Allergien bei Kindern und Jugendlichen

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Klimek ß Pfaar ß Rietschel
Allergien bei Kindern
und Jugendlichen
Grundlagen und klinische Praxis
Mit einem Geleitwort von Ulrich Wahn
Mit Handouts
zum Download
Inhalt
Grundlagen
Diagnostische Verfahren
1
6
Die Entwicklung
des kindlichen Immunsystems . . . . . . 3
Anamnese und Befund . . . . . . . . . . . 131
E. Rietschel, L. Klimek, D. Cazan
T. Rothoeft, U. Schauer, E. Hamelmann
7
2
Anatomie und Funktion von
Atemwegen, Gastrointestinaltrakt
und Haut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
L. Klimek, B. Hackenberg, D. Cazan
Hauttests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
D. Cazan, L. Klimek
8
Nasaler und konjunktivaler
Provokationstest . . . . . . . . . . . . . . . . 151
O. Pfaar, A. Glowania, L. Klimek
3
Typ-I-Allergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.1
Begriffsbestimmungen. . . . . . . . . . . . . . . 30
9
J. Saloga, S. Grabbe, D. Cazan
3.2
Antigen-präsentierende Zellen
und Lymphozyten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
M. Gappa
10
Mastzellen und Frühphasenreaktion . . . . 41
M. Maurer, D. Cazan
3.4
4
Allergenkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
4.1
Inhalationsallergene . . . . . . . . . . . . . . . . 63
4.2
11
Eosinophile Granulozyten
und allergische Spätphasenreaktion . . . . 53
J. Elsner, T. Werfel, A. Kapp, D. Cazan
Bronchiale Provokationstests . . . . . 171
M. Barker
J. Saloga, S. Grabbe, D. Cazan
3.3
Lungenfunktionsdiagnostik . . . . . . 165
Exhalierte StickstoffmonoxidMessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
C. Vogelberg
12
Orale Provokation . . . . . . . . . . . . . . . 183
B. Niggemann, K. Beyer
W.-M. Becker, L. Klimek, D. Cazan
13
In-vitro-Diagnostik und
molekulare Allergiediagnostik . . . 193
Nahrungsmittelallergene . . . . . . . . . . . . . 86
L. Klimek, W.-M. Becker
S. Vieths, A. R. Lorenz, D. Cazan
4.3
Kontaktallergene . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
D. Becker, D. Cazan
5
Epidemiologie allergischer
Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
M. Kabesch
Therapieprinzipien
14
Primäre Prävention
allergischer Erkrankungen . . . . . . . 213
M. Kopp
15
Allergenkarenz . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
O. Pfaar, L. Klimek, A. Schwalfenberg,
A. Sperl
Inhalt
16
Allergenreduzierte
Säuglingsnahrung . . . . . . . . . . . . . . . 234
27
Atopische Dermatitis . . . . . . . . . . . . 367
L. Lange
A. von Berg
28
17
Probiotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
Kontaktekzeme . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
R. Fölster-Holst
M. Kopp
29
18
Pharmakotherapie
allergischer Erkrankungen . . . . . . . 253
E. Rietschel
Photodermatosen . . . . . . . . . . . . . . . 389
R. Fölster-Holst
30
Nahrungsmittelallergien . . . . . . . . . 397
B. Niggemann, K. Beyer
19
Spezifische Immuntherapie . . . . . . . 267
F. Friedrichs
31
Anaphylaxie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407
K. Beyer, B. Niggemann
20
Patientenschulung bei Asthma,
Neurodermitis und Anaphylaxie. . . 277
R. Szczepanski
21
Komplementäre und alternative
Behandlungsmethoden . . . . . . . . . . 288
32
Urtikaria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413
P. Staubach
33
Insektengiftallergie . . . . . . . . . . . . . 422
J. Forster
A. Längler, T. Zuzak
34
Medikamentenallergie . . . . . . . . . . . 429
L. Lange
Krankheitsbilder
22
Otitis media . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315
Latexallergie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436
R. Cremer
Okuläre Allergien . . . . . . . . . . . . . . . 303
U. Pleyer
23
35
36
Impfungen und Allergien . . . . . . . . . 442
C. Grüber
M. Damm, L. Klimek
24
Allergische Rhinitis . . . . . . . . . . . . . . 324
O. Pfaar, C. Eichler, L. Klimek
25
Asthma bronchiale . . . . . . . . . . . . . . 339
F. Ahrens
