Ein Mann für alle Felle

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28 HAMBURG
DIE WELT
ELBPHILHARMONIE
Hélène Grimaud lässt Wald und
Wasser mystisch klingen
PA/DPA/INGO WAGNER
Noch besser wäre es natürlich gewesen, wenn Hélène Grimaud (Foto) ihr Klavierrecital „Woodlands and beyond …“
open air direkt im Sachsenwald gegeben hätte. Es ging in
diesem Konzert ja schließlich um den Wald und um Impressionen, die die dieser in den Seelen von Komponisten
und Musikern hinterlassen kann.
Aber da waren ja erstens die Elbphilharmonie, in der
Grimaud am vergangenen Sonnabend zum ersten Mal
auftrat und gleich zwei Solokonzerte in Folge gab, und
zweitens der Fotograf Mat Hennek, dessen Waldbilder
noch bis zum 20. Mai in der Galerie Flo Peters im Chilehaus gezeigt werden. Drittens, nicht zu vergessen, ist
Hennek auch noch der Lebensgefährte der attraktiven
französischen Pianistin.
Das Recital „Woodlands and beyond …“ war eine Mischung aus visueller Installation, bei der Henneks Waldbilder auf eine gigantische Leinwand im Großen Saal der
Elbphilharmonie projiziert wurden, und Ausschnitten aus
Grimauds aktuellem Album „Water“. Klaviermusik von
Fauré, Ravel, Debussy bis hin zu Takemitsu und Berio wird
hier von elektronischen Einblendungen, sogenannten
MONTAG, 10. APRIL 2017
„transitions“, des Komponisten, DJs und Produzenten Nitin Sawhney unterbrochen. Franz Liszts „Les jeux d'eau à
la Villa d’Este“ oder Maurice Ravels „Jeux d’eau“ spielte
Grimaud im Konzert ebenso geheimnisvoll wie farbenreich und zupackend in den Steigerungen.
Irgendwie entfernten sich aber allmählich sowohl die
Bilder als auch die Musik zunehmend von der Waldthematik. Schillernde Wasseroberflächen oder karge Steincanyons vermischten sich mit Klängen zum Beispiel aus
Isaac Albeniz’ „Almeria“ aus „Iberia“. Das Grundmotiv des
Abends blieb aber das Mystische und Ursprüngliche, das
jegliche Naturerscheinungen nun einmal ebenso prägt
wie die Musik.
hpe
LEUTE
„HOTEL ATLANTIC“
Deutsch-französischer
Freundschaftsball
Aude und Laurent Toulouse
Valerie Omte, Anis Jeridi und Sonia Ben
Amor freuten sich auf den Abend
JUERGEN JOOST
Dr. Rainer und Susanne Süßenguth,
Altonaer Kinderkrankenhaus
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QUARREE WANDSBEK
Osterbacken mit
Prominenten und Kindern
Michaela Eugen-Albrecht, Unicef, Heinz
Hintelmann, Bäckerinnung, und Barbara
Auer sowie Johanna Christine Gehlen
ANJA JUNG
Volle Aufmerksamkeit: Schauspieler Stephan Schad las den Kindern die Geschichte „Der dicke fette Pfannkuchen“ vor
Bunte Streusel, Mehl, Zuckerguss: Beim
Osterbacken der Hamburger Bäckerinnung ging es im Quarree Wandsbek
kreativ zu. Hier hatten nicht nur Kinder
ihren Spaß, sondern auch die Schauspieler
Barbara Auer, Stephan Schad und Johanna Christine Gehlen – gemeinsam
backten sie für den guten Zweck. Die gesammelten Spenden fließen in die UnicefKampagne „Letzte Chance für eine Kindheit“ und gehen damit an Kinder in Syrien, im Libanon, in Jordanien, im Südsudan und in der Ukraine. Unicef-HamburgLeiterin Michaela Eugen-Albrecht freute
sich am Ende über 1500 Euro: „Die Spenden werden dringend gebraucht, um den
Kindern wieder Orte des Schutzes im
Krieg und auf der Flucht zu geben. Das
vergangene Jahr war für die Kinder in
Syrien das schlimmste seit Beginn des
Krieges. Wir helfen ihnen, psychosozial
betreut zu werden und wieder zur Schule
gehen zu können.“ Schirmherrin Elke
