Sommerlicher Wärmeschutz

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Peter Deutscher, Martin Elsberqer und Lothar Rouvel
Sommerlicher Wärmeschutz
Eine einheitliche Methodik für die Anforderungen an den winterlichen und
sommerlichen Wärmeschutz, Teil 1
Die energetische Beurteilung von Gebäuden ist in der Vergangenhe it vom Zielkriterium eines möglichst geringen Heizwärmebedarfs und damit einer Gebäudebetrachtung rein während
der Heizperiode geprägt worden. Zur energetischen Gesamtoptimierung sowohl bestehender als auch neu zu errichtender
Gebäude ist künftig als weiterer Schritt - insbesondere für
Nichtwohngebäude - eine Betrachtung des sommerlichen Gebäudeverhaltens erforderlich. Ziel ist es, durch bauliche Maßnahmen die Notwendigkeit zur Gebäudekühlung - und somit
den Einsatz raumlufttechnischer Anlagen - in unseren Breitengraden bei üblicher Gebäudenutzung zu vermeiden und zugleich den Behaglichkeitsanforderungen der Gebäudenutzer
während der Sommermonate Rechnung zu tragen .
Die in dieser Veröffentlichung vorgestellten Berechnungsbzw. Nachweisverfahren können hierzu einen Beit rag leisten
und sollen in die künftige Energieeinsparverordnung einfließen. Sie werden aus diesem Grund bereits in die Neufassung
der DIN 4108 (Wärmeschutz und Energieeinsparung im Hochbau, Teil 2 und Teil 9) eingearbeitet, auf die die Energieeinsparverordnung hinsichtlich anzuwendender Berechnungsverfahren künftig verweisen wird .
A consistent method for the specification of summer indoor
temperatures requlations and thermal insulation of buildinqs,
Part 1. In the past estimation the energy consumption in buildings aimed to reduce the heating energy requirement as
sma// as possible. Therefore the major aspect of energy consumption was the view an the heating period. The optimization of energy consumption of existing and new buildings requires also as a further step - especially in non residential
buildings - the consideration of thermal performance under
summer conditions. This suits the purpose of avoiding overheating in summer as weil as of limiting the energy cooling
requirements to a minimum.
The introduced procedures and evaluation methods help to
discribe the thermal behavior of rooms during summer period.
The new formulation of DIN 4108 (,,Thermal lnsulation and
114
Prof. Dr.-lng. habil. Lothar Rouvel, Dipl.-Ing. Peter Deutscher, Dipl.Ing. Martin Elsberger, Lehrstuhl für Energiewirtschaft und Anwendungstechnik der Technischen Universität München, Arcisstraße
21, 80333 München.
Lothar Rouvel - 1965 Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik, Studienrichtung Starkstromtechnik an der Technischen Hochschule Kassel,
anschließend wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Forschungsstelle für Energiewirtschaft in Karlsruhe, 1972 Promotion an der
Technischen Universität München, 1978 Habilitation auf dem Fachgebiet Energietechnik und -versorgung, seit 1980 Professor an der
Technischen Universität München.
Peter Deutscher - 1996 Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik und
Informationstechnik, Studienrichtung Energietechnik an der Technischen Universität München, seit 1998 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fachgebiets Energietechnik und -versorgung der Techni schen Universität München.
Martin Elsberger - 1995 Diplom-Ingenieur des Maschinenwesens,
Studienrichtung Produktionstechnik an der Technischen Universität München, seit 1995 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fachgebiets Energietechnik und -versorgung der Technischen Universität
München.
© Ernst & Sohn• Bauphysik 22 (2000 ), Heft 2
Energy Economy in Buildings") - Part 2 and 9 - already includes these evalution methods. They sha// also be contained in
the future „Energy Saving-Regulation ".
Einleitung
Diese Veröffentlichung er scheint in zwei Teilen . Im Teil 1 wird
eine kurze Übersicht der zwei Berechnungsverfahren gegeben
und anschließend das vereinfachte Berechnungsverfahren sowie die Methodik anhand eines Beispieles erläutert. Im Teil 2
[1] wird das differenzierte Berechnungsverfahren mit Beisp ielen näher beschrieben.
In der Wärmeschutzverordnung 1995 wird unabhängig vom
Errichtungsort, von der Gebäudenutzung und der Bauschwere
eines Gebäudes pauschal festgelegt, daß bei Gebäuden mit
raumlufttechnischen Anlagen mit Kühlung und/oder bei
Gebäuden mit einem fassadenweisen Fensterflächenanteil
2'. 50 % das Produkt aus Fensterflächenanteil f, Gesamtenergiedurchlaßgrad g der Verglasung und Abminderungsfaktor z
des Sonnenschutzes den Wert von 0,25 nicht überschreiten
darf:
f. g. z ~ 0,25
Detaillierte Gebäudeberechnungen zeigen jedoch erwartungsgemäß:
• , die Häufigkeit unbehaglich hoher Raumtemperaturen streut
bei gleicher Gebäudeausführung stark aufgrund der in
Deutschland breit variierenden sommerlichen Außenklima verhältnisse (z.B. Vergleich Küstenregion/Mittelgebirgslagen - Oberrheingraben)
• bereits bei deutlich geringeren fassadenweisen Fensterflächenanteilen als den in der Wärmeschutzverordnung 1995
angesetzten 50 % können Übertemperaturen in unerwünscht hohem Maß vorliegen
• die Häufigkeit auftretender Übertemperaturen wird von der
Gebäudenutzung - den vorliegenden Innen lasten und der
Art bzw. dem Umfang der Gebäudebelüftung - und der Gebäudeausführung (Bauschwere) wesentlich beeinflußt.
Die hier vorgestellten Berechnungs- und Nachweisverfahren,
die im Rahmen einer künftigen Energieeinsparverordnung zum
Einsatz kommen sollen, haben folglich die Aufgabe, trotz einer
verhältnismäßig einfachen Berechnungsmethodik alle wesentlichen Einflußgrößen bezüglich des sommerlichen Raumklimas
zu berücksichtigen .
Es werden ein differenziertes und ein vereinfachtes Berechnungsverfahren für das sommerliche Gebäudeverhalten bereitgestellt sowie Grenzkriterien für den sommerlichen Wärmeschutz ermittelt, die bereits in der Vorplanungsphase eines
Gebäudes Anwendung finden können. Wesentlicher Punkt ist
dabei die regionale Differenzierung des sommerlichen Wärmeschutzes.
Bauphysik - Grundlagen
2
2.1
2.2
Berechnungsverfahren
Differenziertes Nachweisverfahren für den sommerlichen
Wärmeschutz
Grundlage der „Energieeinsparverordnung 2000" wird künftig
eine energetische Gebäudebilanzierung für die Heizperiode
nach dem Monatsbilanzierungsverfahren der DIN EN 832 [2]
bzw. DIN EN ISO 13790 [3] sein. Basierend auf diesem Bilanzierungsverfahren, das für die Heizenergiebedarfsermittlung
während der Heizperiode entwickelt wurde, ist es gelungen, einen Algorithmus zu erstellen, der Aussagen zum Gebäudeverhalten unter sommerlichen Randbedingungen zuläßt. Da der
hierzu hergeleitete Berechnungsweg eine konsistente Weiterentwicklung der DIN EN 832 darstellt, werden für dieses
„ sommerliche" Verfahren nur Eingangsdaten benötigt, die für
die nach der Energieeinsparverordnung durchzuführende Heizenergiebedarfsberechnung ohnehin vorliegen müssen .
In der DIN EN 832 wird für die Heizenergiebedarfsberechnung
monatsweise ermittelt, welcher Anteil 11 der externen und in ternen Wärmegewinne QG eines Gebäudes einen Beitrag zur
Verminderung des Heizwärmebedarfs leistet. Der verbleibende
Anteil (1-11 > · QG der Wärmegewinne kann nicht zu Heizzwecken
genutzt werden und führt zu Überschußwärme im Gebäude.
Mittels Normierung der nicht nutzbaren Wärmeeinträge wird
ein Kennwert, die „normierten nicht nutzbaren Wärmeeinträge
QN N" gebildet, der ein Maß für die Übertemperaturgradstunden und zugleich ein Maß für die Häufigkeit der Überschreitung einer Raumgrenztemperatur ist.
Dies wird in umfangreichen Auswertungen mittels eines dynamischen Gebäudesimulationsprogramms („GEBSIMU", [4], [5],
[6]) aufgezeigt. Detaillierte Ergebnisse der breiten Parametervariation sind in [7], [8], [9] und [10] enthalten.
Eine in der künftigen Energieeinspa rverordnung festgelegte
Begrenzung der normierten nicht nutzbaren Wärmeeinträge
QNN auf einen standortabhängigen Grenzwert QNN,ma x
Q
N '.':: Q NN.max
(1)
kann somit zur Begrenzung der Häufigkeit unbehaglicher
Raumtemperaturen in einem Gebäude führen. Hierdurch kann
dafür Sorge getragen werden, daß Gebäude bei üblicher Nutzung (d . h. durchschnittliche interne Wärmelasten, kein produktionsbedingter Kühlungsbedarf) in unseren Breitengraden
i. a. ohne mechanische Kühlung auskommen können, ohne daß
dabei unbehagliche Überheizungen auftreten .
Wie im Verfahren der DIN EN 832 zur Bestimmung des Heizenergiebedarfs hat auch das „sommerliche" Verfahren (z.B.
gegenüber der bisherigen Wärmeschutzverordnung) den Vorteil, daß alle wesentl ichen individuellen Randbedingungen eines geplanten Gebäudes bei Ermittlung der QNN-Werte direkt
in die Berechnung eingehen :
• die Bauschwere des Gebäudes bzw. die wirksame Wärmespeicherkapazität, die bei Betrachtung des sommerlichen
Gebäudeverhaltens einen wesentlichen Einfluß auf das Ergebnis hat
• die Ausführung der Außenfassade, insbesondere des Fensterflächenanteils, der verwendeten Verglasungsart und
des eingesetzten Sonnenschutzes
• die vorherrschenden Innenlasten und
• der Umfang des natürlichen Lüftens für das Gebäude.
Der Gebäudeplaner hat folglich entsprechend umfassende Eingriffsmöglichkeiten, einen Gebäudeentwurf im Sinne eines einzuhaltenden sommerlichen Wärmeschutzniveaus zu variieren.
Dieses Verfahren wird im Teil 2 [1] näher erläutert.
