FACHBERICHTE Erfahrungen mit HDD-Mudmotoren in Geröll und Fels Experience with HDD mud motors in scree and rock Von Dr. Hans-Joachim Bayer Die Anzahl der Felsbohrungen mit Mud-Motoren steigt permanent, die Aufgaben und Ansprüche im Schwierigkeitsgrad der Felsbohrungen nehmen ebenfalls ständig zu. Nicht nur für die Herstellerseite der Mudmotoren, sondern auch für die Schulung der Anwendungstechnologie gibt es ständig neue Ziele und Herausforderungen. Wie Mud-Motoren antrieben werden und wie sie im Fels arbeiten, wird im Folgenden beschrieben und es wird aber auch anhand von Beispielen aufgezeigt, in welchen Fels- und Geröllverhältnissen Mudmotoren arbeiten. Über Erfahrungen in Hinblick auf Bohrmeißelauswahl, Hole Opener-Einsatz und erreichbare Bohrvortriebsgeschwindigkeiten wird berichtet. The number of rock-drilling projects using mud motors is rising continuously, and the tasks and difficulty of rock-drilling operations are also steadily increasing. New challenges and targets are presenting themselves again and again, and not only for mud motor manufacturers, but also for training and application technology. The following article examines mud-motor drive technologies and how they function in rock, while examples are also used to illustrate the rock and scree conditions under which mud motors operate. Experience concerning cutter selection, use of hole openers and the achievable rates of advance is reported. Einsatzfelder Arbeitsweise von Mud-Motoren 1. Eine Antriebssektion (Rotor/Stator) verwandelt hydraulische Leistung in mechanische Leistung. 2. Eine flexible Antriebswelle zwischen Antriebssektion und Lagerstuhl erlaubt die Nutzung eines geknickten Gehäuses zur Steuerbarkeit. Das geknickte Gehäuse, das fest eingestellt oder verstellbar sein kann, erlaubt eine Neigungsteuerung zwischen 1 und 5 % pro Meter. 3. In einem speziellen Lagerstuhl wird der Bohrkopf eingeschraubt. Der Lagerstuhl dient zur Aufnahme und Übertragung der axialen Schub- und Zugkräfte sowie der möglichen Radialkräfte auf den Bohrkopf. Er absorbiert außerdem Seitenbelastungen, Vibrationen und andere Kräfte. Der Lagerstuhl ist entweder abgedichtet und ölgefüllt oder er wird mit Spülung geschmiert. Bohrlochmotoren bestehen aus drei Komponenten: In der Antriebssektion (Rotor und Stator) verwandelt der Mud-Motor die durch Bohrflüs- Mud-Motoren werden in all jenen geologischen Formationen eingesetzt, die mit der üblichen Horizontalspülbohrtechnik in Lockergesteinen nicht mehr bewältigt werden. Die Einsatzbreite der Mud-Motoren reicht von dicht und steif gelagerten Lockergesteinen durch die ganze Bandbreite der Festgesteine bis hin zu härtesten Gesteinsformationen. In Anpassung an die Gesteinshärte werden verschiedene Festgesteinsbohrköpfe ausgewählt, die entsprechend der gegebenen Gesteinshärte eine effektive Schneidwirkung erlauben. Die Bandbreite reicht hier von Rollenmeißeln mit länglicher Zahnung bis hin zu Hartgesteinkronen mit polykristallinem Diamantbesatz. sigkeit bzw. Spülung zugeführte hydraulische Leistung in mechanische Leistung um. Er erzeugt die mechanische Leistung direkt am Bohrkopf. Je näher die Kraft am Bohrkopf ist, umso größer ist die Leistungsfähigkeit. Außer der auftretenden Reibung trifft die Bohrflüssigkeit auf ihrem Weg zum Bohrlochmotor auf keinerlei Widerstand. Folglich geht nur ein unbedeutender Anteil an Leistung verloren. Beim Einsatz von Bohrlochmotoren werden die Bohrgestänge nur gedreht, um Richtung und Neigung vorzugeben und um ein Absetzen des Bohrkleins zu verhindern. Beim Einsatz eines Bohrlochmotors wird das Gestänge viel geringerer Belastung und Abnutzung ausgesetzt als