RENAISSANCE IN DER SCHWEIZ VON GUSTAV SCHNEELI CENTRE for REFORMATION and RENAISSANCE STUDIES VICTORIA M UNIVERSITY 0 R 0 N 0 RENAISSANCE IN DER SCHWEIZ " . */£r RENAISSANCE IN DER SCHWEIZ STUDIEN ÜBER DAS EINDRINGEN DER RENAISSANCE IX DIE KUNST DIESSEITS DER ALPEN VON GUSTAV SCHNEHLI MÜNCHEN VERLAGSANSTALT F. BKUCKMANN 1896. A.-G. LICHTDRUCKE DER VERLAGSANSTALT F. KRI ( KMANN A.-G. BUCHDRUCK DER BKUCK.MANN'SCHEN BUCHDRUCKEREI, MÜNCHEN. DEM ANDENKEN MEINES VATERS Vorwort. Die vorliegendeSchrift enthält keineGeschichte der Renaissance in der Schweiz,sie könnte nur allenfalls einer solchenals orientierende Einleitungvorausgeschickt werden. Denn sie will lediglichdie verschiedenen Strömungenbeleuchten,welcheum die Wende desXV. Jahrhunderts in Deutschlandeinen neuenStil hervorbrachten; zeigen, wie sich Einzelneslange vorbereitet und als geheim wirkende Kraft weiter- gedrängthat, anderesals ein leeresSpieldes Zufallsaufzufassen ist. Die Bewegung ist dem ganzen Norden gemein; die Schweiz wurde als Beispielgewählt,damit man sich nicht in die provinzialenAbarten des Stils verliere und in der Fülle des Stoffes erstickt werde. Allgemeine Beispielemussten jedoch oft von anderswohergeholt werden, um eine bestimmte Stilerscheinungzu belegen: die Schweiz besass davon nicht in jeder Hinsicht eine genügende Anzahl. Aber mit einem Blick auts Ganze wurde doch die Schweiz stets vorangestellt, wo ihre Entwicklungtypisch war. Dazu war ein Überblicküber die gesamteStilwandlungdesNordens notwendig; das Inventar der Schweiz mussteauch in möglichsterVollkommenheitzu Rategezogenwerden. Um zu seiner Kenntnis zu gelangen, wurde ich von der noch im Werdenbegriffenenschweizerischen Statistikund den jederzeitfreundlichen Mitteilungen ihres Schöpfers,Prof. Rahn in Zürich, aufs beste unterstützt. Ohne dieseAngaben wäre mir ein Überblick über das noch vorhandene,so weit verstreuteMaterialbeinaheunmöglichgeworden. ENGE-ZÜRICH, im März 1896. G. S. Einleitung.o Die Kunstgeschichte einer Provinz oder eines eng begrenzten Landes hat den Zweck, die Kunstthütigkeit desselbenin ihrer Eigen- art und Selbständigkeit zu betonen und mit Hilfe einer genauen statistischenKenntnis des Materials ein möglichst vollständiges und abgerundetes Bild des Kunstlebens diesesGebieteszu geben. Sie hat dabeiauf die grössteVollständigkeitund eine genaueDurchdringung lokaler Verhältnissezu sehen. Der Ausbau solcher Lokalgeschichten ist aber nur möglich, wo man in abgeschlossenen Perioden einen aus- gebildeten Stil vor sichhat, demsich ein lokalesGeprägeallmählichaufdrückte. Lübke hat die deutsche Renaissance in diesem Sinne behandelt und die Provinzen in ihren Eigentümlichkeiten dabei herausgehoben. Sein Kapitel über die Schweiz fasst zum erstenmal das Material in solcherWeise zusammen;sonstbestehtbis jetzt noch keine eigentliche Geschichte der schweizerischen Renaissance - - sie wird sich auf die eingehendsteKenntnis der Werke, der Archive und der bereits erschienenenMonographienzu stützen haben. Diese Schrift hat es nur mit den Anfängen des Stils zu thun. gewissermassen die GeschichteseinesImports zu geben, ehe er Landesprodukt wird. DasEntstehenund dasWachstumeinesStilesgehört zum interessantestenim Bereicheder Kunstwissenschaft. Man beobachtet,wie eine Stilweisesich allmählichin eine neue verwandelt,wobei man es weder mit dem fertigen Neuen, noch mit dem Alten in seiner Blüte zu thun hat, aber genötigt ist, beide in ihrem Wesen zu erforschen. Beim Auftreten der deutschenRenaissance ist dieseMetamorphose nochbesonders kompliziert.Dennesist kein einheimischer Stil, der unterdiesenund jenenEinwirkungensich umbildet,sondernneue, derbisherigen Kunstübung fremdeFormenwerdenvon aussen auf den verschiedensten Wegeneingeführt. Man verstehtsie nicht, ja man widerstrebtihnen, und eine organische Entwicklung scheintausgeschlossen.Und dennochvermögensiees, in einer verhältnismässig kurzen Zeit sich die Herrschaftzu erringen. Woher und wie diese merkwürdigeErscheinung?Dies zu untersuchenwird im Folgenden die Hauptaufgabesein. Dabei könnenweniger der fertige Stil als die Elemente,welche ihn schaffenund ausmachen,betrachtetwerden. Die erste bewegliche Stilperiodenimmt immer noch von allenSeitenEinflüsseauf, welche für die ganzeRichtung desStils entscheidend werdenkönnen. Wenn aber ein Stil seineHauptformenund Grundsätzebefestigthat, ist er in seine zweite, stabilere Phaseeingetreten. In den Krisen der Stilgeschichteenthüllen sich am leichtesten die stilbildendenKräfte und treten in ihrer Wirkung und Gesetzlichkeit zu Tage, während beim vollendeten Stil gleichsam die erst nur lockeren Reihen sich zu einer festenMauer schliessen,die nur ungern eine Einsicht in ihr Wesen gewährt. So kommt es denn auch, dass fertige Stile öfter beschriebenals erklärt werden. Die Analyse des festen Systemsist schwer; am ehestenkann es erfasstwerden, wenn man seine Entwicklung nachzubildenbemüht ist. Aber nicht nur für den betreffenden Stil lassen sich während seiner Bewegungdie Elemente bessererklären, sondern eszeigensich da auch die Kräfte, welche das allgemeine Kunstschaffen anregen. Das Kunstbedürfnis der Zeit und das immer im Dunkeln wirkende Genie offenbart sich auf seinen Wegen hier eher als im vollendeten Stil, der gewissermassen ohne dieseFaktorenein selbständiges Dasein führt. Der Übergangvon der Gothikzu den neuenFormender Renaissanceist diesseitsder Alpen grossenteilskeine innere Formenumbildung,derenKeime im früherenStile gelegenhätten. Die neue Form überwindetnicht in ihrer Entstehungdie alte, sondernesfinden sich plötzlich beide nebeneinander. Es entsteht keine chemischeVer- bindung, sonderneher ein mechanisches Gemenge. Der Vorgang scheintder innerenNotwendigkeitund Gesetzmässigkeit zu entbehren und rein auf den Zufall gegründet. Aber der Zufall allein hätte einenso fest eingewurzelten Formenschatzwie den gothischennicht verdrängenkönnen. Freilich bleibt die Neuerungwesentlichauf dasGebietder Dekoration beschränkt,die sich der Willkür leichter ergiebt. Der struk- tive Teil vermagnicht umgestaltetzu werden. In derBaukunsthat dasgothischePrinzip die Renaissance teilweiseüberdauert.Es gehört aber nicht hierher, das Auslebender Gothik zu verfolgen.1) Man würde dabei bis ins XVIII. Jahrhundert geführt. Die Periode,welche hier in Betrachtkommt, geht ungefährmit demJahre1560zu Ende, obgleich für die Architektur die eigentlicheEntwicklung erst um dies Jahrbeginnt.In denWerkendiesesspäteren Übergangsstiles verbindet sich die Gothik nicht mehr mit den Formen der Frührenaissance. Die Hochrenaissance und der Barock haben diese schon abgelöst. So sind im Palast von Näfels neben der üppigstenHochrenaissance Masswerkgeländerangebracht,deren starresMuster sich zeitweilig in vegetabilischeFormen vom Geschmackeder spätem Zeit auflöst. Es gilt also, in diese willkürlichen und zufälligenErscheinungen für die erste Zeit ihres Auftretens ein wenig Methode und Klarheit zu bringen,und man bemerkt schon eine gewisseGesetzmässigkeit in diesemChaos, wenn man in jedem Landesteilund unabhängigvon einander den Prozess sich in ähnlicher Weise vollziehen sieht. Die Bildung neuer Typen geschiehtim ganzenNorden gleichmassigund nach denselbenGesetzen.Die lokalenAusprägungen sind daneben unwesentlich. Es mag daher befremden, dass für die Darstellung diesesStil- prozesses die SchweizalsAusgangspunkt genommenwurde. Da aber die ganzeStilwandlungvom Auslandeher angeregtwurde, ist gerade ein Grenzlandfür die Darlegungderverschiedenen Einflüssebesonders günstig,weil sie sich da reicher vermengenund, direkt importiert, noch wenig durch eine nationaleUmgestaltunggebrochensind. Wo man einen neuen Dekorationsstil nur in seinem Entstehen verfolgen, seineElemente losgelöst undalsallgemeine Erscheinung behandelnwill, kann man sich leicht an ein eng begrenztes Gebiet halten. Würde man ein grösseres wählen,so würde man immer durch die lokalenEigentümlichkeiten gestört. Es giebt einenober- und einenniederdeutschen Stiltypus - die Verwendung derneuen *) Vgl. darüberRahn, Zur Geschichteder Renaissance-Architektur in der Scluveiz,im Repertoriumfür Kunstwissenschaft V, i ff. Formenist nachlokalenBedingungen verschieden.Der Stil aberin seinen Grundelementen bleibt sich gleich. Daher kann man zum selbenResultatgelangen,wenn man ihn auf einemengernGebiet betrachtet,wo er untergleichenBedingungen seineFormenverwertet. So wird man von selber auf das Wesentliche in der Erscheinung ge- führt. Ich werde also nicht vom Allgemeinenausgehend das Lokale betonen,sondernvon einer gegebenen Lokalität aus das Allgemeine suchen. Es ist zu sagen,dassin der Schweizder Charakterder Kunst- bewegung kein andererist als im ganzenReiche;auch die Bedingungensind annäherndgleich. Die schweizerische Kunstentwicklung ist sogargrossenteils von derjenigendesReichesabhängig. So liegt es in der Xatur der Sache,dassdie analogenund beeinflussenden Erscheinungen herangezogen werdenmüssen,wobei man denn, eine begrenzteBasis für die Untersuchung behaltend, doch den ganzen Umfang und die Tragweite des Prozessesins Auge fassenkann. Überdiesist die schweizerische Renaissance für die ganzeEntwicklung typisch. Denn der unglaublich rascheUmschwung und die Verbreitung der neuen Kunstformen ist aufs engste mit dem Buch- druckeund ähnlichenVervielfältigungsverfahren verbunden,die in der Schweiz, besondersin Basel, in grösstem Masstabegepflegt wurden. Durch die speziell nationale Ausbildung der Glasscheibewar desgleichen in der Schweiz ein Kunstzweig eröffnet, der für die Stilentwicklung in der ersten, vom Zeichner regierten Periode eine grosse Bedeutungerlangte. Auch sind in diesem Zeiträume alle Stufen künstlerischen Ver- mögens in dem engen Gebiet der Schweiz vertreten. Während die bäuerlicheKunst beinaheder Neuerung unbewusstan eine unverstandene Form sich klammert und kaum den rein formalen Gehalt in der Entwicklungfasst,erreichtin Holbeindie Kunstden Gipfel, wo sie wieder das Gebiet des Unbewusstenzu berühren scheint, in- dem ihr ewig geheimnisvollerGeist durch eine