32.3 Hemmung der Zellwandsynthese

Werbung
32 Antibiotika (bakterielle Infektionen)
Hemmung der Zellwandsynthese
553
Tab. 32.2
Typische Nebenwirkungen von Antibiotika
Nebenwirkungen
Wirkstoff(-gruppe)
ZNS (z. B. Schwindel, Kopfschmerzen,
Krampfanfälle)
Fluorchinolone, Nitroimidazole, Linezolid, Makrolide, Isoniazid, Ethambutol,
Nitrofurane
Haut (z. B. Exantheme, Fototoxizität)
Blutbildung
Aminopenicilline, Tetrazykline, Sulfonamide, Makrolide, Fluorchinolone, Isoniazid
Folsäureantagonisten, Chloramphenicol, Linezolid, Clindamycin, Antituberkulotika
Herz
Leber
Makrolide, Fluorchinolone
Ansamycine, Isoniazid, Nitrofurane, Makrolide
Niere
Aminoglykoside, Glykopeptide
Magen-Darm-Trakt
Knorpel und Knochen (z. B. Zahn-, Knorpelund Knochenschädigungen, Tendopathien)
Allergien
alle systemisch wirksamen Antibiotika
Fluorchinolone, Tetrazykline
Tab. 32.3
32
Typische Interaktionen
Wirkstoff
Cumarin-Derivate
Interaktion
verstärkte Hemmung der Vitamin-KSynthese
Effekt
verstärkte Blutungsneigung
Methotrexat
verminderte Elimination
Sulfonylharnstoffe
Verdrängung aus der Plasmaeiweißbindung
Veränderung des Magensäure-pHWertes
verminderte Resorption oder verstärkte Verstoffwechslung
verstärkte Methotrexattoxizität
Hypoglykämie
mineralische Antazida
orale Kontrazeptiva
rend bei einer zu hohen Konzentration und einer zu
langen Behandlung die Gefahr von verstärkten Nebenwirkungen besteht.
Antibiotikakombinationen sind oft bei Mischinfektionen und im Rahmen einer Interventionstherapie
notwendig. Mit ihrer Hilfe können Wirklücken geschlossen werden. Außerdem kann durch synergistische Effekte eine potenzierte Wirkung erzielt werden. Ein gutes Beispiel ist die Kombination eines βLaktamantibiotikums mit einem Aminoglykosid: Das
β-Laktamantibiotikum schädigt die Zellwand, sodass
das Aminoglykosid anschließend besser in die Bakterienzelle eindringen kann.
Weitere Situationen, in denen die Kombination mehrerer Wirkstoffe sinnvoll ist, sind tolerante Bakterien
oder Wirkstoffe, bei denen die Gefahr einer sekundären Resistenzentwicklung während der Therapie besonders hoch ist. Möglichkeiten einer Kombination
sind:
Doppelblockade eines metabolischen Systems
(z. B. Trimethoprim mit Sulfamethoxazol)
Blockade eines inaktivierenden Enzyms (z. B. zusätzliche Gabe von Penicillase-Inhibitoren)
unterschiedliche Angriffspunkte innerhalb der
Bakterienzelle (z. B. β-Laktamantibiotika und
Aminoglykoside)
verminderte Antibiotikaresorption
abgeschwächte Kontrazeption
Antibiotika
Penicilline, Cephalosporine, Folsäureantagonisten, Fluorchinolone, Nitroimidazole, Linezolid, Tetrazykline
Penicilline, Chloramphenicol, Makrolide, Sulfonamide, Fluorchinolone
Sulfonamide, Fluorchinolone, Tetrazykline, Chloramphenicol
Fluorchinolone, Tetrazykline
z. B. Penicilline, Tetrazykline,
Ansamycine
32.2.4 Merkmale von antibiotischen Wirkstoffen
Beim Einsatz von Antibiotika ist nicht nur auf das
passende Erregerspektrum, sondern auch auf Nebenwirkungen und Arzneimittelinteraktionen zu achten.
Günstig sind Wirkstoffe, die gut verträglich sind und
mit nur wenigen Substanzen interagieren. Tab. 32.2
fasst typische Nebenwirkungen zusammen.
Die meisten antibiotischen Wirkstoffe interagieren
mit anderen Substanzen, beeinflussen jedoch nur in
wenigen Fällen das CYP450-System (S. 617) direkt.
Die wichtigsten Beispiele dafür sind Rifampicin als
Enzyminduktor und Makrolide als Inhibitoren des
CYP450-Systems. Ansonsten gibt es zahlreiche, für
viele Antibiotikagruppen charakteristische Effekte
(Tab. 32.3).