bei konventionellen Bohren in Lockergestein. Ebenso wird das Bohrgerät entlastet. Der Großteil der Arbeit wird von der Spülungspumpe vorgenommen. Sowohl Durchflussmenge als auch Druck sind für den Betrieb des Motors notwendig. Die Durchflussmenge lässt den Rotor im Bohrlochmotor rotieren (daher der Name) – je mehr Durchfluss, um so schneller die Umdrehungen. Der Druck wird im Bohrlochmotor in Drehmoment umgewandelt und überwindet den Widerstand, das das zu bohrende Gestein dem Bohrkopf entgegensetzt – je höher der Druck, desto höher das Drehmoment für den Antrieb des Bohrkopfes. Es gilt die Formel: Durchflussmenge x Druck = Drehzahl x Drehmoment. Ein anderer Parameter in Funktion und Leistung von Mud-Motoren ist die Lobe-Konfiguration. Damit ist die geometrische Ausgestaltung der positiven Schraubenstruktur des Rotors in der negativen Schraubenstruktur des Stators, der funktional immer einen Schraubgang mehr haben muss, gemeint. Bild 1: Grundorock Low-FlowBohrlochmotor für Pilotbohrungen Fig. 1: Grundorock low-flow down-hole motor for pilot bores 270 3R international (47) Heft 5/2008 bayer.indd 270 26.05.2008 16:02:26 Uhr FACHBERICHTE Bild 2: Aufweitköpfe (Hole Opener) für das Felsbohren Fig. 2: Hole openers for drilling in rock Der ein- oder mehrgängigen Rotor mit schraubenförmiger Oberfläche wirken wie ein umlaufender Verdränger in dem mit Gummi bzw. Elastomer ausgekleideten Stator. Man spricht entsprechend von ½, oder 2/3, ... 4/5, 5/6… gängigen Motoren, wobei das Bewegungsspiel zwischen Rotor und Stator bei HDD-Mud-Motoren recht klein sollte. Die Leistungscharakteristik von Schraubenmotoren hängt auch von der Gangzahl, d. h. der Lobe-Konfiguration ab. Der Wirkungsgrad der Motoren mit hohen Gangzahlen (lobes) nimmt ab, ihre Drehmomente und die Lebensdauer hingegen nehmen zu. Hohe Drehmomente bei kleinen Drehzahlen sind sehr günstig für den Einsatz von Rollenmeißeln. Mud-Motoren für den HDD-Bereich sind häufig zwischen 3/4 – 7/8gängig, 1/2gängige Schraubenmotoren sind aufgrund ihrer „Festfahrgefahr“ (geringes Drehmoment) nicht im Einsatz. Mudmotoren brauchen Mud Der Antrieb von Mudmotoren erfolgt, wie dargestellt wurde, ausschließlich durch Bohrspülung (=Mud). Der Mudfluss treibt die Innenschraube (Rotor) an, Mudmotoren arbeiten nach dem Prinzip eines Schraubenmotors. Wenn auf einer HDD-Baustelle mehr als 16 m3 Bohrspülung durchgesetzt werden, und dies ist bei Mudmotoren, auch beim Typ der Low-Flow-Motoren immer der Fall, so ist Bohrspülungsrecycling nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologischen Gründen (Rohstoffverbrauch usw.) immer angebracht. Die Größe der Recyclinganlage sollte jedoch den täglich anfallenden Bohrspülungsmengen Rechnung tragen. Eine zu kleine Anlage wird die Aufgabe nicht bewältigen können, eine zu große Anlage läuft nicht kontinuierlich und erzeugt hohe Kosten. Beim Einsatz von Mudmotoren ist der Gebrauch eines Bohrplanungsprogrammes (z. B. Grundo Bore Planner, Grundo Costfinder) immer ratsam, sowohl für die optimale Mudmotortrasse durch das Gebirge, als auch für die vorausschauende Mengenkalkulation für den Bohrspülungsbedarf und das Recyclingvolumen der anfallenden Bohrspülung. Auch die Art des zu durchfahrenden Gesteines sollte bekannt sein, auch der darauf abgestimmte Bohrkronentyp, denn beides bestimmt die Größe der Cuttings (= Bohrklein) und diese wiederum machen bestimmte Siedsätze an der Recyclinganlage erforderlich. Eine gut ausgewählte und abgestimmte Recyclinganlage ist ein mitbestimmender Faktor für den wirtschaftlichen einer Hartgesteinsbohrung. Bohrköpfe für unterschiedliches Gestein Der Prozess des Hartgesteinsbohrens