hohe Menschenseele die Mittel zur direktenOffenbarungfindet. I. Allgemein geschichtlicherTeil. I. Kapitel. Der politische Zustand. DieseUntersuchungwill sich an den BodenderSchweizhalten - und so muss man den historischen Grund, auf dem alle weitere Entwicklung sich vollzieht, betrachten. Denn die ganze Kultur eines Landes steht festgewurzelt in den historischen und politischen Vorbedingungendesselben.In der Zeit der Frührenaissancebefindet sich Deutschlandin einemZustandeallgemeinerGährung und diesegrossen geistigen Strömungen, welche die politischen Ereignisseprägen oder durch solche rückwirkend in neue Bahnen gedrängt werden, müssen hier Erwähnung finden, sei es nun, dasssie anregend und fördernd oder hindernd die bildenden Künste beeinflusst haben. Die Kunst nimmt im Norden keine führende Stellung ein, umsomehr hängt sie ab von dem geistigen Zustande der Nation. Die Schweiz hat den grossenGeisteskampf des XVI. Jahrhundertsin selbständiger Weise durchgefochten, ihre Zuständegebenin vielemein Abbild der gesamten deutschenKultur jener Zeit. ÜberdieBerechtigung, schweizerische Kunstzweige selbständig zu behandeln, habenRahnin derEinleitungzu seinerGeschichte der bildenden Künste in der Schweiz und Bächtold in seiner Geschichte der deutschen Litteraturin der Schweizsichgeäussert.Es sinddies Werke,welche,von den heutigenVerhältnissen ausgehend, die Entwicklungder jetzt zur Schweiz politischvereinigten Gebieteberücksichtigen.Ich habewenigerdie heutigenals die damaligen Grenzen derEidgenossenschaft im Augezu behalten undauchinnerhalbder da- maligenSchweizergrenzen nur so weit zu gehn, als sichdie für die nordischeRenaissance charakteristischen Symptomezeigen. So bleibt der KantonTessinganzausgeschlossen; seineEntwicklunggehörtin die italienischeRenaissance,ist vom Erzbistum Mailand geleitet. DieBistümersindüberhaupt von grösstem Einflussauf dieVerbreitungder Künste. Besonders im Mittelalter,wo die Kunst hervorragendkirchlichenCharakterhatte, lassensichdie kunstgeschichtlichen Gruppen beinahe ganznachBistümern einteilen.ObwohlderCharakter der Künste sich in der Renaissance bedeutend ändert, hat doch immer noch die alte Diözese ebensoviel Einfluss als die sich neuformende politischeGrenze. Deshalbmuss der Kanton Waadt mit Lausanne, obwohl damalsnoch nicht von Bern aus erobert, seinerWirkung auf die angrenzenden schweizerischen Ständewegenberücksichtigt werden. In Freiburg kreuzen sich die deutschenund welschen Einflüsse. Da- gegen ist dasWallis, dessenBischof und Kardinal in der Zeit der Umgestaltungeinen so grossenpolitischenEinfluss auf die Schweiz ausübte,für die Künste der Schweiz heute völlig belanglos,besonders da sein ganzesKunstinventar um die Mitte unseresJahrhunderts sich in alle Welt unwiderbringlich verirrt hat. Es ist ein neuer Faktor, mit dem man in der damaligenZeit vornehmlich zu rechnen hat das Bürgertum.l) Zu Ende der gothischenPeriode hatte sich die Eidgenossenschaft schon zur politischenSelbständigkeitdurchgerungenund war seit dem Schwabenkriegfaktisch vom Reiche losgekommen. 1507 anerkannte der Reichstagvon Konstanz die Unabhängigkeit. Damals war Basel, dasin dieserGegendderMittelpunktfür alle künstlerischen Bestrebungen war, dem Bunde schon beigetreten. Auch schonin den früherengrossartigen Siegen hatte sich ein freudigesSelbstbewusstsein der Schweizerbemächtigt.Sie waren eine Macht geworden. Die stürmischeLebensfreude,die in der ganzen Zeit lag, wurde dadurchgesteigert. Die Bündnissemit einzelnenNachbarn begannen, die bald zum Solddiensteausarteten und dem Staate unheilvollwurden.In denAnfängendiesesSystems lag aberein gesunderKern. Man besass in der HeimateinenÜberschuss von Kraft, den man stolz in den Dienst befreundeterMächte stellte. Diese Art von Export entspricht unserm Gefühle nicht mehr - war aber dacr den EinrtussdesBürgertumsauf die gothischeEpochevgl. Rahn, Kunst- und Wanderstudien in der Schweiz, I. Studie, Kunst und Leben. mals an sich nicht schimpflich. Baldgenug aber offenbartesich das Gift, das in dem gesundenKern verborgen lag. Der Verrat von Novarahatte diesschonder ganzenWelt gezeigt. Schweizerhatten sich in jedemder feindlichenHeerebefunden,und diesgabihnenden AnscheinvölligerKäuflichkeit.Manvermissteeineeinheitlicheschweizerische Politik nach aussen. Dies und nicht die schwankendeHaltung der Eidgenossenschaftbeim Abschlussihrer Bündnisse konnte ihr in einerZeit zum Vorwurf gemachtwerden, wo auch die ändern Mächte ihre Bündnissebeinahejährlich wechseltenund sich zu neuen Gruppen verbanden. Aber der geringe Zusammenhangder schweizerischenStände unter sich gestattetedie freie Verfügung der Einzelnen, und so entstandendiese unseligen Spaltungen. Die schweizerischenBundesverträge waren keine Verbindungen, die das ganze Land einging, um mit Aufgebot seiner ganzen Kraft dem Verbündeten zu Hüte zu kommen, sondern es wurde nur diesem freigegebenzu werben, wobei es dem Individuum überlassenblieb, der Werbung zu folgen oder nicht. Von oben herab begnügte man sich, ein Maximum für die Ausfuhr an Truppen festzustellen. Dabei änderte sich die politische Konstellation und mit ihr die Bündnisseso rasch, dass es nicht immer möglich war, die abwesenden Söldner aus dem irühern Dienst zurückzurufen und dem neuen Ver- bündeten ausschliesslichzur Verfügung zu stellen. Sie fanden sich also in zwei Lagern und verloren dadurch den Anspruch, die Repräsentanten einer einheitlich handelndenpolitischenMacht zu sein. So scheint die schweizerische Politik nicht selten noch tiefer zu stehenals die Banditenpolitikder übrigen Mächte. Auch die innereHaltung der Eidgenossenschaft wurde dadurch geschädigt.Durch den ganzenGeist der Zeit, in der dasBürgertum zu erstarken und sich zu fühlen anfing, und durch den Krieg und das politische Ansehen hatten sich auch die Lebensansprüche der Schweizergesteigert.Besonders in denLändern*) vermochteeineausschliessliche Beschäftigung zuHausedenhöhernAnsprüchennicht mehr zu genügen, und man sah sich durch die ausländischenPensionen aufs angenehmste in den Standgesetzt,ein gewissermassen adeliges Dasein zu fristen. Wer am meisten bot, war den Schweizern der ') Länder werdendiejenigeneidgenössischen Ständegenannt,welchekeine regierende Stadt besassen. Liebste - esergabsichdarauseinZustand,dessen Unwürdigkeitvon dengesunden Elementen,die sichmeistin den Städtenfanden,erkannt wurde. Die Schweiz war der Parasit unter den europäischen Staatengeworden.Man sahdamals schonein, dassnur einevöllige Neutralitätund ausschliessliche Defensivpolitik es ermöglichte,die Differenzender einzelnen Ständeauszugleichen und die Stellungnach aussen in Ehrenzu behaupten.DieseridealenBestrebung aberblieb die Macht der realen Verhältnisseüberlegen. Denn die auswärtigePolitik feiertedamalsgeradedie höchsten Triumphe.ZumPavierzuge von 1513hattesichdie Gesamtheit der Standeentschlossen, sein Erfolg war ungeheuer. Er allein hat nicht den gewöhnlichenReislaufercharakter; so bestandauch die Entschädigung in Territorien. Die Schweizerschienenhier auf eigeneFaust und für sich ausschliesslich zu kämpfen. Bei Marignano aber erhielt dies selbständigeVorgehen der Schweizer schon seinen tragischen Abschluss. Diese Ereignisseblieben nicht ohne Einrluss aui die Künste. Das ganzeLeben war von ihnen erfüllt; es waren die grossenFragen des Tages, zu denen ein jeder Stellung nahm. Die Litteratur der Zeit ist voll davon. Es bildete sich eine derbe, kräftige Kriegerlitteratur, die aus der Masse des Volkes hervorging. Hier begann auch die Betonung des Nationalen, jene Einkleidung der alten Befreiungskämpfein ein poetischesGewand. Es sind uns noch viele Lieder aus dieser Zeit erhalten; die Schlachtlieder sinddie wertvollstendarunter. Auch aufgeklärteMänner nahmennoch zu einerZeit, wo schonlebhaft dagegen geeifertwurde und der Stern der Eidgenossen im Sinkenwar, mit wilder Kampflust an den Kriegen teil. Manuels Bicoccalied ist im höchsten Grade der Ausdruck dieser Stimmung. Er kann sich über die Niederlage,die er selber mitgemacht, nicht trösten. Hatte doch der Feind sie nur durch seine unnahbareStellung besiegt: Warumb kamend ir nit ul d'wite und hettendüch da gewertr Vt SolcheLieder sind der unmittelbarepoetischeAusdruck einer rohen aber mächtigenStimmung, die das Volk beherrschte.Doch schonüberwogeine mehr didaktische Poesie.Die Warnungenvor dem Reislauien,die Mahnungenzur Einigkeit und gemeinsamem l; Bächtold,Nkokus Manuel 1^78, p. 26. Vorgehensindin Prosaund Versenviel zahlreicher als dieseVolksdichtung. Die Masseder damaligen deutschen Litteraturträgt einen solchenCharakter- man rang nach Verbesserungdes Alten und nach neuen Idealen; das drückt sich auch in der sogenanntenschönen Litteratur überall aus. Die bildendeKunst war nicht weniger voll davon. DasLandsknechtslebenbot den Hintergrund für fast alle Darstellungen. Am stärkstentritt dieserZug in der Schweizhervor; schondeshalb,weil die zwei grössten,ganz nationalenKünstler selberKriegszügenach Italien mitgemachthaben:Manuel und Graf. Auch Holbein wusste Darstellungen aus Krieg und Kriegsleben mit grossartigerVehemenz zu geben. Die damalsso beliebtenTodesbilderschöpftenihre fruchtbarstenAnregungen aus dem aheute rot. morgen tot', des Soldatenlebens. Auch die Entwicklung des rein volkstümlichenGenresfällt in diesePeriode und, wie Kinkell) beobachtet,in die oberdeutschenund schweizerischenGegenden,von wo aus es sich den Rhein hinunter ausdehnt,um in den Niederlanden seine monumentalste Gestaltung zu bekommen Holbein, Graf und Manuel sind von den ersten, welche das Bauernlebenbehandeln. (Vgl. Holbeins Alphabete.) Wenn nun der geistigeInhalt der eigentlichenVolkskunstvöllig von diesenpolitischenZuständenbeherrschtwar, so konnte natürlich das rein formale Element, das uns hier besonders interessieren muss, wenigerdirekt davon berührt sein. Dennochsprechensie auch hier mit. Durch die vielen Züge nach Italien wurde nicht nur das Auge an die italienische Renaissancegewöhnt; der Verkehr mit Italien wurde leichter, selbstverständlicher. Wie bedeutendim EinzelnendieseAnregungenwaren, wird später noch zu prüfen sein. Aber das gesamtekriegerischeLeben schuf eine Reihe von Gegenständen, zu derenAusschmückung die bildendenKünste in Anspruchgenommenwurden. Neue Typen kamen auf, denen es an altenVorbildernfehlte und die daherzu Neubildungenin stilistischer Hinsichtanregten.Die Waffenz. B. spieleneine grosseRolle in derGeschichte desRenaissance-Ornamentes. Es ist dasKunstgewerbe, dassichhier gefördertsieht- - immer vielgestaltiger entwickeltsich eine profane Kunst. *) Kinkel, Mosaikzur KunstgeschX. 