32.3 Hemmung der Zellwandsynthese
1
Key Point
Der Zellwandaufbau unterscheidet sich
bei grampositiven und gramnegativen Bakterien. Die Synthese des Peptidoglykangrundgerüstes ist jedoch einheitlich und bietet verschiedene Angriffspunkte für eine Antibiotikatherapie.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
β-Laktame, Nitrofurane
Hemmung der Zellwandsynthese
32 Antibiotika (bakterielle Infektionen)
Lipopolysaccharide
Murein (Peptidoglykan) Teichonsäure
Zellwand
Zellwand
Porine
äußere
Membran
Lipoproteine
periplasmatisches
Gel
Murein
(Peptidoglykan)
Plasmamembran
Plasmamembran
a
b
Abb. 32.3 Zellwand von grampositiven und gramnegativen Bakterien. (aus Groß, U., Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie
und Infektiologie, Thieme, 2006)
32
Peptidoglykansynthese
MembranTransport
(C55-Carrier)
Fosfomycin
Bacitracin
Einbau in die
Zuckerstränge
Bakterien werden von einer Zellwand umgeben, die
als Exoskelett dient und sich bei grampositiven und
gramnegativen Bakterien in ihrem Aufbau unterscheidet. Die molekulare Zusammensetzung und die
Synthese der Peptidoglykanhülle sind bei beiden
Bakterienarten jedoch gleich. Das Peptidoglykan
oder Murein ist der wesentliche Baustein dieser äußeren Hülle und bildet ein netzwerkartig angelegtes
Riesenmolekül, in dem Stränge aus Aminozuckern
durch Peptid-Seitenketten quervernetzt sind. Die Zuckerketten enthalten als Grundeinheiten alternierend N-Acetylglucosamin und N-Acetylmuraminsäure, an die fünf Aminosäuren gebunden sind.
Die Grundbausteine werden innerhalb der Bakterienzelle synthetisiert und mithilfe eines Carriers
(C55-Lipid) an die Außenseite der Plasmamembran
transportiert (Abb. 32.3). Dort werden die substituierten Disaccharide in eine Zuckerkette eingebaut.
Transpeptidasen verknüpfen benachbarte Zuckerketten über die gebundenen Oligopeptide und sorgen
damit für die endgültige Stabilisierung.
Diese Peptidoglykanhülle ist bei grampositiven Bakterien vielschichtig, bei gramnegativen Bakterien
hingegen einschichtig. Über Lipoproteine ist sie mit
einer äußeren Membran verbunden, die auf ihrer
Außenseite Lipopolysaccharide (LPS) als typischen
Bestandteil trägt und oftmals eine wesentliche Penetrationsbarriere für Antibiotika darstellt.
Wird die Zellwandsynthese gestört, verliert die Zellwand ihre Stützfunktion und die Zellen platzen auf-
Peptidoglykanquervernetzung
β-Laktame
Glykopeptide
Abb. 32.4 Angriffspunkte für zellwandinhibierende Antibiotika. Fosfomycin verhindert bereits die Entstehung des Peptidoglykan-Grundbausteins. Das Lokalantibiotikum
Bacitracin blockiert den Carrier, und die βLaktamantibiotika sowie die Glykopeptidantibiotika stören die Quervernetzung.
grund des osmotischen Flüssigkeitseinstroms. Die
Hemmstoffe der Zellwandsynthese wirken demnach
auf proliferierende Bakterien bakterizid. Die Angriffspunkte der zellwandinhibierenden Substanzen
sind unterschiedlich (Abb. 32.4).
MERKE
Zellwandsynthesehemmer haben eine bakterizide Wirkung.
32.3.1 β-Laktamantibiotika
1
Key Point
Die β-Laktamantibiotika umfassen Penicilline,
Cephalosporine, Carbapeneme und Monobactame. Die namensgebende Struktur ist der 4gliedrige β-Laktamring, der in allen Grundstrukturen enthalten ist (Abb. 32.5). Sie haben
eine große therapeutische Breite und sind gut
verträglich.
Überblick
Wirkmechanismus β-Laktamantibiotika inhibieren
irreversibel die Transpeptidasen, die für die Quervernetzung der Peptidoglykanseitenstränge verantwortlich sind. Ihre bakterizide Wirkung ist zeitabhängig, d. h. für einen guten klinischen Effekt sollte die Konzentration des Antibiotikums möglichst
während des gesamten Applikationsintervalls oberhalb der MHK des Erregers liegen. Außerdem sind
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
554
32 Antibiotika (bakterielle Infektionen)
Hemmung der Zellwandsynthese
555
Tab. 32.4
Gruppe
Untergruppe
Wirkstoffe
Wirkspektrum
Penicilline
Oralpenicilline
Benzylpenicilline
Penicillin V
Penicillin G, Depotpenicilline
eher grampositive Bakterien
eher grampositive Bakterien
Isoxazolylpenicilline
Aminopenicilline
Flucloxacillin
Ampicillin, Amoxicillin
Staphylokokken
grampositive, wenige gramnegative Bakterien
Acylaminopenicilline
parenteral Gruppe 1
Piperacillin, Mezlocillin
Cefazolin
wenige grampositive und gramnegative Bakterien
eher grampositive Bakterien
parenteral Gruppe 2
parenteral Gruppe 3a
Cefuroxim
Cefotaxim, Ceftriaxon
grampositive, wenige gramnegative Bakterien
grampositive und gramnegative Bakterien
parenteral Gruppe 3b
parenteral Gruppe 4
Ceftazidim
Cefepim
gramnegative Bakterien
grampositive und (bes.) gramnegative Bakterien
Cephalosporine
parenteral Gruppe 5
Ceftarolin
hochresistente grampositive Bakterien
oral Gruppe 1
oral Gruppe 2
Cefaclor, Cefalexin, Cefadroxil
Cefuroxim-Axetil
eher grampositive Bakterien
grampositive und gramnegative Bakterien
oral Gruppe 3
Cefpodoxim-Proxetil, Cefixim,
Ceftibuten
eingeschränkt grampositive, verstärkt gramnegative
Bakterien
Carbapeneme
Imipenem, Meropenem,
Ertapenem, Doripenem
grampositive und gramnegative Bakterien
Monobactame
Aztreonam
gramnegative Bakterien
Antibiotikum
Grundgerüst
S
Penicilline
O
Cefalosporine
O
Carbapeneme
O
Monobactame
O
Abb. 32.5
N
N
N
N
SO3
Grundstruktur der β-Laktamantibiotika.
