Workshop Wundzentrum Hamburg 20. August 2010 Antibiotikatherapie bei Wundinfektionen in der ambulanten Medizin - Probeentnahme/Abstrichtechnik Dr. J. Ungeheuer Tel.: 040-76696-103 www.labor-froreich.de Kolonisation? Infektion? Antibiotikatherapie erforderlich? Immer eine ärztliche Entscheidung unter Berücksichtigung von: Lokale Infektzeichen: Eiter, Rötung, Schwellung, Schmerz… Allgemeine Infektzeichen: Fieber, Leukozytose, CRP, … Lokale Abwehrschwäche: Durchblutungsstörung, Fremdkörper/Implantate… Allgemeine Abwehrschwäche: Diabetes mellitus, Chemotherapie, Niereninsuffizienz… Virulenz der Erreger z.B. ß-häm. Streptokokken A > Staph. aureus > Pseud. aeruginosa > Staph. Epidermidis Keimzahl Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH Ungezielte Antibiotikatherapie ohne Kenntnis des Erregers? 1. Für Staph. aureus/ß-häm. Streptokokken typische Infektionen (z.B. Abszess mit rahmigem Eiter, Erysipel): Cephalosporin der 1. Generation (z.B. Cefadroxil) 2. In allen anderen Fällen Amoxicillin + Clavulansäure auch bei V.a. Anaerobier (z.B. unangenehmer Geruch) Bei allen • schwereren • chronischen • antibiotisch vortherapierten • im Krankenhaus/Pflegeheim erworbenen Infektionen mikrobiologische Untersuchung sinnvoll Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH Mikrobiologische Untersuchung: Wundabstriche • • • • • Wunden vor Probeentnahme gründlich säubern Entnahme möglichst nahe am aktiven Infektionsprozess (Wundgrund/Wundrand) Manche Autoren betonen die wesentlich bessere Aussage von Biopsien. Belege hierfür fehlen. Verwendung spezieller mikrobiologischer Abstrichbestecke mit Transportmedium. Synthetiktupfer, keine Baumwolltupfer Synthetik- oder Metall-, keine Holzstiele • • Das Transportmedium schützt die Keime vor Austrocknung und vor Sauerstoff (Anaerobier) Lagerung im Kühlschrank bei 4°C Fast alle Keime bleiben so mindestens 1-2 Tage lebensfähig. Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH Neuentwicklung: Beflockte statt gewickelte Tupfer Erheblich verbesserte Materialaufnahme und Rückgewinnung Leider noch deutlich teurer Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH Mikrobiologische Untersuchung: Punktate, Biopsien • Punktate und größere Biopsien in sterile Röhrchen mit Schraubverschluß geben. Bei Biopsien ggf. etwas physiolog. Kochsalzlösung zufügen. • Biopsien in Röhrchen mit TransportMedium und Schraubverschluß. Biopsie leicht in das Medium eindrücken, ca. 0.5 cm unter die Oberfläche • Lagerung im Kühlschrank (4 °C) Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH Statistik Keimisolate aus Wundabstrichen Eigene Daten 2009/2010 Ambulante Patienten aus Nordddeutschland Ausgewertete Wundmaterialien: 6820 Staph. aureus 35 % Steril 22 % Staph. epid.- Gruppe 20 % (meist Kontamination) Anaerobe Keime 9% Enterokokken 8 % (wenig pathogen) Corynebakterien 8 % (meist Kontamination) Pseudomonas aerug. 6% Escherichia coli 6% Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH Hochresistente Bakterien 3 wesentliche Resistenzentwicklungen 1. MRSA: Multi- (Methicillin-) resistenter Staph aureus 2. ESBL: ß-Laktamasen mit erweitertem Spektrum bei E. coli und anderen Enterobakterien 3. Ps. aeruginosa Resistenz gegen Ciprofloxacin Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH Staphylococcus aureus wichtigster Erreger von eitrigen Abszesse und Wundinfektionen Ca. 30 % aller gesunden Menschen tragen Staph. aureus in der Nase Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH Staph. aureus: Resistenz gg. Oxacillin (MRSA), Chinolone und Clindamycin MRSA Eigene Daten aus Norddeutschland – Ambulante Isolate Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH Staph. aureus: Resistenz gg. weitere Antibiotika Eigene Daten aus Norddeutschland Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH Ambulante Therapie von MRSA MRSA-Stämme sind prinzipiell resistent gegen alle Penizilline und Cephalosporine. Sie sind zu 95% auch resistent gegen Chinolone und zu 70% auch gegen Clindamycin, damit gg. alle bewährten oralen Antibiotika