Badde, Staatsrätin der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, betonte:
„Für uns ist Brot eine Selbstverständlichkeit, für viele andere Menschen in weiten
Teilen der Welt leider nicht.“
PA/JENS BÜTTNER
In Tanzlaune: Marie-Christine Leneveu
mit ihrem Partner Jörg Steiniger sowie
Marie-Christine und Nikolaus Kliess
Die meistgestellte Frage des Abends
war wohl: Möchten Sie tanzen? Oder
auch: Voulez-vous danser? Denn beim
27. Ball der deutsch-französischen
Freundschaft im „Hotel Atlantic“
hörte man beide Sprachen gleichermaßen. Die traditionelle Veranstaltung des Vereins Hambourg Accueil,
zu der die Präsidentin Marie-Christine Leneveu geladen hatte, steht für
zahlreiche Franzosen, Deutsch-Franzosen und Frankreich-Liebhaber jedes Jahr wieder als gesetzter Termin
fest. „Ich war schon ein wenig aufgeregt, aber nun freue ich mich auf
die über 200 Gäste“, verriet Leneveu,
die seit dem vergangenen Jahr das
Amt der Präsidentin innehat, als
Nachfolgerin von Marie-Christine
Kliess. Eine Premiere war der Ball
auch für den französischen Generalkonsul Laurent Toulouse und seine
Frau Aude. „Ich tanze gerne, aber
nicht sehr oft“, sagte er mit einem
Lächeln. Nicht fehlen durfte der Senator der Finanzbehörde, Peter
Tschentscher, der in Begleitung seiner Ehefrau Eva-Maria kam, sowie
die tunesische Generalkonsulin Sonia
Ben Amor. Nach dem Dinner – mit
einer französischen Käseauswahl
sowie Crème brûlée – wurde in den
glanzvollen Festsälen noch lange zu
Chansons françaises sowie zu aktuellen und internationalen Hits
nicht nur im Dreivierteltakt über das
Parkett getanzt. Das Highlight des
Abends war jedoch eindeutig die große Benefiztombola, für die französische und Hamburger Unternehmen
die Gewinne spendeten. Der Erlös
des Abends wird in diesem Jahr erneut an das Altonaer Kinderkrankenhaus gespendet.
Gab als Kind Konezrte für seine
Stofftiere mit Ess-Stäbchen auf
Keksdosen: Alexej Gerassimez
I
ntendant Markus Fein von den Festspielen
Mecklenburg-Vorpommern erinnert sich noch
gut an ein Konzert von Alexej Gerassimez im
Sommer des vergangenen Jahres im spektakulären Schiffspropellerwerk Waren an der Müritz. Dort sollte der aus Essen stammende Schlagzeuger ein Konzert auf handelsüblichen Schlagwerkinstrumenten geben und wollte plötzlich etwas ganz
anderes. „An Schiffsschrauben kommt man ja sonst
nicht so schnell heran“, verteidigt Gerassimez das
spontane Überbordwerfen seiner ursprünglichen
Konzertplanung. „Die Gelegenheit habe ich sofort
genutzt. Die Schrauben standen da einfach so rum
und ich wollte auf ihnen spielen. Ich wusste ja vorher nicht, wie toll die klingen.“
VON HELMUT PETERS
Diese Episode ist typisch für den 30-jährigen
Schlagzeuger, dessen Großvater nach dem Krieg von
der Ukraine in den Ruhrpott gezogen war und dessen Vater heute Trompeter bei den Essener Philharmonikern ist. Wenn Alexej Gerassimez Gegenstände
sieht, auf denen man mit Schlegeln und Händen
spielen könnte, muss er sie ausprobieren. Egal ob es
sich dabei um Tische aus Holz, Metalltöpfe, Tonnen,
Schuhkartons oder das gesamte Wohnungsinventar
von Freunden handelt, bei denen er gerade mal zu
Gast ist. Die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern
können sich also auf einiges gefasst machen, wenn
der Schlagzeuger im Sommer als Preisträger in Residence Konzerte gibt und seine Spielstätte dabei auf
das akustische Zusatzangebot hin abklopft.