Vereinfachtes Nachweisverfahren für den sommerlichen
Wärmeschutz
Neben dem auf der DIN EN 832 basierenden, differenzierten
Verfahren zur QNN-Ermittlung als Maß für das sommerliche
Wärmeschutzniveau wird auch ein vereinfachtes („Handrechen-") Verfahren vorgestellt, das mit weitgehender Pau schalierung insbesondere für den Gebäudebereich mit Standardinnenlasten als Nachweisverfahren für den sommerlichen
Wärmeschutz geeignet ist. ~it Rücksicht auf die zugrunde gelegten Pauschalierungen ist · es verfahrensbedingt notwendig,
die mit dem vereinfachten Verfahren einzuhaltenden Grenzbedingungen des sommerlichen Wärmeschutzes auf der „s icheren" Seite festzulegen . Ein Gebäude, das die Grenzbedingungen des vereinfachten Verfahrens knapp erfüllt, liegt i. d. R. im
differenzierten Verfahren unter den zulässigen Grenzwerten
VOn QNN.max•
Grundlage des vereinfachten Verfahrens ist der Sonneneintragskennwert S, der in Anlehnung an bestehende Kennwerte in
der DIN 4108-2: 1981-08 [11] und der Wärmeschutzverordnung
1995 [12] aus dem Produkt des Fensterflächenanteils an der
Fassade f , dem Gesamtenergiedurchlaßgrad g der verwendeten
Verglasung, dem Abminderungsfaktor des gegebenenfalls zum
Einsatz kommenden Sonnenschutzes Fc und dem Rahmenanteil
an der Fensterfläche FF zu ermitteln ist (siehe GI. (5)).
Dieser Kennwert S muß einen klimaregions- und gebäudeabhängigen, maximal zulässigen Grenzwert Smax einhalten:
(2)
Der Grenzwert Smax wird aus der Summe des Basis-Sonneneintragskennwerts 5 0 , der für die beschriebenen drei Sommer-Klimaregionen A, B und C unterschiedlich festgelegt ist,
und den Bonus- und Maluskennwerten L\S;, die zur Berücksichtigung zusätzlicher wesentlicher Einflußparameter dienen ,
ermittelt:
Smax =So+
L L\S;
(3)
Die Bonus-/Maluskennwerte berücksichtigen
• drei Gebäudebauschwereklassen („schwer", „leicht" und
„sehr leicht")
• die Fensterorientierung und -neigung
• den möglichen Luftwechsel (Nachtluftwechsel zur Auskühlung von Gebäuden während der Nachtstunden der Sommermonate) und
• Art des Sonnenschutzes.
Mit der regionalen Differenzierung für S0 und den Bonus-/Maluskennwerten stellt das Verfahren eine wesentliche Erweiterung der bisherigen Festlegungen (DIN 4108-2: 1981-08 [11],
Wärmeschutzverordnung 1995 [12]) dar und ermöglicht es auf
verhältnismäßig einfache Weise, die wesentlichen Einflußparameter auf das sommerliche Gebäudeverhalten in der Planungsphase zu berücksichtigen.
Die sich errechnenden maximal zulässigen SonneneintragsGrenzwerte sind wiederum derart festgelegt, daß bei deren
Einhaltung während der Aufenthaltszeit die für die drei Klimaregionen festgelegten Raumgrenztemperaturen an nicht mehr
als 10 % der Zeit überschritten werden, die Gebäude folglich
i. a. ohne Raumkühlung auskommen.
Für den großen Bereich standardmäßig errichteter und genutzter Gebäude (übliche Massivbauweise, insbesondere
Wohngebäude, durchschnittliche Büro- und Verwaltungsgebäude) ist eine Berechnung nach dem vereinfachten Verfahren für
den sommerlichen Wärmeschutz ausreichend. Für Gebäude dagegen, deren Innenlasten, Nutzungsbedingungen (Luftwechsel,
tageszeitlich stark variierende Belegung) und Bauweise (Bau-
P. Deutscher, M. Elsberger und L. Rouvel •Sommerlicher Wärmeschutz
115
Bauphysik - Grundlagen
schwere des Gebäudes) stark von den
im vereinfachten Verfahren pauschal ierten Werten abweichen, ist das differenzierte Verfahren mit Ermittlung der normierten nicht nutzbaren Wärmeeinträge
QNN zu empfehlen. Hierdurch können die
Einflußparameter auf das sommerliche
Gebäudeverhalten differenzierter in die
Berechnung einfließen und Maßnahmen
ergriffen werden, die im vereinfachten
Verfahren in ihrer Feinheit (z.B. Verschattung des Gebäudes durch die Umgebung; realisierbare Luftwechselrate)
bei der Gebäudebewertung nicht berücksichtigt werden können .
Mit diesen beiden Kennwerten (QNN
bzw. S) und deren Begrenzung auf
ONN,max bzw. Smax wird gewährleistet,
daß ein Gebäude bei „üblicher" Nutzung
(Standardinnenlasten) ohne Raumkühlung auskommt und keine zu hohen
Raumtemperaturen im Sommer aufweist.
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116
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Übert e mperal urg radst und en
Bild 1. Zusammenhang zw ischen Übertemperaturgradstund en und Stunden mit PMV-lnd ex über 0,5 für
den Standort Mailand, Raumgren ztemperatur 25° C, Westraum nach [17]
Untersuchte Parameter: Bauschwere, Fensterflächenanteil an der Fassade, erhöhter Luftwec hsel tagsbzw. nachtsüber
Regionale Differenzierung
Wesentlichen Einfluß auf die Wärmelasten im Raum haben die
außenklimatischen Verhältnisse des Standortes eines Gebäudes. So wird beispielsweise für einen durchschnittlich genutzten Büroraum (Typraum S - schwer - nach VDI 2078 [13), Mittelraum innerhalb des Gebäudes, 50 % Fensterflächenanteil
an der Außenfassade mit Wärmeschutzverglasung , 6 W/m 2
Innenlasten als 24h-Mittelwert, gesteuerter außenliegender
Sonnenschutz) eine Raumgrenztemperatur von 25 °c an einem „sommerkühlen" Standort (z. B. Hof) etwa an 10 % der
Aufenthaltszeit überschritten, während das identische Gebäude an einem „durchschnittlichen/gemäßigten" Standort (z.B.
Essen) zu einer Überschreitung an ca. 20 % der Aufenthaltszeit und an einem „sommerheißen" Standort (z.B. Freiburg/
Breisgau) sogar an ca. 30 % der Aufenthaltszeit führt. Für
den Standort Freiburg würde bereits ein nahezu fensterloser
Büroraum (bei sonst gleichen Nutzungsbedingungen) aufgrund
der hohen Außenlufttemperaturen während der Sommermonate an das Grenzkriterium, 25 °c an nicht mehr als 10 % der
Aufenthaltszeit zu überschreiten, heranreichen.
Diese Ergebnisse haben die Notwendigkeit aufgezeigt, hinsichtlich der Anforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz eine regionale Differenzierung vorzunehmen.
Für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hat sich eine
Differenzierung für den sommerlichen Wärmeschutz nach drei
Klimaregionen als notwendig und ausreichend herausgestellt:
• Sommer-Klimaregion A: „sommerkühle" Gebiete
mit höchsten Monatsmitteltemperaturen ~ 16,5 °c
z. B. Mittelgebirgslagen, Küstenregionen der Nordsee
• Sommer-Klimaregion B: durchschnittlich/gemäßigte Gebiete mit höchsten Monatsmitteltemperaturen > 16,5 °c und
< 18 °c;
diese Klimaregion stellt den überwiegenden Anteil am Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
• Sommer-Klimaregion C: „sommerheiße" Gebiete
mit höchsten Monatsmitteltemperaturen ;::: 18 °C;
z.B. Flußniederungen (Oberrheingraben).
Es sei darauf hingewiesen, daß in VDI 2078 vier Kühllastzonen
definiert sind, die sich nach den Höchsttemperaturen im Sommer richten. Diese Vorgehensweise ist allerdings für die Be-
P. Deutscher, M. Elsberger und L Rouvel •Sommerlicher Wärmeschut z
wertung nach DIN EN 832, d. h. für ein Monatsbilanzierungsverfahren , nicht zweckmäßig.
Für jede dieser Klimaregionen wird ein Grenzwert QNN,max für
die normierten nicht nutzbaren Wärmeeinträge festgelegt, der
nicht überschritten werden darf. Der dazugehörende Grenzwert für die Raumtemperatur 'ÖG re nz • die an nicht mehr als
10 % der Aufenthaltszeit überschritten werden darf, ist dabei
definiert zu:
für Sommer-Klimaregion A
•
'ÖGre nz = 25 °C
für Sommer-Klimaregion B
•
'ÖGre nz = 26 °C
für Sommer-Klimaregion C.
•
'ÖGre nz = 27 °C
Obwohl dabei für die wärmeren Klimaregionen B und C die
festgelegten QNN,max-Werte gegenüber Klimaregion A höher
angesetzt werden und damit die zulässige Raumgrenztempe ratur von 25 °c auf 26 °c bzw. 27 °c angehoben wird, sind die
Anforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz in den
wärmeren Klimaregionen strenger als in Klimaregion A:
Um z.B. 26 °c in Klimaregion B an nicht mehr als 10 % der
Aufenthaltszeit zu überschreiten, ist ein geringerer Fensterflächenanteil oder ein verbesserter Sonnenschutz notwendig,
als dies in Sommer-Klimaregion A der Fall ist, um dort 25 °c
an nicht mehr als 10 % der Aufenthaltszeit einzuhalten. Eine
nochmalige Verschärfung der Anforderungen ergibt sich aus
dem QNN,ma x-Grenzwert für Sommer-Klimaregion C (siehe hierzu Abschnitt 5.3.2 im Teil 2 der Veröffentlichung [1]).
Die Anforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz gehen
daher von folgenden Grundsätzen aus:
• in den wärmeren Klimaregionen sind die Anforderungen an
das sommerliche Raumklima geringer
• dagegen sind die Anforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz in den wärmeren Klimaregionen höher.
4
Grenzbedingungen zur Gewährleistung thermischer
Behaglichkeit im Sommer
Thermische Behaglichkeit stellt sich ein, wenn der Nutzer eines Raumes das Empfinden hat, daß es weder zu kalt noch zu
warm ist und folglich aus seiner Sicht keine Notwendigkeit besteht, die raumklimatischen Verhältnisse zu ändern.
Ein Überblick über die Behaglichkeitskriterien und deren zusammenhänge wird in (14] gegeben. Nach (15] besteht für
Räume, die nicht gekühlt werden, ein linearer Zusammenhang
zwischen der vom Nutzer als neutral empfundenen Innentemperatur mit dem Außentemperaturverlauf. Bewohner in Gebieten,
in denen sich im Sommer hohe Außentemperaturen einstellen,
empfinden also höhere Innentemperaturen als weniger unangenehm als Personen, die in kühleren Regionen beheimatet sind.
Grund hierfür ist die Adaption des Bewohners an die äußeren
klimatischen Verhältnisse z. B. durch eine entsprechende Bekleidung oder die Gewöhnung an ein höheres Temperaturniveau.
Folglich ist die Höhe der Raumtemperatur, die der Nutzer im
Sommer als unangenehm empfindet, von den vorherrschenden
außenklimatischen Verhältnissen im Sommer abhängig. Für
die oben aufgeführten Sommer-Klimaregionen ist daher eine
differenzierte Festlegung der Raumgrenztemperatur zu lässig.
Nach DIN 1946 (16] liegt der empfohlene Bereich für die operative Raumtemperatur zwischen 22 °c und 25 °c, wenn die
Außentemperatur 25 °c nicht übersteigt. Bei weiterem Anstieg der Außenlufttemperatur darf die Raumtemperatur bis
auf 27 °c steigen (DIN 1946 ist allerdings nur für Gebäude mit
raumlufttechnischen Anlagen gültig).
