossinnen vorgegebene Verhaltensnormen wie das Tragen von Kopftüchern oder gar eine Ganzköperverschleierung einhalten. Für andere, modernere Muslime, ist es dagegen kein Widerspruch, wenn gläubige Frauen sich schminken und modische Kleidung sowie auffällige Kopftücher tragen. Gut ausgebildete junge Frauen entscheiden sich oft freiwillig für das Kopftuch und sehen es als eine Art Kompromiss. "Sie bleiben im Islam verwurzelt”, so die Autorin Heide Oestreich, "und transportieren ihn auf dem Kopf in die Moderne”. Kein Außenstehender vermag mit Sicherheit zu deuten, warum eine muslimische Frau sich heute bedeckt. Ein Kopftuch passt, wie der Film zeigt, in keine Schublade. Grundrechten in der Bundesrepublik gehört. Das beinhaltet auch das Tragen entsprechender Symbole. Unterstützung erhalten sie von der Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi, die betont: "Wer das Tuch aus rein persönlichen Gründen trägt, also nicht missionieren will, sollte das dürfen”. Tatsächlich ist man sich in der islamischen Welt uneins darüber, ob und in welcher Form der Koran von den Frauen verlangt, sich in der Öffentlichkeit zu verhüllen. Im Falle einer Verkäuferin bestätigte das Bundesarbeitsgericht, dass es am Arbeitsplatz keine Einschränkungen für Kopftuchträgerinnen geben darf. Im Falle der deutschen Staatsbürgerin afghanischer Herkunft, Fereshta Ludin, der 1998 in Baden-Württemberg die Aufnahme in den Schuldienst verweigert worden war, musste das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden, ob das Tuch gegen das beamtenrechtliche Gebot zur ideologischen Mäßigung verstößt. Im Herbst 2003 kamen die Richter zu dem Schluss, dass die Kleidung einer Lehrerin Schulkinder durchaus beeinflussen und Konflikte mit Eltern auslösen könnte. Die Frage, ob muslimische Lehrerinnen mit Kopftuch unterrichten dürfen, gaben die Verfassungsrichter an die Länderparlamente zurück, deren Aufgabe es sei, gesetzliche Regelungen zu finden. Baden-Württemberg reagierte mit einem Kopftuchverbot (christlichen Lehrern blieb das Tragen ihrer Tracht gestattet). Ludin klagte vor dem Bundesverwaltungsgericht. Das wies die Klage im Juni 2004 zurück. In engem Zusammenhang mit der Kopftuchdebatte steht aber weiterhin die Frage nach der Integrationsfähigkeit unserer Gesellschaft. Zu diskutieren ist: Der "Kopftuchstreit" Die Feministin Alice Schwarzer bezeichnet das Kopftuch als "Symbol der Separierung” und als "Flagge der islamistischen Kreuzzügler”. Sie fordert, hierzulande endlich mit der "gönnerhaften Pseudotoleranz” aufzuhören. Menschenrechtler bestätigen diese Auffassung und beurteilen das Kopftuch - gerade im Hinblick auf islamische Gesellschaften wie in Saudi-Arabien oder im Iran als Symbol weiblicher Unterdrückung. Viele Musliminnen und auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland betonen dagegen die "Freiwilligkeit” des Kopftuches. Sie verweisen darauf, dass das Recht auf freie Religionsausübung zu den © Bayerischer Rundfunk • Diskriminieren wir die Muslime, wenn wir das Kopftuch in Schulen verbieten, die Ordenstracht aber erlauben? • Dürfen religiöse Symbole prinzipiell erlaubt oder verboten werden? • Wie weit gefährden religiöse Trachten - demonstrativ in Schulen getragen - das vom Grundgesetz verlangte Gleichgewicht zwischen verschiedenen Grundrechten und die Gleichbehandlung aller Religionen? • Markiert das Kopftuch eine kulturelle Kluft? • Sollten wir im Sinne interkultureller Toleranz das Kopftuch neu bewerten? 