Kritiken zum Stück "Tod eines Handlungsreisenden", aufgeführt im

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Kritiken zum Stück "Tod eines Handlungsreisenden", aufgeführt im
Schauspielhaus Düsseldorf
Alt, verbraucht, unverstanden - Willy Loman ist am Leben in der
modernen Gesellschaft gescheitert. Arthur Millers hochaktuellen Klassiker
"Tod eines Handlungsreisenden" inszenierte das Schauspielhaus
Düsseldorf. Lesen Sie die Kritiken der Studierenden des Seminars
"Theaterkritiken", Wintersemester 2002/2003.
American Dream ausgeträumt (Britta Biergans)
Was ist das Geheimnis des Erfolges? Wie fühlt sich ein Mann, wenn er am
Lebensende mit seinen Fehlern konfrontiert wird? Wenn er zusehen muss,
wie seine Träume, sein ganzes Dasein einem Kartenhaus gleich in sich
zusammenfällt? Diese Frage beschäftigt Arthur Millers
"Handlungsreisenden" neunzig Minuten lang im Schauspielhaus Düsseldorf
im Januar 2003.
Der Vertreterjob hat ihn verbraucht, jetzt ist es zu spät, um dem Bruder
nach Kanada zu folgen. Die Kündigung in der Firma lässt auch nicht auf
sich warten. Zwei Söhne: der eine zum Schürzenjäger
heruntergekommen, ringt vergeblich um die Anerkennung des Vaters; der
andere, Biff, von den Eltern vergöttert und im Leben gescheitert. Den
Schein zu wahren ist nahezu unmöglich, auch wenn die Mutter stets
bemüht ist Konfrontationen zwischen dem Vater und den Söhnen
auszugleichen.
Aber Biff spielt da nicht mit, und so kommt es letztendlich auch zur
Eskalation.
Der Herausforderung den Stoff zeitgemäß auf die Bühne zu bringen hat
sich der Regisseur Burkhard C. Kosminski mit Bravour gestellt. Seine
mutige Adaption besticht auch durch moderne Technik.
Das Bühnenbild wird durch einen riesigen, drehbaren Kubus dominiert, an
dem innen und außen Stahlleitern entlanglaufen. Weiß bespannt ist er
Projektionsfläche für Videosequenzen von amerikanischen Impressionen
bis zu Interviews mit den Charakteren. Diese schliessen in Form von
dokumentarischen Rückblicken Wissenslücken und beschleunigen so das
Bühnengeschen.
Darüber hinaus ist der Kubus auch Symbol für die Traumwelt, in die sich
der Protagonist flüchtet. Imaginäre Besuche des erfolgreichen Bruders
oder der ehemaligen Geliebten, die mit ihrem roten Lackmantel und dem
glockenhellem Lachen an eine Sirene erinnert, nehmen hier ihren
Ausgang. Im Gegensatz zu der (Alp-) Traumwelt spielt das reale Leben
der Familie im Bühnenvordergrund.
Wir erhalten Einblick in ihre Wohnung. In ihr stehen Kühlschrank und
Couch mit dem Rücken zum Publikum, wie auch gelegentlich die
Darsteller. Der Zuschauer zum Voyeur. Ständig bühnenpräsent die Koffer
des Handlungsreisenden. Als wäre er nur auf der Durchreise, gleichsam
eine Metapher für sein unruhiges, nie zum Ziel gelangendes Leben. Doch:
Was ist das Ziel des Lebens? Für den Vater ist es Erfolg, quälend seine
immer wieder gestellte Frage: "Was ist das Geheimnis?" Eine
befriedigende Antwort erhält er nicht, als Konsequenz bleibt lähmende
Hilflosigkeit. Sicher ist nur, dass er, bemüht alles richtig zu machen,
nahezu alles falsch gemacht hat. Er flüchtet zuerst in den Wahnsinn und
dann in den Selbstmord. Ein eindrucksvoller Abgesang auf amerikanische
Mythen: entlang der Stahlleitern läuft der alte Mann hoffnungslos dem
Tempo des sich drehenden Kubus hinterher. Parallel werden vom
Aufnahmen vom 11. September und der Freiheitsstatue gezeigt.