nur diejenigen Bakterien betroffen, die sich gerade
teilen (sekundäre Bakterizidie).
Es gibt mindestens 7 verschiedene Typen von Transpeptidasen, die auch als penicillinbindende Proteine
(PBP) bezeichnet werden. Ihre Expression ist spezifisch für die einzelnen Bakterienarten. Die unterschiedliche Affinität der zahlreichen β-Laktamantibiotika zu den PBP erklärt ihre individuellen Wirkspektren. Deshalb kann auch die Kombination von
zwei β-Laktamantibiotika einen synergistischen Effekt haben.
Einteilung Tab. 32.4 gibt eine Übersicht über die βLaktamantibiotika.
Resistenzmechanismen Diese sind sind für alle βLaktamantibiotika ähnlich:
Bildung von inaktivierenden Enzymen (β-Laktamasen)
verminderte Affinität zu den PBP infolge einer
strukturellen Veränderung (Mutation)
verminderte Aufnahme in die Zelle durch Membranveränderungen.
Die größte klinische Relevanz hat die Bildung der βLaktamasen. β-Laktamasen spalten die β-Laktamantibiotika, bevor diese ihren Wirkungsort erreicht haben. Es gibt 5 Klassen, die eine unterschiedliche Substratspezifität besitzen. Grob kann man sie in die
sog. Penicillasen, Cefalosporinasen und Breitspektrum-β-Laktamasen unterteilen. Insgesamt sind primäre Resistenzen starken regionalen Schwankungen
unterworfen.
Penicilline
Die verschiedenen Penicilline entstehen durch das
Anhängen unterschiedlicher Derivate an die Aminogruppe. Einen Überblick zeigt Tab. 32.5.
2 Praxistipp
Penicilline umfassen eine große Anzahl von
Wirkstoffen. Man kann sich die einzelnen Vertreter am leichtesten einprägen, wenn man sie
in Gruppen einteilt. Die Einteilung richtet sich
nach der Modifikation des Grundgerüsts.
Pharmakokinetik
Die pharmakokinetischen Eigenschaften der verschiedenen Penicilline sind ähnlich. Grundsätzlich
können Penicilline nicht in die Zelle penetrieren,
weisen aber eine gute Gewebsverteilung (bis auf die
32
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
β-Laktamantibiotika (Übersicht)
556
Hemmung der Zellwandsynthese
32 Antibiotika (bakterielle Infektionen)
32
Arzneimittelinteraktionen
Bei den Penicillinen sind eine Reihe von AMI zu beachten:
erhöhte Penicillinspiegel durch saure Pharmaka
aufgrund der verminderten tubulären Sekretion
(z. B. Probenecid, Indometacin, Salicylate, Phenylbutazon)
verminderte Penicillinspiegel durch Diuretika
verminderte Elimination von Methotrexat durch
Penicilline
verstärkter Effekt von cumarinartigen Antikoagulanzien, Heparinen und Thrombozytenaggregationshemmern durch Penicilline.
Wirkstoffe
Oralpenicilline
Aufgrund seiner Säurefestigkeit
kann Penicillin V (Infectocillin®) auch oral verabreicht werden. Die Hauptindikationen sind Infektionen der oberen Luftwege, Scharlach(-prophylaxe),
Erysipel (Abb. 32.6) und leichte Zahninfektionen.
Benzylpenicillin (Penicillin G) Penicillin G ist nicht
säurestabil und kann daher nur intravenös oder intramuskulär appliziert werden. Bei oraler Gabe würde es von der Magensäure zerstört werden. Penicillin
G ist als leicht wasserlösliches Natriumsalz (i. v.) oder
als schwer lösliches Depotpenicillin (Procain-Penicillin G, Benzathin-Penicillin G, i. m.) im Handel. Um
Elekrolytstörungen zu vermeiden, ist Penicillin G in
den meisten hochdosierten Präparaten mit Natrium
und Kalium in einem physiologischen Verhältnis gemischt.
Penicillin G hat ein schmales Wirkspektrum, das sich
v. a. auf grampositive Kokken und Stäbchen sowie
die gramnegativen Kokken beschränkt (Tab. 32.5).