10 Gleichwie derHangnachnationaler Emanzipation ausdenSchäden desSoldwesens sichergeben hatte,sogehtdieschweizerische Ref ormation in ihrenAnfängen teilweise daraufzurück,worausihr ein so ausgeprägt nationalerCharaktererwuchs. Als JuliusII. im Jahre1510zum erstenmale die Eidgenossen zu einemBündnisgebrachthatte,dachteniemand,dassin diesem Akte der Keim zur völligenLoslösungder Eidgenossen von Papst und Kircheverborgen lag; dassdie Schweizaus denFolgendieses Bündnisses den erstenAnstosseiner speziellnationalenReformation entnahm.Die Reformgedanken und die Einsichtin die Schäden der Kirche waren diesseitsder Alpen ungefährüberalldie gleichen. Der BernerJetzerhandelbesondershatte die Dominikanerund mit ihnen dasganzeMönchswesen diskreditiertund in Wort und Bild verbreitete sich seineDarstellungim ganzenReiche. Nie aber hatte man an Papst und Rom als dem Heiligstenzu zweifeln gewagt. Es war nicht nur die dumme Unwissenheit, mit der die Dominikaner gerechnet hatten, sondern auch gläubige Anhänglichkeit. Seit dem Bündnis mit Julius aber war der Papst nicht mehr nur als der heilige Vater, sondern als ränkevoller Politiker mit der Schweiz in Berührung gekommen. Schon nach dem misslungenen Chiasserzug zeigtesich die Enttäuschung.Ähnlich wie Hütten bei seinem Aufenthalte in Italien durch die Politik Julius' II. sich abgestossenfühlte und seither dagegenzu Felde zog, sollte auch die schweizerisch-nationale Bewegung darauf fussen,und gerade die Ereignisse,die den Eidgenossendie höchste Gunst und den Titel »Beschützer der Freiheit der Kirche , Herzogshut, Banner und Schwert von seitendesPapsteseintrugen,sollten der Anstosszur endgültigen Lossagungvon Rom werden. Die Beziehungen zu Rom wurden von nun an durchdie politischenWechselfällein Mitleidenschaftgezogen. So fassteman auch in Rom die Lage der Dinge auf, als die Gerüchtevon der religiösen Beireiungder Schweizer,hauptsächlichvon Zürich, dahin gelangten. Und alsdieseim ganzendurchgeführtwar und schonim Begriffe stand,in einefesteForm gegossen zu werden,glaubtenochHadrianVI. Zwingliund die Züricherzu gewinnen,wenn er den rückständigen Sold zu zahlen versprach. Clemens VE., in dessenGarde sich noch viele Züricher befanden (die dann beim Sacco di Roma beinahe sämtlichzu Grunde gingen),versuchte1525 nochmalseine ähnliche Vermittlung. Damals aber verzichtete der Rat auf den ausstehenden Sold und bewies hiemit, dass an Stelle des politischen Verhältnisses ein tieferesgetretenwar, das eine Vermittelung für alle Zeitenausschloss. Das war Zwingiis Werk. Er hatte sich am PavierzugalsFeld- predigerder Glarnerbeteiligtund nachhereinenBericht über die schweizerischen Kriegsthatenverfasst. Von da an liesser die politischen Zustände nicht mehr aus den Augen. So wurde das Refor- mationswerkmit derPolitik engverbunden.Es würde zu weit führen, die ReformationZwingiis im einzelnenzu verfolgen und ihm auf den Wegennachzugehen, die ihn selbständig zu den gleichenResultaten wie Luther brachten.1)Die Reformationwar dasBedürfnisdes deutschenGeistes- - es drängte alles darauf hin, und es bedurfte nur dieser tiefen und unerschrockenenSeelen, das erlösende Wort auszusprechen. Die Klöster waren als Stätten des Müssiggangsund Lasters ein Hauptärgernisder edel Denkenden. Aber auch in vielen Klöstern war man, meist durch humanistischeStudien, zur Kenntnis der Schrift und durch diese zur Einsicht von der Unhaltbarkeit der bestehenden religiösenVerhältnissegelangt. Am freiestendachte man in Einsiedeln,Pfäversund Kappel,ohne sich jedochin völligeNegationzu verirren. Denn es standen diesen Klöstern nicht nur gelehrte, son- dern auch ernst religiös empfindendeMänner vor, die sich weder mit der Frivolität des bestehenden Zustandes noch mit der huma- nistischen Unabhängigkeit zufrieden geben konnten. Zwingli lehrte 1516-19 in Einsiedeln, und noch 1522 predigte er daselbst den Pilgern, die zur wunderthätigen Mutter Gottes herbeiströmten, sie möchten eher bei Christus als bei Maria ihren Trost suchen. Damals aber wirkte er schon in Zürich, wo ein gesunderBürger- sinn, der im Kampf gegendasPensionenwesen und gegenFrankreich lag, sich mit ihm verbandund auch seinenNeuerungenauf religiösem Gebiet entgegenkam. Die Länder aber traten zu den zürcherischen Reformbestrebungen immer mehr in einenschroffenGegensatz.Man war hier zu sehr auf dasAuslandangewiesen.Gleichgültigkeitthat dasÜbrige,da derBodennicht in gleicher Weisedurchhumanistische Bildung vorbereitetwar. So fand sich Zürich längereZeit sehr vereinsamt, besondersals nach der Zerstörungder Karthaus Ittingen 1524 die katholischeReaktion auch in Baselund Bern wieder erstarkte. ') R. Stähelin,HuldreichZwingli 1895. Der HassgegenZwinglisteigertesich, je mehr die Tragweite seines Unternehmens an denungeahnten Dimensionen der lutherischen Bewegungabgemessenwerden konnte. Zürichaberhielt unentwegtan seinemLehrer fest. Der Ruf derStadtwar nicht der bestegewesen ; mannanntesie dasKorinth derSchweiz.DennochdrangZwinglidurch. Vielleichthattengerade die vielen Ausschreitungen den Boden für eine energische Reaktion vorbereitet.Zwingli hatte in kurzer Zeit eine mächtigePartei für sich. Selbstder mit Rom in engen Beziehungen stehendeBürgermeisterKöust standxu ihm. Durch den unglücklichenAusgangder damaligenFeldzügeerhieltendie nationalenBestrebungen ein neues Gewicht. Es war die Zeit der Blüte des deutschenBürgertums,seineletzte grosseEntfaltung, bevor esin Zunftzwang und Spiessbürgerlichkeiterstarren sollte. In den Städten war ein ungeheuresLeben, die besten Elemente des ganzen Landes zogen sich dahin zusammen. Die Erwerbung des Bürgerrechts war noch nicht erschwert; im Gegenteil war man bemüht, tüchtige Kräfte zu gewinnen unter angenehmen Bedingungen. Die ganze grosseSchar der BaslerBuchdrucker, denen Basel zum grossen Teil seinen Ruhm schuldet, hatte sich aus den verschiedensten Gegenden des Reiches hier versammelt. Zürich gewann 1519 Froschauer,um seinem Buchdruck aufzuhelfen. Froschauergehörte auch zu Zwingiis Schar, in welcher sich der gesundeBürgersinn lebhaft äusserte. Es war ein unbändigesSelbstgefühl in diesenLeuten. Der GlockengiesserFüssli verweigerte,stolz aut seine Kenntnis der Schrift, zur Messezu gehen, weil die Pfaffen von jener nichts verständen. Froschauer aber gab durch sein Wurstmahl den Anlass zum Fastenstreit. Er behauptete,er und seine Gesellen müssten Fleisch bekommen, wollten sie bis zur Frankfurter Messe den Druck der Paulinischen Brieie vollenden. Solche kleine Anstösse,vom Volke ausgehend,waren der An- lasszum systematischen Reformationswerk.ZwingiisVorgehenhierbei ist bewunderungswürdig. Er wartete ab; er Hessdie Bedürfnissean sich herankommen,um erst im günstigenAugenblick, durch die Verhältnisse gedrängt, seine Neuerungen allmählich auszudehnen. In aller Stille und gleichsamvon selbervollzieht sich Reform auf Reform. ZwingiisHandlungsweise scheintimmer die einzigdenkbare. Er normiert nie zu früh. Er geht von einem individualisierendenPrinzip aus; die Äusserungder Religionscheinter demGefühl und der - n innernStimmeeinesJedenzu überlassen - - und doch weisser immer im engernAnschlussan seinenStaatdiesezentrifugalen Kräftezusammenzufassen und zu regulieren. Doppelt gross ist seineKunst, da dieser individualistischreligiöse Zug, dies Heraustretenaus der kirchlichenGemeinschaft im Volke sich heftig äusserte. Die Wiedertäufer, welche dies Prinzip in seine äusserstenKonsequenzenver- folgten und als Gesamtheitdie Loslösung vom Staate verlangten, wurden die Opfer ihrer Tendenz. Wie überzeugendund beruhigendmusstenZvvinglismildesWesen und klarer Verstand auf seine Umgebung wirken, dass er die Stadt in ihrem kleinen Gebiet, rings zwischen feindlichen Mächten, doch stets nach seinem Willen lenkte und sicher durch alle Gefahren hin- durchzubringenvermochte. Luther riss durch seinenWillen und seine tiefe seelischeGewalt alles in Begeisterungmit sich iort, und als die Zeit des harten Kampfes vorüber war, erstarrte sein Genius. Das menschliche Temperament wirkt bei ihm im grössten Umfange; Zwingli stellt nach stillem Suchen immer das Wort voran und lässt es gleichsamohne sein Zuthun wirken. Er scheint immer zurückzustehn und schreitet doch so sicher vorwärts, bis er als Held im Kampfe für seine Sache mit seinem Blute sie besiegelt. Die Sehnsucht der Zeit befriedigt sich in ihm, der als beinahe unsichtbares Werkzeug die Ideen in ihrem Wachstum lenkt - - und so stehenwir denn bewunderndvor dem grossenMenschen,dem ein günstiges Schicksalalles und selbsteinen so gewaltig verklärendenAbschluss seinesLebens gewährte. So mächtigdieReformation dasGeistesleben derEpocheergriff, zogen die bildendenKünste doch keinen direkten Vorteil daraus. Die herrlichsten Bibelillustrationen entstammen schon teilweise der katholi- schenEpocheund warendurchdaskatholische Bedürfnis derVulgata angeregt. AllerdingsentstandeineMengepolemischerund satirischer Blätter,welchedie volkstümliche,antipäpstliche Litteraturillustrierten; sieentwuchs abernichtdirektderReformation, sondern denallgemeinen destruktivenund polemischen Tendenzen,denendie Reformationerst die höhereWeihegab,indemsie sie in eine positiveBahnleitete. Auf das stetige Aufblühen des Buchdruckes wirkte aber auch die Reformationein, und so hat sie wenigstensindirekt der Kunst aufgeholfen. Wenn man aber der Reformation und besondersder schweizeri- schenin ihremVerhältniszur bildendenKunst gedenkt,wird man M zuerstdersogenannten Bilderstürme erinnern, in denendieKirchen von allemBildwerkgereinigtwerdensollten,damit die andächtige sich Seele sich unmittelbar zu Gott erhebe und nicht an diesen irdischen Symbolen haftenbleibe. Der BiJderkultus war geradein der letzten Zeit vor der Reformationim raschenSteigenbegriffen,da das Volk, einer tiefern religiösenErziehung entbehrend,in Aberglaubenund Bilderdiensteine ÄusserungseinesreligiösenDrangesgefundenhatte. Im Sommer1524 wurden im Gebietvon Zürich die Bilder entfernt; der sogenannteGötzenkrieggeführt. Trotzdem die beiden Bürgermeister unheimlichraschnacheinander gestorben waren, räumte man dem AberglaubenkeineMacht über die Gemüterein und führte den Krieg zu Ende. Man verfuhr ruhig und sachgemäss.Umso vollständigerwar die Zerstörungder Kunstwerke;man schonteauch das Neue nicht, dessenEinweihung und Herstellungskostennoch in frischer Erinnerung standen. Das Inventar schweizerischerKunst- werke hat nie einenempfindlicheren Stosserhalten, da überdiesder Protestantismuseine weitere Entwicklung kirchlicher Kunst abbrach. Aber man muss hören, wie man damalsüber die Entfernung dachte. Dabei sind gar köstliche Werke der Malerei und Bildschnitzerei, insonderheiteineschöneköstlicheTalel in der Wasserkirchezerschlagen worden,welchesdieAbergläubigen übel bedauerten; dieRechtgläubigen aberhieltenes für einengrossenund fröhlichenGottesdienst.«*) Da übrigens in dieserZeit die Renaissancekunst in Zürich noch in den Windeln lag, so sind wohl wenig Werke zu Grunde gegangen, die für uns von speziellemLiteressewären; in Baselaberdürften ihrer mehr zu beklagensein. Denn da trat die Renaissance früher auf und die grossenScheiterhaufen aus Kunstwerkenwurden erst 1529 errichtet, so dasssie noch das geradeso fruchtbare und glänzende Schaffender letztenJahre vernichteten. In den anderen reformierten Orten verfuhr man in ähnlicher Weise. Hier stellte sich der religiöse Fanatismus in den Dienst der geistigenAufklärung; dennoch aber werden wir an die ähnlichen Ereignisse in Florenzerinnert. Dort hatteSavonarola die Verbrennung der »Eitelkeiten«geleitet. Wir verehren in den Werken der bilden- den Kunst eine irdischeÄusserungdes unsterblichenGeistes. Aber sie ist an dasZeitlichegebundenund trägt denKeim der Verwesung in sich. Wenn auch durch die Reformationen diese Werke vor ihrer l) BulHnger,zitiert bei StähelinI, pag. ^86. ZeitdenUntergang fanden,so fielensie dochals dieOpfereiner grossengeistigen Erhebung,derenWirkungsdauer heutenoch nicht abschloss;ihr Wert verschwindetneben dem der grossenMächte, welcheim XVI. Jahrhundert dieWelt erschütterten. Savonarolas Eifer hat viele herrlicheWerke zerstörtund die SpurenseinerThaten verwischtensich bald. Man mag darüberdenkenwie man will; immer aber müssenwir dankbar vor den Gestalten stehen, die uns lehren, welcher Kraft der menschlicheWille in der Hingabe an eine grosse Idee fähig ist. Um die Entwicklungder bildendenKünsteaberin ihren grossen Zügenuns zu lehren, habendoch noch Werke genug das Verhängnis jener Tage überdauert. Denn es wurden nur diejenigenBilder entfernt, welche mit dem Kultus verknüpft gewesen. Die Kunst hörte auf im vorzugsweisenSinne kirchlich zu sein; ihr weltlich- bürgerlicherCharakter aber wurde wesentlichdurch eine geistige Strömung bestimmt, welche neben der reformatorischendie Presse am ausschliesslichsten beschäftigte:durch den Humanismus. Schon seit der Mitte des XV. Jahrhunderts hatte das Studium desAltertums auch im Norden angefangen,Leben und Denken umzugestalten. Nicht nur die Kenntnis der alten Texte breitete sich aus, sondern es wurden auch Werke der zeitgenössischenhumanistischen Litteratur ins Deutsche übertragen.1) Doch blieb Latein die Sprache,in der diese geistige Bewegung sich beinahe allein ausdrückte; und als Hütten, der vom Humanismus sich ganz durchdrungen zeigt, 1520 in der SpracheseinesVolkes zu schreibenanfing,2)hatte er sich von dieser ausschliesslich gelehrten Gesellschaftabgewandt und den Männern angeschlossen,welche der Nation ihr heiligstes Begehren erfüllen wollten. Der Humanismus aberbehieltwie seineSpracheeinen internationalen,aristokratischen Zug. Das Volk blieb unberührt davon. In Italien3) hatte sich im Gefolge der Geistesrenaissance die äusserste Denkfreiheitherausgebildet, man löste sich von derReligion selbstwie von der theologischenWissenschaftdes Mittelalters. Der Hohn kannte keine Grenzen mehr im humanistischen Kreise. liche äussertensich ebenso frei - Geist- aberman ging nicht weiter. Man l) Bächtolda. a. O. p. 230. *) Gedicht an Luther. ') Wo immervon der italienischen Renaissance geredetwird, mussstets auf Jakob Burckhardts Kultur der Renaissancein Italien 'verwiesen werden. 16 fühlte sich innerlich durch das Priestergewand nicht gebunden,aber man behielt es doch an, weil man sich einer festenHierarchie eingeordnet fühlte. In Deutschland brauchte es den sittlichen Willen Luthers, um die Oppositionüberden Spott hinauszu einemernstenProtest und völliger Zertrümmerungder alten Zuständezu gestalten. Italien besass in Savonarola einen ähnlichen reformatorischen Geist. Aber während die deutschen Reformatoren sich an ihre Staaten anlehnten,die Frageals nationalegestaltenkonnten, mussteSavonarola seinerreligiösenGemeinschaft erst einenStaatschaffen,den alten bekämpfen. In Italien fiel dasUnnatürliche der Abhängigkeit von Rom nicht auf wie in Deutschland. Das Geld, das nach Rom geliefert wurde, blieb im Lande; ein glänzendes Leben war dasBedürfnisdesItalieners und im päpstlichen StuhlgipfelteItaliensGlanz. Deutschlandriss sich von Rom los, Italien konnte davon nicht loskommen. Im Gegenteil, der Traum des patriotischenItalieners,die Einigung Italiensin einer Hand, schien sich zweimal von Rom aus durch päpstlicheNepoten verwirklichen zu wollen. So war eineTrennung von Rom in Italien weder Möglichkeit noch Bedürfnis. Savonarola wollte Rom reformieren, Luther nur Deutschland. Savonarolatrug dieselbenGrundsätze, welche die Ordensstiftungen hervorbrachten und in der Weltflucht endigten, in die Welt hinein. Es gelang seiner hinreissendenPersönlichkeit, in diesem frivolen Lande eine Begeisterunghervorzurufen, welche in DeutschlandsGeschichte kein Gegenstück hat. Aber sie war an das mächtigeIndividuum gebunden,mit dessenVerschwinden sie auch zusammenbrach. Das Volk drängte nicht nach zum Siege. Hatte sich in Italien, von kleinen hochgebildetenZentren ausgehend, der Geist der Aufklärung der ganzenMasse der Gebildeten mitgeteiltund nur dasgemeineVolk auf der alten Strassegelassen, so lagen auchhier die Verhältnissein Deutschlandanders. Die humani- stischeDenkweiseblieb auf einen viel engern gelehrtenKreis beschränkt; somit blieb ihr ganzerTon gemässigter, und wo man sich von KircheundPapsttumauchlosgesagt hatte, äusserteman sich doch nicht so schroff, wie Luther es thun musste. Die Humanisten waren kühler, gleichgültigerund beobachteten mit Kopfschüttelndie Bewe- gung,welchein dasruhige,stillthätige Daseineinengewaltsamen Zug hineinbrachte.1)Und wo auch der Kampf so lärmendgewordenwar, 1 v Bezold,Geschichteder deutschenReformationp. 199ff. und Geiger, Renaissanceund Humanismus,p. 432 wie in den Briefen der Dunkelmänner, drang man doch nicht durch. Man lebte gerne in einer idealen,aber schattenhaften Sphäre. Die antiken Ideale entbehrten des warmen Blutes, sie entstanden nicht aus dem Lebenheraus,die eigeneZeit weiterentwickelnd,sondernhatten rein historischen Charakter. Aber zwischen diesen kühlgelehrten Kreis und das unwissende Volk schob sich in Deutschlanddas ehrbare Bürgertum ein. Das ist der Stand,der nun alle grossennationalenÄusserungen leitet. Das Zunft- und Städtewesenhatte, wenn auch nicht ein höheres religiöses Gefühl,so dochdenSinn für christlicheWohlanständigkeit zu erhalten gesucht. Es zeigt sich dies in den Sittengesetzen der Zünfte.1) Hier waren die religiösenBedürfnisseweder durch eine skeptische Wissenschaft,nochdurchdenMaterialismus desLebensvöllig erstickt,rangen sich immer wieder empor und wollten ihr Recht. Die Reformation halt ihnen dazu. ') Vgl. Henneam Rhyn,Kulturgeschichte II. p 8 ff. H. Kapitel. Das Kunstbedürfnis des Zeitalters. Italien besassin der Renaissance eine Kunst, welche sieb parallel mit dem Humanismusentwickelte,aus denselbenTendenzenentsprang. In Deutschland aber herrschte um die Wende des Jahrhunderts, als der Humanismus am vollsten blühte, immer noch die Kunstweise des Mittelalters. In Italien nahm die höchsteBildung die Künste in ihren Sold. Man errichtete die Werke um ihrer selbst willen. AeneasSylvius beneidetdie fröhlichen deutschenStädteum ihr geregeltesLeben.1) Abergeradein demgewaltthätigen leidenschaftlichen Staatsleben Italiens fanden die hohen Äusserungendes italienischenKunstgeisteseinen Boden, während in den deutschenStädten eine tote Stille herrschte, nachdem der mittelalterliche Baueifer erstorben war. Die Kunst stand hier ausschliesslich im Dienstejener Mächte, von denen die Humanisten sich abwandten. Sie verachtetennaturgemässdie christliche und bürgerliche Kunst, wie sie sich in den letzten Jahrzehnten herausgebildet hatte. Sie war ihnen fremd, denn sie war ans Volk gebunden. Denn der Künstler kam aus dem Volke und blieb darin. Die ganzeKunstleistungjener Tage ist ein Ergebnis des Zunftwesens;freie unabhängigeKünstler, die sich ihrer als Individuen bewusst werden und ihre Stellung behaupten,kennt dasdeutscheMittelalter noch nicht. Holbeinhat vielleichtzuerstin Englandsich von denZunftschranken ganz entbunden als freier Künstler gefühlt. Waren die deutschenHumanistenüberhauptfür die Künste empfänglich gewesen, sohätteihneneineantikisierende Kunst,wennauch nur aushistorischem Interesse, am ehestenentsprechen müssen.Ihre Zit. Burckhardt,Kultur der Renaissance, II. Aufl., I. p. 86. - 19 Bemühungen abererstreckten sichnicht in denBereichdesHandwerks und waren rein litterarischer Natur. Es blühte aber dennoch eine starke volkstümliche Kunst, und dieser mussten die Reformatoren näher stehen. Sie bringen Kampf und entziehender Volkskunst ihre bisherigenHauptquellen; aber dennoch retten sie sie in die neue Zeit herüber und stellen sie in ihren Dienst. Aber auch hier kein Gedanke an die monumentale Kunst des Altertums oder Italiens; dafür bestand das wenigste Bedürfnis. Wie für die Humanisten bleibt die bildende Kunst für die Reformatoren nur die Illustration der Tendenzendes Jahrhunderts.