Ohrenbetäubende elektronische Musik vervollständigt die Attacke auf die
Sinne. Verstörender kann Theater kaum sein.
Stille - Applaus - Was bleibt?
American Dream auf der Psycho-Couch (Nicole Dunschen)
Willy Loman am Abgrund, gleichzeitig treppauf- treppab, dem Erfolg
hinterher, aber die rotierende würfelartige Projektionsfläche auf der Bühne
des Düsseldorfer Schauspielhauses ist schneller. Untermalt von harten
Technobässen, drängend und paralysierenden zugleich. Der Tod des
Handlungsreisenden wird in Bild und Ton aufgelöst. Projektionsfläche für
schnelle Videosequenzen: Coca Cola, Mac Donalds, Twin Towers,
Freiheitsstatue, Börsendaten, für Willys Wünsche im Land der
unbegrenzten Möglichkeiten. Neben symbolhafter Bilderflut und Interviews
werden auch Life-Nahaufnahmen der auf der Bühne agierenden
Schauspieler auf die Leinwände geschwemmt. Die Intimität des Mienenspiels ist ungewohnt, fesselt die Aufmerksamkeit.
Burkhard Kominskis hervorragende Inszenierung des Dramas "Tod eines
Handlungsreisenden" (1949) von Arthur Miller ist harter Tobak gegen die
amerikanischen Ideale. Leider kommt sie manchmal nicht ohne moralisch
erhobenen Zeigefinger aus.
Erfolg macht den Wert des Menschen aus, Misserfolg gesteht der
Handlungsreisende nicht ein. Zahnpastalächeln, der wahnwitzige Appell:
Denk positiv! Der easy- going way of life bis zum bitteren Ende.
Facettenreich: Wolfgang Reinbacher als Willy Loman, der low - man. Der
nach den Sternen greift, hilfloser Ausgestoßener der Erfolgsgesellschaft,
armer Irrer, tyrannischer Hausdrache, liebender Vater, verkorkster
Charakter, der seinen Stolz längst über Bord geworfen hat. Immer öfter
die drängende Frage Willys: "Was ist das Geheimnis des Erfolgs? Was ist
das Geheimnis?". Auf subtile Art und Weise stellt Reinbacher die
seelischen Mechanismen des amerikanischen Traumes aus.
Eindringlich, eindrucksvoll: Biffs (Steffen Schroeder) Kampf, den Vater aus
seiner Verblendung zur erhellenden Erkenntnis der WIrklichkeit zu führen,
die illusorischen Ziele, die Last der eigenen Erfolglosigkeit, die sein Vater
ihm auflädt, abzuschütteln.
Die Vergangenheit der Familie, die Miller in zahlreichen Rückblenden
darstellt und das komplizierte Beziehungsgeflecht im Original streicht
Dramaturg Frank Raddak zusammen. Happy deshalb nur als dümmlichflacher Pappfiguren- Halodri. Ben, Willys Bruder, nur goldene Kreditkarte.
Um die Tiefen ihrer Seele dann aber doch noch auszuleuchten, müssen die
Familienmitglieder auf die Psycho- Couch. Eine sonore distanzierte
Stimme entlockt Biff, Happy und Linda in eingespielten Filmen allerlei
Geständnisse, Dokumentation ihrer Ängste und Lebensunfähigkeit.
Realistisches Portrait Amerikas ist auch der Vordergrund von Florian Ettis
hervorragender Bühne: der amerikanische Mega- Kühlschrank, die lässige
Sofaecke wenden uns den Rücken zu. Kein Illusionstheater in dem der
Zuschauer "angespielt" wird, sondern das Prinzip der naturalistischen
"vierten Wand". Der Zuschauer sitzt an einer Wand des Wohnzimmers der
Lomans und beobachtet den Untergang Willys. Demonstration des Falles
Loman in seiner Kausalität und Determiniertheit.
Am Anfang war der Tod. Die Eingangsszene spiegelt den Ausgang: Linda
Loman trauert; das Leben ist Willy einfach davon gelaufen.
