6/2015 –7– Architektur Architektonische Möglichkeiten des modernen Holzbaus Welche architektonischen Möglichkeiten der moderne Holzbau bietet, zeigt ein Neubau eines Holzbauunternehmens mit einem eleganten und auffallenden Kubus in Brixen, hinter dem sich der neue Firmensitz verbirgt. Nach einem Architektenwettbewerb setzte sich das Konzept des Architekturstudios Modus durch. Sie schlugen vor, in einem Baukörper mehrere Konstruktionsmöglichkeiten im Holzbau zu vereinen. Autorin: Kristin Kurczinski Fotos: G. R. Wett Fast poetisch mutet die wellenförmige Fassade an, die in ihrer Ausgestaltung die Silhouette der Berge zitiert. Die großformatigen Ausschnitte in dieser vorgesetzten Lammellenfassade erlauben Einblick und Ausblick. Die wellenförmige Fassade, die unterschiedliche Konstruktionsweise der einzelnen Holzdecken und des Daches sowie markante architektonische Elemente in der Fassade und im Inneren des Gebäudes visualisieren die enorme Flexibilität beim Einsatz des Baustoffes Holz. Entsprechend wurde der neue Firmensitz in seiner Gesamtheit als einziger, großer Showroom konzipiert und verdeutlicht den Besuchern eindrucksvoll, welch große Flexibilität und welche Vorteile die Nutzung von Holz als Baustoff in sich birgt. Das Gebäude, vom Architekturstudio Modus (Attia & Scagnol) aus Brixen entworfen, wurde bis auf das Kellergeschoss komplett in Holzbauweise errichtet. Die Außenwände wurden aufgrund der hohen Ansprüche an die Wärmedämmung in Holzrahmenbauweise gefertigt. Auf die hinterlüftete Fassade aus Furnierschichtholz wurden vertikale Lamellen, wiederum aus Furnierschichtholz, montiert, welche dem Gebäude den wellenförmigen Charakter verleihen. Der Gang der Sonne im Verlauf eines Tages verleiht der Fassade ein sehr dynamisches und plastisches Antlitz mit interessanten Licht- und Schattenspielen. Für den Kern des Ge- bäudes, aber auch für das Treppenhaus sowie für den Aufzugschacht wurde eine Bauweise aus Brettsperrholz gewählt. Nicht nur das tragende Gebäude, sondern auch Isolierungen, Abdeckungen und Farben wurden vorwiegend aus natürlichen Materialien hergestellt, die eine bessere Transpiration garantieren und somit eine bessere Qualität der Raumluft zur Folge haben. Neben der natürlichen Holzfaserdämmung sowie der Dreifachverglasung der Fenster in der Außenhülle wurden auch eine Fußbodenheizung sowie eine kontrollierte Lüftungsanlage eingebaut, der Heizenergiebedarf des Gebäudes liegt unter 10 kWh/m²a. Das Gebäude entspricht somit dem hohen Standard KlimaHaus Gold Nature. Das neue Bürogebäude hat eine sehr hohe Energieeffizienz. Der sehr niedrige Ener- Architektur –8– Bautafel Bauherr und Umsetzung: Ligno Alp, Brixen Planer: Architekturstudio Modus, Brixen Energiebedarf: 10 kWh/m2a Ansicht Ost Ansicht West Ansicht Süd 6/2015 –9– Architektur Architektur – 10 – giebedarf des Gebäudes ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen: durch eine sehr gute Wärmedämmung der Außenhülle, durch den Einsatz von 3-fach Verglasung für die Fensterelemente mit einem sehr niedrigen Wärmedurchgangskoeffizenten, durch die kompakte Form des Gebäudes und somit einem niederem Verhältnis zwischen beheizte Gebäudehüllfläche und beheiztem Bruttovolumen und durch den Einsatz einer kontrollierten Lüftungsanlage Neben der sehr hohen Energieeffizienz wurde beim Bau des neuen Bürogebäudes außerdem Wert auf den Einsatz von erneuerbaren Energien und auf die Einhaltung der Kriterien des nachhaltigen Bauens gelegt. Die Beheizung und Klimatisierung der neuen Büroräume wird mittels Bodenheizung bzw. Bodenkühlung und durch den Einsatz des Lüftungssystems gewährleistet. Der Einsatz des Strahlungsheizungssystems wird durch den hohen Komfort und dem hohen hygienischen Standard begrün- 6/2015 – 11 – Architektur Architektur det. Außerdem bewirkt diese Lösung eine Energieeinsparung, da es sich, im Vergleich zu anderen konventionellen Systemen mit hohen Betriebstemperaturen, um ein Niedrigtemperatursystem handelt. Die Lagerräume im Untergeschoss werden mit Heizkörper beheizt. Die erforderliche Heizenergie wird vom bestehenden Blockheizkraftwerk (BHKW), welches sich in unmittelbarer Nähe zum neuen Bürogebäude auf dem Betriebsgelände befindet, bereitgestellt. Die Abwärme der zwei Pflanzenölmotoren zu je 250kW elektrisch und 220 kW thermisch wird im Winter neben der Beheizung der neuen Büroräume auch für die Beheizung der Produktionshallen genutzt. Im Sommer wird die zur Verfügung stehende Abwärme durch einen Absorber zu 70 kW Erdgeschoss – 12 – Kühlleistung für die Kühlung der Büroräume genutzt. Der Absorber wird über eine adiabatische Kühlturmanlage rückgekühlt. Der Vorteil dieses Rückkühlwerks liegt in einer 95 % Wassereinsparung gegenüber eines klassischen Verdunstungskühlturmes. Die elektrische Energie wird vollständig in das Netz eingespeist. Auch die Warmwasserproduktion wird durch das BHKW abgedeckt. Der Luftwechsel erfolgt über eine zentrale mechanische Anlage und wird vor allem aufgrund der hygienischen Anforderungen dimensioniert mit unterschiedlichen Luftwechselraten in den verschiedenen Bereichen des Bürogebäudes. Das Lüftungsgerät, mit eine Volumenstrom von 5.000 m³/h, ist mit einem Rotationswärmetauscher ausgestattet, dessen Wirkungsgrad sowohl im Heiz- als im Kühlfall > 75 % ist und weist eine Energieeffizenz der Klasse A auf. Die Anlage funktioniert mit Außenluft ohne Umluft und dient zur Entfeuchtung im Sommer und zur Befeuchtung im Winter. Für die Befeuchtung ist ein Dampfbefeuchter mit einer Befeuchtung von 30,66 kg/h vorgesehen. 쐽