3 Schulfernsehen • Das Christentum ist im öffentlichen Leben bei uns weitgehend in den Hintergrund getreten. Muslime dagegen präsentieren gewisse Glaubensregeln mit einem befremdlich scheinenden öffentlichen Anspruch. Fehlt uns seit dem 11. September 2001 die Gelassenheit zum souveränen Umgang mit "Fremdheit”? Migrantinnen in Deutschland - mit und ohne Kopftuch Moderne muslimische Frauen verzichten auf das Kopftuch. Sie betrachten sich zwar als gläubig, möchten das aber nicht nach außen zeigen. Was zahlreiche Musliminnen mit und ohne Kopftuch eint, ist der Wunsch, ihren Glauben auszuleben und gleichzeitig am gesellschaftlichen Leben in Deutschland teilzuhaben. Nicht wenige türkische Migrantinnen der zweiten, dritten und vierten Generation sehen im Gegensatz zu den Eltern ihre Zukunft in Deutschland und entwickeln zunehmend ein kulturübergreifendes Selbstverständnis. Sie proben vermehrt den Spagat zwischen den Welten. Über die Religion halten sie den Kontakt zur Elterngeneration, bestehen aber gleichzeitig auf individuellen Lebensentwürfen. Ein fundiertes Wissen über den Islam eröffnet ihnen Spielräume in der Familie und der muslimischen Gemeinde. Sie haben deutsche Schulen besucht, sprechen perfekt Deutsch und kennen die Spielregeln der deutschen Mehrheitsgesellschaft. Dass Eltern und Großeltern im Umgang mit Ämtern und Behörden oft auf ihre Hilfe angewiesen sind, gibt ihnen Selbstvertrauen. Weil sie tun, was sie wollen, halten sie sich für emanzipiert – wenngleich einige von ihnen das Kopftuch tragen. Dass deutsche Feministinnen im Kopftuch ein Instrument der Unterdrückung sehen und Verbote fordern, können diese Frauen nicht nachvollziehen. Es gibt aber auch eine dunkle Seite. Muslimischen Mädchen aus bildungsfernen Schichten wird in einigen Moscheen und in den Familienclans oft ein Gottesbild vermittelt, das die Männer bevorzugt und die Frauen benachteiligt. In vielen Migrantenfamilien wird ein enormer sozialer Druck auf die Frauen ausgeübt. Ehen werden arrangiert, Frauen und Mädchen von Vätern, Brüdern oder Onkeln gezwungen, ein Kopftuch zu tragen. Man schlägt sie, verbietet ihnen, allein das Haus zu verlassen. Wie viele muslimische Frauen und Mädchen unter dem Deckmantel eines religiös begründeten Patriarchats gefangen gehalten werden, weiß niemand. © Bayerischer Rundfunk Schulfernsehen Die Bewertung des Kopftuchs in der islamischen Welt Im Islam gibt es keine Dogmen und Sakramente, keine weisungsgebundene Priesterschaft wie im Katholizismus und keine kirchengebundene Gemeinde. Einzige gemeinsame Basis des Glaubens sind die fünf Pfeiler des Islams: Glaubenszeugnis, Gebet, Fasten im Ramadan, Sozialabgaben und die Pilgerfahrt nach Mekka. Auf dem Gebiet des religiösen Lebens kennt der Koran drei Ebenen: Glauben, Brauchtum und Verfahren. Das Kopftuchgebot gehört, so Islam-Gelehrte, zum Brauchtum. Es wurde zwar auf Gottes Anordnung eingeführt, ist aber keine ewige Wahrheit. Einig ist man sich weitgehend, dass das Tragen des Kopftuches geboten ist, doch ein Teil der Gelehrten meint, eine Frau müsse es freiwillig tun, andere