Klassische Indikationen für Penicillin G sind Angina
tonsillaris, Scharlach, Erysipel sowie Diphtherie (zusätzlich zum Antitoxin), Meningitis, Gonorrhö, Syphilis und Borreliose. Die Depotpenicilline kommen
als Langzeittherapeutika bei Syphilis und in der Prophylaxe des rheumatischen Fiebers zum Einsatz.
MERKE
Staphylokokken sind nur dann penicillinempfindlich,
wenn sie keine Penicillasen bzw. Transpeptidasen mit
verminderter Affinität bilden.
Isoxazolylpenicilline (Staphylokokken-Penicilline)
Isoxazolylpenicilline wie Flucloxacillin (Staphylex®)
sind penicillinasefest und können daher bei nach-
Abb. 32.6 Erysipel. Beginnendes Erysipel am rechten Fuß, Erreger sind β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A. (aus
Moll, I., Duale Reihe Dermatologie, Thieme, 2010)
gewiesener Empfindlichkeit gegen nicht lebensbedrohliche Staphylokokken-Infektionen eingesetzt
werden. Da die Antibitiotika säurestabil sind, können
sie sowohl oral als auch i. v. verabreicht werden.
Aminopenicilline Die Aminopenicilline Ampicillin
(Ampicillin-ratiopharm®; oral, i. v.) und Amoxicillin
(Infectomox®; oral) haben ein erweiteres Erregerspektrum (Tab. 32.5). Dementsprechend ist auch ihr
Indikationsspektrum sehr breit. So werden sie beispielsweise – je nach Empfindlichkeit der Erreger –
bei Atemwegsinfektionen wie Sinusitis, Otitis media,
Bronchitis, bei Infektionen im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich, Haut- und Weichgewebe-Infektionen,
intraabdominellen und urogenitalen Infektionen eingesetzt. Amoxicillin wird häufig als Endokarditisprophylaxe verwendet und kann Teil der Kombinationstherapie bei der Eradikation von Helicobacter pylori
sein (S. 227). Um das Erregerspektrum noch weiter
zu fassen, werden Ampicillin und Amoxicillin häufig
mit einem β-Laktamaseinhibitor kombiniert (s. u.).
Auch wenn beide Aminopenicilline säurestabil sind,
wird in der oralen Therapie v. a. Amoxicillin eingesetzt, weil Ampicillin nur zu etwa 50 % gastrointestinal resorbiert wird und dadurch häufig gastrointestinale Nebenwirkungen auftreten.
Acylaminopenicilline Das Wirkspektrum der Acylaminopenicilline Piperacillin (Piperacillin Fresenius®)
und Mezlocillin (Mezlocillin Carino®) ist noch breiter
als das der Aminopenicilline (Tab. 32.5). Da beide Substanzen säurelabil sind, können sie nur intravenös
appliziert werden. Sie werden bei unterschiedlichen
schweren Mischinfektionen eingesetzt, wie z. B. Infektionen der Atemwege, des Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereichs, von Haut und Weichgewebe, des Urogenitaltrakts sowie bei bei intraabdominellen Infektionen. Piperacillin wird bevorzugt bei Infektionen
durch Pseudomonas aeruginosa verwendet.
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
Isoxazolylpenicilline) und eine schlechte Liquorgängigkeit auf. Die Halbwertszeiten sind kurz. Penicilline werden meist unverändert renal eliminiert. Mit
Ausnahme der Isoxazolylpenicilline ist keiner der
Wirkstoffe β-laktamasefest. Bei einer Penicillinallergie ist ihr Einsatz kontraindiziert.
32 Antibiotika (bakterielle Infektionen)
Hemmung der Zellwandsynthese
557
Tab. 32.5
Verschiedene Eigenschaften der Penicilline
Wirkstoffe
Oralpenicilline
(säurestabil)
Penicillin V
Benzylpenicillin
(nicht säurestabil)
Penicillin G
Procain-Penicillin G
Benzathin-Penicillin G
Isoxazolylpenicilline
Flucloxacillin
Aminopenicilline
Ampicillin
Amoxicillin
Wirkspektrum
Nebenwirkung*
grampositive Kokken (Streptokokken, Pneumokokken und nicht penicillinasebildende Staphylokokken)
grampositive Stäbchen: Corynebakterien und Clostridien
gramnegative Kokken: Meningokokken und Gonokokken
gramnegative Stäbchen: Spirochäten (Treponema
pallidum und Borrelien)
einige Anaerobier
Staphylokokken
β-Laktamase-Inhibitoren binden irreversibel an βLaktamasen und verhindern dadurch die Inaktivierung der β-Laktamantibiotika. Sie besitzen keine eigene antibiotische Aktivität. Von den 3 β-LaktamaseInhibitoren Sulbactam (Combactam®), Tazobactam
und Clavulansäure kann nur Sulbactam nach Bedarf
kombiniert werden, die anderen beiden werden in fixen Kombinationspräparaten verwendet:
Sulbactam/Ampicillin (Unacid®; oral, i. v.)
Clavulansäure/Amoxicillin (Augmentan®; oral, i. v.)