Als zulässige Raumgrenztemperatur kann dementsprechend
für die Gebiete mit hohen Außentemperaturen im Sommer ein
Wert von 27 °c angesetzt werden. Für Regionen mit milderen
sommerlichen Verhältnissen ist in Anlehnung an (15] eine Senkung der Raumgrenztemperatur auf 26 °c bzw. 25 °c sinnvoll.
Entsprechend sind auch die Kriterien für die drei Sommer-Klimaregionen A, B und C festgelegt:
Gemäß dem Entwurf von DIN 1946-2: 1991 darf zur Einhaltung
behaglicher Temperaturverhältnisse die Raumgrenztemperatur nicht häufiger als an 10 % der Aufenthaltszeit überschritten werden. Die Bedingung zur Gewährleistung des sommerlichen Wärmeschutzes lautet folglich:
Die Bewertung des thermischen Verhaltens von Gebäuden
durch Ht>0 ""' entspricht also auch der Bewertung durch den
PM V-Index.
5
Ermittlung des thermischen Verhaltens von Gebäuden
ohne Raumkühlung unter sommerlichen Randbedingungen
5.1
Vereinfachtes Verfahren
Ausgangspunkt bei der Beurteilung des thermischen Verha ltens eines Raumes durch den Sonneneintragskennwert S ist
die Überlegung, daß bei Standardbedingungen bezüglich
Innenlasten und Luftwechselrate das thermische Verhalten eines Raumes hauptsächlich durch Unterschiede in der solaren
Einstrahlung über die Fensterflächen beeinflußt wird. Durch
bauliche Maßnahmen (z. B. durch Fenstergröße, Art des
Sonnenschutzes) kann der Umfang „solare Wärmegewinne"
gesteuert werden . Als Kennwert zur Beschreibung dieses
Einflusses eignet sich der Sonneneintragswert S:
S = f · gtotal · FF/0,7
(5)
Dabei sind
f:
Fensterflächenanteil an der Fassade
Bei Räumen mit einer Fassade gilt:
Aw
f = - -- Aw+AAw
(6)
mit den Fensterflächen Aw der Fassade und der Außenwandfläche AAw der Fassade.
Bei Räumen mit zwei oder mehr Fensterfronten ist die
Summe aller Fensterflächen auf die Hauptfassadenfläche, d. h. auf die größte Fassadenfläche, zu beziehen:
11
l::Aw.j
f =
J= ll
(Aw + AAw)H auptl'assadc
(7)
(4 )
H 00 ,""
Häufigkeit der Überschreitung der Raumgrenztemperatur -(}Grenz
Ein Gebäude hat die Vorgaben des sommerlichen Wärmeschutzes erfüllt, wenn durch geeignete Berechnungsverfahren nachgewiesen wird, daß die Häufigkeit der Überschreitung der
Raumgrenztemperatur kleiner als 10 % der Aufenthaltszeit ist.
Mit den jeweils ermittelten Kennwerten „normierte nicht nutzbare Wärmeeinträge QNN" bzw. „Sonneneintragskennwert S"
lassen sich Rückschlüsse auf die Einhaltung der sommerlichen
Behaglichkeitskriterien ziehen.
Eine weitere Möglichkeit, den Zustand thermischer Behaglichkeit zu erfassen, ist nach (17] der PMV-lndex (PMV: Predicted
Mean Vote). Nach DIN ISO 7730 (18] bestimmt sich der PMVlndex nach einer Formel, die aus einer statistischen Auswertung ermittelt wurde. Maßgebend für den PMV-lndex sind die
Parameter Aktivitätsgrad des Menschen, Wärmewiderstand
der Kleidung, Raumlufttemperatur, mittlere Strahlungstemperatur der Raumumschließungswände, Luftgeschwindigkeit und
Luftfeuchte. Nach (19] besteht - in dem für die Einhaltung der
sommerlichen Behaglichkeitskriterien relevanten Häufigkeitsbereich der Übertemperaturen - ein linearer Zusammenhang
zwischen dem PMV-lndex und der Anzahl der Übertemperaturgradstunden.
Bild 1 zeigt den Verlauf der Übertemperaturgradstunden in
Bezug zu den Stunden, in denen der PMV-lndex über 0,5
(mehr als 10 % der Personen sind unzufrieden) liegt.
gtota 1:
Es ist daher möglich, daß rechnerisch f > 1,0 wird.
Im Sinne von GI. (7) kann auch eine Dachfläche mit
Fenstern Fassade und Hauptfassade sein.
Als Hauptfassade kann nur eine Fassadenfläche angesetzt werden, deren Wert für f ~ 20 % ist.
Gesamtenergiedurchlaßgrad der Verglasung einschließlich Sonnenschutz
Dieser Wert kann nach folgenden Verfahren ermittelt
werden:
1) vereinfachte Ermittlung mittels Abminderungsfaktor
Fe
g101al =Fe · g;
(8 )
mit Fc Abminderungsfaktor für Sonnenschutzvorrichtungen
FF:
2) differenzierte Ermittlung in Anlehnung an
DIN EN 410 (20] .
Abminderungsfaktor infolge des Rahmenanteils
Der Bezug auf einen Standardglasflächenanteil von 0,7
für das Fenster ist gewählt, um kompatibel mit der bisherigen Definition in DIN 4108 Teil 2 (Ausgabe August
1981) zu bleiben.
Um die Vorgaben des sommerlichen Wärmeschutzes zu erfüllen, muß der nach GI . (5) ermittelte S-Wert kleiner oder gleich
dem maximal zulässigen Sonneneintragskennwert Smax sein:
117
P. Deutscher, M. Elsberger und L. Rouvel • Sommerl icher Wärmeschut z
Bauphysik - Grundlagen
(9 )
Smax ergibt sich aus einem Basiswert 5 0 sowie aus Korrekturwerten LiS1 der zutreffenden Einflußgrößen gemäß folgender
Gleichung im Bonus-/Maluspr inzip:
(10)
Der Planer hat somit zwei Möglichkeiten, Einfluß auf das sommerliche Wärmeschutzniveau zu nehmen :
a) Änderung des Sonneneintragskennwerts S mittels Variation
der Parameter f, g 101 a1 und FF
b) Änderung bauphysikalischer und geometrischer Einflußgrößen, berücksichtigt durch LiS1•
Der Basiswert S0 und die Korrekturwerte LiS1 sind mittels einer umfangreichen Parameteruntersuchung unter Verwendung
des dynamischen Simulationsprogramms GEBSIMU ermittelt
worden.
Randbedingungen des Basiswertes S0 sind :
• schwere Bauweise nach VDI 2078, Typraum S (übliche
Massivbauweise)
• senkrechte Fensterausrichtung
• 50 % Fensterflächenanteil an der Fassade (üblicher Wert
im Bereich von Büro- und Verwaltungsgebäuden)
• variabler außenliegender Sonnenschutz
• Außenfassadenorientierung Ost über Süd bis West
• Raumsolltemperatur 20 °c für die Beheizung des Raumes
• Grundluftwechselrate 0,7 h-1 (24h-Mittelwert)
• zusätzlicher Tagluftwechsel bis max. 3,0 h·1 bei erhöhter
Raumlufttemperatur
• kein erhöhter Nachtluftwechsel
• Innenlast 6 W/m 2 (24h-Mittelwert).
Beispielhaft für die Ermittlung der Kennwerte des sommerlichen Wärmeschutzes und des thermischen Verhaltens des
Raumes im Sommerfall wird ein Eckraum mit zwei Außenfassaden mit jeweils ca . 50 % Fensterflächenanteil an der Fassade herangezogen, siehe Bild 2. Der Raum soll in der Einordnung der Bauschwere, in Anlehnung an VDI 2078, dem
Typraum „leicht " entsprechen. Beispielhaft werden die nach
Tab. 3 folgenden Bauteilaufbauten zugrunde gelegt.
Für dieses Beispiel wird angenommen, daß die Standardbedingungen entsprechend Kap. 5.3.1 (Teil 2 der Veröffentlichung
[1]) eingehalten werden, z. B.:
• mittlere Luftwechselrate von 0,7 h-1
• Möglichkeit eines erhöhten Luftwechsels während der Aufenthaltszeit, um den Raumtemperaturanstieg zu vermindern
• keine erhöhte Nachtlüftung
• Innenlasten 6 W/m 2 im 24h-Mittel.
Tabelle 1. Basiskenn werte S0 der Sommer-Klimaregionen A, B und C
Tabelle 3. Bauteilaufbauten
Basiskenn wert
So
Sommer-KI imaregion
A
B
c
0. 18
0, 14
0,10
Abweichungen von den Basisrandbedingungen werden durch
die LiS1-Werte berücksichtigt, siehe Tabelle 2.
Tabelle 2. Korrekturwerte LiS 1
Zu berücksichtigende Einflußgröße
LiS 1
5 .2
Beispielrechnunq für Ermittlunq von S und Sma x
A ußenwand :
kAw = 0,45 W /(m' -K)
Schicht
Gipsplatte
A luminium
PUR-Hartschaum
A luminium
Nordorientierte Räume (NW - N - NO)
+ 0, 10
Geneigte Fensterau sri chtung (Neigung von 0° bi s
60° gegenüber der Hori zontalen)
- 0,06
900
2700
40
2700
0,0 19
0,002
0,06
0,002
A
p
0,29
1,0
800
0, 12
A
c
(kJ/(kg· K))
p
(W/(m·K))
(kg/m')
d
(m)
58
0,04
1,353
0,48
1,0
1,0
7800
150
1,2
0,00 1
0,02
0.23
2, 1
0,04
1,4
0.1 7
1,0
1,0
1,0
1,0
2400
150
2 100
300
0. 16
0.04
0,05
0.01
L uftschicht
waagerecht
- 0,04
1,0
0,8
1,5
0,8
Porenbeton
+ 0,04
Fensterflächenanteil an der Fassade: > 65%
0,4 1
200
0,03
200
d
(m)
M etall
Mineralwolle
+ 0,05
d
(m)
p
(kg/m')
- 0, 10
schwere Bauart
(kg/m-')
c
(kJ/(kg· K))
Extrem leichte Bauart: vorwiegend Innendämmung.
große Halle, kaum Innenbauteile
Sonnenschutzverglasung 1> mit g < 0,4
+ 0,03
c
(kJ/( kg·K))
A
(W/(m·K))
- 0,03
leichte Bauart
(W/( m·K))
Innenwand:
Schicht
Leichte B auart: Holzständerkonstruk tionen, leichte
Trenn wände, untergehängte Decken
Erhöhte Nachtlüftung
(nachts n <: 1,5 h- 1 während der
zweiten Nachthälf te)
Decke/Fußboden:
Schi cht
Norm albeton
M ineralwolle
Estri ch
Fußbodenbelag
* fgeneig12)
1
eine adäquate Maßnahme ist auch eine Verglasung mit Sonnenschutzvor·
richtung, die die diffuse Strahlung permanent reduziert und deren
gtotal < 0,4 ist
2
> f 0 • 11 • 101 : Fensterfläche mit geneigten Fenstern bezogen auf die Hauptfas·
sadenfläche AHr
>
llS
Durch Einhaltung des Sonneneintragskennwerts Smax soll gewährleistet werden, daß die Raumgrenztemperatur l'>Gr enz
rechnerisch an nicht mehr als 10 % der Aufenthaltszeit überschritten wird.
