© Verlagsgesellschaft Rudolf Müller GmbH & Co. KG, Köln 2008. Jede Vervielfältigung und Verbreitung ohne Zustimmung des Verlags ist unzulässig. Fotos: K. u. L. Güth Technik nützlich und schön SolaranlaGE ❯❯ Eindrucksvolle 43,5 Kilowatt peak speist eine Photovoltaik-Fassade nach der Sanierung eines Bürogebäudes in das öffentliche Netz ein. Mit der Gestaltung und Errichtung unterstreicht der ausführende Dachdeckerbetrieb seine Kompetenz in diesem wachsenden Marktsegment. harry Strasburger e ine Photovoltaik-Fassade kann zwei wesentliche Aspekte sowohl bei einer Sanierung als auch bei einem Neubau vereinen: den ökologischen Nutzen und die architektonische Gestaltung. Die Sanierung eines Bürogebäudes aus den siebziger Jahren durch die K. u. L. Güth GmbH & Co. KG, Saarbrücken, ist hierfür ein gelungenes Beispiel. Bei dem Bürogebäude eines Saarbrücker Immobilienunternehmens handelt es sich um einen zweiteiligen Baukörper: ein viergeschossiger Teil und ein fünfstöckiger Bereich mit Penthouse. Die Fassade war zwischen den Fensterbändern zum Teil mit einer Vorsatzschale aus Waschbeton ver14 DDH 16 . 2008 blendet, die übrigen Teilflächen waren mit großformatigen Asbestzement-Platten mit Wärmedämmung bekleidet. Die Wärmedämmung an Fassade und Dach war unter heutigen Gesichtspunkten und gesetzlichen Vorschriften unzureichend. Sanierung erfüllt mehrere ansprüche Die Sanierung des Gebäudes wurde gleich zwei Anforderungen gerecht: Zum einen hatte die energetische Verbesserung des Objekts nach aktuellen Maßstäben einen hohen Stellenwert, denn eine gute Wärmedämmung an Dach und Fassade senkt nicht nur die Heizkosten, sie steigert auch den Wert der Immobilie und schützt die Bausubstanz. Der Eigentümer wollte aber nicht nur mit einer umfassenden Wärmedämmung den Umweltaspekten und den steigenden Energiekosten Rechnung tragen, er entschied sich auch für die Montage und Installation einer Photovoltaik-Fassade, die sich nach den architektonischen Vorgaben des Baukörpers zu richten hatte. Der dabei erzeugte Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist. Zum anderen sollte das Gebäude durch diese Maßnahme eine architektonische und ästhetische Aufwertung erfahren. Folgende Maßnahme wurde beschlossen: Errichtung einer vorgehängten hin- © Verlagsgesellschaft Rudolf Müller GmbH & Co. KG, Köln 2008. Jede Vervielfältigung und Verbreitung ohne Zustimmung des Verlags ist unzulässig. Technik ❙ bautaFEl objekt: Sanierung eines Bürogebäudes, Saarbrücken Planer: Architekt Dipl.-Ing. Daniel Krüger, Saarbrücken Material: a) PV-Modul Typ Asi Opak 30 SG b) Fassadensystem Voltralux PV-F-Typ hersteller: a) Schott Solar, Alzenau b) Glaswerke Arnold, Remshalden Verarbeiter: K. u. L. Güth GmbH & Co. KG, Saarbrücken (Mitglied der Innung des Dachdeckerhandwerks für das Saarland) Rund 1.200 Quadratmeter Fassadenfläche des Bürogebäudes wurden von einem Dachdeckerbetrieb mit Photovoltaik-Modulen gestaltet. Vor der Sanierung (kleines Foto) bekleideten Asbestzement-Platten und Waschbetonelemente die Fassade. terlüfteten Photovoltaik-Fassade inklusive Wärmedämmung sowie Sanierung des Daches als Gründach inklusive Wärmedämmung. Zunächst mussten die weißen Asbestzement-Platten demontiert sowie die vorgehängten Waschbetonplatten im Brüstungsbereich inklusive der Unterkonstruktionen und der unzureichenden Dämmung abgenommen und entsorgt werden. Im Attikabereich wurden schwere Fertigbetonteile abgebaut. Bei der neuen Fassade handelt es sich um ein typgeprüftes Solarstrom-Fassadensystem, das für Gebäude bis zu einhundert Meter Höhe zugelassen ist. Es besteht aus einer modifizierten Aluminium-Unterkonstruktion und allgemein bauaufsichtlich zugelassenen Dünnschicht-Modulen. In einem ersten Schritt wurden die Wandhalter aus Aluminium mit Fest- und Gleitpunkten montiert und mit thermischen Trennelementen unterlegt. Hierbei hatten es die Dachdecker bei der Suche nach entsprechenden Befestigungsmitteln mit einer besonderen technischen Herausforderung zu tun, denn die Montage der Module erfolgte auf einen bestehenden Baukörper, der für eine sol- ❙ anlageDaten Leistung und Materialeinsatz Photovoltaik-Fläche: Modulanzahl: ~ 1.200 Quadratmeter 1.450 Stück (davon zwanzig Prozent halbe Module) Erzeugte Leistung: 43,5 Kilowatt peak Einspeisevergütung: 0,5181 Euro/Kilowattstunde Trag- und Klemmprofile: 6.200 Meter Gummileisten: 12.400 Meter Spezialdübel: 6.700 Stück Aluminium-Verbundplatten: 585 Quadratmeter (Lisenen) Aluminium-Blechtafeln: 220 Quadratmeter (Brüstung) che Fassade nicht vorgesehen war. Die Wahl fiel auf Schwerlastanker, die im Hinterschnittverfahren montiert wurden. Nachdem die Mineralfaserdämmung auf