26
Exogen allergische Alveolitis . . . . . 359
J. Seidenberg
Anhang
Wichtige Kontaktadressen
und Internet-Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458
T. Rothoeft, U. Schauer, E. Hamelmann
Inhalt
1.1
Rauchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Mütterliches Immunsystem . . . . . . . . . . . 9
Besonderheiten des kindlichen
Immunsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1.1 T-Zellen und Zytokine . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.1.2 B-Zellen und Antikörper . . . . . . . . . . . . . . . 5
Entwicklung allergischer
Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.1.3 Unspezifische Abwehr . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.3.1 Atopische Dermatitis . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.2
1.3.2 Obstruktive Atemwegserkrankungen. . . . 11
Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Rauchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Frühgeburtlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Allergische Sensibilisierung . . . . . . . . . . . 12
Entstehung allergischer
Immunreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.2.1 Immunsystem und Genetik . . . . . . . . . . . . 8
1.2.2 Immunsystem und Umweltfaktoren. . . . . . 8
Geschwisterkonstellation. . . . . . . . . . . . . . 8
Hygiene-Hypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.1 Besonderheiten des
kindlichen Immunsystems
Das Immunsystem ist eine Organisation von
Zellen und Mediatoren, die auf verschiedene
Funktionen in der Abwehr von Infekten spezialisiert sind. Angeborene oder erworbene Störungen können im Falle von Unterfunktionen
zu Immundefizienz, bei fehlgerichteten Reaktionen zu Autoimmunerkrankungen oder Allergien führen.
Grundsätzlich werden das angeborene („innate“) und das erworbene (adaptive) Immunsystem voneinander unterschieden. Die
Reaktionen des angeborenen Immunsystems
1.3
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
gegen einen einzelnen Erreger laufen grundsätzlich immer gleich ab, egal wie häufig die
entsprechende Antwort ausgelöst wird. Die
Reaktionen des adaptiven Immunsystems
hingegen erfolgen bei wiederholten Kontakten zunehmend schneller und spezifischer.
Die Entwicklung des Immunsystems beginnt bereits während der Fetalzeit. In der fetalen Leber entstehen aus hämatopoetischen
Stammzellen mononukleäre Zellen wie Makrophagen, dendritische Zellen (DC), natürliche Killer (NK)-Zellen, Mastzellen, eosinophile und basophile Granulozyten.
Auch T- und B-Lymphozyten entstammen diesen pluripotenten Vorläuferzellen,
durchlaufen allerdings im Gegensatz zu den
anderen genannten Zellen eine biphasische
Entwicklung: Zunächst absolvieren Vorläufer-T-Zellen im Thymus und B-Zellen im
Grundlagen
1 Die Entwicklung des kindlichen
Immunsystems
Grundlagen
1 Die Entwicklung des kindlichen Immunsystems
Knochenmark eine irreversible Differenzierung. Die Spezifität beider Zelltypen entsteht
dabei durch komplexe Umstrukturierung von
genetischem Material, bei dem entfernt liegende Abschnitte der Keimbahn-DNA in der
Vorläufer-Zelle durch zufällige Anordnung
zusammengefügt werden („genetisches Rearrangement“). Dies führt zur Expression
spezifischer T-Zell-Rezeptoren (TcR) bzw. BZell-Rezeptoren (BcR) und legt den Grundstein für die Vielfalt der spezifischen Immunantwort. Um die 8. Schwangerschaftswoche
werden dann im Thymus autoreaktive, also
für körpereigene Strukturen spezifische TZellen abgetötet und alloreaktive, also gegen
exogene Strukturen reagierende T-Zellen positiv selektiert.
Ab der 15. Schwangerschaftswoche lassen
sich die ersten zirkulierenden T-Zellen nachweisen. Zum Zeitpunkt der Geburt sind die
meisten dieser T-Zellen noch naiv (CD45RA+), während im Verlauf des ersten Lebensjahres die Zahl der Effektor-T-Zellen
(CD45RO+) zunimmt, um die endgültige
Zahl im Alter von 10–15 Jahren zu erreichen
(Stiehm et al. 2004).