Mit diesem Verfahren, das einen einfach erfaßbaren Kennwert
beinhaltet, ist es möglich, bereits in der Vorplanungsphase
Aussagen über die Einhaltung des sommerlichen Wärme schutzes eines Gebäudes zu treffen . Der Sonneneintragskennwert des vereinfachten Nachweisverfahrens liegt „auf der
sicheren Seite" . Über Anwendung des differenzierten Verfahrens besteht die Möglichkeit, ggf. günstigere individuelle
Randbedingungen zu berücksichtigen.
P. Deutscher, M. Elsberger und L. Rouvel •Sommerlicher Wärm eschut z
Außenwände:
Fenster:
Fläche Süd: 10,10 m' ;
Fensterflächen
Fläche Ost: 6 ,06 m' ;
Südfenster: 10,00 m' ,
Ostfenster: 6,00 m'
kr =1,60 W/(m'·K);
g = 0 ,62 ;
variabler Sonnenschutz Fe = 0 ,3
Abminderungsfaktor aufgrund des Rahmenanteils Fr
=0,7
Als außenklimatische Basis wird die Klimaregion 7 (Essen) der
DIN 4108-6 [21] Klimadaten in Sommer-Klimaregion B gewählt .
Max imal zulässiger Sonneneintragskennwert Smax:
Srnax = So + 2:1'.':.S;
Basiswert:
So= 0, 14
Essen
-->
Sommer-Kli maregion B
zu berücksichtigende L':.S;·Werte:
Süd~
.r~
:1
~-------~- - - -· -·- · -·- · -
Malus für leichte Bauweise: t:.SBA- L = - 0, 03
Fensterflächenanteil :
Da der zu betrachtende Raum ein Eckraum ist, erfolgt die Ermittlung des Fensterflächenanteils gemäß GI. (7):
f = I:Aw.j/(Aw + AAw)1-1aup1rassadc
= ( 10,0 + 6,0) / ( 10, 1+ 10,0) = 0,80
Malus für Fensterflächenanteil > 65 % bezogen auf die Hauptfassade (Südfassade mit 20,10 m 2 ) t:.SF = - 0,04
=?
Srnax =So+ L':.SBA- L + L'>SF = 0, 14 - 0,03 - 0,04 = 0,07
Tatsächlicher Sonneneintragskennwert S:
S = f · gtotal · FF/0,70
f = I:Aw.j/(Aw + A Aw)1-1aup1rassade
= ( 10,0 + 6,0) / ( 10, 1+ 10,0) = 0,80
gsiid.total = g ·Fe = 0,62 · 0,30 = 0, 19
FF = 0,70
=}
s=
0, 80. 0, 19 . 0,7/ 0,70 = 0, 15
Da
Ost
Bild 2 . Sk izze des Be ispielraum es (Eckraum)
Als Auswirkung des höheren Wertes von S0 könnte in der
„sommerkühlen" Region z. B. die Fensterfläche an der Ostseite von 1,6 m 2 auf 3,0 m 2 erhöht werden (Süden weiterhin
10,0 m 2 ). Außerdem könnte zusätzlich der Sonnenschutz von
einem Wert Fc = 0,3 auf Fc = 0,37 reduziert werden.
Veränderung der Bauweise für die Sommer-Klimaregion C:
Hier gilt S0 = 0,10.
Als Auswirkung des niedrigeren Wertes von S0 darf in der
„sommerheißen" Region an der Ostseite kein Fenster mehr
vorgesehen werden. Zusätzlich müßte entweder der Sonnenschutz von einem Wert Fc = 0,3 auf Fc = 0 ,21 verbessert oder
eine schwere Bauweise vorgesehen werden.
Alternativ zur Verbesserung des Sonnenschutzes bzw. der
schweren Bauweise könnte auch eine erhöhte Nachtlüftung
vorgesehen werden.
(Fortsetzung Heft 3/2000)
S = 0, 15 > Smax = 0,07
wird das vereinfachte Nachweisverfahren nicht erfüllt.
Um die Vorgaben des sommer lich·en Wärmeschutzes zu erfüllen, kann z. B. der Fensterflächenanteil vermindert werden.
Der hierfür nötige Anteil fm ax läßt sich ermitteln aus:
frnax = Smax · 0, 70/ (F F · g101al) = 0,07 · 0, 70/ (0, 7 · 0, 19) = 0,37
Literatur:
[1]
Deutscher, P., E:lsberqer, M. und Rou vel, L.: Sommerlicher Wärmeschutz Eine einheit liche Methodik für di e Anforderung an den winterlichen und sommerlichen Wärmeschutz, Teil 2. Erscheint in Heft 3/ 2000 der Bauphysik.
Da sich hieraus ein Fensterflächenanteil von nur 37 % ergibt,
muß die Smax· Berechnung neu ohne Malusvergabe für einen
Fensterflächenanteil > 65 % durchgeführt werden:
[2) DIN EN 832 : 1998-12: Wärm etechnisches Verhalten von Gebäuden; Berechnung des Heizenergiebedarfs, Wohngebäude . Deutsche Fassung EN 832 .
Smax = So + L':.SsA - L = 0, 11
[3) Entwurf DIN EN ISO 13790 : 1999-08: (prEN 13790): Wärmetechn isches
Verhalten von Gebäuden, Berechnung des Heizenerg iebedarfs .
fmax = Smax · 0,70/ (FF · gtotal) = 0, 11· 0,70/ (0,7 ·0, 19) = 0,58
Die zulässige Gesamtfensterfläche beträgt
AF = 0,58 · 20, 10m 2 = l l ,66 m2
Die Fensterfläche darf z. B. an der Südfassade unverändert
mit 10,00 m 2 beibehalten werden, an der Ostfassade ist diese
auf die erforderlichen 1,60 m 2 zu reduzieren.
=?
S = 0,58·0 , 19 · 0,7/0,70=0, 11
Da
S = 0, 11 :'.':: Smax = 0, 11
ist der vereinfachte Nachweis erfüllt.
Veränderung der Bauweise für die Sommer-Klimaregion A:
Hier gilt S0 = 0,18.
[4) Rou vel, L.: Berechnung des wärmetechnischen Verha ltens von Räumen
bei dynamischen Wärmelasten . Brennstoff-Wärme-Kraft 24 (1972), H. 6,
s. 245-262 .
(5) Rouvel, L. : Raumkond it ion ierung - Wege zum energetisch optimierten
Gebäude. Schriftenreihe der FfE - Band 12. Springer-Verlag , Ber lin (1978).
[6) Rouve/, L. und Zimmermann, F.: Ein regelungstechn isches Mode ll zur
Beschreibung des thermisch dynamischen Raumverha ltens. HLH 48 (1997),
Nr. 10, 12 und HLH 49 (1998), Nr. 1.
[7) Kolmetz, S. und Rouvel, L. : Einsat zbedingungen für RL T-Anlag en.
Arbeitsbericht zum Arbeitspunkt 1.1 des Forschungsvorhaben s SANIREV .
Technische Uni versität München (Mai 1996).
[8 ) Kolmetz, S.: Thermische Bewertung von Gebäuden unter sommerlichen
Randbedingungen - Ein vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung von Raumtemperaturen in Gebäuden im Sommer und deren Häufigkeit. Dissertation
Uni versität Gesamthochschule Kassel (1996).
119
P. Deutscher, M. Elsberger und L. Rou vel •Sommerlicher Wärmeschutz
4:füi!Wft11i0341!,t.rnt.t§.t•p•
[9] Rouvel, L. und Kolmetz, S.: Thermische Bewertung von Gebäuden unter
sommerlichen Randbedingungen . Gesundheitsingenieur 11B (1997) , S. 65-74.
[10] Deutscher, P„ Elsberger, M. und Rouvel, L.: Vereinfachte Berechnungsverfahren für den sommerlichen Wärmeschutz sowie Einsatzbedingungen für
RL T-Anlagen . Endbericht zum Arbeitspunkt 1.1 des Forschungsvorhabens
SANIREV. Technische Universität München (Februar 1999).
[11] DIN 410B-2 :1981-08: Wärmeschutz im Hochbau, Wärmedämmung und
Wärmespeicherung; Anforderungen und Hinweise für Planung und Ausführung.
[12] Verordnung über einen energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden
(Wärmeschutzverordnung - WärmeschutzV) vom 16. August 1994. BGBI. 1
s. 2121.
[13) VDI 2078: 1996-07: Berechnung der Kühllast klimatisierter Räume (VDIKühllastregeln).
[14] Fitzner, K. und Zeidler, 0.: SANIREV Arbeitspunkt 2.1 .1 Behaglichkeit.
Arbeitsbericht zum Forschungsvorhaben SANIREV. Hermann-Rietschel-lnstitut (Jun i 1996).
[15) Humphreys, M. A.: Thermalcomfort in the context of energy conservation. In: Roaf, S.; Hancook, M.: Energy Efficient Building ; Blackwell Scientific
Publications, Oxford (1992).
[16] DIN 1946-2 : 1994-01: Raumlufttechnik - Gesundheitstechnische Anforderungen.
[17] Fanger, P.O.: Mensch und Raumklima; in: Rietschel: Raumklimatechnik,
16. Aufl., Bd. 1 Grundlagen; Springer-Verlag, 1994, S. 141 .
[18] DIN ISO 7730: 1987-10: Gemäßigtes Umgebungsklima, Ermittlung des
PMV und PPD und Beschreibung der Bedingungen für thermische Behaglichkeit.
[19] Troi, A. und Gattoni, L.: Das thermische Verhalten von nichtklimatisierten
Gebäuden im mediterranen Klima unter sommerlichen Randbedingungen.
Diplomarbeit Technische Universität München, Dipartimento di lngegneria dei
Sistemi Edilizi e Territoriali Mailand (1998).
[20) DIN EN 410 :1998-12: Glas im Bauwesen - Bestimmung der lichttechnischen und strahlungsphysikalischen Kenngrößen von Verglasungen .
[21] Entwurf DIN 4108-6: 1999-12: Wärmeschutz und Energie-Einsparung in
Gebäuden - Berechnung des Jahresheizwärmebedarfs .
..
120
•=fü'hllV111iA3i''·t.!6\.t4·•
Peter Deutscher, Martin Elsberger, Lothar Rouvel
Sommerlicher Wärmeschutz
Eine einheitliche Methodik für die Anforderungen an den winterlichen und
sommerlichen Wärmeschutz, Teil 2
In der vorhergehenden Veröffentlichung [1] ist ein vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung des thermischen Verhaltens von
Gebäuden im Sommerfall beschrieben worden. Im vorliegenden
Teil 2 wird nun ein differenziertes Verfahren aufbauend auf
der DIN EN 832 und DIN EN ISO 13790 vorgestellt. Ein wesentlicher Punkt des differenzierten Verfahrens ist die Ermittlung der wirksamen Wärmespeicherkapazität in Anlehnung an
ISO 13786 („Einzelbauteilverfahren"), da die Ermittlung der
Wärmespeicherkapazität nach der „10 cm-Regel" in der DIN
EN 832 und DIN EN ISO 13790 im Sommerfall sich nicht ausreichend genau erwiesen hat.