der Wand angebracht war, wurden die Tragschienen an den Wandhaltern angenietet und mit Auflagegummis versehen. Danach wurden die Aufstellwinkel der Module (ebenfalls mit Gummiauflagen) im entsprechenden Rastermaß an den Tragschienen montiert. In Zusammenarbeit mit dem Hersteller konnte das Dachdeckerunternehmen entscheidende Hinweise für die Verbesserung der Produktion der Unterkonstruktion im Hinblick auf die Verkürzung der Montagezeiten geben. Montage von unten nach oben Im nächsten Schritt wurden die Dünnschicht-Module von unten nach oben reihenweise eingesetzt, gemäß dem Verschaltungsplan miteinander verkabelt und mit den Deckprofilen der senkrechten Schienen befestigt. Die Kabelverlegung ins Gebäude sowie die Einrichtung der Wechselrichter wurden von einem Elektrounternehmen durchgeführt. Dabei konnte das fachspezifische Wissen beider Gewerke sinnvoll kombiniert werden. Die Anordnung der Module sollte sich im Brüstungsfeld zwischen den Fensterbändern am Raster der einzelnen Fensterflügel orientieren. Das Modulformat ließ dies nur bedingt zu. Da keine vertikal gleiche Aufteilung möglich war, wurden dunkle Blechstreifen, vier Millimeter dick, als Trennung zwischen den Modulen eingearbeitet. Horizontal wurden projektbezogen halbe Module angefertigt, damit das Brüstungsfeld in voller Höhe abgedeckt werden konnte. Die Wahl fiel auf ein DünnschichtModul mit gehärtetem Oberglas. Dieses Modul ist auch für eine vertikale Montage geeignet, da bei Dünnschicht-Modulen kein Einstrahlwinkel zur Sonne von circa dreißig Grad notwendig ist. Die Licht16 . 2008 DDH 15 © Verlagsgesellschaft Rudolf Müller GmbH & Co. KG, Köln 2008. Jede Vervielfältigung und Verbreitung ohne Zustimmung des Verlags ist unzulässig. Technik Die Photovoltaik-Fassade, in hinterlüfteter Bauweise errichtet, wird von einer Aluminium-Unterkonstruktion in Fest- und Gleitpunkttechnik getragen. strahlen müssen nur einen dünnen Siliziumfilm erreichen. Bei kristallinen Modulen muss das Sonnenlicht durch eine dickere Siliziumschicht dringen, was sich bei einem Einstrahlwinkel unter dreißig Grad als nicht effektiv erweist. Module an nord- und Südseite Der ausgewählte Modultyp ist 0,6 × 1,0 m groß, wiegt 14 Kilogramm und hat einen Nennwert von 32 Watt. Die PV-Module wurden auch an der Nordseite des Gebäudes angebracht, was keinen hohen energetischen Nutzen hat, da sich die Nordseite selbst verschattet. Hierbei standen die architektonische Qualität und der Wunsch, ein homogenes Fassadenbild zu erzeugen, im Vordergrund. Gestalterisch hervorzuheben ist die Ausbildung der Eck-, Attika- und Flächenlisenen aus Aluminium-KunststoffVerbundmaterial, die um fünf Zentimeter aus der Fassadenfläche hervorspringen. Das Verbundmaterial wurde auf der Rückseite auf Gehrung gefräst und entspre16 DDH 16 . 2008 Da die Modulmaße nicht dem Gebäuderaster entsprachen, wurden in den Brüstungsfeldern vertikal dunkle Blechstreifen eingesetzt (grüner Pfeil). Horizontal erfolgte der Ausgleich mit halben Modulen (roter Pfeil). chend gekantet. Zum Anschluss an die PV-Fassade ließ sich das Material ähnlich wie das Modul zwischen Tragprofil und Klemmprofil einspannen. Um eine einheitliche energetische Aufwertung des Gebäudes zu erzielen, wurde nach den Fassadenarbeiten auch das Dach saniert. Dabei wurde ein Warmdachaufbau gewählt: Dampfsperre, zweilagige wurzelfeste bituminöse Abdichtung (Grünplast Top). Darauf wurde ein extensives Gründach angelegt. Nach einer Bauzeit von acht Monaten ging die PV-Fassade ans Netz. Mit 1.200 Quadratmeter Fläche ist sie eine der größten Deutschlands, die im Rahmen einer Sanierung gebaut wurde. Eine herkömmliche Fassade wäre im ersten Schritt sicher günstiger gewesen. Die Vergütung für den ins öffentliche Stromnetz eingespeisten Strom von 0,5181 Euro pro Kilowattstunde über zwanzig Jahre lang erzeugt jedoch einen Mehrertrag, der langfristig den höheren Anschaffungspreis überkompensiert und sie damit wirtschaftlich macht. Fazit: Prestige und nutzen Bei der Sanierung eines Bürogebäudes wurde eine PV-Fassade errichtet. Der ins öffentliche Netz eingespeiste Strom rechtfertigt die Mehrkosten. Gleichzeitig steigert sie den Wert der Immobilie; insbesondere in Zeiten, in denen die Nutzung regenerativer Energien mehr und mehr im Fokus steht. Für den ausführenden Dachdeckerbetrieb ist es ein eindrucksvolles Prestigeobjekt. ❮❮ autor Dipl.-Ing. harry Strasburger ist Projektleiter beim Bedachungsunternehmen K. u. L. Güth GmbH & Co. KG in Saarbrücken. Er ist insbesondere für den Bereich Solarthermie und Photovoltaik zuständig. Schlagworte fürs DDH Online-Archiv auf www.ddh.de Fassade, Photovoltaik, Solaranlage, Solarenergie.