plädieren dafür, sie zu zwingen. So ist es auch zu erklären, dass ein einzelner Großimam wie der Ägypter Mohammed Tantawi die Entscheidung der französischen Regierung im Jahre 2003, das Kopftuch an den Schulen zu verbieten, in einem Dekret für rechtmäßig erklärte. Eine solche Fatwa findet in der islamischen Welt zwar viel Beachtung, für den einzelnen Moslem hat sie jedoch keine Bindewirkung. Er muss sie nicht akzeptieren. Erst wenn sich alle muslimischen Gelehrten auf eine Position einigen würden, käme es zu einer Idschma, einer alle Muslime bindenden Tradition. Als problematisch in der Kopftuchfrage gilt, dass viele Muslime kein Arabisch verstehen und daher auf Interpretationen des Korans angewiesen sind, also keinen Zugang zur eigentlichen religiösen Lehre haben. Das liefert muslimische Frauen nicht selten der persönlichen Rechtsauslegung ihrer Ehemänner oder männlicher Verwandter aus. Der Schleier (arab. Hijâb) Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung Der Schleier wird traditionell von Frauen und Mädchen nach der Geschlechtsreife außerhalb des Hauses und in Anwesenheit von fremden Männern getragen. Der Koran enthält keine Hinweise auf ein Verschleierungsgebot, doch sollen die Frauen ihre Reize nicht offen zur Schau stellen (Sure 24, Vers 31) und sich in ihren Überwurf hüllen (Sure 33, Vers 59), damit sie nicht belästigt werden. Die Verschleierung wurde vermutlich seit dem 9. Jh. allgemein üblich und erreichte ih4 Schulfernsehen Schulfernsehen ren Höhepunkt im 16. Jh. Diese Entwicklung war mit einem zunehmenden Ausschluss der Frauen aus der Öffentlichkeit verbunden. Der Schleier als Ausdruck religiöser Überzeugung ist v.a. ein städtisches Kleidungsstück. Drei Haupttypen von Schleiern können unterschieden werden: • Gesichtsschleier (gesamtes Gesicht, untere Gesichtshälfte oder Gesichtsmaske), • Kopfschleier (Kopftuch) und • Körperschleier („Tschador"). Infolge der Veränderung der Kleidungssitten werden seit dem 19. Jh. kontroverse Debatten um den Schleier geführt. Vertreter des Reformislams und Frauenrechtlerinnen wenden sich unter Verweis auf das Fehlen entsprechender Vorschriften im Koran gegen die Verschleierung, in der sie ein Symbol der Rückständigkeit und der Unterdrückung der Frau sehen. Die Befürworter des Schleiers verstehen ihn als Ausdruck von Bescheidenheit und Anstand, Schutz der persönlichen Würde sowie als Merkmal kultureller Eigenständigkeit. Zudem kann er auch, jenseits aller Debatten, als modisches Accessoire getragen werden. Didaktische Hinweise Die Sendung kann im Religionslehre- und Ethikunterricht ab der 7. Jahrgangsstufe eingesetzt werden. Lernziele Die Schülerinnen und Schüler sollen • Einblick erhalten in islamisches Frauenleben in Deutschland; • einsehen, dass die Stellung der Frau im Islam kontrovers diskutiert wird; • verstehen lernen, dass das Tragen des Kopftuchs im Islam mit sehr unterschiedlichen Motiven, Zielen und Bedeutungen verbunden sein kann; • diese Praxis überdenken und ohne Vorurteile entscheiden lernen. Anregungen I Die Thematik bietet die Möglichkeit, ein fächerübergreifendes Gesamtprojekt durchzuführen, z. B. mit Musik (orientalische Musik), Hauswirtschaftlich Sozialem Bereich (türkische Spezialitäten), Kunst (Kalligraphie) und Sport (türkischer