ist vielschichtig und hängt nicht nur von der Gesteinshärte ab. Faktoren wie die natürlichen Trennflächen im Gestein (Klüfte, Verwerfungen, Grenzflächen, Spaltflächen), unterschiedliche Härten und Eigenschaften von Mineralien innerhalb eines Gesteines, des Bindemittels der Mineralien im Gesteinsverbund (sog. Matrix) und seine Bindekraft, die Verwitterungswirkung auf das Gestein, die Gleichwertigkeit oder Unregelmäßigkeit des Gesteinsaufbaus und andere Faktoren bestimmen sehr stark die bohrtechnische Lösbarkeit von Festgesteinen. Die Abtragungswirkung durch Schneiden, Zähne oder Warzen des Bohrwerkzeuges nutzt die Zerstörung des schwächsten Minerals innerhalb des Mineralgefüges, das das Gestein in seinem Gesamtgefüge aufbaut. Um den Bohrprozess erfolgreich und kosteneffizient zu gestalten, gibt es, entsprechend den Gesteinsparametern, sehr unterschiedliche Bohrkronen, mit denen der Schneidkopf bzw. der Bohrkopf am Mudmotor bestückt werden kann. Für leichte, relativ weiche Festgesteine, z. B. Kreidekalke, Gipse, Mergelkalke, u. a. werden meist Flügelmeißel eingesetzt, die für zunehmende Gesteinsfestigkeit zunehmend Stufen in den Flügeln aufweisen. Für eine große Bandbreite von Festgesteinen, von weichen bis harten Formationen, werden Rollenmeißel eingesetzt. Rollenmeißel können ein, zwei oder drei Kegelrollen zum Gesteinslösen aufweisen, wobei die 3-Kegelrollen-Anordnung am häufigsten verwendet wird, weil die Zermahlung von härteren Gesteinen zwischen drei Kegeln, leicht versetzt jedoch ineinandergreifend eingeordnet, am effektivsten ist. Die Rollenmeißel werden auch über zulaufende Bohrspülungskanäle bewegt, deren Anordnung recht unterschiedlich sein kann. Die Rollen sollen bewegt werden, sie müssen von Bohrklein ständig freigespült werden, die Kegellager (der empfindlichste Bereich von Kegelrollen) und die Frontschneiden müssen ständig gekühlt werden. Die Qualität eines Rollenmeißels liegt nicht nur in der Verschleißfestigkeit seiner Zähne oder Schneidwarzen, sie liegt auch ganz wesentlich in der Qualität der Kugellager und in der intelligenten Anordnung der Spülungskanäle und ihrer Austritte am Kopf. Generell unterscheidet man die Rollenmeißel nach ihren Rollenkegeltyp in Zahnmeißel und in Warzenmeißel, wobei Zahnmeißel für die leichten bis weniger schwierigen Festgesteine und Warzenmeißel für die harten und schwierigen Gesteine eingesetzt werden sollten. Bei den Warzenmeißeln, die mit Wolframkarbid-Stiften (TCI-Bits) für eben noch härteres Gestein bestückt sind, sind unterschiedliche Warzenstifte im Gebrauch. Die Geometrie dieser Warzenstifte (Bits) reicht von Konusformen für mittel-hart (keilförmig-spitzwinklig, conical; keilförmig-schaufelförmig, keilförmig-abgeflacht), über Ballistik-Formen (kegelförmig-abgerundet, domed) bis hin zu kugelig-abgeflacht (domed) für recht harte Gesteine. 3R international (47) Heft 5/2008 bayer.indd 271 271 26.05.2008 16:02:27 Uhr FACHBERICHTE Ganz harte Festgesteine, wie z. B. Basalte, Diabase, dichte Quarzite, Hornsteine, Chromerze, Eklogite und andere basische und ultrabasische Gesteine, gehen in ihren Gesteinsfestigkeiten über die Möglichkeiten von Rollenmeißeln hinaus. Daher sind hierfür sogenannte Vollbohrkronen mit Diamant-Besatz oder mit PDC-Bit-Besatz (= polykristallines Diamantmaterial) nötig. Diese Vollbohrkronen mit ihren Industriediamanten bzw. PCDs schneiden durch härtestes Gestein, die Investition für diese Bohrkronen ist jedoch hoch. Aufweitwerkzeuge (Hole Opener) für HDD-Felsbohrungen Auch Felsbohrungen müssen sehr häufig in Aufweitstufen vergrößert werden, nur selten reicht die Pilotbohrung mit dem Mudmotor auch zur Aufnahme