Überall eine Betonung des litterarischen, ideellen Teiles. Es findet sich denn auch die ganze Stufenleiter der Gefühle des reformatorischenDeutschland in ihr wiedergespiegelt- von den herrlichen Illustrationen der verdeutschtenBibeln bis zu den ausschweifendenSpottbildern auf Papst und katholische Geistlichkeit. Es ist oft schonmit Bedauernausgesprochen worden, wie wenig Sinn für die bildende Kunst selbst Männer wie Erasmus besassen, wie inhaltlos ihre gelehrten Vergleiche der zeitgenössischen Maler mit Apelles und ähnlichen für uns klingen. Auch berührte es sie wenig, dass die bildenden Künstler auf dem besten Wege waren, auch den äussern Sinnen das Leben und Aussehn des Altertums zu erneuern, dessenRedewendungensie doch als leerePhrasenzu wiederholenliebten. Für die Lebenslustund Heiterkeit desJahrhundertsscheinensie keinen Sinn zu haben. Es ist zwar richtig, dassdasÄsthetisierenund das Redenüber Kunst meist in den Zeiten des Verfalls vorwiegt und dass selbst im CinquecentodasVerständnisfür dieWerke seltenlitterarischbezeugt ist. In Deutschland aber fehlte es wirklich. Wenn dies bei den starrenGelehrten,welcheüberdie Kunst hinwegsahen, noch begreiflich ist, so ist dasgleicheVerhalten bei Hütten schon auffallender. Hütten hatte Rom in seinemGlanz und seinerBildung erblickt und nannte die Römer dennochdie ärgstenBarbaren,- - die Deutschenaber das gebildetsteVolk -, wenn man, so urteilt er und mit ihm seinJahrhundert,auf echteGesinnung sehe. SosehrüberwogdieWertschätzung desMoralischen. Auch standman mitten im Kampfe. Es war die Zeit leidenschaftlicher, rastloser Arbeit und Naturen wie Hütten waren zu geschäftig,um sich dem GenussderKünste hingebenzu können, der uns überdasBewusstsein von Zeit und Raumhinwegträgt. Esist gleichfallssehrbekannt,dassdie Humanisten,und Erasmus iö vorweg,nur für dasPorträtein lebhafteres Interesse an den Tag legten.Schonmit demRealismus der vanEyckwurdeessehrbeliebt; dasses abergeradeim KreisedesHumanismus einenneuen Aufschwung nahm,ist natürlich.BeiMenschen, die in dieEreignisse und Charaktere einerlängstvergangenen Zeit sich versenken, muss der Wunsch,daseigene Andenken auf dieNachweltzu bringen,sich alsselbstverständlich ergeben.So hattesichin ItalienderRuhmsinn heftiggesteigert.Und ausserin den eigenenWerkenkonnteman sich nur durch sein Bild der Nachwelt bekannt machen. Für gross- artigeGrabmäler, in denendiesernatürliche WunschnachUnsterblichkeit in Italien seine Befriedigung,die Kunst aber ein grossartiges Wirkungsfeldfand, fehltenin der bürgerlichen Welt Deutschlands alle äusseren Bedingungen.Und so erscheintin Deutschlanddasgemalte Porträt gewissermassen als eineReduktionderitalienischen Epitaphien. Und wie dort die Plastik zur höchsten Entfaltung gelangte, so trieb hier die Porträtkunstihre vollendetstenBlüten. Übrigensist dieser Sinn in Deutschlandund anderswobis heute derselbegeblieben. Wo sich kein Interesse für die Kunst findet, zeigt sich doch meist Sinn genug für die eigene Persönlichkeit. Dennoch war die Bewegung des Humanismus von Einrluss auf die bildendenKünste. Die Wiedergeburt desGeistesbeim Eindringen desNaturalismus, dasErwachen der Fähigkeiten des Auges, hatte sich schon ein Jahrhundert früher in den Niederlanden vollzogen und verlief unabhängigvom Studium des Altertums und von Italien. Während des XV. Jahrhunderts nun hatte man sich im Norden allgemein in den Besitz dieserErrungenschaftengebracht. Gegen Ende des Jahr- hundertsaber,alsdie Freudean derNatur in alleKreisedrang,musste auch die ursprünglicheZartheitder DarstellungendiesesStils der gemeinern Auffassung der Menge Raum geben. Die biblischen Darstellungen,welche immer noch das Hauptthema der Künste bildeten, verlorendenjungfräulichen Reiz der erstennaturalistischen Epoche, und es drohteeineallgemeine VerrohungderKunst, wenn kein mäch- tiger Geniusdie Scharder Nachtreterauf einenbessern Weg leitete oderneueGegenstände durchdasgehobene Interesse für ihrengeistigen Inhalt den Maler auf eine höhereDarstellungsweise hinlenkten. Schongauer hattedemerstenBedürfnisentsprochen, der zweiteUmschwung aber trat durch den Humanismus ein. Man musshietür die Periodevon ca. 1500-1530 betrachten; d. h. von der Zeit desgewöhnlichenStils des XV. Jahrhundertsbis zum Auftreten des manieriert italienischenStils. Lucas van Leyden ist ein Vertreter dieserPeriode und reicht noch darüber hinaus. An ihm sieht man, wie hoch die selbständige nordischeAuffassungder neuen Themen, die er in seinermittlern Zeit vertrat, zu stehenvermochte und wie sehr sie die nachmals von Italien unfrei übernommene Manier übertraf. Wie am Niederrhein finden sich dieseErscheinungenauch bei uns. Die Auffassungund der Geist desHumanismushatten eben doch dasganzeLeben zu beeinflussenangefangen;man kokettierte allmählich überall mit der Kenntnis des Altertums; selbst in das Volk drang der Wunsch nach Gelehrsamkeit.Man latinisiert die Namen so gut es geht und derjenigeTeil desAdels, der es seinesAlters wegenriskierendarf, leitet seinenUrsprungauf die Helden desAltertums zurück. Man versuchte auf diese Art, sich mit dem Altertum in eine Art von leiblicher Beziehungzu setzen,wo man ihm wissenschaftlich nahe zu treten durch das adlige Handwerk verhindert war. DieseBewegungbleibt allerdingsnicht auf das XVI. Jahrhundertbeschränkt sondern dürfte erst im XVII. Jahrhundertihre volle Entwicklung erlangt haben. Hatten die geistlichenSpiele mit ihrer oft krassenDarstellungs- weisedie bildendenKünstlerdesausgehenden Mittelaltersbeeinflusst, so traten unter der Führung des Humanismus Dramen an deren Stelle, welche neue Gegenständedem Volke vertraut machten. So wirkte der Humanismus allerdings nur ganz indirekt auf die Künste und zwar durch das Medium der volkstümlichen Litteratur. Das Drama war eine neueGattung und hier wurde der Kontakt zwischen dem Ideenkreiseder abgesonderten Gelehrten und des Volks aufs glücklichste hergestellt. In der Schweiz war es besondersdie national-reformatorische Partei, welche sich dessen bediente. Die älteste deutsche politische Komödie ist nach Bächtold das satirische Fastnachtsspielvon den alten und den jungen Eidgenossen,das 1513 von ConradSprossgeschrieben wurde. Zwingli und Bullinger,vornehmlich aber Nikiaus Manuel haben sich durch solche Stücke aus- gezeichnet. DieseDramenprangenmit humanistischer Wissenschaft und die Freiheitshelden des alten Rom werden neben Homer u. a. angeführt. Bullinger brachte Lucretia und Brutus auf die Bühne. Damals waren auch in der bildenden Kunst die Scenen aus dem Altertum üblich und sehr beliebtgeworden. Ein Anfang zur modernen Historienmalereiwar schon in den 22 - Rathausbildern gemacht, diemanin denNiederlanden besonders pflegte.1) Es sind die ersten grossenprofanenSchildereien,aber mit lehrhaft tendenziösem Inhalt. Das lehrhafte Genre taucht bei den Stechern zu gleicherZeit auf. Man griff mit Vorliebedie Gegensätze, diedas Lebenbot, heraus,um sie in satirischerWeise zu behandeln. Mit dieser Tendenz verband man nun auch die Stoffe des Altertums. Eine der Scenen,welche sich noch zur Zeit der Renaissance ihres satirischenInhalts wegenhäufig findet, ist Aristotelesvon Phyllis ge- ritten. Es gehörtedies in das beliebteKapitelvon der Weiberlist und Weibermacht. Schon der Meister des Amsterdamer Kabinetts2) brauchtdies historischeBeispielzur Erläuterungseiner tendenziösen Absicht. Auch die Geschichtevom Zauberer Virgil war im Mittel- alter bekannt,dürfte aber jetzt wohl zum erstenmalin die bildende Kunst eingedrungensein. Auch die »GestaRomanorum«,diese SammlungalterGeschichten, wurdeum dasEndedesXV. Jahrhunderts zum erstenmal verdeutscht. Weniger diesesantikisierendeGenre als die eigentliche Historie beeinflusste nicht nur den Inhalt, sondern auch den Stil der Malerei. Neben der Tendenz war diese reine Historie ein neutrales Gebiet. Der Gegenstandwar neu, interessant und ehrwürdig zugleich, und man fühlte, dass die Darstellung einer gewissenMässigung bedürfe, dass der Gegenstandohne Nebenabsicht auf Behandlung ein Recht habe. Doch verfuhr der Meister auch hier völlig naiv und versetzte die Scenen in seine Zeit, sein Kostüm. Wenn sichalsodie Auffassungdurch diesenindirektenhumanistischenEinflussetwasverschoben hatte,wenn auchderGesichtspunkt der profanen Gegenständeund reinen Historien selbst für die Auswahl biblischerDarstellungenmassgebend wurde, so musste man doch eine völlige stilistischeUmbildung von den dekorativenKünsten abwarten. Wie dieseverlief, wird in einem eigenen Abschnitt darzustellensein. Denn wenn neueGegenstände denmalerischen Stil in gewissemSinne modifizierten, war die Annahme von italienischen Formen und Renaissanceelementen für dasdekorative Beiwerkallerdings eineweitere, durchdenGegenstand veranlasste Konsequenz, aberlangenochkeine Naturnotwendigkeit. ) Vgl. Weltmann, Holbein I, pag. 154, und Kinkel, Mosaik zur Kunstgeschichte 1876. Rathausbilder. ) Vgl. Lehrs, Der Meister des Amsterdamer Kabinetts. Mitteilungen der chalkographiscb.cnGesellschaft. Einzelne Klöster der Schweiz hatten sich durch humanistische Studien für die Reformation vorbereitet. Sie verlangten auch von dem bildenden Künstler schon antike Stoffe, ehe die formale Renaissance eingedrungen war. Leidersind die Beispieleteilweisezerstörtund nur durch die Litteratur bekannt. In Stein a. Rh. befanden sich im Zimmer desAbts aus dem Jahre 1510 antike Stoffe wie z. B. Lucretia behandelt- - von dem Kloster St. Urban (Kanton Luzern) aber berichtet uns der Chronist, dass bei dem Brande von 1513 zerstört wurden: Getäfel mit Intarsien, Schnitzereienund Gemälde. Diese stelltenCirce,denKampf um Troja und StoffeausdemaltenTestament dar, unter denen er >/cum filia PharaonisSalomonen!luxuriantem«l) nennt, wobei nicht nur die