1.1.1 T-Zellen und Zytokine
Das Immunsystem des Feten hat naturgemäß
andere Aufgaben zu bewältigen als das Immunsystem des Erwachsenen: Erreger die
von der Mutter auf das Kind übertragen werden können, müssen schnell und sicher abgewehrt werden. Gleichzeitig muss aber eine
starke Immunreaktion mit Aktivierung von
sog. TH1-Effektorzellen verhindert werden, da
sie zu einer Abstoßungsreaktionen der Mutter gegen den Fetus führen könnte. Man geht
davon aus, dass Hormone wie das 17βEstradiol und plazentare Wachstumsfaktoren
auf Antigen-präsentierende Zellen (APZ)
und Effektor-T-Zellen einwirken und so zur
Herabregulierung der Produktion von TH1-
Zytokinen führen (Uemura et al. 2008, Lin et
al. 2007).
Im Vergleich zum Immunsystem des Erwachsenen bestehen beim Feten also deutliche Unterschiede bereits auf zellulärer Ebene:
Die Antigen-präsentierenden Zellen des angeborenen Immunsystems exprimieren in
der Neonatalperiode generell weniger Antigene des Haupt-Histokompatibilitätssystems
(MHC-Moleküle) als bei Erwachsenen. Dies
ist ein Zeichen geringerer Aktivität (s. Abb.
1.1).
Nach Stimulation von phylogenetisch alten und stark konservierten Rezeptoren des
angeborenen Immunsystems, sog. Toll-likeRezeptoren (TLR), fällt die Expression anderer kostimulatorischer Moleküle als Zeichen
erhöhter Aktivität ebenfalls geringer aus. Die
Zellen verbleiben also in einem unreifen und
weniger aktiven Entwicklungsstand (Drohan
et al. 2004).
Auch die nach Aktivierung über TLR sezernierten Zytokine unterscheiden sich bei
Zellen aus dem Nabelschnurblut von denen
aus dem peripheren Blut Erwachsener. Nach
TLR-Stimulation werden eher TH2-polarisierende Zytokine wie Interleukin (IL)-6 oder
IL-10 produziert, während die Produktion
von TH1-Zytokinen wie IL-12 vermindert
scheint (Belderbos et al. 2009, Levy et al.
2006). Insgesamt fallen aber sowohl TH1- als
auch TH2-Antworten in der Regel schwächer
aus als bei Erwachsenen. Trotz dieser relativen Unterdrückung von TH1-Zellen sind diese
keineswegs defekt; nach starker In-vitro-Stimulation sind sie in der Lage, in gleicher
Menge Zytokine zu sezernieren wie Zellen
aus dem Blut Erwachsener (Vekemans et al.
2001).
Nach der Geburt führt die mikrobielle Stimulation durch Darmbakterien sowie durch
Kontakt mit Umweltkeimen über die Haut
und die Schleimhäute zum weiteren Ausreifen des Immunsystems. Dabei wird die Imbalance zugunsten einer TH2-Antwort durch
1.1 Besonderheiten des kindlichen Immunsystems
Allergen
Phagosom
antigenes
Peptid
T-Zell-Epitop
Abb. 1.1 Antigene und Allergene werden von Antigen-präsentierenden Zellen aufgenommen, prozessiert und in
Fragmenten auf der Oberfläche präsentiert. Hierzu werden sie noch in den Phagosomen an Klasse-II-Moleküle des
Haupt-Histokompatibilitätskomplexes (MHC), sog. HLA-Antigene, gebunden. Im Komplex mit dem MHC-Klasse-IIMolekül wird das Peptid an der Oberfläche exprimiert und kann dann als sog. T-Zell-Epitop von spezifischen TLymphozyten erkannt werden.
eine für die Infektabwehr notwendige vorrangige TH1-Antwort ersetzt.