des Produktrohres. Aufweitungen im Fels bedingen ebenfalls andere Werkzeuge als im Lockergestein. Felsaufweitköpfe, international als „Hole Opener“ bezeichnet, haben einen Führungsschaft, der in die Dimension des zuvor erzeugten Felsbohrloches passt. Daran schließt ein Ringkranz mit Schneidrollen an, die an einem breiteren, runden Tragkörper (body) ansitzen. Darauf folgt ein integraler Drehwirbel. Für sehr große HDD-Anlagen können die Hole Opener, gestaffelt hintereinander und jeweils im Durchmesser größer werdend, mehrere Schneidkränze aufweisen. Die Schneidrollen können ein kegeliges, stumpfkegeliges bis abgeschnitten kegeliges Aussehen haben, im Schneidbesatz sind je nach Gesteinssituation glatte Schneidringe, Zahnringe, Zähne oder Warzenstifte auf den Kegelflächen in den bekannten Geometrien möglich. Häufig sind Zahnkranz- und Warzen- stiftschneidrollen in gleich verteilten Anordnungen zu finden (Bild 2). Nicht vergessen werden sollte, dass Hole Opener einen ungleich größeren Querschnitt herzustellen haben, als der jeweils schon vorliegende Querschnitt darstellt und dass die Schneidkraft der Schneidrollen über das Bohrgestänge von der HDD-Anlage aufgebracht werden muss. Je größer die Zugkraft der HDD-Anlage, desto größer die möglichen Hole Opener-Querschnitte. Nicht nur gute und verschleißfeste Schneidrollen sollten einen Hole Opener auszeichnet, sondern vor allem auch sehr gute und verschleißfeste Kugellager. Unterschiedliche Schwierigkeitsgrade im Fels Neben den schon erwähnten Schwierigkeitsklassen für einzelne Gesteinsarten muss bei Bohren immer die Gesamtstrecke in ihren geologischen und petrografischem Verbund betrachtet werden. Eine Bohrstrecke muss des Öfteren wechselnde Gesteinssorten durchfahren, die ein unterschiedliches bohrtechnisches Reagieren erfordern. Je gleichbleibender die Gesteinsverhältnisse sind, desto kalkulierbarer wird die Bohrung in jeder Weise. Bei vielfachen extremen Wechseln zwischen hart und weich innerhalb der Bohrstrecke bestehen die größten Herausforderungen sowohl an das Können der Bohrmannschaft als auch an die Qualität des Bohrwerkzeuges. Solche extremen Wechsel können innerhalb einer schräg oder horizontal zu durchbohrenden Wechselfolge (z. B. Kieselschiefer-, Tonstein-, Grauwacken-Wechselfolge) oder im Blockmaterial oder Blockhalden von Bergstürzen, Hangrutschungen, End- und Zwischenmoränenablagerungen vorliegen. Bild 3: Baustellenplatz vor der Startgrube mit Bohranlage, Versorgungseinheit (Lkw) und Recycling-Anlage Fig. 3: Site equipment at the starting pit, showing drill rig, supply unit (truck) and recycling system 272 Sowohl die Bohrkrone als auch der Lagerstuhl des Mudmotors erfahren hierbei extreme Belastungen. Die Bohrkrone kann hier nur auf die härtesten Anteile orientiert werden und beim Vorwärtsfahren des Mudmotors sollte umsichtig im Vorschub gefahren werden, damit der Bohrkopf nicht an den Weich-HartWechselkanten starke Schläge und Stöße erleiden muss. Sanftes Bohren in extremen Verhältnissen erfordert Geduld und Können, der Dank dafür sind optimale und gleichmäßige Bohrlöcher für eine völlig problemfreie Leitungsverlegung. Anwendungsbeispiele und Leistungserfahrungen Felsbohrung im Phycodenschiefer des Erzgebirges Gleich zwei Felsbohrungen parallel zueinander mussten unter dem Fluss Zwickauer Mulde bei Wilkau-Hasslau im Stadtteil Silberstraße zur Aufnahme von ganzen Rohrbündeln durchgeführt werden. Die Zwickauer Mulde fließt in diesem Bereich durch recht festen metamorphen Phycodenschiefer aus dem Erdaltertum, der teils direkt im Flussbett ansteht und zu sehen ist und unter den Flussflanken schon in 1,50 m Tiefe