humanistischeBezeichnungsweise, sondern der Stoff als weltliche Scene aus der Bibel besonders interessant ist. Darstellungenwie die letztere verschwandenaber bald wieder in der Zeit der Reformation, wenn sie nicht in lehrhafterAbsicht ausgebeutet werden konnten. Schon in den zwanziger Jahren wurden Stoffe des neuen Testamentsund Gleichnisseauf die Bühne gebracht. (Verlorener Sohn von Georg Binder, Zürich 1529.) Aber erst unter den Auspizien des erstarrendenProtestantismus, von den vierziger Jahren an, wurden diese Darstellungen auch ausserhalbder Bibelillustrationen häufiger.2) Die geistigen Strömungen der Zeit vermochten sich also in den bildenden Künsten auszudrückenund durch die inhaltliche Umgestaltung auch den Stil leicht zu beeinflussen. Dennoch fand sich bei den Vertretern dieser Richtungen nirgends ein Interesse und eine spezielleBetonungder rein formalenKunst. Der Umschwung,der sich hier dennoch allmählich vollzog, entsprach keinem Bedürfnisse der Nation und hätte ebensogutunterbleibenkönnen. Prinzipiell ändertesich nichts, weder Aufträge,noch die Auffassungder Kunst, und es scheint als hätten die gothischenFormen genügen können. Unter den rein formalen Künsten steht die Architektur obenan. Sie hat ihre ganz eigenenElementeund sagt nichts, als was sie in ihrer eigenstenFormenspracheausdrückenkann. Es ist auch in ihrem Wesen begründet, dass sie von innen herauswächst, aus technischen und ästhetischen Notwendigkeitenentsteht. Sie ist enge verbunden mit dem Boden, auf dem sie sich bildet, und so die nationalsteKunst. l) Vgl. die Stelle im Auszugbei Rahn, Statistik,im Anzeigerfür schweizerische Altertumskunde V., p. 225. *) Vgl. Jost Ammannund seineZeitgenossen. Es hat nie einen architektonischen Weltstil gegebenbis auf unsere Tage und nur schwerliesssich eineArchitektur exportieren. So hat die Gothik in Italien nie recht Wurzel geschlagen,trotzdem sie im Gefolgeder grossen Cisterzienserbewegung kam. Im Nordenaber war sie die echt nationale Kunst. Es hat sich wohl keine Architektur der neuerenZeit ohne äussereBeeinflussungreiner aus sich selbst entwickelt als die gothische;sie war die eigentlichdeutscheKunst geworden.Und so morschauch mit der Zeit dieseralte deutsche Baumgewordenwar, liess er sich doch noch nicht entwurzeln. Es braucht andere Kräfte, um einen solchen Stil zu überwinden. Daher konnte Italiens Baukunstnicht eindringen. Für die Bauten, die man damalserrichtete, liess man sich nicht von der Weise der alten Bauhüttenabbringen.In Frankreichstandman deritalienischen Kunst ähnlichgegenüber.Aber währendin Deutschlanddie grossen geistigenWirren heraufkamen,bevor etwas Entscheidendesgethan war, hattenhier die Könige Ludwig undFranz mit aller Energiedie Einführung italienischenStiles betrieben. Sie wollten die hohe Kunst des Südensauch ihrem Lande zu gute kommen lassenund wandten sich ihr zu, indem sie Künstler Italiens in ihren Dienst nahmen und selbst italienische Werke und blieben Werke nach Frankreich brachten. Das wraren aber italienischen Geistes auf französischem Boden - die eigentliche französischeKunst hielt länger noch als die deutsche an der alten Weise lest, wie man dies auch im Buchdruck sieht. Denn es fehlte ihr der Genius, der esverstand, die fremden Elemente zu seinen eigenenzu machen und so eine neue nationale Kunst zu gebären. Die Architekturist zu starr, um sich unteräussernEinwirkungen umzugestalten. So kam denn der eigentliche italienischeBaustil erst über die Alpen im GefolgedergrossengeistigenBewegungderGegenreformation, welche nicht wie die Reformation die Kunst ablehnte, sondernsie im Gegenteilzu ihren Zweckenheranzog. Es waren aber dies schon die Formen des italienischenBarocks, da man sich demEndedesJahrhunderts zubewegte.Erst jetzt ging der römische Stil in dasBlut desVolkesüber,nachdem dasAugedurchdie dekorativen Künste auf dasNeue vorbereitet war, und Italiens Architektur hielt mit allemPompeim Nordenihren Einzug. Selbst ItalienbietetBeispiele von Zurückhaltung der Renaissance gegenüber,obgleichdasVolk sie mit Leidenschaftergriff und ihr zustrebte, obgleichdie Gothik immer nur ein geduldetesDasein ge- 25 führt hatte. FilaretesThätigkeit in Oberitalienzeigt uns am besten die Macht der üblichen Kunstweise,wie überhaupt die oberitalienische Kunst,die eigentlicheMutter der deutschen Renaissance, schonin ihrerEntstehung Erscheinungen aufweist,denendieim Nordenparallel gehen. Filaretebetriebdie Einführungder Renaissance wissenschaftlich; seineBegeisterung dafür kannte keine Grenzen, er hasstedie Gothik - und dennoch,so bewusster schuf, fiel er oft in die gothische Tradition zurück, und wir finden in seinem theoretischenWerke1) eine ähnliche Verwirrung durch das Neue, wie sie in manchem deutschen Kopfe,in manchem deutschen WerkederÜbergangsperiode herrscht. In Rom und Florenz drang der neue Stil siegreicher vor; er hatte seine Ahnen im eigenen Lande. Man erblickte noch die Reste des Altertums, die man neu wieder erstehen lassen wollte und die die künstlerische Phantasie direkt befruchteten. Man entwickelte den neuen Stil rein aus den gegebenenantiken Elementenherausund bildete ihn weiter, ohne mit der gothischenBauweiseden Zusammenhang zu behalten. In Oberitalien schon hat sich dies geändert und gothischeFormen werden dem neuenStile angepasst,ihm gemäss umgedeutet.2)Es ging schon hier das eigentlicheBewusstseinder Antike verloren, und man liebte einen phantasievollen,mehr zufälligen Stil. Die Architektur ist starr und unbeweglich; die Dekoration aber hat keine so strengenGesetze,sie spielt und kann neue Gespielinnen brauchen. Die Aufnahme fremder Elementewiderspricht daher ihrem Wesennicht. Hier trat alsozuerst eine Änderungder Formen auf, als die bildenden Künstler allmählich mit der in Italien üblichen Kunst- weise bekannt gemachtwurden. Die zeichnenden aber, die beweglichsten der Künste, fingen zuerst an, die neuen Elemente zu verwerten und die ganze erste Periode der deutschenRenaissancekann man als beinaheausschliesslich von ihnen geleitetbetrachten. Auf ihren Wegen wurde also den Meistern von keiner Seite viel Interesseentgegengebracht; sie arbeitetenvöllig isoliert und erst allmählich errangen sie die Achtung der massgebenden Kreise. Es fand sich nirgends beim Publikum die Sehnsuchtnach Neuem auf formalem Gebiete. So ist das Auftreten der Renaissance kein be- ') Dehio,im Jahrbuchd. K. Preuss.Kunstsammlungen I. p. 225. *) Vgl.JakobBurckhardt, Geschichte derRenaissance in Italien,I Aufl. 1868, § 136 p. 225, und Cicerone,V. Aufl. II., p. 163. 26 - wusstes,die Neuerungtrat nicht bahnbrechend auf und wurde nicht jubelndbegrüsst;die Meisterarbeitetennicht systematisch an derUmformungdes Stils. Man philosophiertenicht über die Formen und ihr Wesen; was kommt, schleichtsich gewissermassen unbemerktund unbewusst ein. Es ist auf formalem Gebiet eine rein praktische Er- scheinung. Das Eindringender Renaissance ist ein ganz äusserlicher Prozessin der Kunstgeschichte.Man hat in Deutschlandkeine Werke vor sich, an denen man sich begeistertund die man in einer kunst- und prachtlieben den Welt will wiedererstehensehen. Das gothischeMittelalter macht seinGewichtgeltend. Und so ist es eine glückliche,aber grossenteilsganz zufälligeErscheinung,dassgerade zu der Zeit, wo neue Ideale sich aus der alten Welt losringen, auch in der Kunst eine neue Formwelt sich entwickelt. So drangendie neuenElementeein, wurden angewandt,stets vermehrt, und schon nach zwanzig Jahren war es unmöglich, sie zu umgehen. Sie waren Mode geworden. Was man zuerst schüchtern dem gewohnten Stile beigab, wurde bald zur Hauptsache. Weniger dass dieseFormen antiken Ursprungs als dass sie neu waren, that die grosseWirkung. Was aber, trotzdem keine geistige Macht und kein Bedürfnis auf das Neue hinwies, dennoch die Bildung dieser Mode bewirkte, welche bald alles sich unterjochensollte, wird in einem eigenenAbschnitt zu betrachtensein. Es entstandenviele widersinnigeBildungenbei dieserArt des Vorgehens,und Formen, derennatürlichesEntstehen man nicht hatte verfolgenkönnen,verlorennun, in einefalsche Umgebung verpflanzt, ihren Sinn. m. Kapitel. Die leitenden Geister in der Formbewegung. Die Bewegung ging durch alle Kreise der Künstler und trat, eine richtige Mode, von jeder Individualität entbundenüberall auf. Aber dennoch muss man sich an die grossenPersönlichkeiten der Zeit halten und bei ihnen, die in ihren formalen Bestrebungenvon keinem bewussten Verständnis ihrer Kreise unterstützt wurden und allein ihre Wege suchten, aufzufinden trachten, wie sie sich einzeln zu der Wandlung stellten. Denn ohne die wenigen grossenGenien hätte auch dieser starke Strom sich verirren und wieder sich verlaufen müssen.Obgleichsiemitgerissenwurden und oft ihren freienWillen nicht behauptenkonnten, gaben sie der ganzen Bewegung doch erst die richtige Kraft, als sie sich in ihren Dienst stellten. So steht der Genius machtlos in der Strömung seiner Zeit, aber doch erst, wenn er sich mit ihr freiwillig verbindetund sich ihr hingibt, gewinnt sie die Mittel zum Ausdruck. Wie sich aber die deutschen Künstler jener Tage gegen die »klassische«Kunst Italiens verhielten, kann ein Licht auf die ganze deutscheKunst und auf die deutscheKunstempfindung werfen. Als Dürer das erstemal in Italien war, hatte er sich zwar in der Auffassungder italienischenMeister versucht, ohne aber sich im ornamentalenStil im geringsten beeinflussenzu lassen. So sehr er den Glanz des italienischen Lebens musste auf sich wirken lassen, so neu ihm der Anblick italienischerStädte war; wir finden nirgends eine Reminiscenz davon. Wie Pirkheimer sieben Jahre in Italien studierthatte, ohne über das archäologische Interessehinaussich für die Kunst seiner Zeit zu bilden, so scheint auch Dürer, wo er sich in antikem Stile versucht,von archäologischem Interessegeleitet. Er zeichnetantike Statuenund eine der erstenSpurendes Abweichens von derGothik,dieHallein derGeisselung dergrünenPassion (1504) zeigtwenigerdie Einwirkungder italienischen Renaissance, alsvielmehr das Streben, der