Neben den klassischen TH1- und TH2-Helferzellen existieren noch andere T-Helferzellen
(z. B. TH17-Zellen) sowie sog. regulatorische TZellen (Treg). Deren wesentliche Aufgabe liegt
darin, Abwehrvorgänge und Entzündungsprozesse zu limitieren, um Schaden für den Wirt
zu begrenzen und Immunreaktionen gegen
harmlose Umweltfaktoren und eigene molekulare Strukturen und Zellen („self “) zu verhindern.
Die Funktion von regulatorischen T-Zellen ist
daher sowohl für die Unterdrückung von Immunreaktionen gegen eigene (Autoimmunerkrankungen) wie auch gegen harmlose Umweltfaktoren (allergische Erkrankungen) von
entscheidender Bedeutung.
1.1.2 B-Zellen und Antikörper
Auch die Produktion spezifischer Antikörper
durch Plasmazellen, also die humorale Immunität, unterscheidet sich quantitativ und
qualitativ zwischen dem unreifen Immunsystem des Neugeborenen von dem des Erwachsenen (s. Abb. 1.2). Fetale und neonatale BZellen reifen – zunächst ohne Antigenkontakt – im Knochenmark aus. Die Milz spielt
zu diesem frühen Zeitpunkt fast noch keine
Rolle und weist noch keine Marginalzone auf.
Die Marginalzone, die später essenziell für die
Produktion von Antikörpern zur Abwehr von
bekapselten Bakterien wird, bildet sich erst
im Verlauf der ersten Lebensjahre aus. Dies ist
auch der Grund, warum Impfstoffe gegen Polysaccharid-Antigene erst nach dem zweiten
Lebensjahr erfolgreich eingesetzt werden
können.
Neonatale B-Zellen bringen nach Stimulation erst verspätet Antikörper hervor, da
ihre Reifung zu Plasmazellen unterdrückt ist.
Diese Antikörper besitzen oft eine niedrigere
Affinität als Antikörper erwachsener Patienten. Zudem ist ihre Fähigkeit zum Klassenwechsel von „früher“ Immunantwort (Bildung
von IgM) hin zu „bleibender“ Immunantwort
(Produktion von IgG) eingeschränkt. Daher
sind die erreichten IgG-Serumspiegel deutlich
geringer als bei Erwachsenen und fallen früher
wieder ab.
Grundlagen
MHC-IIMolekül
1 Die Entwicklung des kindlichen Immunsystems
16
4
12
3
10
IgA (g/l)
IgG (g/l)
Grundlagen
14
8
1
6
4
1
2
0
0
1
2
3
4 5 6 7 8 10
15
Alter (Jahre)
1
2
3
4 5 6 7 8 10
15
Alter (Jahre)
Abb. 1.2 Die Normwerte für IgG (links) und IgA (rechts) sind altersabhängig. Die für Erwachsene gültigen Referenzwerte werden erst ab dem Schulalter erreicht.
In der Reihenfolge der Entwicklung ist
IgM das erste produzierte Immunoglobulin
überhaupt, ab der 11. Schwangerschaftswoche synthetisiert der Fetus zusätzlich IgE, ab
der 17. Woche dann schließlich auch IgG und
ab der 30. Woche IgA.
Der Übertritt von mütterlichen IgG-Antikörpern über die Plazenta beginnt in der
16. Schwangerschaftswoche und nimmt im
Verlauf quantitativ zu. Die größte Menge wird
dabei in den letzten vier Schwangerschaftswochen übertragen, sodass der Anteil und die
Zusammensetzung der übertragenen Antikörper zu diesem späten Zeitpunkt der
Schwangerschaft etwa der Zusammensetzung
im mütterlichen Serum entspricht. Etwa 70 %
dieser übertragenen Immunglobuline weisen
den Subklassen-Typ IgG1 auf, gefolgt von
IgG2 (20 %), IgG3 (7 %) und IgG4 (3 %). Die
übertragenen Immunglobuline sind insbesondere wichtig zur Phagozytose bekapselter
Erreger. Speziell die Empfindlichkeit gegen
Gruppe-B-Streptokokken korreliert mit dem
Ausmaß der Übertragung von maternalen
Immunglobulinen der Subklassen IgG2 und
zu einem geringeren Ausmaß von IgG1.