auftritt. Die Flussbreite beträgt bei Silberstraße ca. 18 m, die benötigten Bohrungslängen betrugen einmal 170 m und für die Parallelbohrung 150 m. Jede Bohrung sollte vier Schutzrohre, da = 160 mm, für Abwasser und Strom aufnehmen, wobei das Rohrmaterial aus PE 100 bestand. Das besondere an dieser Baumaßnahme, die von der Tessag AG und der Energie Sachsen-Brandenburg AG beauftragt wurde, bestand darin, auf der Norduferseite des Flusses eine Hanglage mit 32 m Höhenunterschied zu überwinden, so dass auf dieser Flussgegenseite regelrecht den Berg hochgebohrt werden musste. Bei diesen Bohrungen betrug die Tiefe unter der Flusssohle jeweils ca. 10 m. Gestartet wurde in einem großen berechneten Bogen vom Niedrigufer des Flusses 13 m über der Flusssohle. Unter der Flusssohle in 10 m Tiefe mussten die 32 m Höhenunterschied auf der steilen Flussgegenseite hochgebohrt werden. Sowohl der Bohrungsverlauf als auch der harte Schieferfels waren eine besondere Herausforderung für den Grundodrill 20 S mit seinem 3¾"- Grundorock-Mudmotor. Dieser Mudmotor hatte am Kopf einen Warzenrollenmeißel mit TCI-Bits. Beide Bohrungen wurden in drei Wochen erstellt, wobei jeweils drei Aufweitschritte mit Hole Openers von 10", 16" und 20" erfolgten, so dass 500 mm große Bohrlöcher zum Einzug der Rohrbündel zur Verfügung standen. Der recht gleichmäßig harte Schiefer und das hohe Leistungsvermögen der Bohranlage mit dem Grundorock-Mudmotor erlaubte diese schnelle Fertigstellung der beiden Felsbohrungen. 3R international (47) Heft 5/2008 bayer.indd 272 26.05.2008 16:02:29 Uhr FACHBERICHTE Bild 4: Schematisches Vertikalprofil der Bohrstrecke bei Traunreut Fig. 4: Schematic vertical section through the Traunreut bore Felsbohrung in den Glarner Alpen bei Laax / Graubünden In den Glarner Alpen bei Laax (nahe Flims, Kanton Graubünden) musste für eine Schneeanlage (Bescheiung durch Schneekanonen) eine 334 m lange Felsbohrung unter einer Bergkuppe zwischen 1937 m ü.NN. und 1940 m ü.NN., d. h. mit einem Gefälle von 0,68 %, zur Aufnahme einer 400 mm Wasserdruckleitung aus PE erstellt werden. Die Bohrarbeiten wurden im September 2006 von der sehr erfahrenen italienischen Bohrfirma Bianco mit einer Prime Drilling 75/50-Bohranlage durchgeführt. Bohrungen im Hochgebirge, im Festgestein, jedoch nicht weit entfernt vom ehemals größten Bergsturz der Alpen, sind sehr anspruchsvoll. Da eine Verbindungsleitung zu einem künftigen Speicherbecken (Speichersee Nagens) hergestellt werden musste, sollte von unten nach oben, bei geringem Gefälle, unter maximal 40 m Überdeckung, gebohrt werden. Verwendet wurde für die Pilotbohrung ein 6¾"-Mudmotor mit einem 9 7/8"-Rollenmeißel. Aufweitet wurde die Strecke dann, die auf 20 m Länge zunächst durch grobes Geröll und dann durch sehr harten, kompakten Kalkfels führte, mit einem 23"-Hole Opener, einem Eigenbau der Fa. Prime Drilling. Der PE-Rohreinzug wurde mit einem vorauslaufenden 17½"-Hole Opener vorgenommen. Die Baumaßnahme erfolgte völlig komplikationsfrei und in sehr kurzer Bauzeit. Autobahnunterbohrung in Tieflage bei Münzenberg / Wetterau Eine sehr anspruchsvolle Bauaufgabe hat die Fa. NWR Bohrtechnik GmbH aus Oelsnitz im Erzgebirge in der nördlichen Wetterau in Mittelhessen vorgenommen. Es galt die Bundesautobahn A 45 in Tieflage, d. h. in einem vorhandenen Geländeeinschnitt für einen Düker bohrtechnisch zu unterqueren. Eine neue Trinkwasserleitung (PE-HD da = 125 mm) sollte den Hauptort Münzenberg mit seinem durch die Autobahn abgetrennten Stadtteil Trais verbinden. Die Autobahn ist mehrere Meter tief in der sanften Wetteraulandschaft eingeschnitten und die Überlegungen der Stadtverwaltung