Tazobactam/Piperacillin (Tazobac®; i. v. )
Durch die Kombination mit einem β-Laktamase-Inhibitor wird das Wirkspektrum der β-Laktamantibiotka gegenüber Staphylokokken und gramnegativen
Erregern verbreitert. Allerdings bleiben einige Bakterien trotz β-Laktamase-Inhibitor gegen Penicilline
unempfindlich, wie z. B. methicillinresistente Staphylokokken. Außer den Nebenwirkungen der kombinierten Penicilline sollte man auf eine Erhöhung
der Leberenzyme und allergische Reaktionen achten.
Toxische Effekte sind eher selten. Bei Lebererkrankungen und Schwangeren besteht eine strenge Indikationsstellung.
Cephalosporine
Die einzelnen Cephalosporine unterscheiden sich in
Bezug auf ihre Applikationsform (parenteral vs. oral)
und ihr Wirkspektrum. Innerhalb der Gruppe der parenteral bzw. oral applizierbaren Cephalosporine
werden die einzelnen Substanzen nach ihrem Wirkspektrum (Tab. 32.6) in 5 (parenteral) bzw. 3 Gruppen
(oral) unterteilt. Primär resistent sind intrazelluläre
Erreger. Die genannten Wirkstoffe beziehen sich ausdrücklich auf den Gebrauch in Deutschland; weltweit sind weitere Substanzen verfügbar.
selten neurotoxische Reaktionen
Hepatotoxizität
grampositive Bakterien (auch Listerien, Enterokokken)
erweitertes Erregerspektrum (im gramnegativen Bereich z. B. Haemophilus influenzae, Helicobacter pylori)
AcylaminoPiperacillin
grampositive und gramnegative Bakterien, besonders
penicilline
Mezlocillin
Enterobakterien, Pseudomonaden (bes. Piperacillin)
* Alle Penicilline können allergische Reaktionen hervorrufen.
β-Laktamase-Inhibitoren
gastrointestinale Störungen
Exantheme,
pseudomembranöse Kolitis
gastrointestinale Störungen,
Leberenzymerhöhung
Pharmakokinetik
Die Pharmakokinetik der Cephalosporine ist recht
einheitlich. Sie weisen eine gute Gewebsverteilung
und eine schlechte Liquorgängigkeit (Ausnahme:
Ceftriaxon) auf. Ihre Halbwertszeit ist kurz (bis auf
Ceftriaxon mit 7–8 h). Die meisten Cephalosporine
werden kaum in der Leber metabolisiert und renal
ausgeschieden. Cefotaxim wird hauptsächlich biliär,
Ceftriaxon nach Metabolisierung in der Leber renal
eliminiert. Bis auf die Oralcephalosporine werden sie
parenteral verabreicht.
Wirkstoffe
Parenteral applizierbare Cephalosporine
Gruppe 1: Cefazolin (Basocef®) hat einen bakteriziden Effekt auf zahlreiche grampositive Bakterien. Die größte praktische Bedeutung hat die
Wirkung auf Staphylokokken, auch auf die penicillinasebildenden. Cefazolin kann daher als Alternative für Penicillin G verwendet werden.
Gruppe 2: Cefuroxim (Cefuroxim-ratiopharm®) ist
weitgehend β-laktamasestabil. Sein Wirkspektrum liegt im grampositiven Bereich, umfasst
aber auch Haemophilus influenzae, Gonokokken,
Meningokokken und Enterobakterien.
Gruppe 3a: Das Wirkspektrum von Ceftriaxon
(Rocephin®) und Cefotaxim (Claforan®) ist im
gramnegativen Bereich noch breiter (außer Enterobacter und Pseudomonas). Beide Antibiotika
werden für die kalkulierte Therapie verschiedener Mischinfektionen verwendet. Da Ceftriaxon
eine relativ lange HWZ besitzt und gut liquorgängig ist, wird es bei Meningitis und Neuroborreliose eingesetzt.
Gruppe 3b und Gruppe 4: Ceftazidim (Fortum®)
und Cefepim (Maxipime®) haben eine starke Wirkung auf Pseudomonas aeruginosa und Entero-
32
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
Gruppe
558
Hemmung der Zellwandsynthese
32 Antibiotika (bakterielle Infektionen)
Tab. 32.6
Cephalosporine
Wirkstoff
Wirkspektrum
Indikation
parenteral applizierbare Cephalosporine
1
Cefazolin
v. a. grampositive Bakterien
2
Cefuroxim
3a
3b
Cefotaxim
Ceftriaxon
Ceftazidim
4
Cefepim
5
Ceftarolin
grampositive Erreger, zusätzlich gramnegative
Keime wie Haemophilus influenzae, Gonokokken, Meningokokken und Enterobakterien
gramnegative Keime (aber nicht: Enterobacter
und Pseudomonas)
gramnegative Keime inklusive Problemkeime
wie Enterobacter und Pseudomonas
Cefepim: zusätzlich grampositive Bakterien wie
Staphylokokken
Staphylokokkeninfektionen, perioperative
Prophylaxe, leichtere Wundinfektionen
perioperative Prophylaxe, leichtere Organinfektionen, Haemophilus-Infektionen
kalkulierte Initialtherapie, schwere Infektionen, Einmalbehandlung der Gonorrhö
Infektionen mit P. aeruginosa, Enterobakterien, meist in Kombination
schwere Mischinfektionen wie Pneumonie,
Infektionen des Bauchraums, der Gallenund Harnwege usw.