Antike nahezukommen. Der kannelierteSäulen- schaftgeht direktauf die Antikezurück. Dürer bleibt der deutsche Künstler,der an seinerEigenart festhält. In der Wertschätzungder Formen des Südens erscheint er als Mann von wissenschaftlicher Bildung,von mehr historisch-antiquarischem Interesseerfüllt. Erst nach der zweitenitalienischen Reisevon 1506 beginnter sichtbarin den Formen zu arbeiten, die ihn dort umgebenhatten. Man verlangte keineAbhängigkeitvom Südenund suchtesich seineArt zu wahren. Vielleicht hätte man noch lieber eine selbständigeRenaissanceder antiken Form versucht ohne Italiens Vermittlung aber war dies dem nordischenGeiste unmöglich. Den antiken Einflüssen,die seit 100Jahren in Italien wirkten, war Deutschlands Kunst noch nicht unterlegen,und auch jetzt noch fehlten in Deutschlanddie Kunstfreunde, welche den einheimischenKünstler auf das Fremde hingewiesen hätten. In Italien hatte die WertschätzungausländischerKunst mit der höhern Geisteskultur und als eine Art von Sammelsportzu- genommen. Roger und Memling waren daselbsthochgeschätzt. Dürer hatte seinen eigenenStil, dem dasWesen der klassischen Renaissance widerstrebte,dieser entgegenzuhalten. Er wurzelt fest in dem phantasievollenDekorationsstilder ausgehendenGothik. Und wo er nun italienische Formen aufnimmt, ist es nicht, um sie rein und in logischer Weise ihrem Ursprung gemässzu verwenden,1)sondern er reiht sie ein in seinen Stil und die strengern Formen lösen sich sofort auf zum heitersten Spiele der Phantasie. So ist Dürers Stil keine Renaissance,aber unter seiner Hand ensteht eine reizvolle deutsche Ornamentik. Die Randzeichnungenzum Gebetbuche Maximilians zeigen sie in ihrer Blüte. Und weil die deutscheRenaissanceso frei und zufällig auftritt und sich so engdem deutschen Geisteverbindet, ) Er spricht es offen ausin seiner >Underweysung« von 1525 im dritten Buche. Er nimmt .in, Vitruviussei den Baumeistern bekannt,der auch vor allen Nachfolgeverdiene. -So ich aber ytzo für nim eyn seulen oder zwo leren zu machen, für die jungen gesellen, sich darin zu üben, so bedenck ich der deutschen gemüt, danngewöhnlichalle,die etwasnewesbawenwollen, wollen auchgeren ein newe fatzon darzu haben, die vor nie gesehenwar. Darumb wil ich etwasandersmachen,darausnem ein ytlicher was im gfall und mach nach seinemwillen.» G. 4 . In diesenWorten spricht sich der Charakterder deutschen Renaissance aus. 29 finden wir da die vollendetsten Arbeiten diesesStils, wo man nicht dasEdelklassische anstrebt,sondernsich frei in einer gewissenPhantastik auslässt. Da wo sie sich wild entwickelt, bleibt sie ihrem Charakterund den bei ihrer Geburt thä'tigenKräften treu, und das bewussteStreben nach klassischerForm um die Mitte desJahrhunderts erscheint uns schon wie ein Rückschritt - - die wilde Phantasie scheint ermattetund hat ihre umgestaltende Kralt verloren. Den strengernitalienischen Stil gab Dürer immerwiederauf, so oft er sich, wie in der Basler Zeichnung von 1509, ihm genähert hatte. Seinevolkstümlichen Gestaltenpassten nicht in dieseUmgebung. Denn nicht nur das deutsche kunstliebende Volk, auch der deutsche Künstler selber hat die formale Seite der Kunst in zweite Linie gesetzt. Der deutsche Künstler dichtet, ehe seine Gedanken sich zu O greifbaren Gestaltenauslösen. Das ist durch alle Zeiten und bis aut den heutigen Tag so geblieben, und nie stand daher in Deutschland die Kunst höher, als wenn in dem poetischen Gedanken die Form unterging. So ist Dürer der grösstedeutscheKünstler geworden. Wo man aber in Deutschland bewusst die formale klassische Kunst ein- führen wollte, ist man nicht über den Klassizismushinausgekommen; die deutscheVolksseele mag die Form als Selbstzwecknicht gelten lassen und stösst sie zurück. Dürer hatte sich zwar einen Stil zu bilden gewusst, der sein eigenwar und seinemWesen entsprach. Dennoch aber mussteer die Renaissancemode, die immer mehr allesin ihre Bahnenzwang, selbst bei seiner starken Individualität als einen lästigen Druck empfinden. So klagt er noch 1520: *heute muss alles antikisch sein , er musstein seinerechtdeutschen Seelestetsunangenehm denfremden Zug empfinden,der durch die ganzeBewegunghindurchgeht. Dürer war der deutscheste aller Künstler, und das eigentliche Wesen der Renaissance blieb ihm fremd. Burckmair verhielt sich schon ganz anders. Durch ihn erhält die AugsburgerRenaissance von Anfang an einengewissenErnst, einelogischeStrengeder Motive. Er geht nachItalienin derAbsicht,sichdendortigenStil anzueignen, sich bei den Fremdenumzubilden.Er strebtdem grossenitalienischen Stil am bewusstesten zu und entfernt sich am meisten vom national-volkstümlichen Charakter. Er steht im Dienste des inter- nationalenHandelshauses der Fugger. Daherbleibter in Tiefe undLeidenschaft hinterDürer zurück, währender im Existenzbild dasgrossartigste auf deutschem Bodenher- 30 vorbringt. SeineAuftraggeberboten ihm grosseFlächenund so die Grundlagedes monumentalenStiles. Die Fugger waren wohl die opulentesten und kunstverständigsten Deutschenund dürftenihn in ihrer systematischen Anlehnungan italienischen Glanzbeeinflusst haben. Burckmair strebt unter seinenZeitgenossen am absichtlichsten nach der KunstItaliens. Oft wird er leer dabei. SeinCharakterging ihm aber doch nicht im selben Grade verloren wie seinen niederländischen Zeitgenossen, welchein gleicherAbsichtnachItalienpilgerten. Er studierte eben doch noch bei den letzten Quattrocentisten, während die Niederländer, wie auch bald nachher Deutsche, und von Dürers Schülern darunter, ihre nordischenTalente dem römischen Manierismus auslieferten. DanielHopfers Werkist wichtigfür dieÜbergangsperiode. Er sucht die Renaissance in nüchterner Weise und findet sie nicht. Er gehört nicht zu den grossenGeisternder Zeit. Anders stellt sich Peter Vischer zu der Neuerung. Obgleich schon in der Übung der gothischenFormenergraut, als die Renaissancein der deutschenKunst aufzutretenanfängt, kann er sich ihnen doch nicht verschliessen.Es ist aber bei ihm weniger dasRenaissanceornament, das er allerdings auch und in geistvoller Weise anwendet, als der ganze Geist der Hochrenaissance, welcher in seineWerke einzufliessenbeginnt. Die Plastik ist stärker als die Malerei an dasFormale gebunden, vermag weniger leicht Gedanken auszudrücken. So kamen PeterVischersSchulung und Naturanlagedem strengern,feiner entwickelten Schönheitssinn, der Harmonie des italienischen Stiles durstig entgegen. Seine Gestalten ringen sich los aus den Formen irüherer Zeit. Sein Sohn Hermann vermittelte ihm die Kenntnis italienischerKunst; er dürfte auch der erste Deutsche sein, der in systematischer WeiseitalienischeMotive in Italien selbstzu kopieren anfing und so einegrosseSammlunghöchstvollendeterVorlagennach Hausebrachte.1)Wir wissen,dassdieserjungeVischer ganzvon der Formwelt der Hochrenaissance durchdrungenwar und Entwürfe für dasSebaldusgrab in der klassischen Anlagedergoldenen Zeit lieferte.2) Der alteVischerhat diesePläneabgelehnt, denursprünglich gothischen Aufbauaberso modifiziert,dasser in den dreiSpitzendem romani*) Vgl. R. Bergau,Peter VischersMessinggitter. Repert.für Kunstwissenschaft II, p. 50 ff, , Vgl. Weizsäcker im Jahrbuch der K. Preuss.KunstsammlungenXII. sehen Baldachinder Konradstatue im Dom von Bamberg sehr nahe kommt. Ob dieseine zufälligeÄhnlichkeitist, welche sich lediglich ausder Konstruktionergab,oderob sieeinerabsichtlichen Anlehnung an den romanischenStil entstammt, kann nicht entschiedenwerden. Wir werdenabernoch Beispielegenug antreffen,wo man bewusst auf die romanischeKunst zurückgrifF,in dem Wunsche, der Antike so näher zu treten. HansHolbeind. J. ist schonein Zeitgenosse der SöhneVischers. Und da er somit in einer Zeit auftrat, wo jedermann in der Kunst anfing, von der allgemeinenRenaissancemode beherrschtzu werden, ohne dass diese noch eine klare Form erhalten und viel mehr als eine Anarchie in der Formwelt bedeutet hätte, ist seine Stellung der Renaissance gegenüberdoppelt wichtig und interessant. Denn er wurde der Vater der deutschen Renaissance. Man kann sein Genie kaum ermessen,wenn man beobachtet, in welche Bahnen er die Bewegung lenkt, welche Formen er erreicht. Obwohl er mit den Vertretern der höchsten Bildung seiner Zeit verkehrte, ging er hier doch allein. Er hat in einem Grade wie kein anderer die Gaben besessen,welche den rein bildenden Künstler aus- machen. Man mag dabei von dem geistigen Gehalt seiner Werke ganz absehenund nur das formale Talent ins Auge fassen. Und da hat er unabhängigseineWelt geschaffen. Als blutjunger Künstler steht er mitten in der Renaissancebewegung. Er neigt sich ihr zu und ergreift leidenschaftlichihre Elemente; nicht aber um sie als spielendeFormen vereinzeltaufzunehmen, sondern um sie als Ganzeszu einer Gestalt umzugiessen, die seinem Geiste gemässist. Er durchdringt die Formen mit seinem Geiste, das hatte sonst Keiner vermocht. Er steht immer frei und unabhängig da, und wo es seiner künstlerischenIdee angemessenist, gebietet er auch mit voller Sicherheit über die Formen der Gothik. Sein künstlerischer Gedanke lässt sich von der neuenFormwelt nie unterjochen,sonderngebietetüber alle Mittel, deren die Hand einesKünstlersfähigseinkann. Er unterliegt nicht der Form, aber er dringt in ihr Wesen und bildet sie zu seinenhöherenZwecken. Wenn Burckmair in die allgemeinebarbarischeund krauseMode seinerZeit, in der alle geringenTalente sich verwirrten,direkteAbbilder Italienshineintrug,so erfüllteHolbein sie dagegenmit dem Geiste der italienischenKunst, dem undefinierbarenGefühl des Rhythmus und einer höheren Harmonie. Das aberwar in ihm geboren. Es ist der Geist desKlassischen, dem sich in zweiter Linie die klassische Detailform beiordnet. Das Genie, welches die Natur zum bildendenKünstler prädesti- niert, hat sich im ganzenUmfange der Kunstgeschichte vielleicht nirgendsunmittelbarergewiesen,als in der Madonnadesheil. Franz von Correggio(Dresden). Halb als Knabe noch hat jener einsame Maler in seiner kleinenVaterstadt und abgeschnittenvon der