Mein Haus, meine Frau, mein Job (Uta Graßhoff)
Ein halbes Jahrhundert und immer noch aktuell: Das Schauspielhaus
Düsseldorf inszeniert Arthur Millers Tod eines Handlungsreisenden.
Mein Haus, meine Frau, meine Söhne, mein Job: Eigentlich hat Willy
Loman alles. Doch hinter dem Idyll der gutbürgerlichen Kleinstadtfamilie
fault und modert es. Zu alt und verbraucht für den Beruf als Vertreter
arbeitet er nur noch auf Provision; die einzig sichere Geldquelle ist das
Portemonnaie des mitleidigen Nachbarn und die Beziehung zu den Söhnen
Biff und Happy ist alles andere als innig.
Das Schauspielhaus Düsseldorf brachte Anfang Januar Arthur Millers
Pullizer-Preis gekröntes Stück Tod eines Handlungsreisenden auf seine
Bühne.
Geprägt durch die Weltwirtschaftskrise entlarvt Miller mit dem
wirtschaftlichen und sozialen Absturz Lomans den Mythos des American
Dreams. Und auch heute, nach über fünfzig Jahren, ist das Stück, in der
Zeit von "Sex-sells"- Mentalität und Ellenbogengesellschaft, beklemmend
aktuell.
Unter der Regie von Burkhard C. Kosminski kämpft Loman (überzeugend:
Wolfgang Reinbacher) gegen sein Schicksal als austauschbares Rädchen
im Getriebe der stets jungen und innovativen Arbeitswelt. Doch je
verzweifelter, cholerischer und lauter er sich abstrampelt, desto näher
gerät er an den Abgrund.
Die Familie als emotionaler Zufluchtsort existiert nicht mehr. Biff, in den
der Vater seine unerfüllten Karriere- Träume projiziert, outete sich als
orientierungsloser Vagabund, der die Grenze der Legalität längst
überschritten hat. Happy widmet sich amourösen Abenteuern statt
Zukunftsplänen und Lomans Frau Linda nimmt stillschweigend und
Tubenkäsehäppchen schmierend die Selbstmordversuche ihres Ehemanns
hin. Biff bringt das Familiendesaster auf den Punkt: "In dieser Familie
wurde noch nie länger als zehn Minuten die Wahrheit gesagt." Als sich die
Schlinge immer weiter zuzieht sieht Loman aus- und abgebrannt nur noch
einen Ausweg: Seinen Tod und die Lebensversicherung.
Während Kosminki auf gravierende inhaltliche und sprachliche
Abweichungen von Millers Orginaltext verzichtet, erweitert er ihn originell
durch Film- und Musiksequenzen. Die im Dramentext häufig irritierenden
Rückblicke flimmern als Interviewfetzen über einen leinwandbespannten
Kubus. Gleichzeitig ist dieser mit seinen eisernen Treppenkonstruktionen
Schauplatz ausdrucksstarker Szenen. Der Kubus rotiert, Loman rennt. Er
rennt vorbei an Fastfood-Logos, Hochhäusern und brennenden Stars-andStripes, die über das Zelluloid zucken. Der Quader wird schneller, die
wummernde Musik lauter, Loman langsamer. Solange bis er einfach nicht
mehr auf den Treppen erscheint, Totenstille anbricht und das Licht erlischt
-kräftiger Applaus.
Endstation Lebensversicherung (Hanna Jarowinsky)
Arthur Millers "Tod eines Handlungsreisenden" ist spannend und tragisch Burkhard Kosminskis Inszenierung am Düsseldorfer Schauspielhaus
berührt allerdings nicht .
"Wie kann’s denn Käse aus der Tube geben?" Nichts ist, wie es einmal
war. Der Fortschritt nicht mehr aufzuhalten. Das eigene Leben hält nicht
Schritt. Willy Lomann steht kurz vor der Pension. Seine Lebensbilanz
schreibt rote Zahlen. Ungläubig beäugt er die Einkäufe seiner Frau. Käse
aus der Tube - nicht zu glauben. Ebenso wie die Tatsache, dass sich sein
Lebenstraum nicht erfüllt, sich sogar ins Gegenteil wendet.