grampositive Keime einschließlich MRSA sowie
gramnegative Keime wie E. coli, Haemophilus
influenzae, Klebsiella pneumoniae
komplizierte Haut- und Weichgewebeinfektionen, ambulant erworbene Pneumonie
Oralcephalosporine
Gruppe 1
Cefaclor
Cefalexin
Cefadroxil
grampositive Keime; Cefaclor (Infectocef®) besitzt auch eine eingeschränkte Wirksamkeit
gegen gramnegative Erreger wie H. influenzae
leichte bis mittelschwere Atem-, Haut- und
Harnwegsinfektionen
Gruppe 2
Cefuroxim-Axetil
grampositive und gramnegative Keime
leichte bis mittelschwere Atem-, Haut- und
Harnwegsinfektionen
Gruppe 3
Cefpodoxim-Proxetil
Cefixim
Ceftibuten
v. a. gramnegative Keime; Cefpodoxim zusätzlich mittlere Aktivität gegen Staphylokokken
leichte bis mittelschwere Atem-, Haut- und
Harnwegsinfektionen
32
bakterien. Cefepim kann darüber hinaus auch gegen grampositive Bakterien wie Staphylokokken
verwendet werden.
Gruppe 5: Ceftarolin (Zinforo®) ist im Oktober
2012 für den Einsatz bei komplizierten Haut- und
Weichgewebeinfektionen sowie der ambulant erworbenen Pneumonie zugelassen worden. Es besitzt ein breites Wirkspektrum und kann im grampositiven Bereich gegen hochresistente Keime wie
MRSA eingesetzt werden.
Oralcephalosporine
Gruppe 1: Cefadroxil (Grüncef®) und Cefalexin
(Cefalexin-ratiopharm®) besitzen eine gute antibiotische Aktivität im grampositiven Bereich. Ihre
Wirkung im gramnegativen Bereich ist nur unzureichend. Cefaclor (Infectocef®) besitzt immerhin
eine eingeschränkte Wirksamkeit gegen gramnegative Erreger wie H. influenzae und könnte
ebenso in die zweite Gruppe der Oralcefalosporine gehören.
Gruppe 2: Cefuroxim-Axetil (Elobact®) hat eine erhöhte β-Laktamasestabilität und wirkt sowohl im
grampositiven als auch im unkomplizierten
gramnegativen Bereich.
Gruppe 3: Die Oralcephalosporine Cefixim (Cephoral®), Ceftibuten (Keimax®) und Cefpodoxim-Proxetil (Orelox®) haben eine höhere Aktivität und
ein breiteres Spektrum im gramnegativen Bereich
mit eingeschränkter Wirksamkeit im grampositi-
ven Bereich. Ausschließlich Cefpodoxim besitzt
eine mittlere Aktivität gegen Staphylokokken.
MERKE
Ceftriaxon erreicht länger anhaltende und höhere Liquorkonzentrationen als die anderen Cephalosporine.
Nebenwirkungen, Kontraindikationen und
Arzneimittelinteraktionen
Während der Therapie können allergische Reaktionen, allergische Neutropenien und gastrointestinale
Störungen auftreten. Es sollte keine CephalosporinAllergie vorliegen. Ceftriaxon und Cefotaxim sollten
nicht ikterischen Neu- und Frühgeborenen sowie Patienten mit akuter Hepatitis gegeben werden. Bei der
gemeinsamen Gabe von Cephalosporinen und Aminoglykosiden oder Schleifendiuretika sollte auf
nephrotoxische Effekte geachtet werden.
Außerdem gelten insbesondere parenterale Cephalosporine der Gruppe 3 als Risikofaktor für die Besiedlung und Infektion mit hochresistenten Keimen wie
ESBL-bildenden Bakterien, MRSA oder VRE. Zusätzlich scheint das Auftreten von carbapenemasebildenden Bakterien gefördert zu werden, da diese auch
Cephalosporine inaktivieren können.
Carbapeneme
Wirkspektrum Carbapeneme besitzen unter den βLaktamantibiotika das breiteste Wirkspektrum. Sie
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
Gruppe
32 Antibiotika (bakterielle Infektionen)
MERKE
Carbapeneme besitzen unter den β-Laktamantibiotika das breiteste Wirkspektrum. Sie wirken gegen
grampositive und -negative Bakterien, Anaerobier
und problematische Erreger.
Sie werden als Reserveantibiotiatika bei schweren
Mischinfektionen eingesetzt.
