Die HLN im Theater Itzehoe Es ist nicht alles Gold, was glänzt… Die Inszenierung von Arthur Millers Klassiker „Tod eines Handlungsreisenden“ des Schleswig-Holsteinisches Landestheaters bot insbesondere für die Schülerinnen und Schüler einer Wirtschaftsschule einen dankenswerten Anlass, sich mit Sinn und Wert des Geldes auseinanderzusetzen: Willy Loman, seit 30 Jahren Vertreter, ist immer weniger in der Lage, den zeitbedingten Veränderungen in seinem Kundenkreis und den steigenden Erwartungen seiner Firma zu entsprechen. Und so wird er, für den materieller Erfolg alles ist, in dem Moment entlassen, als er endlich die letzte Rate für sein Haus zusammengespart hat. Unfähig mit dieser Situation umzugehen, begeht Loman Selbstmord, den er, um den Schein zu wahren und seiner Familie die Versicherungssumme zu garantieren, als Unfall arrangiert. Aber nicht nur er scheitert, auch seine Söhne, die er in seinem bedingungslosen Wohlstandsglauben erzogen hat, müssen erkennen, dass der amerikanische Traum von Glück und Erfolg nicht für jeden Wirklichkeit wird. http://www.theater-itzehoe.de/programm So die Ankündigung im Theaterprogramm. Die Reaktionen unserer Schülerinnen und Schüler sind hier in den besten Rezensionen jeder Klasse dargestellt. Herzlich Dank an das Ensemble und an das Theater Itzehoe für einen interessanten und lehrreichen Abend! Antje Christians Deutschlehrerin REZENSION | Elia Beyer Seite 1 von 2 Tod eines Handlungsreisenden in Itzehoe 22.10.2013 Theater Itzehoe Von Elia Beyer Ruhm, Geld, Ehre und Ansehen - all das wünscht sich Willy Loman, der in dem Theaterstück die Hauptrolle spielt. Doch sein Leben geht den Bach hinunter. Die Inszenierung des Stücks ist modernen Inhalten. Die Kleidung für die 40er Jahre in den USA. verwendet, wie zum Beispiel ein eine Mischung aus klassischen sowie der Darsteller ist klassisch und passend Aber auch moderne Requisiten werden ferngesteuerter Hubschrauber. Das Bühnenbild war zu Anfang des Stücks für mich als Zuschauer verwirrend, doch im Laufe der Darstellung bekam die glänzende Bühne nach und nach eine Bedeutung. Das Bühnenbild ist zusammengesetzt aus glänzenden Kästchen, die einerseits die Stadt und ihr zu Hause darstellen sollen. Ich vermute aber, dass die Bedeutung viel tiefer liegt: Es ist nicht alles Gold, was glänzt". Dies wäre ein passendes Sprichwort für die Handlung und für den Verlauf des Stücks. Die Darsteller tragen passend für die 40er Jahre klassische Kleidung: die Schauspieler meist ein Hemd und eine Anzughose und die Frau von Willy Loman ein Kleid. Bei Willy Loman (Stefan Hufschmidt) kann man gut beobachten, dass er, sobald er sich aufregt, seine Haare durchwühlt und seine Hosenträger halb herunter hängen. Die Kleidung spiegelt sein verrücktes Verhalten wieder. Willy Loman ist ein erfolgloser Verkäufer, dessen beste Zeiten schon vorbei sind. Doch er will das nicht wahrhaben und arbeitet wie ein Verrückter weiter. Verrückt ist eine passende Bezeichnung für das Verhalten von Willy Loman. Immer wieder hat er Verhaltensstörungen und Stimmungsschwankungen. Dies ist eine schauspielerische Meisterleistung von Stefan Hufschmidt. Er setzt die schwere Rolle ausgezeichnet um und verkörpert diese sehr glaubwürdig. Heidi Züger spielt Linda, die Frau von Willy. Sie ist quasi der Sündenbock für alle Probleme. Willy lässt oft seinen Frust an ihr ab. Heidi Züger setzt ihre Rolle sehr gut um und spiegelt die Verzweiflung der Familie wieder. Stefan Wunder spielt den erfolgreichen Sohn der Familie, Happy. Er hat alles erreicht, während Tobias Bode Biff, den Verlierer in der Familie, darstellt, der mit über 30 Jahren in seinem Leben noch nichts erreicht hat. Stefan