5
5.3
Ermittlung des thermischen Verhaltens von Gebäuden
unter sommerlichen Randbedingungen
Differenziertes Verfahren
Mit dem differenzierten Verfahren wird das thermische Verhalten von Räumen unter sommerlichen Randbedingungen
mittels einer Kennzahl, den „normierten nicht nutzbaren Wärmeeinträgen ONN'', die auch als Übertemperaturgradstunden
interpretiert werden kann, festgelegt.
Zur Ermittlung dieser Kennzahl wird ein quasistationäres Rechenverfahren, in Anlehnung an DIN EN 832 [2] bzw. DIN EN
ISO 13790 [3], zugrunde gelegt. Damit können Aussagen über
die thermischen Bedingungen von Räumen im Sommer getroffen werden.
Wärmeeinträge setzen sich aus Einträgen durch interne
Wärmequellen (Wärmeabgabe der Bewohner und/oder von Geräten und Beleuchtungseinrichtungen) 0 1 und durch solare
Wärmeeinträge durch Fenster und Absorption an Außenwänden Os zusammen. Ein Teil der Wärmegewinne wird zu Heizzwecken genutzt. Der verbleibende Anteil (1 -ri) führt zu einem
Anstieg der Rauminnentemperatur.
Durch Normierung der nicht nutzbaren Wärmeeinträge auf die
spezifischen Wärmeverluste, in DIN EN 832 „H" genannt, wird
Prof. Dr.-lng. habil. Lothar Rouvel, Dipl.-Ing. Peter Deutscher, Dipl.Ing. Martin Elsberger, Lehrstuhl für Energiewirtschaft und Anwendungstechnik der Technischen Universität München, Arcisstraße
21 , 80333 München.
Lothar Rouvel - 1965 Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik, Studienrichtung Starkstromtechnik an der Technischen Hochschule Kassel,
anschließend wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Forschungsstelle für Energiewirtschaft in Karlsruhe, 1972 Promotion an der
Technischen Universität München, 1978 Habilitation auf dem Fachgebiet Energietechnik und -versorgung, seit 1980 Professor an der
Technischen Universität München.
Peter Deutscher - 1996 Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik und
Informationstechnik, Studienrichtung Energietechnik an der Technischen Universität München, seit 1998 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fachgebiets Energietechnik und -versorgung der Technischen Universität München.
Martin Elsberger - 1995 Diplom-Ingenieur des Maschinenwesens,
Studienrichtung Produktionstechnik an der Technischen Universität München, seit 1995 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fachgebiets Energietechnik und -versorgung der Technischen Universität
178 München.
·.
der Kennwert der normierten nicht nutzbaren Wärmeeinträge
ONN als Jahreswert definiert:
Q
0Q
N
=L
i= I
0(1- 17i). QG.i
NN. i
=L
i= I
(11)
H;
wobei i der Laufparameter für die Kalendermonate ist.
ONN hat die Dimension Kh und ist auf den Zeitraum eines Jahres bezogen. Daher wird ONN in Kap. 5.5 mit Kh/a angegeben.
Diese Dimension resultiert aus der Division der Energiemenge
OG,i in Wh durch den Wärmeverlustkoeffizienten H; in W/K.
Nach [4] besteht eine Korrelation zwischen den nach GI. (11)
errechneten „normierten nicht nutzbaren Wärmeeinträgen
ONN" und der Häufigkeit H 60 ,'"' , an denen eine bestimmte
Raumgrenztemperatur -/}Grenz überschritten wird (z . B. H25 für
eine Grenztemperatur von 25° C). Der Nachweis für diese Korrelation wird in [ 4] für 25° C und Klimadaten des Testreferenzjahres 7 (Würzburg) im Rahmen einer umfangreichen
Parametervariation erbracht.
Für die Bestimmung von ONN sind für die Parameter OG,;. H;
und Tl; jeweils die entsprechenden Berechnungsverfahren nach
DIN EN 832 zu verwenden. Dabei bedeuten die einzelnen Formelzeichen:
monatliche Wärmegewinne
• OG,i
OG,i = 01,; + Os,;
(12)
0 1,;
monatliche innere Wärmegewinne z.B. durch Wärmeabgabe der Bewohner, von Geräten und Beleuchtungseinrichtungen usw.
Os,;
monatliche solare Wärmegewinne
•
H;
mittlerer Wärmeverlustkoeffizient des Monats i
H; = HT + HL,i
(13)
HT
Transmissionwärmekoeffizient
HL,i
mittlerer Wärmeverlustkoeffizient durch Lüften des
Monats i
Im Gegensatz zu der Berechnung des Heizwärmebedarfs in
der DIN EN 832 ist der Wärmeverlustkoeffizient H; in den
Sommermonaten nicht konstant, da dieser von der monatsweise veränderbaren Luftwechselrate n; abhängt. Die Luftwechselrate n; wird erhöht, um eine Überhitzung zu vermeiden. Welche Luftwechselrate n; eingesetzt wird, wird in
Abschnitt 5.3.1 „Standardbedingungen für die Ermittlung von
ONN" beschrieben.
•
Tl;
monatlicher Ausnutzungsgrad der Wärmegewinne
(nach DIN EN 832)
Zur Ermittlung des monatlichen Ausnutzungsgrades Tl; wird
die wirksame Wärmespeicherkapazität Cwirk des Raumes benötigt.
Bei der Ermittlung der wirksamen Wärmespeicherkapazität
Cwirk darf nicht, wie nach DIN EN 832 für winterliche Verhältnisse ausreichend, die „10 cm-Regel" angewendet werden,
sondern es muß in Anlehnung an ISO 13786 („Einzelbauteil -
p
verfahren") [5] die wirksame Wärmespeicherfähigkeit differenzierter bestimmt werden (siehe Abschnitt 5.4).
Ost- und West-Fenster (einschließlich NO- und NW-Fenster):
Foor = Fe · 0, 72 + 0. 27
•
•
(14)
übrige Fenster ( SO, S, SW) außer Nord-Fenster:
Fuor = Fe · 0, 86 + 0. 14
(16)
Bei geneigten Fenstern (z.B. Schrägfenster im Dach) sind
bei einer Abweichung von weniger als 45° von der Senkrechten die Werte nach GI. (14) bis (16) zu wählen. Bei noch
flacherer Neigung (horizontal bis einschließlich 45° gegen
die Horizontale) ist unabhängig von der Himmelsausrichtung GI. (15) zu verwenden.
Ist der Sonnenschutz auch dann geschlossen, wenn nur Diffusstrahlung vorherrscht, ist der mittlere Abminderungsfaktor Fc,kor identisch mit dem Abminderungsfaktor Fc des
geschlossenen Sonnenschutzes . Es gilt hierfür:
(17)
Fe.kor= Fe
-
Einfallswinkel der solaren Strahlung auf die Verglasung:
Der Gesamtenergiedurchlaßgrad g ist auf den senkrechten
Strahlungseinfall bezogen. Zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Strahlungseinfalls über den Tag und über das
Jahr ist eine Korrektur des Gesamtenerg iedurchlaßgrades
g erforderlich. Der Korrekturfaktor variiert selbstverständlich abhängig von der Himmelsrichtung der Verglasung.
Trotzdem läßt sich ohne erhebliche Fehler ein mittlerer Zusammenhang unabhängig von der Himmelsrichtung feststellen:
gkor
-
~
(18)
0.85 g
mittlerer Luftwechsel:
DIN EN 832 beschreibt ein Monatsbilanzierungsverfahren.
Daher muß zur Berücksichtigung des Lüftungsverhaltens
ein zeitlich gewichteter, mittlerer Luftwechsel verwendet
werden.
11 24
nNL
nTL
=
(11 N L · l N L
+ 11TL · lTL)/24
pppp
PPP
PPP
p
4:fül!UM11iA§il!,\.IM·M·•
QNN
Raumsolltemperatur:
20° C (Tagesmittelwert ohne zusätzliche Nachtabsenkung,
da die Sommerperiode betrachtet wird)
Interne Wärmegewinne:
Die mitt lere interne Wärmeleistung, bezogen auf die jeweils
betrachtete Raumgrundfläche (lichte Abmessung), beträgt
für:
Wohngebäude
« 5 W/m 2 Nutzfläche
Nichtwohngebäude
6 W/m 2 Nutzfläche.
Diese Werte sind als Mittelwerte auf 24h bezogen zu verstehen. In Nichtwohngebäuden unterscheidet sich der tatsächliche Verlauf der Wärmeleistung von dem angegebenen
Mittelwert deutlich: in der Anwesenheitszeit ist die Last,
bedingt durch Wärmeeinträge der Personen, technische
Geräte und Beleuchtung relat iv hoch, in den Zeiten, in denen der Raum nicht benutzt wird, können sehr geringe
oder keine inneren Wärmeeinträge angenommen werden.
Luftwechsel im Sommer:
Als mittlerer Grundluftwechsel wird angesetzt:
Wohngebäude:
n 2 4 = 0,7 h-1
Nichtwohngebäude:
n 24 = 0,7 h-1
(15)
Nord-Fenster:
Fe.kor = 1
p
5 .3.1 Standardbedingungen für die Ermittlung von
•
Zur Ermittlung der Wärmegewinne und der spezifischen Verluste nach DIN EN 832 sind noch folgende zusätzliche Einflußgrößen zu berücksichtigen:
- Orientierung der Fenster und bedarfsabhängiger Einsatz
des Sonnenschutzes:
Da der Sonnenschutz in der Regel nicht immer geschlossen
ist, sondern nur während Zeiten mit direkter Sonneneinstrahlung auf die Fenster, muß der Abminderungsfaktor
des Sonnenschutzes Fc zur Nachbildung der mittleren Verhältnisse korrigiert werden. Der Fc,k0 ,-Wert ist abhängig
von der Relation der Direktstrahlung zur Diffusstrahlung
für die jeweilige Himmelsrichtung. Nach [4] bestimmt sich
der mittlere, auf die Heilzeit bezogene Abminderungsfaktor
für einen Sonnenschutz, Fc,kor zu :
PP
(19)
Luftwechselrate während der Nacht
Luftwechselrate während des Tages (bzw. Anwesenheitszeit)
tNL
mittlere Zeit des Nachtlüftens
t TL
mittlere Zeit des Taglüftens
Anzusetzende Werte für den Luftwechsel sind im nachfolgenden Abschnitt aufgeführt .
Erläuterung zum Grundluftwechsel in Nichtwohngebäuden:
Außerhalb der Aufenthaltszeit ist mit einem Luftwechsel entsprechend der Dichtheit des Gebäudes (n = 0,3 h-1, sofern
nichts genaueres bekannt ist) zu rechnen.