Monobactame
Aztreonam (Azactam®) wirkt ausschließlich auf
gramnegative Stäbchen (auch Pseudomonas aeruginosa) und ist bei komplizierten Harnwegsinfektionen durch ansonsten resistente Keime oder Allergien
gegen andere β-Laktamantibiotika indiziert. Anaerobier und grampositive Erreger sind resistent. Bei der
kalkulierten Therapie anderer Organinfektionen sollte Aztreonam nur in Kombination eingesetzt wer-
559
den, um ein breiteres antibakterielles Spektrum zu
erreichen. Die intravenöse Darreichungsform (derzeit in Deutschland nicht im Vertrieb) hat eine gute
Gewebsverteilung, aber eine schlechte Liquorgängigkeit. Die HWZ beträgt knapp 2 h. Beim Einsatz von
Aztreonam kann es zu gastrointestinalen Störungen
und Hautreaktionen sowie zu einem vorübergehenden Anstieg der Prothrombinzeit und der partiellen
Thromboplastinzeit kommen.
Seit 2010 ist Aztreonam zur Inhalation (Cayston®)
mittels eines Verneblers zugelassen. Indiziert ist es
bei chronischer Lungeninfektion durch Pseudomonas aeruginosa bei Patienten mit Mukoviszidose.
MERKE
Aztreonam wirkt nur im gramnegativen Bereich.
32.3.2 Glykopeptidantibiotika
1
Key Point
Glykopeptidantibiotika hemmen die Zellwandsynthese. Sie sind Reserveantibiotika, die bei
schweren Infektionen mit grampositiven Erregern eingesetzt werden.
Wirkstoffe und Wirkmechanismus Vancomycin
(Vanco-ratiopharm®) und Teicoplanin (Targocid®)
stören die Quervernetzung durch sterische Blockade
der an die N-Acetylmuraminsäure gebundenen Aminosäuren. Sie besitzen eine bakterizide Wirkung und
wirken ausschließlich auf aerobe und anaerobe
grampositive Erreger. Gramnegative Bakterien und
einige Stämme von Enterokokken und ViridansStreptokokken sind primär resistent.
Indikationen Beide Wirkstoffe werden als Reserveantibiotika bei schweren Infektionen mit hochresistenten grampositiven Erregern eingesetzt, wie
z. B. multiresistenten Staphylokokken, penicillinresistenten Pneumokokken, Enterokokken, Corynebakterien, Listerien und Clostridien.
Pharmakokinetik Glykopeptidantibiotika werden
aufgrund der schlechten gastrointestinalen Resorption nur i. v. appliziert. Vancomycin wird oral zur (lokalen) Behandlung der pseudomembranösen Kolitis
eingesetzt. Teicoplanin hat eine längere Abklingphase, d. h. bei wiederholter i. v. Gabe verlängert sich die
HWZ um das 2- bis 4-Fache und damit auch das Applikationsintervall. Beide Glykopeptidantibiotika
verteilen sich gut im Gewebe, die Liquorgängigkeit
ist allerdings schlecht.
Nebenwirkungen Es können allergische Reaktionen
auftreten. Besonders für Vancomycin ist eine Rötung
des Oberkörpers (Redneck-Syndrom) durch eine starke Histaminfreisetzung charakteristisch. Beide Substanzen wirken oto- und nephrotoxisch. Das Risiko
32
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
wirken gegen grampositive und gramnegative Bakterien sowie gegen Anaerobier und haben auch auf
problematische Erreger einen starken antimikrobiellen Effekt. Carbapeneme sind weitgehend unempfindlich gegen β-Laktamasen. Unwirksam sind sie
gegen methicillinresistente Staphylokokken, Clostridium difficile und intrazelluläre Erreger.
Wirkstoffe Imipenem/Cilastatin (Zienam®), Meropenem (Meronem®), Ertapenem (Invanz®) und Doripenem (Doribax®).
Indikationen Carbapeneme werden ausschließlich
bei Patienten (v. a. mit Abwehrschwäche) mit schweren Mischinfektionen und schweren Infektionen vor
dem Erregernachweis sowie bei Versagen anderer
Antibiotika eingesetzt. Die Kombination mit einem
Aminoglykosid empfiehlt sich bei einer schweren
Pseudomonaden-Infektion.
Pharmakokinetik Carbapeneme können nur parenteral verabreicht werden (als i. v. Kurzinfusion oder
i. v. Injektion). Sie weisen eine gute Gewebsverteilung und eine mittlere bis schlechte Liquorgängigkeit
auf. Die Elimination erfolgt renal, bei Niereninsuffizienz müssen die Applikationsintervalle entsprechend angepasst werden. Ertapenem sollte bei
schwerer Niereninsuffizienz nicht verwendet werden. Imipenem wird sehr schnell durch die körpereigenen Dihydropeptidasen in den renalen Tubuluszellen abgebaut. Damit dies nicht zu schnell geschieht, wird es in fixer Kombination mit dem Dihydropeptidase-Inhibitor Cilastatin verabreicht.
Nebenwirkungen und Kontraindikationen Es können allergische Reaktionen, gastrointestinale und
zentralnervöse Störungen sowie Störungen der Nierenfunktion auftreten. Eine Allergie gegen Carbapeneme schließt den Einsatz aus. Auch bei einer Penicillinallergie sollte wegen einer möglichen Kreuzallergie eine Testung stattfinden (z. B. Intrakutantest).
Hemmung der Zellwandsynthese
Störung der Zytoplasmamembran
32 Antibiotika (bakterielle Infektionen)
steigt insbesondere bei vorbestehender Hör- oder
Nierenschädigung oder gleichzeitiger Gabe anderer
nephro- und ototoxischer Substanzen. In diesem Falle sind sind regelmäßige Blutspiegelkontrollen angezeigt.