Wunder ist quasi das Gegenstück zu Tobias Bode. Beide ergänzen sich im Theaterstück und spiegeln sich quasi als Gegensätze wieder. Eine besondere Rolle in dem Theaterstück spielt der von Willy Loman verstorbene Bruder Ben. Ben ist neben Willy einer der wichtigen Hauptcharaktere des Theaterstücks. Er war das, was Willy gerne gewesen wäre, erfolgreich. Der verstorbene Ben kommt in der Handlung immer wieder in den Halluzinationen von Willy zum Vorschein und ist somit auch für die Zuschauer auf der Bühne sichtbar. Dies ist eine absolute Besonderheit, die vor allem verdeutlicht, wie nahe Realität und Wahnsinn beieinander liegen. Rainer Schleberger spielt die sehr anspruchsvolle Rolle von Ben und setzt diese wirklich ausgezeichnet um. Das Stück machte auf mich einen sehr deprimierenden Eindruck, den ich auch bei weiteren Zuschauern erkennen konnte. Wenn ich für mich sprechen darf, kann ich sagen, dass ich das Gefühl hatte, dass in der Familie Loman alles REZENSION | Elia Beyer Seite 2 von 2 schief ging. Sowohl privat als auch geschäftlich war es kritisch. Ich als Zuschauer hoffte für die Familie auf ein positives Ende. Das eigentlich sehr tragische Stück wurde vom Publikum unterschiedlich aufgefasst. Ich wage zu behaupten, dass die Reaktionen des Publikums nicht unterschiedlicher hätte sein können. Die einen machten einen ergriffenen Eindruck, während andere es kaum abwarten konnten endlich gehen zu dürfen. Einige wenige Zuschauer erhoben sich beim Schlussapplaus und ich sah auch Personen, die Tränen in den Augen hatten. Ich kann sagen, dass ich jedem dieses Stück empfehle, wenn man Tragödien und schwere Handlungen bevorzugt. Die Handlung wird durch den verstorbenen Ben sehr „speziell“, weshalb ich zukünftigen Besuchern rate, sich ein wenig mit dem Autor Arthur Miller und der Geschichte des Stückes auseinanderzusetzen. Vor allem, weil die Handlung überwiegend auf der Ebene der Phantasie und der Realität stattfindet. Man sollte also als Zuschauer ein wenig Hintergrundwissen mitbringen und vor allem Einfühlungsvermögen, um die Handlung auch zu verstehen. Obwohl das Stück meinen eigentlichen Geschmack nicht trifft, muss ich sagen, dass es eine große schauspielerische Leistung ist. Für mich war es das erste Mal, dass ich so ein Theaterstück mit einer psychologisch schwierigen Handlung besuchte. Es war definitiv eine Erfahrung wert. REZENSION | Trutz Reinking Seite 1 von 2 „Tod eines Handlungsreisenden“ Aufführung des Schleswig-Holsteinischen Landestheaters in Itzehoe am 22.10.2013. Rezension von Trutz Reinking Das Bühnenbild des Schleswig-Holsteinischen Landestheaters besteht aus verschieden großen silberfarbenen Blöcken, die versetzt auf der Bühne angeordnet sind. Darüber hinaus gibt es keine Möblierung oder andere Requisiten. Das Bühnenbild hat im ersten Moment eine sehr irritierende Wirkung und man erwartet eine sehr moderne Adaption des Stückes. Da es nicht verändert wird, verlangt es ein hohes Maß an Fantasie und Aufmerksamkeit vom Zuschauer. Als Willy Loman gespielt von Stefan Hufschmidt die Bühne betritt, wird deutlich, dass die Kostüme nicht modernisiert sind. Willy Loman tritt auf wie ein Handelsreisender in den 40er-Jahren mit Anzughose und Hosenträgern. Einzige Ausnahme ist das Kostüm von Willys totem Bruder Ben, der einen silberfarbenen Glitzeranzug trägt und sich damit sehr futuristisch aus dem Jenseits meldet. Die Sprache wirkte zum größten Teil modernisiert, benutzt aber auch Redewendungen und Begriffe, die noch aus Millers Zeit zu stammen scheinen. Willy Loman wirkt wie betrunken und macht schon in der ersten Szene klar, dass er am Ende seiner Kräfte ist. Stefan Hufschmidt spielt den