Volkstanz). Beobachtungsaufträge Notiert Gründe, warum manche islamische Mädchen/Frauen ein Kopftuch tragen! Notiert Gründe, warum manche islamischen Mädchen/Frauen kein Kopftuch tragen wollen! Woher stammt das Kopftuchgebot für Muslime? Welche "Grundpflichten” haben gläubige Muslime? Muslime müssen bestimmte Regeln einhalten. Welche Regeln werden in dem Filmbeitrag genannt? In der Sendung werden besondere Konflikte aufgezeigt, in die junge Türkinnen, die in westlichen Ländern wie Deutschland leben, geraten können. Wie entstehen sie? In welchen Zusammenhängen wird im Film der Begriff "Tradition” genannt? Weitere Vorschläge • Besuch einer Moschee; islamische Gebetsrituale kennen lernen, z. B. durch Mitschüler. • Arabische Schriftzeichen kennen lernen, nachschreiben, gestalten. © Bayerischer Rundfunk 5 Schulfernsehen Schulfernsehen • Speiseregeln der Muslime besprechen, Spezialitäten des Landes (z. B. Türkei) mitbringen, zubereiten und gemeinsam essen. • Arbeit mit dem Atlas: Wo ist der Islam verbreitet? • Bilder, Fotos sammeln von islamischen Frauen und Männern (bei Frauen die unterschiedlichen Arten der Verhüllung beachten). • Einen türkischen Volkstanz einstudieren. • Türkische bzw. orientalische Musik hören, selbst ein türkisches Volkslied singen. • Ein Märchen aus 1001 Nacht lesen, mit deutschen Märchen vergleichen. • Eine Klassenzeitung/Schülerzeitung gestalten mit Texten, Bildern, die zur Akzeptanz gegenüber Menschen anderer Religionen und auch Rassen beitragen können (z. B. auch Interviews mit islamischen Mitschülerinnen und Mitschülern oder Familienangehörigen, Freunden); andere Konfessionen oder Weltreligionen mit einbeziehen. • Einen Bauchtanz ansehen und einen Vergleich zur Verhüllung der Frauen anstellen. • Zeitungsberichte, Reportagen sammeln und auswerten. • Die Begriffe Heimat, Tradition, Brauchtum klären, inhaltlich mit Beispielen aus verschiedenen Ländern füllen und Vergleiche anstellen: Was ist anders? Was ist gleich? • Eine themenbezogene Klassenlektüre lesen. Diskussion Einige Themen für die Oberstufe sind im Faktenkapitel "Kopftuchstreit in Deutschland" zu finden. Außerdem: Ist das Kopftuch eine Uniform zur Abgrenzung? Soll es die Teilung der Welt in Muslime und Nicht muslime sichtbar machen? Sprecht über die Realitäten in der deutschen Arbeitswelt. Karrierefrauen mit Kopftuch sind nicht allzu häufig zu finden. Auch wenn sie Spitzenzeugnisse vorweisen können, bekommen Kopftuch tragende Mädchen oft keine Lehrstelle. Frauen mit Studienabschluss - und Kopftuch - gehen, seit die „Kopf tuchdebatte“ läuft und in den Medien das Schicksal unterjochter, zwangsverheirateter Frauen angeprangert wird, bei der Jobsuche immer öfter leer aus. Deutsche Firmen wollen sich nicht durch Kopf tuchträgerinnen repräsentieren lassen. Anpassen bringt nichts, meinen junge Musliminnen, nicht anpassen bringt noch weniger, sagen andere. Welche Position vertretet ihr? Anregungen II Die Ambivalenz religiöser Symbole am Beispiel des Kopftuchs Religiöse Symbole und Rituale, z. B. das Tragen des Kopftuchs im Islam, haben eine ambivalente Bedeutung: Sie schließen menschliche Gruppierungen zusammen und aus, sie festigen nach innen die Gemeinschaft, den Zusammenhalt und bestätigen die Zugehörigkeit. Nach außen können sie pro vokativ wirken und als Mittel zur Durchsetzung von (Macht-)Interessen benutzt werden, schwelende Konflikte sichtbar machen und verschärfen. Deshalb ist gerade das Tragen des Kopftuchs im Islam dazu angetan, die Ambivalenz von (religi ösen) Symbolen bewusst zu machen. Symbole sind grundsätzlich bedeutungsoffen, haben aus tiefenpsychologischem Aspekt einen Bedeutungsüberschuss, der dazu zwingt, situationsorientiert die Vielzahl möglicher Deutungen einzugrenzen und neu zu definieren, sowohl hinsichtlich der dahinter stehenden Motive oder Begründungen wie der damit verbundenen Überzeugungen und Ziele. Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Religionsunterrichts, diese Zusammenhänge aufzuhellen und zu einer vorurteilsfreien Wertung anzuleiten. Vereinfachungen führen sehr schnell zu Unterstel lungen, zum Aufbau falscher Fronten und Barrieren. Die Lehrkraft zeigt das Bild verschleierter islamischer Frauen und das Bild einer christlichen Ordensschwester im Habit als stummen Impuls. © Bayerischer Rundfunk 6 Schulfernsehen Schulfernsehen Diskussion Zielangabe: ”Heute befassen wir uns mit dem Schleier, den viele - nicht alle - islamischen Frauen tragen”. Beobachtungsaufgaben Gruppe 1: Beobachtet, welche persönlichen Gründe Frauen im Film für oder gegen das Tragen eines Schleiers nennen. Gruppe 2: Überlegt, welche anderen Gründe noch mit ins Spiel kommen können (z.B. politische Aspekte). Filmvorführung / Gruppenarbeit / Auswertung der Gruppenarbeit, Festhalten der Ergebnisse an der Tafel / Abschließender Kommentar der Lehrkraft. Anregungen III Im Unterricht sollte die Lehrkraft versuchen, die Schülerinnen und Schüler zu einem selbständigen Umgang mit dem Text des Korans anzuregen. Es ist viel erreicht, wenn Jugendliche mit Migrationshintergrund eine kritische Haltung gegenüber manchen Behauptungen entwickeln, die in Moscheen und im Familienkreis über Frauen verbreitet werden. So könnte im Unterricht die Aussage diskutiert werden, das Wesen der Frau sei krumm, weil sie aus der Rippe von Adam erschaffen wurde. Auch die „Pflicht“ zum unbedingten Gehorsam muslimischer Frauen ihren Männern gegenüber muss thematisiert werden. Außerdem wäre zu klären: Was ist eine pluralistische Gesellschaft? Wie viel „Anderssein“ muss unsere Gesellschaft verkraften? Was ist zu tun, wenn religiöse Gruppen den Kontakt zur Mehrheitsgesellschaft abbrechen? Dürfen wir bestimmten Gruppen eigene „Rechtssysteme“ zugestehen? Literatur- und Online-Tipps Beck-Gernsheim, Elisabeth. Wir und die anderen. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 2004. Göle, Nilüfer; Ammann, Ludwig. Islam in Sicht. Transcript Verlag, 2004. Oestreich, Heide. Der Kopftuch-Streit - Das Abendland und ein Quadratmeter Deutschland. Frankfurt/M.: Verlag Brandes & Apsel, 2004. Schirrmacher, Christine u. a. Frauen und die Scharia. Die Menschenrechte im Islam. München: Goldmann, 2006. Schröter, Hiltrud. Mohammeds deutsche Töchter. Ulrike Helmer Verlag, 2002. Schwarzer, Alice. Die Gotteskrieger und die falsche Toleranz. Kiepenheuer & Witsch, 2002. Raddatz, Hans-Peter. Allahs Schleier. Die Frau im Kampf der Kulturen. München: Verlag Herbis, 2004. Link http://www.huda.de Homepage des Frauennetzwerks „Huda“ – es vermittelt den Koran aus weiblicher Sicht. © Bayerischer Rundfunk 7