Die Luftwechselrate während der Anwesenheitszeit hängt von
der vorgegebenen Belegung und Nutzung des Raumes ab. Beispielhaft sei hier ein Büroraum (AR = 20,4 m 2 , V = 58 m3) gewählt, der während 9 h von zwei Personen genutzt wird . Bei
einem Frischluftbedarf von 40 m3 /h je Person ergibt sich ein
notwendiger Luftwechsel von 1,37 h-1•
In diesem Fall ergibt sich nach GI. (19) ein mittlerer Luftwechsel von:
11 24
= ( 1,37 h- 1 .9 11 +0,311 - 1 . 1511)/2411=0,711 - 1
Erhöhter Luftwechsel im Sommer:
Wenn es im Sommer im Raum zu warm wird, wird in der Regel
durch Öffnen des Fenst ers durch den Raumnutzer versucht,
ein zu starkes Ansteigen der Raumtemperaturen zu vermeiden. Dies läßt sich in der Berechnung folgendermaßen berücksichtigen :
Überschreitet die nach DIN EN 832 errechnete mittlere monatliche Raumtemperatur den Wert von 21,5° C, kann der Luftwechsel durch erhöhtes Lüften während der Aufenthaltszeit
bis auf 3 h-1 erhöht werden, um eine Überhitzung des Raumes
zu vermeiden. Der zusätzliche Luftwechsel darf allerdings nur
soweit erhöht werden, daß die mittlere Raumtemperatur
dadurch nicht unter 21,5° C fällt. Da das hier beschriebene Berechnungsverfahren entsprechend DIN EN 832 ein Monatsbilanzierungsverfahren ist, entspricht die zu berücksichtigende
Monatsmitteltemperatur 21 ,5° C bei Anwendung eines dynamischen Rechenverfahrens einer tatsächlichen Temperatur von
etwa 23° C.
Wenn auch außerhalb der Aufenthaltszeit der Luftwechsel gezielt erhöht werden kann, darf maximal mit einem mittleren
Luftwechsel außerhalb der Anwesenheitszeiten von 2 h-1 gerechnet werden.
179
P. Deutscher, M. Elsberger, L. Rouvel •Sommerlicher Wärmeschutz
•:m••m11:oaa11.1.1m.rn.•„
5.3.2
Grenzwert QNN,max für die normierten nicht nutzbaren
Wärmeeinträge
Tabelle 4.
ONN ,ma•
(Werte gerundet) der drei Sommer-Klimaregionen
Sommer-Klimaregion
Einflußgrößen auf den Grenzwert QNN.max sind:
Standort
Himmelsrichtung
Bauschwere
mittlere Luftwechselrate
Zeitraum des Lüftens
innere Wärmelasten
Fensteranteil an der Fassade
Abminderungsfaktor des Sonnenschutzes
Art der Verglasung
In [6] und [7] sind die untersuchten Parameter detailliert beschrieben und die Ergebnisse systematisch dargestellt.
Bild 3 zeigt beispielhaft das Ergebnis einer Parametervariation unter Verwendung der Klimadaten des Testreferenzjahres 3, Essen. Der Verlauf der Häufigkeiten über 26 °c weist
ONN,max
in Kh/a
.. .
.
... ..
.
. .... ••••
„ ••
30
c:
u
25
0
<Q
...
20
"ijj
15
-
......
.
::::s
. „
·•11
..lf::
t,.: „
C'I
--=:::J
10
:111
.
...
.
.
....• .
-
L.·
t• ..
J:
<Ö
N
J:
.
0
0
5.000
10.000
15.000
20.000
8000
11000
14000
25.000
311.000
Maßgebend für die Bestimmung des
Grenzwertes QNN,ma x sind Wertepaare,
die im Bereich von H,,0 „ 0 , =10 % liegen.
Bild 4 zeigt die Zusammenstellung der
Ergebnisse der drei Sommer-Klimaregionen
für
den
Bereich
5% <
H00 „ < 20 % . Um die geringen Streubereiche der Werte zu verdeutlichen, sind
neben den Regressionsgeraden auch die
Einzelergebnisse der Berechnungen für
die Sommer-Klimaregionen A (TRY Hof)
und C (TRY Freiburg) dargestellt. Es ist
ein deutlicher linearer Zusammenhang
zwischen H00 ,'"' und QNN zu erkennen.
Aus den jeweiligen Regressionsgeraden
läßt sich für jede Sommer-Klimaregion
der QNN,ma x-Wert für Ho0 „„ =10 % ermitteln (Tabelle 4).
Ein zu bewertendes Gebäude erfüllt die
Vorgaben des sommerlichen Wärmeschutzes, wenn der unter „Standardbedingungen" ermittelte Wert QNN den jeGrenzwert
QNN,max
nicht
weiligen
überschreitet:
,
~
Cl>
.0
c
0
~
N
B
für den untersuchten Bereich einen straffen Zusammenhang
zu den normierten nicht nutzbaren Wärmeeinträgen QNN auf.
Gemäß den erläuterten Behaglichkeitsanforderungen soll die
Häufigkeit der Überschreitung der Raumgrenztemperatur
OGrenz einen Wert von 10 % der Aufenthaltszeit nicht überschreiten. Die standortdifferenzierte Raumgrenztemperatur
OGren z beträgt:
Sommer-Klimaregion A:
OGren z = 25 °C
Sommer-Klimaregion B:
OGrenz = 26 °C
Sommer-Klimaregion C:
OGren z = 27 °C
35
~
0
A
35.000
QNN, normierte nicht nutzbare Wärmeeinträge in Kh
Bild 3. Häufigkeit von Raumtemperaturen über 26 °c in Relation zu den nicht nutzbaren Wärmeeinträgen ON N (Klimadaten TRY Essen)
(20)
.lll<IX
/
~
0
20
c:
N
c:
!"
„ • • Klimareg ion A
(!)
~
...Cl>
.0
-
.~
::::s
·..lf::m
C'I
ß 0 ~ =25 " C
(TRY Hof)
.....
15
- - K limaregion B
ßo.~= 26 " C
10
--=:::J
5.4
:111
J:
,:;
c:
!"
-
• Klimaregion C
(!)
'<>
Durch die Einhaltung dieser Vorgabe
wird gewährleistet, daß für ein Gebäude
bei üblicher Nutzung zur Einhaltung der
Behaglichkeitskriterien der Einsatz einer
raumlufttechnischen Anlage nicht notwendig ist.
ßGfenz =
1
(TRY Freiburg)
/
J:
0
5.000
27°C
Wirksame Wärmespeicherkapazität Cwirk für die Bewertung des
Wärmespeicherverhaltens von
Räumen
10.000
15.000
20.000
25.000
QNN, normierte nicht nutzbare Wärmeeinträge in Kh
Bild 4 . Zusammenhang zwischen den normierten nicht nutzbaren Wärmeeinträgen
t'!Gcen' überschritten wird
180 keilen H0"'""" mit der die Grenzraumtemperatur
P. Deutscher, M. Elsberger, L. Rouvel •Sommerlicher Wärmeschutz
ON N
und den Häufig-
Bei der Ermittlung der wirksamen Wärmespeicherkapazität in der DIN EN 832
wird die „10 cm-Regel" angewendet,
d. h. für die Bestimmung der Wärmespeicherkapazität werden maximal 10 cm
der Dicke berücksichtigt, was sich für
die Bestimmung der winterlichen Ver-
hältnisse als ausreichend erwiesen hat. Für die QNN - Ermittlung hat sich ein genaueres Verfahren als notwendig herausgestellt. In Anlehnung an ISO 13786 („Einzelbauteilverfahren")
[5] wird die wirksame Wärmespeicherfähigkeit differenzierter
bestimmt.
Ersatzmodell für das thermische Verhalten von Wänden
Wie bereits in [8] gezeigt, besteht die prinzipielle Möglichkeit,
aus dem Beuken-Modell - [9] - analytische Rechenvorschriften
abzuleiten, um das wärmetechnische Verhalten von Wänden
und Räumen bei dynamischer Wärmebelastung zu beschreiben. Um einerseits mit relativ kurzen Rechenzeiten und minimalem Speicherbedarf auszukommen und andererseits ausreichende
Genauigkeit
zu
gewährleisten,
wurde
ein
Rechenverfahren mittels „elektrischer" Ersatzmodelle für das
thermische Verhalten von Wänden entwickelt [10].
In [10] und [11] sind zwei Modelle für das wärmetechnische
Verhalten von mehrschichtigen Bauteilen hergeleitet. Das den
Berechnungen zugrundeliegende Ersatzmodell für das wärmetechnische Verhalten von Wänden ist in Bild 5 dargestellt.
Die Widerstände R„ R2 und R3 sowie die Kapazitäten C1 und
C2 des Ersatzmodells lassen sich nach [10] und [11] mit Hilfe
der Matrizenrechnung aus dem Fourieransatz für das wärmetechnische Verhalten von Wänden herleiten.
Das wärmetechnische Verhalten einer homogenen Wand schicht v beliebiger Dicke s läßt sich bei eindimensionalem
Wärmefluß im periodischen Fall in Matrizenschreibweise
schreiben zu:
J2(x
( g_(x
= 0) ) - A .
= 0) "
( J2(x) )
(21)
g_(x)
wobei x die Koordinate in Richtung der Wandnormalen ist.
Die Kettenmatrix A„ für eine Wandschicht läßt sich schreiben
zu:
A, =
11~11
!:!21
foll -
f!.22
V
Re fü1
Im fü1
Re fü1 - Im fü1
Im fü 1 Re fb2
Re !:!21 - Im fü2
Re fü1
-lm !:!.11
Re !:!21
- lm fü1
Im fü1
Re fü1
Im fü 2
Re fü2
(22 )
V
Die Elemente der Kettenmatrix für eine Wandschicht v erhält
man wie folgt:
Re a 11 = Re an= cos h
---
j~wRC
·cos j~wRC
2
2
(23)
~-~
(24)
Im !:! 11 = Im fü 2 = sinh V2.w KL · s 111 V2.w RC
innen
Vielschichtiges Bauteil
(\J····· · ·········· · ············ · ·······
0
aussen
.... . ..... .
o ~
:~0°o00o
Ooo oü~
:Oo oOo 0 ~
_; _ o. . . o ......o.?_g -~
0
Re a 11 = R ·
- -
Im fü 2 = R ·
j2w RC · ( cos h j~wRC
·sin j~wRC
2
2
+sinh j~wRC ·cos j~ wRC )
1
r;;J;;, ·(
cos h
(25)
j~wRC ·sin j~ wRC
·. ~
~)
-~ nh y2.w R C-cmi; w R C
(26)
2
Re fü i =
- ~ · j~wRC ·(cos h j~wRCsin j~wRC
-sinh
Im !:!_21 =
j~wRCcos j~wRC )
(27)
~ · j~ wRC ·(cos h j~wRCsin j~ wRC
+sinh
j~wRCcos j~ wRC )
(28)
mit:
R Wärmedurchlaßwiderstand der Bauteilschicht je Flächeneinheit in
m' K/W
mit R = s/'A.