1.1.3 Unspezifische Abwehr
Phagozytierende Zellen entstehen ab dem
zweiten Schwangerschaftsmonat; ausgereifte
Monozyten können ab dem vierten Monat in
Milz und Lymphknoten nachgewiesen werden. Makrophagen reifen in der Schwangerschaft langsamer aus. Pränatal und in der
Neonatalperiode finden sich in der Lunge nur
sehr wenige Alveolarmakrophagen; der Einstrom dieser Zelle findet erst nach der Geburt
statt. Neonatale Neutrophile weisen eine geringere Expression von Adhäsionsmolekülen
auf als adulte Zellen. Zudem exprimieren
neonatale Endothelzellen weniger Selektine,
die zur Anheftung dieser Adhäsionsmoleküle
dienen. Dies hat zur Folge, dass die Extravasation von neutrophilen Granulozyten, also ihr
Übertritt aus dem Blutstrom in das Gewebe,
insgesamt gehemmt ist. Darüber hinaus fällt
1.2 Entstehung allergischer Immunreaktionen
Komponenten
Verminderte Aktivität
Komplement
Menge und Funktion
Neutrophile
Phagozytose und Chemotaxis
Makrophagen
Phagozytose und Chemotaxis
T-Zellen
Zytokin-Produktion (besonders TH1)
B-Zellen
• Immunglobulin-Produktion
• Klassenwechsel von IgM zu IgG
• Verhältnis von Memory-Zellen zu naiven Zellen
NK-Zellen
Killerfunktion
auch die Bewegung der Zellen auf chemische
Lockstoffe (Chemotaxis) geringer aus als bei
ausgereiften Zellen – ein Umstand, der als Resultat einer verringerten Plastizität des Zytoskeletts angesehen wird.
Auch das Komplementsystem ist in Menge und Funktion deutlich gegenüber den bei
Erwachsenen messbaren Werten verringert.
Dieser Effekt ist bei Frühgeborenen stärker
ausgeprägt und hält länger an als bei reif geborenen Kindern.
In Tabelle 1.1 sind Komponenten des neonatalen Immunsystems zusammengefasst,
deren Aktivität im Vergleich zum Erwachsenen verringert ist.
1.2 Entstehung allergischer Immunreaktionen
Die Faktoren, die auf Grundlage einer genetischen Prädisposition die Entstehung allergischer Erkrankungen bewirken oder begünstigen, werden wahrscheinlich schon sehr früh
in der Entwicklung angelegt und wirksam.
Durch das rasche Wachstum während der Fetal- und Säuglingszeit können schon geringe
Störungen der Organogenese enorme Aus-
wirkungen haben. Da das Immunsystem in
der Fetal- und Neonatalzeit wie beschrieben
eine generelle TH2-Ausrichtung hat, haben Erkrankungen wie Allergien und Asthma, die
gleichfalls mit überwiegenden TH2-Antworten einhergehen, in dieser Phase möglicherweise ihren Ursprung.
Die frühesten allergischen Sensibilisierungen können – zumindest theoretisch – bereits
in utero stattfinden. So lässt sich die spezifische
Reaktivität von T-Zellen gegen Nahrungsmittelallergene bereits in der Amnionflüssigkeit
und im Nabelschnurblut nachweisen (Casas u.
Bjorksten 2001). Es ist allerdings fraglich, ob
dies zu einer klinisch relevanten Sensibilisierung führt, da der Nachweis von Allergenspezifischen T-Zellen und spezifischen IgEAntikörpern im Nabelschnurblut nicht mit
der Entstehung von allergischen Erkrankungen in der Kindheit korreliert (Rowe et al.
2007).
Die Allergen-spezifischen T-Zellen im
Nabelschnurblut sind unreif und tragen Rezeptoren von nur geringer Spezifität, sodass
der Phänotyp dieser Zellen nicht auf eine abgelaufene Aktivierung hindeutet (Thornton
et al. 2004). Allergen-spezifische Gedächtnis(Memory-)T-Zellen lassen sich erst ab einem
Alter von 6–12 Monaten postnatal nachwei-
Grundlagen
Tab. 1.1 Komponenten des neonatalen Immunsystems, die im Vergleich zum Immunsystems des Erwachsenen
eine geringere Aktivität aufweisen.
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