ausgebrannten Mann überzeugend. Seine Frau Linda gespielt von Heidi Züger und seine Söhne Biff (Tobias Bode) und Happy (Stefan Wunder) runden die Familie auf hohem Niveau ab. Doch auch Wiebke Wackermann, Reiner Schleberger und Michael Kientzle, die jeweils eine Doppelrolle spielen, überzeugen in ihren Rollen. Leider wird, um die Verzweiflung und Wut auszudrücken, sehr viel geschrien und gebrüllt, was sehr anstrengend ist. Hinzu kommt, dass einige Textpassagen durch schnelles Sprechen und gleichzeitiges Schreien sehr schwer verständlich werden. Die Tagträume von Willy Loman werden auf den Blöcken dargestellt, was ich sehr gelungen finde, da ihre surreale Ebene so deutlich wird. Allerdings wird dieses Stilmittel nicht konsequent durchgezogen, da die Tagträume teilweise von den Blöcken hinunter in die Realitätsebene wandern. Man kann nicht genau sagen, ob dies nur Ausdruck von Willy Lomans steigender Verwirrtheit ist oder auch den Zuschauer in eine solche versetzen soll. An den Blöcken haften silberfarbene Plättchen, die je nach Stimmung abgerissen oder angeheftet werden. Außerdem bewerfen sich Happy und Biff REZENSION | Trutz Reinking Seite 2 von 2 damit und spielen. Die Bedeutung der Plättchen erschloss sich mir erst nach der Pause und nach genauer Beobachtung und Befassung in der zweiten Hälfte. Meiner Meinung nach ist dieses Stilmittel gut, wenn auch sehr abstrakt und schwer verständlich gewählt. Abschließend kann ich sagen, dass die Inszenierung des SchleswigHolsteinischen Landestheaters es dem Zuschauer nicht leicht macht. Die unterschiedliche Ausgestaltung von Bühnenbild, Kostümen und Sprache hat mich, auch wenn ich mich in das Stück einarbeiten konnte, bis zum Schluss irritiert. Auch wenn es mir trotzdem gut gefallen hat, bleibt das Stück unbequem und verlangt deshalb viel Aufmerksamkeit und Fantasie. Da das ja durchaus positiv ist, war es für mich eine sehr gelungene Aufführung. REZENSION | Rolf Zimmermann Seite 1 von 2 Das Leben in der Betonwüste Am Dienstag den 22.10.2013 wurde das Drama „Tod eines Handlungsreisenden“ unter der Regie von Angelika Zacek im Stadttheater Itzehoe aufgeführt. Von Rolf Zimmermann Wer lang und hart arbeitet, wird stets mit Erfolg belohnt. Dies ist das Versprechen des Kapitalismus – der amerikanische Traum. Wie viele andere glaubt auch der Handelsvertreter Willy Loman an dieses Versprechen und arbeitet zielstrebig auf dessen Erfüllung zu. Der Anfang wirkt vielversprechend. Ein Haus im Grünen, eine Frau, die ihn nach Leibeskräften unterstützt, für seine zwei Söhne ist er der Held und auch beruflich macht er sich einen Namen. Der durchschlagende Erfolg bleibt aber aus. Willy Loman ist mittlerweile über sechzig. Er arbeitet immer noch als Handelsvertreter, was ihm im Alter immer schwerer fällt. Sein Haus im Grünen ist umringt von unansehnlichen Betonbauten. Das Verhältnis zu seinem ältesten Sohn Biff ist zerrüttet. Für Loman ist der Traum von Ruhm und Geld in weite Ferne gerückt. Er misst seinen Erfolg mit dem seines mittlerweile verstorbenen Bruders Ben. Für Willy ist Ben die Verkörperung des amerikanischen Traums. In nur vier Jahren hatte er es zu Reichtum und auch Ruhm gebracht. Der über die Jahre selbst auferlegte Leistungsdruck hat Willy in die Ecke gedrängt. Müde vom Streben nach dem Glück, sucht Willy verzweifelt einen Ausweg, um zu beweisen, dass er doch etwas wert ist. Seit der Uraufführung 1949 hat das Stück nicht an Aktualität verloren. Im Gegenteil, die Geschichten von gescheiterten Träumen vom Erfolg sind so reich an der Zahl, dass der „Tod eines Handlungsreisenden“ droht in der Masse unterzugehen, wäre er kein Klassiker. Sprünge über die Wolkenkratzer