zur Behandlung von Wundinfektionen. Bei nachgewiesener Empfindlichkeit ist Clindamycin geeignet. Nach in vitro Daten und Expertenmeinung sind SXT +/-Rifampicin und Doxycyclin auch zur oralen Therapie leichterer MRSA-Infektionen geeignet, gute klinische Studien gibt es nicht. Das einzige neue in Studien validierte orale MRSA-Antibiotikum ist Linezolid. Dieses ist aber extrem teuer: 187 €/Tag! (SXT 1 €) Antibiotische Therapie nur bei klinischer Infektion! Ggf. lokal Antiseptika oder Fusidinsäure Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH ESBL- Resistenz bei E. coli und Klebsiellen Escherichia coli und Klebsiellen sind Keime der normalen Darmflora und die wichtigsten Erreger von - Harnwegsinfektionen - Sepsis - Peritonitis - Gallenwegsinfektionen sowie häufige Erreger von - Wundinfektionen und - Infektionen der oberen und unteren Atemwege ESBL-Mutanten sind gegen Ampicillin und alle Cephalosporine resistent (Erweitertes Spektrum Beta-Laktamasen) Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH ESBL: Starke Zunahme in den letzten 5 Jahren! Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH ESBL in Europa: EARSS 2008/E. coli European Antimicrobial Resistance Surveillance System Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH ESBL-Keime: Multiresistenz! Insbesondere die ambulante Therapie wird durch die sehr häufig mit ESBL gekoppelte Resistenz auch gegen Chinolone und Cotrimoxazol erschwert. Von den 2009 bei uns isolierten ESBL-E.coli waren zusätzlich resistent oder intermediär gegen Ciprofloxacin: Cotrimoxazol: Ampicillin+BLI.: Doxycyclin: Fosfomycin: Carbapeneme 71% 73% 91% 83% 4% (nur unkompl. UTI) 0% (nur parenteral) In vielen Fällen ist damit keine orale Therapiemöglichkeit mehr verfügbar Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH Ambulante Therapie von ESBL-Keimen Bei nachgewiesener Empfindlichkeit Therapie mit Ciprofloxacin, Cotrimoxazol und Ampicillin + BLI möglich Bei Multiresistenz nur parenterale Therapie möglich Mittel der Wahl Carbapeneme Ambulant evt. Therapie mit Ertapenem möglich (Handelsname Invanz, Kurzinfusion 30 min, 1 x täglich, 68 €/Tag) Antibiotische Therapie nur bei klinischer Infektion! Ggf. lokal Antiseptika Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH Pseudomonas aeruginosa • Häufiger Erreger von Infektionen bei Patienten mit allgemeiner oder lokaler Abwehrschwäche und antibiotischer Vortherapie, z.B.: chronische Wunden • Bereits natürlicherweise hochresistent, rasche Resistenzentwicklung Einziges wirksames orales Antibiotikum: Ciprofloxacin! Daher: Einsatz von Chinolonen nur wenn zwingend erforderlich Bei Patienten < 18 Jahren in der Regel kontraindiziert, bei Kindern daher keine orale Behandlungsmöglichkeit Neue oral wirksame Medikamente sind in den nächsten Jahren nicht zu erwarten! Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH Pseudomonas aeruginosa: Langsam zunehmende Resistenz Eigene Daten aus Norddeutschland – ambulante Patienten Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH Antibiotikaassoziierte Diarrhoe durch Cl. difficile (CDAD): Klinik - unterschiedliche Schweregrade von leichter Diarrhoe bis zum toxischen Megakolon - wäßrige Durchfälle, Bauchschmerzen, Übelkeit - Fieber, Leukozytose! - endoskopisch Pseudomembranen Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH Clostridium difficile: Diagnostik gezielt anfordern! • Unter Therapie mit fast allen Antibiotika, insbesondere aber ß-Laktamen, Clindamycin und Chinolonen kann es zur Selektion von Clostidium difficile kommen. • Dieser Keim bildet Enterotoxine, die das Krankheitsbild verursachen • In den letzten Jahren Zunahme der Schwere und Häufigkeit, Neuauftreten hochvirulenter Stämme (Ribotyp 27) • Diagnose: Toxinnachweis und kulturelle Anzüchtung aus Stuhl Achtung: Die Untersuchung gehört nicht zum normalen Untersuchungsspektrum bei allgemeiner Anforderung wie „pathogene Keime im Stuhl“. Sie muß gezielt angefordert werden! Das Toxin ist bei RT instabil, Lagerung bei 4-6°C ! Dr. von Froreich • Bioscientia GmbH