Burkhard Kosminskis Inszenierung des Klassikers "Der Tod eines
Handlungsreisenden" am Düsseldorfer Schauspielhaus kommt merkwürdig
schleppend daher. Dabei ist der Stoff aktueller denn je und das Schicksal
des Protagonisten bietet die Vorlage für eine klassische Tragödie. Willy
Lomann ist Handelsvertreter, er fährt jeden Tag hunderte von Kilometern.
Seine Karriere neigt sich dem Ende, sein Lebenswerk ist nicht von Erfolg
gekrönt. Die Firma braucht ihn nicht mehr. Es gibt jetzt Jüngere, die
seinen Job machen. Schneller und besser ist die Devise. Wer nicht
mithalten kann, ist raus.
Die Söhne Biff und Happy, vergraben unter gesellschaftlichem Anspruch
und elterlichen Wünschen, kompensieren ihren Frust mit Videospielen und
Vorwürfen gegen alles und jeden. Ein hervorragendes Ventil für Willy,
seinen eigenen Ärger herauszuschreien, um dann Trost bei seiner Frau zu
suchen. Sie soll die Starke sein und versucht es allen recht zu machen tut sie doch immer noch so, als glaube sie Willy seinen Wochenverdienst
von 40 Dollar. Das geliehene Geld reicht hinten und vorn nicht. Was bleibt
ist die Lebensversicherung.
Zwischen den spärlichen Requisiten - Sessel und Fernseher, Couch und
Kühlschrank mit Familienfotos - zieht die Handlung ihre Bahnen.. Es geht
hier nicht nur um die Illusion von Freiheit und Wohlstand für alle in einem
gnadenlos dynamisch-liberalen (Wirtschafts-) System. Im speziellen
nimmt sich Kosminski auch dem "Amerikanischen Traum" vor - wie die
videoprojizierten Bilder von Freiheitsstatue und brennender
amerikanischer Flagge unmissverständlich klar machen. Das ist
ebensowenig originell wie die semidokumentarischen Filmausschnitte. In
Großaufnahme beschreiben die Figuren ihre Gefühle und Gedanken - wie
in einer therapeutischen Sitzung. Ob Kosminski der dramatischen Wirkung
des Originalstücks nicht traute oder ob er durch diesen "Kunstgriff" den
Stoff modernisieren wollte, ist nicht auszumachen.
Einzig überzeugend - zeitweise großartig - bleibt Wolfgang Reinbacher in
der Rolle des Willy Lomann. Doch er allein vermag dem Stück die
Spannung und Tragik nicht zurückzugeben.
Das Gesetz des Erfolges (Kornelia Michalik)
Arthur Millers "Tod eines Handlungsreisenden" ist ein Abgesang auf den
amerikanischen Traum - "The American Way of Life".
"Ben, wie hast Du es geschafft, wie heißt die Lösung?", fragt flehentlich
hilfesuchend Willy Loman (Wolfgang Reinbacher) im Traum seinen Bruder
Ben
(Thomas Meinhardt). Ben, der erfolgreiche Geschäftsmann im eleganten
cremefarbigen Anzug lebt das Leben, das Willy und andere eine glückliche
Existenz nennen. Miller schuf mit diesem Stück, geschrieben 1949,
dramatisches Neuland, indem er dem kritischen Gesellschaftsdrama eine
psychologische Bedeutung verleiht. Burkhard C. Kosminsk, der Regisseur
am Düsseldorfer Schauspielhaus, zeigt mit seiner Inszenierung im Januar
2003 das brennend aktuelle Stück: verkörperte Gefühlswelt auf der Bühne
und reflektierte Gedanken im Interview auf der Leinwand zeigen die
Parallelen zur heutigen Leistungsgesellschaft.
Der Glaube an Erfolg und Macht, oder wie Miller es sagt "das Gesetz des
Erfolges", hat Willy vernichtet. Denn, ein Mensch, der in seinem Leben
erfolglos bleibt, hat kein Recht mehr zu leben. Seinen Tod bei einem
Autounfall fingiert Willy, um der Familie die volle Summe seiner
Lebensversicherung zukommen zu lassen. Wenigstens nach seinem Tod,
soll er als treu sorgender Ehemann und guter Vater endlich anerkannt
werden.