Münzenberg für die neue Trinkwasserver- bindungsleitung galten erst unterirdischen Vortriebsverfahren im bergmännischer Weise. Das baubetreuende Ingenieurbüro Ohlsen aus Grünberg schlug alternativ die verlaufsgesteuerte Horizontalbohrtechnik (HDD-Verfahren) vor, um sowohl kostenseitig als auch von der Bauzeit günstiger zu fahren. Die Stadtverwaltung der historisch bedeutsamen Stadt Münzenberg mit seiner markanten und weithin sichtbaren Burg mit zwei Bergfrieden griff diesen Vorschlag auf. Die geologischen Verhältnisse in Münzenberg sind im Untergrund als äußert hart zu betrachten. Die große Burg Münzenberg (erbaut 1170 bis 1190) liegt auf einer basalt-vulkanischen Erhebung und das ganze Umland ist von Basalt (Druckfestigkeit z. T. mehr als 400 MPa!), bedeckt mit einer fruchtbaren „Lehmhaut“, geprägt. Bohrtechnisch ist dieses sehr harte Gestein eine ganz besondere Herausforderung. Auch unter der Autobahn liegt massiver Basalt vor, der hier aufgrund des Einschnittes, kaum noch eine Lehmdecke aufweist. Die 138 m lange Dükerbohrung zur Aufnahme der Trinkwasserleitung in einem Schutzrohr sollte mindestens 5 m unter der A 45 verlaufen, tatsächlich wurde sie sogar noch tiefer durchgeführt. Daraus ergab sich auch, dass der längste Abschnitt der Bohrung im sehr harten Basaltfels stattfinden musste. Der Übergang vom milden Lehm, in seiner Verteilung schwankend zwischen 2 bis 5 m tiefreichend, zum harten Basalt ist relativ abrupt, da Basalt an seiner Oberfläche zwar aufklüftet, aber keine sonst übliche Verwitterungszone aufweist. Und dieser Basalt, in Steinbrüchen schon als „Brecher der (Backen-)Brecher“ gefürchtet, verlangt zur Durchbohrung allerbeste Technik und ein sehr erfahrenes Bohrteam. Die Fa. NWR setzte hier eine GRUNDODRILL 15 NAnlage und einem 2 7/8"-GRUNDOROCKMudmotor ein (Bild 3). Die Bohrlochaufweitungen erfolgten danach zunächst mit einem 8"- und hiernach mit einem 12"-Hole Opener von Tracto-Technik. Danach wurde das Schutzrohr (DN 225) eingezogen. Die gesamten Arbeiten wurden innerhalb von neun Arbeitstagen abgeschlossen. Dükerung eines „wilden“ Alpenflusses Die Traun, ein „wilder“ Fluß aus den Alpen, hat auch im Vorland, im östlichen Chiemsee-Gebiet, noch ein starkes Fließgefälle. Die Wasserstände eines solchen Gebirgsflusses können plötzlich wechseln, daher wünschte die Auftraggeberseite schon aus Sicherheitsgründen den Einsatz der Horizontalspülbohrtechnik. Auch ein Privatgrundstück im Trassenbereich sollte möglichst nicht verletzt werden. Nach mehreren Bohrversuchen einheimischer Bohrunternehmer, die sowohl am Baugrund als auch mit ihrem Equipment scheiterten, wurde ein erfahrenes Bohrunternehmen aus dem Alpenvorland mit entsprechender Bodenerfahrung und mit leistungsstarker Bohranlage beauftragt. Vorteilhafterweise herrschte zur Bauzeit außergewöhnliches Niedrigwasser (langer, trockener Sommer). Gerade im Abschnitt bei Traunreut durchfließt die Traun einen Endmoränenwall eines ehemaligen Gletschers, so dass die gesamte Geschiebefracht vor der ehemaligen Gletscherzunge heute in diesem Bereich vorzufinden ist. Gerölle wechseln in engster Anordnung mit Blöcken und Findlingen ab, dazwischen liegt Geschiebelehm und -mergel vor (Bild 4). Dieser permanente extreme Hart-Weich-Wechsel im Boden stellt für jedes Bohrwerkzeug eine besondere Herausforderung dar. Für die Bohrarbeiten wurde daher ein Grundorock-Mudmotor ausgewählt, um auch Geschiebe in Findlingsgröße und aus hartem Fels bewältigen zu können. Die erste Pilotbohrung brachte erstmals genaueren Aufschluss über den Verlauf und die Mächtigkeit der Gesteinshorizonte und Blocklagen. Bei dieser Bohrung traten plötzliche