Kontraindikationen Bei akutem Nierenversagen
und Schwerhörigkeit sind Vancomycin und Teicoplanin kontraindiziert.
MERKE
Die Bildung von sekundären Resistenzen während
einer Fosfomycintherapie lässt sich durch die Kombination mit einem weiteren Antibiotikum umgehen.
32.3.4 Bacitracin
1
Bacitracin ist ein lokal wirksames Antibiotikum,
das nur als Kombinationspräparat verwendet
wird.
MERKE
Vancomycin und Teicoplanin stören die Quervernetzung der Zellwand und wirken bakterizid.
Sie wirken ausschließlich gegen grampositive Erreger.
32.3.3 Fosfomycin
32
1
Key Point
Fosfomycin als Natriumsalz (Infectofos®) ist ein
Reserveantibiotikum und besitzt ein breites Erregerspektrum. Vor der Anwendung sollte immer die Erregerempfindlichkeit getestet werden. Fosfomycin-Trometamol (Monuril®) wird
oral bei unkomplizierten Harnwegsinfekten bei
Frauen verwendet.
Fosfomycin inhibiert die Synthese von Vorstufen der
Zellwandbausteine und wirkt auf grampositive und
gramnegative Bakterien sowie einige Anaerobier
bakterizid. Allerdings hängt die antibiotische Wirksamkeit stark von den lokalen Milieubedingungen
ab, d. h. die Aktivität in vitro kann sich von der in vivo stark unterscheiden. Die Gefahr der sekundären
Resistenzentwicklung ist hoch. Bei schweren Infektionen sollte es daher grundsätzlich in einer Antibiotikakombination verwendet werden.
Fosfomycin kann i. v. oder oral appliziert werden:
Oral wird die Substanz v. a. zur Behandlung unkomplizierter Harnwegsinfekte der Frau eingesetzt (1malig 3 g). Nach oraler Gabe werden die maximalen
Harnkonzentrationen nach 2–4 h erreicht, die minimale Hemmkonzentration für die bei Harnwegsinfekten relevantenten Erreger soll jedoch über 36 h
nach Einmalgabe aufrechterhalten werden. Als i. v.
Applikation steht Fosfomycin als Reserveantibiotikum bei schweren Infektionen zur Verfügung, vor
dessen Anwendung immer die Erregerempfindlichkeit getestet werden sollte. Die HWZ der intravenösen Form liegt bei 2 h, Gewebe- und Liquorgängigkeit sind gut.
Zu den Nebenwirkungen zählen allergische Reaktionen, gastrointestinale Störungen und eine vorübergehende Erhöhung der Leberenzyme. Die Gabe von
Metoclopramid (S. 222) sollte zeitverzögert erfolgen,
da Metoclopramid die Resorption von Fosfomycin
beschleunigt.
Key Point
Bacitracin (in Kombination mit Polymyxin B und Hydrocortison Polyspectran®) hemmt den Transport
der Zellwandbausteine durch die Membran. Es hat
eine gute Wirkung auf grampositive Bakterien, Neisserien und Haemophilus influenzae und wird mit
Neomycin und/oder Polymyxin B kombiniert. Bacitracin wird nur lokal bei der Infektion des vorderen
Augenabschnitts, chronischer Otitis externa und mischinfizierten Ekzemen und Furunkeln des Gehörgangs in Form einer Salbe verwendet. Beim Einsatz
von Bacitracin kann es zu lokalen allergischen Reaktionen kommen.
32.4 Störung der Integrität der
Zytoplasmamembran
1
Key Point
Die bakterielle Zellmembran ist ein Angriffspunkt für Polymyxine und Lipopeptide.
Die bakterielle Zellmembran ist eine PhospholipidDoppelschicht (S. 553), die vorwiegend aus Glycerol
und Fettsäuren besteht. Statt der in eukaryontischen
Membranen vorhandenen Sterole besitzen viele Bakterien Hopanoide wie Diplopten. Eine zusätzliche
Stabilisierung wird durch Kationen wie Ca2 + und
Mg2 + erreicht. Sie lagern sich an die negativ geladenen Phospholipide an. Eine intakte Membran ist
nicht nur eine Permeabilitätsbarriere, sondern sie ermöglicht zusätzlich die geordnete Aufnahme wichtiger Nährstoffe. Dieser gerichtete Membrantransport
wird von Proteinen geleistet, die der Membran aufgelagert oder in sie integriert sind.
32.4.1 Polymyxine
Colistin (syn. Polymyxin E; Diarönt® oder ColiFin®)
und Polymyxin B (Polyspectran®) wirken als Detergenzien der membranstabilisierenden Kationen Ca2 +
und Mg2 + gegen viele gramnegative Bakterien bakterizid. Grampositive Bakterien sind resistent.
Da die gastrointestinale Resorption nach oraler Applikation schlecht ist, werden Polymyxine oral nur
zur Darmdekontamination verwendet. Ansonsten er-
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
560
Herunterladen