„Die Liebe zum Schlagzeug besteht, seit ich denken und laufen kann“, erzählt Gerassimez. Mein Vater hat mich und meine Geschwister immer in Konzerte mitgenommen. Das begann schon, als ich erst
Drei war. Und wenn seine Schlagzeugkollegen in den
hinteren Reihen, sagen wir mal, den Vorschlaghammer ausgepackt haben, konnte ich mich kaum mehr
auf dem Sitz halten.“ Gerassimez bekam schon mit
Vier Unterricht, sollte aber auch Klavierspielen lernen. „Das Klavier hat meine Schlagzeugleidenschaft
nur noch bestärkt, nachdem ich sowieso schon
Kochtöpfe, Plastikeimer und Keksdosen in meinem
Ein Mann
für alle
Felle
Alexej Gerassimez ist
Schlagzeuger mit Herz
und Seele; als Residenzkünstler gibt er im Sommer
24 Konzerte bei
den Festspielen
Mecklenburg-Vorpommern
Kinderzimmer gehortet und dann mit Ess-Stäbchen
Konzerte für Stofftiere gegeben habe.“
Gerassimez ist nicht nur Schlagzeuger mit Herz
und Seele, er arrangiert auch Stücke für seine Instrumente wie zum Beispiel Piazzolla-Tangos für Vibrafon und Klavier oder er komponiert. Angefangen
hat das Komponieren ganz früh. „Ich habe immer
gern improvisiert. Beim Komponieren bleibt dann
nur noch die Schwierigkeit, eine Struktur und einen
zeitlichen Ablauf zu finden. Beim Komponieren bin
ich ein Forscher und auch ein bisschen ein Autodidakt und lasse mich treiben.“
Bei den Festspielen erlebt das Publikum Alexei
Gerassimez im kommenden Sommer unter anderem
in einem multimedialen Soloprogramm mit dem Titel „RhytholutioMn“ am 14. Juli in der zum Konzertsaal umfunktionierten Produktionshalle der Meck-
lenburger Metallguss GmbH in Waren (Müritz) oder
am 10. August bei einem Konzert mit eigenem
Schlagzeugensemble im Liebherr-Werk Rostock.
Dieses Konzert wird von einer Live-Vorführung der
gigantische Schiffskräne des Rostocker Werkes begleitet.
In Mecklenburg-Vorpommern kennt man den
kreativen Jung-Schlagzeiger, der international am
Anfang seiner Karriere steht, bereits seit zehn Jahren. Zum ersten Mal in der Festivalgeschichte wird
diesmal ein komponierender Schlagzeuger ein Werk
für das Eröffnungskonzert am 17. Juni in der St.Georgen-Kirche Wismar schreiben. „Es wird ein
Stück für Schlagzeug und Chor“, verrät Gerassimez.
„Es ist das erste Mal, dass ich für Chor schreibe,
aber ich bin sehr zuversichtlich und habe mich
schon sehr hineingesteigert.“
Gespannt darf man auch auf eine weitere Uraufführung sein. Kein Geringerer als der amerikanische
Pianist Kit Armstrong komponierte ein Schlagzeugkonzert für Gerassimez, das am 22. Juli in Stolpe mit
dem Konzerthausorchester Berlin aus der Taufe gehoben wird. Zusammen mit seinen Brüdern, dem
Pianisten Nicolai und dem Cellisten Wassily Gerassimez, tritt Alexej beim Fahrradkonzert in Schwerin
am 9. Juli auf. Auch das wird ein besonderes Konzert, denn seine Besucher sollen von einem Spielort
zum nächsten radeln. Zwei Kammermusikwochen
gestaltet der Preisträger in Residence dann traditionell im Schloss Hasenwinkel, wo er und seine musikalischen Freunde proben und die Ergebnisse anschließend in mehreren Konzerten präsentieren.
Für Alexej Gerassimez ist unser Alltag theoretisch
unbegrenzt von Schlaginstrumenten durchsetzt.
Entscheidend ist für ihn nur, welche neue Klangfarbe ein Objekt für ihn bereit hält. „Das kann ich nicht
sehen, das kann ich nur fühlen oder hören“, meint er
und vergleicht seine Suche nach neuen Klängen mit
der Arbeit eines Malers. Auch der kenne seine
Grundfarben, so wie der Schlagzeuger die Klangpalette gewöhnlicher Schlaginstrumente in- und auswendig kennt. Aber es gibt eben auch viele neue Mischungen. „Das, was uns umgibt“, so Gerassimez,
„ist deshalb so spannend, weil man nicht weiß, was
alles an Klang da drin steckt.“
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