Spülungsverluste auf sowie starke Abweichungen in Höhe und Lage. Die Pilotbohrung musste ein zweites Mal neu begonnen werden, bis der optimale Eintrittswinkel in die Gesteinsschichten gefunden wurde. Die erste Pilotbohrung für das erste Rohr dauerte 1,5 Tage. Die zweite Pilotbohrung für die zweite zu verlegende Rohr- 3R international (47) Heft 5/2008 bayer.indd 273 273 26.05.2008 16:02:30 Uhr FACHBERICHTE Bild 5: Aufweitgang mit einem Hole Opener im harten Kalkfels von Postojna Fig. 5: Expanding operation using a hole opener in the hard limestone of Postojna Heutige Möglichkeiten mit HDD-Mudmotoren Die Entwicklung spezieller HDD-Mud-Motoren brachte als entscheidenden Vorteil die erstmalige Möglichkeit, mit kleinen HDD-Anlagen ab der 10-Tonnen-Klasse überhaupt Felsbohrungen ausführen zu können. Dies war vor fünf Jahren noch nur mit Anlagen ab der 20Tonnen-Klasse denkbar. Weitere entscheidende Vorteile dieser speziellen HDD-Felsbohrmotoren sind die lange Lebensdauer, die hohe Zuverlässigkeit, die geringen Betriebskosten und die Möglichkeit vielfältiger innerstädtischer Einsätze für den Netzbau in schwierigstem Baugrund und genauso die Einsatzmöglichkeiten unter Gewässern, Verkehrswegen, Felsformationen, Bergrücken und ganzen Berghängen. leitung, die rund 2 m parallel zur ersten verlief, nahm einen Tag in Anspruch. Danach erfolgte ein erster Räumgang für das 110er Rohr mit einem 4"-Hole Opener und einem 8"-Cutter (Rollenmeißel mit TCI-Bits). Dieser Räumgang dauerte 9,5 Stunden. Für die zweite Bohrung wurde nach einem Tag eine zweite Räumbohrung für das 180er Rohr mit einem Holeopener von 4" Body und 12" TCI Cutter in 1,5 Tagen durchgeführt. Innerhalb von fünf Tagen waren beide Bohrungen erstellt und die Produktrohre eingezogen. Parallele Felsbohrungen im Karst von Slowenien Die Höhlen von Postojna sind weltberühmt und stellen eine der größten Tourismus-Attraktionen Slowenien dar. Das Höhlenlabyrinth erstreckt sich auf über 27 km Länge, ist überreich mit Stalaktiten, Stalagmiten, Sintervorhängen und besitzt einen unterirdischen Fluss, in den die seltenen Grottenolme leben. Aufgrund der großen Höhlenlänge werden die Höhlenbesucher über große Strecke mit einer Elektrobahn durch die Höhle gefahren. Die Elektroloks der Höhlenbahn wurden nachts an einer Ladestation in einem Höhlenraum aufgeladen, der 30 m durch Fels von der Außenwelt entfernt ist. Im Laufe der Jahrzehnte war die Ladestation überaltern und musste erneuert werden. Die Verwaltung der Höhle hat sich aus rein praktischen Gründen dafür entscheiden, die neue Ladestation außerhalb der Höhle anzulegen. Aus diesem Grund musste zwischen dem Standort der alten Ladestation und der neuen eine möglichst kurze Verbindung hergestellt werden. Die Höhlenverwaltung hat daher das renommierte Unternehmen Vilkograd aus Sentjur in Slowenien beauftragt, mittels Felsbohrungen zwei Verbindungen im Abstand von einem Meter durch den Fels zu erstellen. Die Fa. Vilkograd benutzte für die Felsbohrungen im extrem harten Kalkstein ihren Grundodrill 13X und einen Grundrock-Mudmotor. Mit dem Mudmotor, 274 der mit sehr wenig Bohrspülung auskommt, wurden die Vorbohrungen durchgeführt, die aufgrund der Gesteinshärte 30 bis 40 Minuten pro Bohrstange (3 m) betrugen. Die Verlaufssteuerung wurde mit einer kabelgeführten Messsonde durchgeführt. Der Aufweitprozess erfolgte dann in einem Schritt mit einen 10"-Hole Opener (entspricht etwa 250 mm), Bild 5. Dann wurden in diese beiden exakt parallelen Bohrlöcher Stahlrohre der Dimension DN 219 unter Nutzung einer Olymp Ramme hereingetrieben. Zum Schluss wurden durch die Stahlrohre im Fels die Stromkabel durchgezogen