C Wärmekapazität der Bauteilschicht je Flächeneinheit in
kJ/(m 2 · K)
mit C = c p s
w Kreisfrequenz
Für die Herleitung des Ersatzmodells nach Bild 5 hat sich
die Verwendung einer Periodendauer der Grundschwingung
von 7 Tagen als am geeignetsten herausgestellt (siehe [6]).
Somit ist w =10,39·10-6 s- 1 zu wählen
s Dicke der Wandschicht in m
/... Wärmeleitfähigkeit der Bauteilschicht in W/(m · K)
c p Wärmespeicherkapazität der Bauteilschicht in kJ/(m ' · K) .
Die Kettenmatrix A1,n des Gesamtbauteils errechnet sich durch
Matrizenmultiplikation der Matrizen Av der einzelnen Bauteilschichten (v =1,n) von innen nach außen zu:
(29)
Die Reihenfolge der einzelnen Bauteilschichten darf nicht vertauscht werden, da die Matrix A1,n i.a. nicht richtungssymmetrisch ist.
Der Berechnungsweg ist bis zu diesem Schritt im differenzierten Verfahren nach ISO 13786 [5] enthalten.
Mit Hilfe der Elemente der Kettenmatrix A1.n für das Gesamtbauteil nach Gleichung (29) lassen sich die Widerstände und
Kapazitäten des Ersatzmodells, bezogen auf 1 m' Bauteilfläche, bestimmen zu:
_ Re(fü 2
R1 -
R2 =
- 1) · Refü 2 + Im (!:!22 - 1) - lm fü 2
„
„
Re(!:!. 22 - 1)- + lm (fö 2 - 1)-
Re(!:!. 11 - 1) · Refü 2 + lm (!:! 11 - 1) · lm ~ 1 2
?
Re(!:!. 11 - 1)- + lm (fü 1 - 1)
2
Re @22 - 1) 2 + 1m @22 - 1) 2
C1 = - - - - - ----------w [Refü2 - lm (!:!.22 - 1)- Re(fö 2 - 1) - lm fü 2]
(30)
(31 )
(32)
Bild 5. Ersatzmodell für das wärmetechnische Verhalten von Bauteilen
181
P. Deutscher, M. Elsberger, L. Rouvel •Sommerlicher Wärmeschutz
c, =
-
2
2
Re(fü 1 - 1) + lm (E!_ 11 - 1)
w [Refü 2 · lm (fü 1 - 1) - Re(fü 1 - 1) - lm fü 2]
(33)
Rl
ql
Der Widerstand R3 errechnet sich als Differenz zwischen dem
Gesamtwärmedurchgangswiderstand eines Bauteils und der
Summe der Ersatzmodellwiderstände R1 und R2
R2
R3
q2
Bauteil
(34)
Bild 6. Vereinfachtes Ersatzmodell für das wärmetechnische Verhalten von
Bauteilen bei einseitiger thermischer Belastung
Bei Innenwänden liegt in der Regel der Fall einer symmetrischen Belastung auf beiden Bauteilseiten vor, so daß nur C1
zu berücksichtigen ist.
Bei der Betrachtung von Außen- und unsymmetrisch belasteten Innenbauteilen läßt sich das Ersatzmodell für den allgemeinen Fall der thermischen Belastung nach Bild 5 auch noch
vereinfachen zu Bild 6:
Für die Wärmespeicherkapazität C1 e in s und C2 ein s folgt daraus:
Rw - Re ( ~ 1 2
2
lfü21
fö2
C 1eins.
Im
w · R1
)
( rl22
~1 2 )
(35)
Die Parallelschaltung der komplexen Wärmedurchgangswiderstände ~1 „ für alle Bauteile µ erfolgt somit nach:
(42 )
Bei Parallelschaltung der komplexen Wärmedurchgangswiderstände Z 1 von zwei Wänden errechnet sich der gemeinsame
Wärmedu;chgangswiderstand R; zu:
R* _ R1 ,
1
-
·Ci,+ R1, ·Ci, +w2 · R1 , · R 1, · (R1 , + R1 , ) ·Ci,· Ci,
2
(C 1, + C1 , ) + w2 · ( R1 , + R1 , )2 ·Ci, ·Ci,
Rw - Refü 2 · R e~ 22 - lm fü 2 · lm ni 2
RcE!_22 · lm fü 2 - RcE!_ 12 · lm fö 2
(43)
c;,
Wird auf die Fläche A jedes Bauteils hochgerechnet, so ist mit
(36)
die identisch mit der
und die gemeinsame Wärmekapazität
wirksamen Wärmespeicherkapazität Cwirk des Raumes ist, zu:
,
Cwirk =C l =
+ C1,) 2 + w2 · (R 1, + R1 , )2 ·Ci, ·CL
,
·
C 1, + C 1, + w 2 · ( R ~, · C 1, + R ~, · C 1, )- · C 1, · C 1,
(C 1,
(37)
(44)
Fläche des Bauteils in m' zu rechnen.
Bei Außenbauteilen wird die Fläche A über Außenmaße (Bruttofläche) und bei Innenbauteilen über
die Innenmaße (Nettofläche) bestimmt.
Die für den Raum wirksame Wärmespeicherkapazität Cwirk
kann vereinfacht durch Parallelschaltung (Addition) der einzelnen Bauteilkapazitäten C 1 (C 2 ) bzw. C 1 eins. (C 2 eins.> errechnet
werden:
Bei Parallelschaltung von mehr als zwei Wänden sind die GI.
(43) und GI. (44) entsprechend mehrfach auszuführen. Für die
Kreisfrequenz w ist entsprechend den Erläuterungen zur Herleitung des Ersatzmodells nach Bild 5 nach GI. (23)ff eine Periodendauer der Grundschwingung von 7 Tagen einzusetzen.
mit:
A
(38)
Sind die einzelnen Bauteile sehr unterschiedlich in Produkt
von Wärmespeicherfähigkeit C1„ und Wärmewiderstand R\,•
was einer Zeitkonstante T1 = R1 · C 1 entspricht, und ist der
Flächenanteil der sehr unt~ rschi~dli~hen Bauteile bedeutend,
so kann dies bei der einfachen Parallelschaltung zu Ungenauigkeiten führen.
Günstiger ist daher als Alternative zur Parallelschaltung der
Kapazitäten die Parallelschaltung der komplexen Widerstände
~,,,. wobei gilt:
0
Z 1,, = R1 ,, + 1/ (j w C 1,, )
(39)
Der Wärmedurchgangswiderstand R\, ist somit der Realteil
von~\.
(40)
und die Wärmespeicherfähigkeit Ci., ermittelt sich aus dem
Imaginärteil von ~\.
1
C1 = - - - - ,,
w ·Im (Z 1,,)
182
P. Deutscher, M. Elsberger, L. Rouvel • Sommerlicher Wärmeschutz
(41)
5.5
Beispielrechnung für Ermittlung der Kennwerte des sommerlichen Wärmeschutzes
Beispielhaft für die Ermittlung der Kennwerte des sommerlichen Wärmeschutzes und des thermischen Verhaltens des
Raumes im Sommerfall wird ein Eckraum mit zwei Außenfassaden mit jeweils ca. 50 % Fensterflächenanteil an der Fassade herangezogen, siehe Bild 2 im Teil 1 [1] der Veröffentlichung. Der Raum soll in der Einordnung der Bauschwere, in
Anlehnung an VDI 2078 [12], dem Typraum „leicht" entsprechen. Die entsprechenden Kennwerte sind identisch mit dem
Beispiel für das vereinfachte Nachweisverfahren im Teil 1 der
Veröffentlichung.
Es wird angesetzt, daß Vorkehrungen zur Ermöglichung eines
erhöhten Lüftens (im Mittel bis zu n = 3,0 h" 1) während der
Aufenthaltszeit (9 h/Tag) getroffen worden sind, falls das Monatsmittel der Raumtemperatur nach DIN EN 832 21,5 °c
überschreitet. Ansonsten (Monatsmittel der Raumtemperatur
< 21,5 °C) wird die Standardluftwechselrate von 0,7 h-1 (24 hMittelwert, ermittelt aus Luftwechsel von 1,37 h-1 während der
Aufenthaltszeit und 0,3 h- 1 während der Restzeit) angesetzt.
Die internen Lasten während der Aufenthaltszeit (9 h/Tag) betragen im Mittel 16 W/m 2 (Nettonutzfläche), bezogen auf 24 h
betragen die internen Lasten demnach 6 W/m' (= Standardfall
im Nichtwohnbereich).
Als außenklimatische Basis wird die Klimaregion 7 (Essen) der
DIN 4108-6 Klimadaten im Sommer-Klimaregion B gewählt.
Der differenzierte Nachweis ist nur mittels eines Computerprogramms möglich, in dem die Gleichungen für die Ermittlung
der „normierten nicht nutzbaren Wärmegewinne QNN" enthalten sind. Exemplarisch werden die Einzelergebnisse für die
Monate Mai und Juli dargestellt.
0NN
Monatliche Wärmegewinne:
QG. 1ai
Monatliche Wärmeverlustkoeffizienten:
H Mai =
49,2 W / K
H Juli =
57,9 W / K
Unterschiede in H; sind auf die unterschiedliche Luftwechselrate zurückzuführen, da der zur Verfügung stehende zusätzliche Luftwechsel im Mai teilweise, im Juli dagegen voll ausgenutzt wird.
ll Mai =
0,86 11 - I
Oinncn. Mai =
2 1, 5 C
llfol i =
1,3 111- 1
O inncn.Juli =
24, 7°C
Monatliche Wärmeverluste:
Q v.Mai =
259 .7 kWl1
Qv. Juli =
111 .7 kWl1
Wirksame Wärmespeicherkapazität:
= 0,7 1
/)Juli =
0,35
Die normierten nicht nutzbaren Wärmeeinträge QNN,i der Monate Mai und Juli ergeben sich zu:
. Q NN.Ma1 -
(1-
T/Mai) . Q G.Mai H Ma i
. =
(1 -
T/Ju li) . Q G. Juli =
.Juli
HJuli
( 1 - 0,7 1) . 314600 KI - 1854 KI
1 1
49,2
( 1 - 0,35) . 316700 Kl1
57,9
=
3592 Kl1
Der nach GI. (12) ermittelte Gesamtwert von QNN für das ganze Jahr ergibt sich für dieses Beispiel zu:
Q
N
= 135 15 Kl1 /a
Da als klimatische Basis die Klimaregion 7 (Essen) herangezogen wird, muß für die Überprüfung des sommerlichen Wärmeschutzes der ermittelte Wert der normierten nicht nutzbaren
Wärmeeinträge mit dem Grenzwert QNN,max der Sommer-Klimaregion B verglichen werden.
0 NN
= 0 NN.max
Veränderung der Bauweise für die Sommer-Klimaregion A:
Der zulässige Grenzwert QNN,max für die „sommerkühle" Re gion beträgt 8000 Kh/a.
Die Ostfenster müssen für diesen Fall nicht mehr von 6 m 2 auf
1,6 m 2 - wie in der Sommer-Klimaregion B - reduziert werden,
sondern nur noch auf 3,9 m 2 •
Beim vereinfachten Verfahren gelten etwas strengere Anforderungen, da entsprechend für das Ostfenster nur 3,0 m 2 zulässig wären, wie im folgenden Abschnitt „Vereinfachtes Verfahren" beschrieben wird.
