Sichtbeton-Schrägstützen bewahren

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03 Gablerhaus_BauPortal 23.07.14 10:36 Seite 1
Sichtbeton-Schrägstützen
bewahren
mittelalterliche Funde
Beim Bau des Ulrich-Gabler-Hauses auf der Lübecker Altstadtinsel wurden mit Selbstverdichtendem Beton historische
Mauerfragmente geschützt und zugleich sichtbar gemacht.
Im März 1942 wurden die sechs Gebäude
an der Ecke Schüsselbuden/Alfstraße in
Lübeck zusammen mit weiten Teilen der
Hansestadt bei einem Bombenangriff der
Royal Air Force zerstört. Nach dem Krieg
blieb das Grundstück auf der Altstadtinsel vis-à-vis der Marienkirche unbebaut.
Als Archäologen in den 1980er Jahren
Ausgrabungen auf der Brache vornehmen, fanden sie historische Keller aus
verschiedenen Epochen. Unter dem zerstörten Eckgebäude kamen Umfassungswände und Pfeilerstümpfe aus dem frühen 13. Jahrhundert zum Vorschein, die
Reste des ältesten bekannten Saalgeschossbauwerks Nordeuropas. Diese repräsentativen Steinbauten sind eher selten
in den Städten an der Ostsee zu finden.
Seit 2009 ist die Ulrich-Gabler-Stiftung
Eigentümerin des Grundstücks, und für die
Bebauung schrieb sie einen Architektenwettbewerb aus. Das Ulrich-Gabler-Haus
soll zukünftig überwiegend Einrichtungen der Vorwerker Diakonie beherbergen,
z.B. Ladenflächen, eine Schauweberei,
eine Schautöpferei, eine Bonbonmanufaktur, eine Kaffeerösterei, eine Schule, eine
Kantine und ein Café. Etwa ein Drittel der
Fläche ist für Büros der Polizei vorgesehen.
Eine zentrale Frage war, wie soll man mit
den historischen Mauerfragmenten unter
dem Neubau umgehen?
Die passende Lösung hatten Konermann
Siegmund Architekten BDA, Hamburg/
Lübeck. Es sollen die mittelalterlichen
Wände in das neue Untergeschoss integriert und auch von außen sichtbar gemacht werden. Der Erdgeschossfußboden
tritt auf der Seite der Schüsselbuden um
3 m von der Gebäudehülle zurück, an der
Alfstraße um 1 m. Die Fassade ist im Erdgeschoss komplett zu einem Fenster in
die Geschichte aufgeschnitten. Durch die
Glasfassade ist das Untergeschoss mit den
historischen Grundmauern von der Straße
aus zu sehen, und die Gäste des Cafés im
Untergeschoss haben einen Blick auf die
Marienkirche.
Abb. 1:
Die architektonische Gestaltung
nimmt Rücksicht darauf, dass
mittelalterliche Wandfragmente
sichtbar bleiben.
(Foto: CEMEX Deutschland AG)
zu können, war eine komplexe Konstruktion aus einem hochmodernen Baustoff
nötig. Die CEMEX Deutschland AG stellte
als federführender Partner einer Liefergemeinschaft die Transportbetonversorgung des Bauprojekts Ulrich-Gabler-Haus
sicher. Insgesamt 1.600 m3 Beton baute
die ausführende Heinrich Karstens Bauunternehmung GmbH, Kiel, bis Ende Mai
2013 im Untergeschoss und in den vier
oberirdischen Geschossen ein. Das betontechnologische Highlight waren 25 m3 des
Selbstverdichtenden Architekturbetons
„aaton ultra“. Dieser Beton mit einem
Ausbreitmaß von mindestens 700 mm
eignet sich besonders für filigrane Bauteile, hohe Bewehrungsgrade, komplizierte
Geometrien, Sichtbetonoberflächen und
fast alle diese Anforderungen galt es in
der Lübecker Altstadt zu erfüllen.
Den Selbstverdichtenden Beton verwendete das Bauunternehmen um Schrägstützen herzustellen, die im Bereich der Glasfassade die Obergeschosse tragen und zugleich eine Belastung der mittelalterlichen
Grundmauern vermeiden. Die etwa 6 m
hohen und 40 x 40 cm dicken Stützen in
Sichtqualität erstrecken sich vom Fundament aus über zwei Ebenen.
Der aaton ultra C30/37 XC4 XD1 XS1 XF1
XA1 SC 16 M wurde mit ausgesuchten
Ausgangsstoffen hergestellt. Zur Rezeptur
gehören ein Zement CEM III/A 42,5 N-NA,
mineralische Rohstoffe aus dem Kieswerk
Lüttow der CEMEX Kies & Splitt GmbH
und bauchemische Zusatzmittel der
CEMEX Admixtures GmbH. Baustofftechniker von CEMEX begleiteten den Einbau
vor Ort. Die Herstellung der Schrägstützen
war vor allem schalungstechnisch höchst
aufwändig. Zum Einsatz kam eine glatte
Schalung mit Sichtbetonplatten.
Der Entwurf der Architekten Konermann
Siegmund sieht für den Neubau eine Kombination von Stahlbeton und Mauerwerk
vor. Der Architekt legt besonderen Wert
darauf, dass sich das Ulrich-Gabler-Haus
der Lübecker Altstadtbebauung anpasst.
Das Gebäude orientiert sich an der historischen Parzellierung. An diesem Ort standen einmal sechs Gebäude, und besonders
die starke Gliederung der neuen Dachlandschaft in der Längssicht spiegelt diese
historische Situation wider. Der Neubau
bekommt sechs Giebeldächer.
CEMEX Deutschland AG
Abb. 3: Die Architektur des Eckhauses
passt sich in das bestehende Gebäudeensemble ein.
(Grafik: Konermann Siegmund Architekten BDA)
Abb. 2: Der Architekturbeton „aaton ultra“
eignet sich besonders gut für die schrägen Stützen
in Sichtbetonqualität. (Foto: CEMEX Deutschland AG)
Um diese offene Gestaltung unter Berücksichtigung der Gebäudestatik umsetzen
BauPortal 8/2014 – www.baumaschine.de/Betontechnik
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