Dem Publikum des Stadttheaters Itzehoe wird Geschrei der erlesensten Form dargebracht. Hitzige Streitgespräche zwischen Vater Willy (Stefan Hufschmidt) und Sohn Biff (Tobias Bode) prägen den Abend. Besonders der lautstarke Vortrag von Willys Frau Linda (Heidi Züger) kann überzeugen. Die Angst um ihren Mann lässt sie aus ihrer eher unterwürfigen Art ausbrechen und zeigt ihre eigentliche Stärke. Doch kunstvolles Gekreisch ist nicht das Einzige, das Zaceks Aufführung bietet. Das Stück besticht vor allem durch Dynamik, Energie und versteckte Gefühle. Dynamik und Energie werden durch das minimalistische Bühnenbild unterstützt – vielleicht gerade erst möglich. Es handelt sich dabei um eine Miniaturnachbildung eines Gebäudeblocks mit Flachdächern in verschiedener Größe. Abnehmbare Plättchen stellen die Fenster dar und manche von ihnen reflektieren das Licht. In den Händen der Schauspieler erhalten sie vielseitige Anwendung. In einer Szene sind sie Wurfgeschosse oder Saatgut, in einer anderen dienen sie als Puzzleteile für Willys Plan. Der im Stück eingebaute minimalistische Umbau des Bühnenbildes wird kaum bemerkt und ist daher bemerkenswert. Zur Unterstreichung der Stimmung wird viel mit Licht gearbeitet, welches sehr gelungen umgesetzt ist. Das Einbeziehen des Bühnenbildes verlangt den Schauspielern einiges ab. Sie turnen auf den Dächern New Yorks herum und tun so, als wäre es das natürlichste der Welt. REZENSION | Rolf Zimmermann Seite 2 von 2 Die Abschlussszene auf dem Friedhof, in der Familie und Freunde in Zeitlupe auf den Grabstein Willys zu kriechen, wirkt dagegen überzogen. Das selbstauferlegte Kreuz Heimliche Sünden, Selbstbetrug, um anderen zu gefallen, die Vorspiegelung einer heilen Welt, die Angst vor Neuem und halbherzige Entscheidungen sind unsere ständigen Begleiter. Mit Willy Loman haben sie eine innige Freundschaft geschlossen. So hatte er eine Affäre mit der Empfangsdame Miss Forsythe, welche er seit 18 Jahren verschweigt. Biff ist Teilhaber dieses Geheimnisses.Willy Loman würde diesen Vorfall am liebsten vergessen, doch jedes Mal, wenn seine Frau ihre Strümpfe stopft, wird er daran erinnert. Immer noch redet sich Willy ein, dass aus Biff noch etwas ganz großes wird und dass ihm dafür der Dank gebührt. Biff kann sich nicht entscheiden, ob er dieses Bildnis von ihm bestärken oder zerstören soll. Doch Willy macht es ihm nicht einfach. So oft wie möglich, versucht er Biff in seine Illusionen hineinzuziehen. Happy (Stefan Wunder) will nur zu gern, dass sein alter Herr glücklich ist und tischt diesem jede Lüge auf, die er hören möchte. Linda versucht stets nur das Positivste an Willy heran zu lassen und auch der imaginäre Ben (Reiner Schleberger) meint, dass Willy alles schaffen könne, wenn er nur den Mut dazu aufbringe. Willy hat die Chance auf einen sicheren Job, den er stets ablehnt. Dem Publikum wird das Ergründen dieser Entscheidung überlassen. Diese Situation taucht häufig auf, sodass die Zuschauer gezwungen sind, sich in die einzelnen Rollen einzufühlen. Letzter Lob und Tadel Stefan Wunder als Happy spielte vorzüglich das Verbindungselement für Willy und Biff. Die geringe Aufmerksamkeit ließ gewissen Bruderneid erahnen, doch war er mehr als bereit die anderen Beziehungen zu unterstützen. Michael Kientzle ließ in seiner Doppelrolle als Nachbarsjunge und Juniorchef allerdings etwas zu wünschen übrig. Er wirkte abwesend und teilnahmslos - mehr als er sollte. Es wäre sicher nicht verkehrt etwas mehr Stimmenvariation einzubauen. Insgesamt eine sehr gelungene Aufführung des klassischen „Tod eines Handlungsreisenden“ mit wenigen Neuerungen. Ich freue mich schon auf das nächste Mal. R.J.Z.