EUTERGESUNDHEIT EUTERGESUNDHEIT Ein Beitrag des Tiroler Tiergesundheitsdienstes von Dr. Christian Mader Hohe Zellzahlen in der Sammelmilch – ein oft unterschätzter wirtschaftlicher Risikofaktor ie jüngsten Vorfälle in Vorarlberg, wo über 100 Milchkühe aufgrund einer ansteckenden Eutererkrankung geschlachtet wurden, zeigen auf, wie wichtig frühzeitige Behandlungen bei Bestandsproblemen sind. Bei Zellzahlerhöhungen von über 400 000 Zellen/ml in der Tankmilchprobe (über mehrere Untersuchungen) oder Zellzahlen von über 250 000 Zellen/ml bei etwa 40 % der Tiere bzw. Zellzahlen von über 1 Million (sog. Millionäre) bei 10 % der Milchkühe eines Bestandes sind dringende Maßnahmen zur Herdensanierung notwendig!!! Die Ursachen für die Erhöhungen der Zellzahlen sind vielfältig und wir sprechen daher von einer sog. Faktorenkrankheit, d.h. es sind mehrere Ursachen dafür verantwortlich. In den allermeisten Fällen spielen ganz bestimmte Mastitiserreger in Verbindung mit Fütterungs-, Haltungs-, Melktechnik- bzw. Melkhygienefehler eine wichtige Rolle. Mit Hilfe von bakteriologischen Milchuntersuchungen lassen sich die Mastitiserreger recht zuverlässig nachweisen Dieser Nachweis ist die wichtigste Maßnahme, um eine gezielte Therapie einleiten zu können. Die Strategie einer Bestandssanierung hängt im Wesentlichen vom Erreger ab! D Die meisten Probleme macht uns der Erreger namens Staphylokokkus aureus. Dieser Keim siedelt sich ausschließlich in den Eutervierteln an und wird über die Milch während des Melkens ausgeschieden. Euterkranke Kühe mit Staph. aureus gelten somit als Erregerreservoir und während des Melkens erfolgt die Infektion von gesunden Tieren mit dem Euterlappen, den Händen oder der Melkmaschine. Die konsequente Einhaltung eines Melkhygieneprogrammes in Verbindung mit einer gezielten antibiotischen Therapie euterkranker Tiere gilt als wichtige Sanierungsmaßnahme. Kühe, die bereits mehrmals erfolglos mit Antibiotika therapiert wurden, oder knotige Verhärtungen im Eutergewebe aufweisen , sollten ausgemerzt werden. Eine gezielte Therapie der Kühe in der Trockenstehphase hat nach wie vor die besten Aussichten auf Erfolg. Homöopathische Behandlungen können unterstützend eingesetzt werden. Die Einhaltung eines entsprechenden Euterhygieneprogrammes in Verbindung mit einer leistungsgerechten Fütterung und einer gezielten antibiotischen Behandlung von Tieren mit hohen Zellzahlen sind die wichtigsten Sanierungsmaßnahmen bei Problemen mit Staph. aureus. Chronische Pansenacidosen, erkennbar an einem niedrigen Fett/Eiweiß-Quotient (unter 1,1) bzw. niedrige Fettgehalte in der Sammelmilch oder verminderter Wiederkauaktivität, können einen Anstieg von Zellzahlen verursachen. Unbedingt bei Bestandsproblemen die leistungsgerechte Fütterung mit Beurteilung der Milchleistungsdaten kontrollieren und entsprechende Korrekturen vornehmen. Diese Maßnahmen sind ein Beispiel einer gezielten, strategischen Behandlung eines Problembetriebes. Die Kontrolle des Behandlungsfortschrittes kann anhand der LKV-Daten, des Schalmtestes, der Zellzahl aus der Sammelmilch sowie der bakteriologischen Milchprobenuntersuchung erfolgen. Mit Hilfe von unterstützenden Maßnahmen sind Sanierungen in Problembetrieben auch längerfristig mög- lich. Ohne entsprechende Hygienemaßnahmen sind vor allem bei Staph. aureus Infektionen keine längerfristigen Erfolge zu erzielen. Sämtliche Hygieneprodukte wie die Peressigsäure zur Zwischendesinfektion und desinfizierende Einmaltücher sowie verschiedene Dippmittel sind bei den Hofberatern und im Fachhandel erhältlich. Erstellen Sie gemeinsam mit ihrem Betreuungstierarzt ein wirksames und nachhaltiges Programm zur Sanierung ihres Bestandes. Für TGD-Betriebe wird die bakteriologische Milchuntersuchung gefördert und kostet brutto € 4,40 pro Kuh. Das LFI- Innsbruck organisiert in Zusammenarbeit mit dem TGD und den Bezirkslandwirtschaftskammern Seminare zum Thema „Eutergesundheit“. Dippmittel, desinfizierende Einmaltücher und Peressigsäure als wichtige Begleiter einer Bestandssanierung bei Problemen mit Staph. aureus. Als Beispiel soll nachfolgendes Hygieneprogramm bei Problemen mit Staph. aureus angeführt werden: 1. Überprüfung der Eutergesundheit sämtlicher Kühe mittels Schalmtest. 2. Tiere mit hoher Zellzahl einer bakteriologischen Milchuntersuchung unterziehen! 6. Zwischendesinfektion der Melkbecher mit 0,5- 1%iger Peressigsäure nach dem Melken von Tieren mit hoher Zellzahl oder bei Tieren bei denen der Erreger nachgewiesen wurde. Die Einwirkzeit sollte dabei mindestens 30 Sekunden betragen. 14 www.rinderzucht-tirol.at 3. Vormelkbecher bei jedem Melkvorgang verwenden und kei ne Milch am Boden melken! 4. Reinigung der Zitzen mit desinfizierenden Einmaleutertüchern! 7. Behandelte Tiere Fesselbänder kenn (Wartezeit einhalt 8. Mit dem Schalmtest zumindest in den ersten zwei Monaten alle 14 Tage die Zellzahlen der Milchkühe überprüfen. unbedingt mit zeichnen en)! www.rinderzucht-tirol.at 5. ‘Zitzentauchen nach dem Melken mit einem entsprechenden Dippmittel! 9. Jährliche Überprüfung und entsprechende Wartung der Melkanlagen. 10. Mehrmals erfolglos behandelte Tiere ausmerzen. 11. Zuchtkälber dürfen nicht mit Milch von euterkranken Kühen getränkt werden. 15