und die neue Ladestation angeschlossen. Innerhalb von sechs Tagen waren alle Arbeiten durch das Vilkograd-Team zur besten Zufriedenheit der Höhlendirektion erledigt worden. Bohrung durch einen Bergrücken im Schweizer Jura Reigoldswil liegt im Kanton Basel-Land in den Gebirgsfalten des Schweizer Jura, der hier Höhen zwischen 900 bis 1200 m erreicht. Eine Erdgas-Pipeline, die seit 1967 hier besteht, musste ersetzt werden durch eine neue, die auch die Ortslage von Reigoldswil mit Abstand umgeht. Der Erdgasversorger, die Mittelland AG, entschied sich 900 m Pipeline komplett neu zu bauen, wovon 460 m einen Bergrücken unterirdisch durchschneiden sollten. Diese Abkürzungsbohrung durch den Bergrücken namens „Bergli“ hindurch, aus massiven Jurakalken bestehend, wurde von der Firma Bohlen&Doyen mit einer 100-t-Prime DrillingAnlage durchgeführt. Die Pilotbohrung erfolgte mit einem 250 mm Rollenmeißel auf einem großen Mud-Motor. Die Ortung und Steuerung geschah mit einem kabelgeführten Navigationssystem in einem künstlich ausgelegten Magnetfeld. Die Bohrung wurde mit Hole Opener in zwei Schritten bis auf 500 mm Durchmesser aufgeweitet. Danach wurde in einem nächsten Arbeitsschritt das 273 mm-Pipelinerohr ins Bohrloch hineingezogen, das mit einer angereicherten Bohrspülung gefüllt war. Die Bohraufgabe wurde exakt in der vorgegebenen Zeit abgeschlossen. Mit Mudmotoren sind alle Gesteinsformationen bohrbar, selbst härteste Gesteine können durchbohrt werden, allerdings müssen die eingesetzten Bohrkronen sehr dezidiert auf die Gesteinseigenheiten abgestimmt werden. Die Bohrkrone muss jeweils zum Gestein passen, wobei mit zunehmender Gesteinshärte und -abrasivität die Bohrkronen entsprechend aufwändiger und teuer werden. Extreme Hart-Weich-Wechsel im Gebirge oder im Blockmaterial sind für das HDD-Bohren sehr anspruchvoll und erfordern intensive Erfahrungen, gleichmäßige Felsverhältnisse, egal ob weich oder hart, sind technisch deutlich einfacher zu handhaben. In der HDD-Felsbohrtechnik liegen, wie in anderen Baubereichen auch, die interessanten Aufgabenbewältigungen in komplexen Untergrundverhältnissen. Literatur [1] Bayer, H.-J., Koch, E.: Felsbohrtechnik mit hochleistungsfähigen und spülungsarmen MudMotoren. Iro-Schriftenreihe Bd. 27, S. 644-655, Essen: Vulkan-Verlag, 2003 [2] Bayer, H.-J.: HDD-Praxis-Handbuch, 196 S., Essen: Vulkan-Verlag, 2005 [3] Bayer, H.-J. & Bandera, G.: HDD applications in pipeline Projects in Europe, 3R Int. Special 2/2007, p.75-81 [4] Tracto-Technik GmbH (Hrsg. 2005): Der Felsbezwinger. Informationsschrift Tracto-Technik, 16 S., Lennestadt Autor: Dr. Hans-Joachim Bayer Ltr. Neue Anwendungstechniken, Tracto-Technik GmbH & Co KG, Lennestadt Tel. +49(0) E-Mail: [email protected] 3R international (47) Heft 5/2008 bayer.indd 274 26.05.2008 16:02:31 Uhr FACHBERICHTE Unsere Versandbuchhandlung empfiehlt: Konsequent zweisprachig: Training International Für alle, die häufig auf Englisch kommunizieren müssen: die neue, konsequent zweisprachig aufgebaute Buchreihe »Training International«. Linke Buchseite deutsch, rechts englisch. So können Sie 5 Ihr Business English erproben und gezielt erweitern, 5 sich effizient Kompetenzen aneignen und 5 kurzfristig für konkrete Anforderungen fit machen. Training International INTERVIEWTECHNIKEN Von Katrin Hansen 2007 · 184 Seiten · kartoniert · 16,95 € Wer fragt, führt. Ein Großteil beruflicher Gespräche läuft in Form von Interviews ab – beispielsweise Bewerbungs-, Feedback- oder Zielvereinbarungsgespräche. Dieses Buch vermittelt die Grundlagen der Interviewführung und Fragetechnik. 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