Zuvor ist seine Welt so bedrückend eng und himmellos, dass er sich in
seine Traumwelt zurückzieht. Anerkennung, Erfolg und Wohlstand ersehnt
er sich so sehr, dass sie sich als Lebenslüge manifestieren. Der
Schauspieler Steffen Schroeder (alias Biff) Willys Sohn verkörpert das
Gegenteil von dem "Gesetz des Erfolges". Biff will nicht erfolgsorientiert
leben, er will frei sein und ohne Lügen leben. Als vielversprechender
Schuljunge - im Gegensatz zu seinem Bruder Happy, der nur als
Nichtsnutz geduldet wird - erwischt Biff seinen geliebten Vater mit einer
anderen Frau.
Burkhard C. Kosminski inszeniert die unterschiedlichen Zeitebenen und die
verschiedenen Orte auf einer Bühne ohne Umbauten. Ein riesiger sich
drehender Würfel mit Feuertreppe, die an die Außenfassade der Häuser in
Brooklyn erinnert, dient als Leinwand, Zeitmaschine und Willys Traumwelt.
Biffs enttäuschtes und entsetztes Gesicht auf der Leinwand reicht aus, um
seine Gefühlsregung nachzuvollziehen - Worte sind überflüssig.
Jahre später kommt es zum Eklat zwischen Vater und Sohn vor der
versammelten Familie. Biff fordert seinen Vater auf endlich die Wahrheit
zu sagen und seine Lebenslüge zu begraben. Mit hohem
Wiedererkennungswert verkörpern greifbar realistisch die Schauspieler
Stefan Schroeder (alias Biff) und Wolfgang Reinbacher den Vater-SohnKonflikt.
Am Ende dreht sich der riesige Würfel, auf der Leinwand plakative Bilder
des westlichen Kapitalismus, wie Mc Donald’s, Coca Cola und riesige
Wolkenkratzer, untermalt mit heftigster Drum´n´ Bass Musik.
Währenddessen steigt Willy die Treppen immer schneller hoch und runter.
Die Frage bleibt offen, ob er seine letzte gewünschte Anerkennung erhält.
Vom Tellerwäscher zum Millionär - aber wie ? (Alexandra Pilz)
Tod eines Handlungsreisenden im Schauspielhaus Düsseldorf
Auf der Bühne steht ein riesiger Würfel aus Leinwänden, auf die Videos
projiziert werden; schnell wechselnde Bilder von Großstädten, dazu
dröhnende Musik, typische Bilder aus den lauten, vollen Städten und
dazwischen taucht immer wieder die amerikanische Flagge auf. Sie steht
als Zeichen für "The American way of life" und "The American Dream".
Ein gesellschaftskritisches Stück schrieb Miller mit "Death Of A Salesman",
lautet der Originaltitel des Stücks von Arthur Miller, das Ende Dezember
im Schauspielhaus Düsseldorf Premiere hatte.
Das Stück, für das Miller den Pulitzerpreis erhielt, erschien 1949, hat aber
bis heute nicht an Aktualität verloren. Das macht jetzt die moderne
Inszenierung von Regisseur Burkhard C. Kosminski deutlich.
Der Handlungsreisende Willy Loman strebt sein Leben lang nach
beruflichem Erfolg. Für seine Firma reist er über 30 Jahre lang durch
Amerika und wird gekündigt. Auf der ständigen suche nach dem
Geheimnis, das zum Erfolg führt, flüchtet er sich verzweifelt in eine
Traumwelt. Dort spricht er mit seinem verstorbenen Bruder, der sehr
erfolgreich war. Immer wieder fragt Loman : "Was ist das Geheimnis ?"
Aber er erhält keine Antwort. Gibt es überhaupt ein Geheimnis ? Loman
scheint fest daran zu glauben, denn sein Bruder hat es schließlich
geschafft. Diese Frage ist aktuell, denn sie bestimmt auch in der heutigen
Zeit das Leben vieler Menschen.
Der Amerikanische Traum ist in diesem Stück ein zentrales Thema. Doch
wie kann man ihn leben? Wie wird man vom Tellerwäscher zum Millionär ?