Veränderung der Bauweise für die Sommer-Klimaregion C:
Der zulässige Grenzwert QNN,max für die „sommerheiße" Region beträgt 14000 Kh/a.
Für diesen Fall darf auf der Ostseite kein Fenster mehr vorgesehen werden.
Zusätzlich müßte entweder der Sonnenschutz von einem Wert
Fc = 0,3 auf Fc = 0,21 verbessert oder eine schwerere Bauweise vorgesehen werden.
Alternativ zur Verbesserung des Sonnenschutzes bzw. der
schwereren Bauweise könnte auch eine erhöhte Nachtlüftung
vorgesehen werden, wobei abhängig von der Höhe des Nachtluftwechsels auch an der Ostfassade eine Fensterfläche möglich wäre.
= 2309 Wl1 / K
Monatlicher Ausnutzungsgrad der Wärmegewinne für Heizzwecke:
Q
Kl1 /a < 11000 Kl1 /a
316,7 kWl1
Da für alle Monate die gleichen inneren Wärmelasten angesetzt sind, begründen sich die unterschiedlichen Werte von
OG ,i auf Unterschiede in der solaren Einstrahlung.
l) Mai
= 10800
In diesem Fall werden die Vorgaben des sommerlichen Wärmeschutzes erfüllt.
·
= 314,6 kWl1
QG.Juli =
C"irk
Eine Möglichkeit, die Vorgaben des sommerlichen Wärmeschutzes zu erfüllen, ist eine Verringerung der Fensterflächen.
Dies führt zur Reduktion der solaren Wärmeeinträge und somit zur einer Verringerung der normierten nicht nutzbaren
Wärmeeinträge QNN· Wird der Anteil der Fensterfläche an der
Ostfassade von 50 % auf 17 % (1,6 m2) reduziert, ergibt sich
ein QNN von:
= 135 15 Kl1 /a > 11000 Kl1 / a =
Q N .max
Die Vorgaben des sommerlichen Wärmeschutzes sind nicht erfüllt.
6
Fazit
Es sind zwei Berechnungsverfahren vorgestellt worden, mit
den sich das thermische Verhalten von Gebäuden im Sommerfall beschreiben läßt.
Das differenzierte Verfahren der „normierten nicht nutzbaren
Wärmeeinträge QNN" erlaubt Rückschlüsse auf die Häufigkeit
der Temperaturüberschreitung. Durch die Einhaltung des
Grenzwertes QNN.ma x wird gewährleistet, daß zur Bereitstellung thermisch behaglicher Verhältnisse der Einsatz einer
raumlufttechnischen Anlage nicht notwendig ist.
Weiterhin ist ein vereinfachtes Verfahren über den „Sonneneintragskennwert S" hergeleitet worden, der an bestehende
Kennwerte in der DIN 4108-2 [13] anknüpft. Dieser Kennwert
muß einen klimaregions- und gebäudeabhängigen, maximal zulässigen Grenzwert Sma x einhalten. Der Grenzwert Sma x wird
aus der Summe des Basis-Sonneneintragskennwerts S0 , der
für die beschriebenen drei Sommer-Klimaregionen A, B und C
unterschiedlich festgelegt ist, und den Bonus- und Maluskennwerten t.S1, die zur Berücksichtigung zusätzlicher wesentlicher
Einflußparameter dienen, ermittelt.
Mit diesen beiden Kennwerten (QNN bzw. S) und deren Begrenzung auf QNN,ma x bzw. Sma x wird gewährleistet, daß ein Gebäude bei „üblicher" Nutzung (Standardinnenlasten) ohne Raumkühlung auskommt und keine zu hohen Raumtemperaturen im
Sommer aufweist.
183
P. Deutscher, M. Elsber9er, L. Rouvel • s.ommerlicher Wärmeschutz
Unter Berücksichtigung der Standardbedingungen für beheizte Gebäude gilt:
Q NN _::: Q NN.max
bzw.
S _::: S max
Diese Anforderung gilt auch für Gebäude mit Raumkühlung, da
sicherstellt werden soll, daß das Gebäude nicht mehr gekühlt
werden muß, wenn es mit „Standardbedingungen" betrieben
wird. Wenn sich also die Sonderbedingungen - wie z.B. erhöhte Innenlasten - im laufe der Nutzung des Gebäudes ändern sollten, soll das Gebäude auch ohne Kühlung genutzt
werden können.
Die Besonderheiten für den Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes bei Gebäuden, die mit raumlufttechnischen Anla gen klimatisiert werden, werden in Heft 4 der BAUPHYSIK erläutert.
7
Es werden ein differenziertes und ein vereinfachtes Berechnungsverfahren für das sommerliche Gebäudeverhalten bereitgestellt sowie Grenzkriterien für den sommerlichen Wärmeschutz ermittelt, die bereits in der Vorplanungsphase eines
Gebäudes Anwendung finden können. Wesentlicher Punkt ist
dabei die regionale Differenzierung des sommerlichen Wärmeschutzes.
Die Ergebnisse dieser Arbeit sind im Rahmen folgender F+EVorhaben erarbeitet worden:
• Untersuchung über Randbedingungen für die Notwendigkeit einer Klimatisierung von Gebäuden, gefördert von der
Rud. Otto Meyer - Umweltstiftung
• SANIREV, Sanierung von RL T-Anlagen mit hohen Energieverbräuchen, gefördert vom BMBF und Rud . Otto Meyer KG
• Energieeinsparverordnung; Untersuchung differenzierter
Ansätze zur energetischen Bewertung von Gebäuden mit Anlagen zur Raumluftkonditionierung, gefördert vom BMVBW.
Zusammenfassung
In der Wärmeschutzverordnung 1995 wird unabhängig vom Errichtungsort, von der Gebäudenutzung und der Bauschwere eines Gebäudes pauschal festgelegt, daß bei Gebäuden mit
raumlufttechnischen Anlagen mit Kühlung und/oder bei Gebäuden mit einem fassadenweisen Fensterflächenanteil
~ 50 % das Produkt aus Fensterflächenanteil f, Gesamtenergiedurchlaßgrad g der Verglasung und Abminderungsfaktor z
des Sonnenschutzes den Wert von 0,25 nicht überschreiten
darf:
r. g . z .::: o,2s
Detaillierte Gebäudeberechnungen zeigen jedoch erwartungsgemäß:
• die Häufigkeit unbehaglich hoher Raumtemperaturen streut
bei gleicher Gebäudeausführung stark aufgrund der in
Deutschland breit variierenden sommerlichen Außenklimaverhältnisse (z . B. Vergleich Küstenregion/Mittelgebirgslagen - Oberrheingraben)
• bereits bei deutlich geringeren fassadenweisen Fensterflächenanteilen als den in der Wärmeschutzverordnung 1995
angesetzten 50 % können Übertemperaturen in unerwünscht hohem Maß vorliegen
• die Häufigkeit auftretender Übertemperaturen wird von der
Gebäudenutzung, den vorliegenden Innenlasten und der Art
bzw. dem Umfang der Gebäudebelüftung und der Gebäudeausführung (Bauschwere) wesentlich beeinflußt.
Die hier vorgestellten Berechnungs- und Nachweisverfahren,
die im Rahmen einer künftigen Energieeinsparverordnung zum
Einsatz kommen sollen, haben folglich die Aufgabe, trotz einer
verhältnismäßig einfachen Berechnungsmethodik alle wesentlichen Einflußgrößen bezüglich des sommerlichen Raumklimas
zu berücksichtigen.
Literatur:
[1]
Deutscher, P„ Elsberger, M. und Rouve/, L.: Sommerlicher Wärmeschutz
- Eine einheitliche Methodik für die Anforderungen an den winterlichen und
sommerlichen Wärmeschutz, Teil 1. BAUPHYSIK 22 (2000), H. 2, S. 114-120.
[2] DIN EN 832: Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden; Berechnung
des Heizenergiebedarfs, Wohngebäude. Deutsche Fassung EN 832 (Dezember
1998).
[3] DIN EN ISO 13790 (prEN13790): Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden, Berechnung des Heizenergiebedarfs (Entwurf August 1999).
[4] Kolmetz, S. und Rouve/, L.: Einsatzbedingungen für RL T-Anlagen.
Arbeitsbericht zum Arbeitspunkt 1.1 des Forschungsvorhabens SANIREV.
Techn ische Universität München, (Mai 1996).
[5] ISO 13786: Wärmetechn isches Verhalten von Bauteilen - Dynamische
thermische Eigenschaften ; Berechnungsverfahren (September 1998).
[6] Rouvel, L. und Zimmermann, F.: Ein regelungstechnisches Modell zur
Beschreibung des thermisch dynamischen Raumverhaltens . HLH 48 (1997),
Nr. 10, 12 und HLH 49 (1998), Nr. 1.
[7] Deutscher P.; Elsberger M. und Rouvel L.: Vereinfachte Berechnungsverfahren für den sommerlichen Wärmeschutz sowie Einsatzbedingungen für
RL T-Anlagen. Endbericht zum Arbeitspunkt 1.1 des Forschungsvorhabens
SANIREV. Technische Universität München, (Februar 1999).
[8] Kähne, H. und Wölk, G.: Das digitale Beukenmodell - eine Methode zur
Berechnung instationärer Wärmeleitvorgänge . Elektrowärme international 27
(1969) Nr. 7, S. 302/308 .
[9] Beuken, D.L.: Wärmeverluste bei periodisch betriebenen Öfen . Dissertation Freiburg 1936.
[10] Rouvel, L.: Berechnung des wärmetechnischen Verhaltens von Räumen
bei dynamischen Wärmelasten . Brennstoff-Wärme-Kraft 24 (1972), H. 6,
s. 245-262.
[11] Rouvel, L.: Raumkonditionierung - Wege zum energetisch optimierten
Gebäude. Schriftenre ihe der FfE - Band 12. Springer-Verlag, Berlin (1978) .
[12] VDI 2078 : Berechnung der Kühllast klimatisierter Räume (VDI-Kühllastregeln), Juli 1996.
[13] DIN 4108-2 : 1981-08: Wärmeschutz im Hochbau.
184
P. Deutscher, M. Elsberger, L. Rouvel • Sommerlicher Wärmeschutz
veröffentlicht in der Bauphysik:
Deutscher P.,
M. Elsberger
L. Rouvel
Sommerlicher Wärmeschutz
Bauphysik 22 (200), H.2, S.114/120 und H.3, S.178/184
PROF. DR.-ING. HABIL. LOTHAR ROUVEL
FACHGEBIET ENERGIETECHNIK UND -VERSORGUNG . THERMISCHE GEBÄUDESIMULATION
SÄULINGSTRASSE 4
80686 MÜNCHEN
TEL.: 089-576804
[email protected]
Sommerlicher Wärmeschutz
FAX: 089-5706641
WWW.GEBSIMU.DE
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veröffentlicht in Bauphysik 2000 H.2 und H 3
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