Oder ist das nur eine Illusion ? An dieser Frage scheitert Willy Loman
schließlich verzweifelt. Das Stück endet mit seinem Tod.
Wolfgang Reinbacher ist in der Rolle des Willy Loman brillant.
Hervorragend auch der junge Schauspieler Steffen Schroeder in der Rolle
seines Sohnes Biff.
Insgesamt eine sehr gelungene Inszenierung eines sehr interessanten
Stücks mit hohem Aktualitätswert. Vom Publikum langer Applaus für die
gute Leistung der Schauspieler.
Abgrund hinterm rosa Kühlschrank (Victoria Vigener)
Willy Loman ist nicht zu beneiden. Sein älterer Sohn Biff hasst ihn, der
andere ist ein "verbummelter Schürzenjäger". Die meisten seiner Freunde
sind tot. Das einzige, was seine Geliebte von ihm will, sind
Nylonstrumpfhosen. Schon lange muss er sich Geld von Nachbar Charly
leihen. Zu guter Letzt setzt ihn die Firma, bei der er seit 36 Jahren
arbeitet, vor die Tür.
Das Stück "Tod eines Handlungsreisenden", das Regisseur Burkhard C.
Kosminski im Januar 2003 im Großen Schauspielhaus aufführte, schildert
das Leben einer gescheiterten Existenz, die am Fortschritt der Gesellschaft
zerbricht. Obwohl schon 1949 von Arthur Miller geschrieben, spricht das
Drama eine zeitlose Problematik an, die der Regisseur gelungen in Szene
setzte.
Das Bühnenbild suggeriert Harmonie: Ein rosa Kühlschrank, Sofa und
Sessel erinnern an kleinbürgerliche Idylle. Doch langsam zeichnen sich
Abgründe ab. "Ich bin unersetzlich", tönt Willy (herausragend: Wolfgang
Reinbacher), und: "Ich habe einen guten Job!", als seine Frau Linda nach
seiner Arbeit fragt. Entrüstet widerspricht er ihren Zweifeln, ob er als 60jähriger noch als Vertreter herumreisen sollte. Doch sein Eifer verrät ihn.
Er ahnt, dass seine Firma ihn als billige Arbeitskraft ausbeutet.
Eindringlich Willys Begegnung mit seinem Chef, der ihm kaltschnäuzig
kündigt. Mit hängenden Schultern drückt Wolfgang Reinbacher Willys
ganzes Elend aus. Hilflos sieht er sich mit einer Gesellschaft konfrontiert,
bei der es nicht um Charakter, sondern um Leistung geht. Seiner Familie
verheimlicht er den Jobverlust. Rührend und tragisch Willys Scham
gegenüber Charly. "Ich führe genau Buch über meine Schulden", sichert
er ihm ungefragt zu.
Doch nicht nur hier türmen sich Konflikte auf: Willy wünscht sich für
seinen Sohn eine gute, angesehene Arbeit. Doch der fühlt sich vom Vater
nur unter Druck gesetzt. "Ich bin ein Nichts", schreit er dem Vater
verzweifelt entgegen. Jede Begegnung zwischen beiden gleicht einem
Kampf - verbal, dann körperlich.
Einfallsreich baut der Regisseur verschiedenen Interviewsequenzen ein, in
denen Bekannte Willys zu Wort kommen. Sie werden zwischen den
Szenen auf eine riesige Leinwand im Hintergrund eingeblendet, und
dokumentieren den Niedergang des 60-jährigen. Ebenfalls auf der
Leinwand sind Bilder von Hubschraubern, Skyscrapern, Ölfeldern zu
sehen, begleitet von ohrenbetäubender Technomusik - sie symbolisieren
die neue, veränderte Welt, mit der Willy nicht mehr mithalten kann. Sein
aussichtsloser Kampf gegen den Fortschritt veranschaulicht der Regisseur
besonders eindrucksvoll mit der letzten Szene: Die große, quadratische
Drehbühne im Hintergrund beginnt sich immer schneller zu drehen. Willy
rennt die Treppen, die am Quader angebracht sind, hinauf und hinunter er versucht, mit dem Tempo Schritt zu halten. Am Ende bleibt er auf der
Strecke.
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