grossen KunstentwicklungseinerZeit dieseFormengefunden. EinWerk, das nicht wie die Sixtina als Frucht eines langen und stetenWachstums, sondern als unmittelbareOffenbarungdes eingeborenenGenius erscheint. Auch Holbeins Madonna mit dem betenden Ritter (Basel) oder die von Darmstadt sind Offenbarungen in der deutschenKunst. KeineJugendwerkein dem Masse wie die DresdnerMadonnades Correggio aber dennochneu und unabhängig,unmittelbar dem schöpferischen Geisteentsprungen.DabeibleibtHolbein ganz deutsch und entfernt sich nur ungern vom Volkstümlichen. Er ist nur gexwungen gelehrt. Da Holbein in einer reichen und fröhlichen Dekoration so sehr zu schwelgenweiss, kann er auch vollständig darauf verzichten. So in der Madonna von Solothurn. Alles ist einfach und schlicht, alles störendeBeiwerk verschwindet. Weltmann glaubt, dass er damit dem Stil der Kirche, in der dasBild stand, Rechnungtrug. Ist es aber nicht eher nur das Bestreben, ganz einfach und im grossenStile zu arbeiten': HansHolbein ist der einzigeDeutsche, der wahrhaft monumental im Sinne der Hochrenaissance denkt. Holbeinskünstlerische Überlegenheit musstemächtigwirken, allesauf seineWegemitreissen.SelbstNikiausManuelversuchtenoch, sich seine Weise anzueignen- - aber er konnte es nicht. Es fehlten ihm die Kenntnisse,in denenHolbein alle seineZeitgenossen überragt. So unvermittelt auch die Formen der italienischen Renaissance in Deutschlandeinfallen; sobaldHolbein sie behandelt,haben sie eine logischeEntwicklungdurchgemacht.HolbeinsKenntnissein der Perspektive sind ungeheuer: als Fassadenmaler hat er das schwerste darin vollbracht.Auch hier scheintes, als sei er Autodidaktgewesen,so sehrüberragter alles,woran er hätte lernen können. HolbeinsFassaden sind die einzigen echt einheimischenWerke der Hochrenaissancein Deutschland. Nur das grössteTalent konnte fremde Formen in einer so grossartigenKonsequenz,mit solchem Glänze behandeln. Auch für eine Architektur verwendet er einmal den strengen 33 Stil der Hochrenaissance. Allerdings hat er dieseArchitektur nicht ausgeführt;wo deutsche Malerin dieserPeriodeGebäudekonstruieren, thun sie es nur auf den Hintergründen der Gemälde. Der Hinter- grund der Handwaschungauf der schönenPassionvon Basel zeigt eine Architektur, wie sie damals nur in Rom zu entstehenpflegte, von solch schlichter Grosse. Es dürfte ein Stich Marcantons viel- leicht schon auf ihn eingewirkt haben - " dass er ihn aber sogleich aufnahm, beweist, wie er vor allen in Deutschlandeinen solchen Stil richtig nachzuempfindenim stände war. Holbeins italienische Reise muss hier noch eine offene Franc bleiben. Man hat ihn auch durch die Vermittlung Frankreichs in Berührung mit Werken der grossenCinquecentistengebracht. Sicher ist, dasser Frankreich besuchte.J) BesondersLionardo soll dasLächeln der Lais corinthiaca beeinflussthaben. Ich sehe sie lächeln, wie jede lächelt, wenn sie besondersanmutig erscheinenwill. Wäre Holbein von LionardosüberirdischemLächeln berührt gewesen,er hätte diesem Geiste sich entschiedenergenaht. Doch können das müssigeFragen sein. Man kann gerne annehmen,dass er in Frankreich am ehesten Originale in dem grossenStile gesehenhat, den er auf seine WTeise in der Madonna von Darmstadt zum Ausdruck '; A. Burckhardt, Holbein, Basel 1885, P- 21. brachte. IV. Kapitel. Die Besteller und Auftraggeber der Epoche. Habeich bis jetzt dasVerhältnisder geistigen Mächteder Zeit zu Inhalt und Form der Kunst und auch der Künstler eigeneStellungnahme zu der neuen Formwelt betrachtet, so ist nach diesen mehr innerlichenBeziehungen die Fragenach dem rein praktischenKunstbedürfnis,nachden Bestellernund Auftraggebernnicht weniger wichtig. Denn diese bestimmen nicht in letzter Linie den Weg der Künste. AeneasSilvius blickt sehnsüchtigauf den Frieden der deutschen Reichsstädte,dem er das Drunter und Drüber der italienischenZentren entgegenstellt.Wenn da auchbei dem raschenWechselder Regierungen machtigeWerke im Beginnesteckenbliebenoder wie MichelAngelos Karton der badendenSoldaten späterenIntriguen zum Opfer fielen, so wurden die Künste doch dadurch in eifrige Thätigkeit versetzt, dass eine jede Regierung glänzendeDenkmäler ihrer Macht zurücklassenwollte. In Deutschland ging alles seinen kleinen gemässigten Schritt. Kaiser Maximilian nahm die Künstler in seinen Dienst, aber er steckte zu einem Teil zu sehr in der mittelalterlichen Romantik und zum ändern zu sehr in der humanistischenGelehrsamkeit,welche die Kunst in die Allegoriehineinjagte,als dasser demUmfang seiner Macht entsprechenden Einfluss gehabt hätte. Für Illustrationen hat er Dürer und anderebeschäftigt;esfehlte ihm aber selbstan fürstlichen Bauten und Anlagen, welche den Künsten einen breitern Raum zur Entfaltung hätten bieten können. Unter den nordischen Höfen steht in dieser frühern Periode in der BeförderungeinergewolltenKunstblüteder von Krakau obenan. Es waren aber keine deutschen Künstler, sondern eine italienische Kolonie, welchehier die Bautenleitete,*) und besondersunter Bona Sforzakam Krakau den italienischen Höfen nahezugleich. 1 Ygl. Sokolowski. Die italienischen Künstler in Krakau. Repert. VIII. - 35 Es sind unter den Deutschen die reichen Patrizier der Reichs- städte, welche zuerst die Künstler beschäftigen. Die Fugger müssen hier immer an ersterStellegenanntwerden.1) Ihr Reichtum gestattete es ihnen, im Sinne ihrer italienischenGeschäftsfreundesich Palästezu errichten,wie sie ein prächtigesLebenzu führen. Sie brauchtendie Künstler wie Niemand sonst in Deutschland. Echten Landeskindern wie Hütten waren sie gerade durch dieseungewohnteOpulenzein Greuel. So stehen ihre grossenBauten wie die Fuggerkapellevereinsamt, fremd, und blieben als ganzesohne Nachahmung. Geberdeten solche einzelnePatrizier sich wie Fürsten und gestaltetensichihre UmgebungnachWunsch, sohabendafür diePatriziate2) als Gesamtheit sich in Deutschland den Künsten nicht freundlich er- wiesen. Antwerpen und Venedig boten Dürer Jahrgehalte an Nürnberg nicht. Venedig verlangteals Gesamtheitalles,was Bedeutung hatte, an sich zu fesseln und erwartete von den Künsten seinen Ruhm - in Nürnberg haben einzelnePatrizier die Künstler auch besoldet, ihnen da und dort Grabmaler und Altäre und Bildnisse bestellt, von Staatswegenaberihre Stellung nicht verbessert. Die Patrizier brauchten Dürer in ihren Privatangelegenheiten;er war aber nur der Handwerker, der zu ihren Diensten stand und sollte es bleiben.3) Und die Männer, welche damals die Höhen der geistigen Bildung innehatten, waren meist Leute von geringer Herkunft und geringem Vermögen. Der deutscheAdel aber kam für die Künste gar nicht in Betracht. Man war hier nicht in den Zustandruhigen Genusseseingetreten, der die Grundbedingungder Kunst ist. In der Schweiz fehlten Fürsten und grosse Patrizier, die für die Kunst hätten bedeutendwerden können. Das bürgerliche Leben aber stand auf seinem Höhepunkt. Das Bürgertum ist es, worauf sich in jener Zeit alles stützen musste, und nirgends hatte es sich freier und reicher entwickelt als in der Schweiz. Holbein lebte in Basel, das sich der Schweiz angeschlossen hatte. Sein erster Gönner JakobMeyer,den er unsterblichgemachthat, war der erstebürgerliche Parvenü, der Bürgermeistervon Basel wurde. *) Vgl. Gröschel. Die erstenRenaissancebauten in Deutschland. Repert.XI, p. 240 ff. *) Vgl. Thausing,Dürer II. Kap., p. 20, überdie Stellungnahme der Patrizier den Zünften gegenüber. s; Erst das schriftstellerischeAuftreten Dürers, 1525, dürfte ihn in grössere Achtung gebracht haben. Nach seinem Tode wurde sein deutschesWerk ins Lateinische übersetzt, und so trat er beinahe in den Kreis der Humanisten ein. Das Zunhregiment \var dem alten Patriziate entgegen in seiner blühendstenEntwicklung - - die Erstarrung diesesSystemszur Bildung des nachmaligenbürgerlichenPatriziateswar noch nicht vollzogen. Baselhat auch nicht in gleichemMassewie andereSchweizerstädte diese historischeUmbildung erlebt. Sein Bürgerrecht war nie ganz gesperrt.Manstemmtesichnicht gegenGutes,weil es von aussen kam. Eine enge BetonungpatrizischerVorrechte beginnt erst, wo die innere Kraft erlahmt, die äussereMacht abnimmt, wo es keine Zukunft mehr, sondernnur eine abgeschlossene Vergangenheit gibt. Erst nach der Revolution wurden die historischen Standesvorrechte scharferbetont,als der ehemalsoffeneStandsich beiseitegeschoben, isoliert und geschlossensah. Der Rat von Basel hat Holbein schöneAnerbietengemacht,ihm zweimalJahrgehalte für sich und seineFamilie ausgesetzt, falls er aus der Fremde zurückkehre. Er sah in Holbein einen weitberühmten Standesgenossen und Mitzünfter, dessenRuhm aui die ganze Stadt xurückstrahlte. Das Regiment von Nürnberg wollte in Dürer nicht seinesgleichen sehen,und seinSinn war auch nicht grossgenug, um zum Ruhme des Ganzen diesen Unvergesslichenmit Ehren zu fesseln. Es ist bekannt, wie dieser Sinn in beidenStädten noch Jahrhunderte an- dauerte,wie BaselHolbeinsVermächtnisallen fremdenAngeboten gegenübereifersüchtigund stolz gehütet hat, währendNürnberg zu bleibender Schande die vier grossenApostel an einen Fürsten verhandelte. Freilich vermochtendafür nur wenigeBürger die Künste in der Art Meyers zu beschäftigen. Die Schweizerstädtewaren nicht reich. GrossePrivatbautenwurden gar nicht aufgeführt. Luzern hat im RitterschenPalastdie frühsteÄusserungreicherenPrivatlebens in der Schweizaufzuweisen;er stammt aus den fünfziger und sechziger JahrendesJahrhunderts und ging noch vor der Vollendungaus privaten Händen in den Besitz der Stadt über. Zürich besitzt im Seidenhof das ersteDenkmalder einträglichen Seidenindustrie, aber auchdabliebenbiszur ErrichtungdesPalaiszur Kroneim XVIII. Jahrhundertdie Häuserin bescheiden bürgerlichem Stile gehalten.Auch Baselverdanktseinevornehmsten Bauten,abgesehen vom Spiesshof und ähnlichendesXVII. Jahrhunderts,den reichenSeidenherren des XVIII. Jahrhunderts. Das SchlossHaldensteinin Graubünden, dessenreichen inneren Schmuck heute Berlin besitzt, wurde vom französischen Gesandten1548 ausgebaut. - 37 Die grossenPrälatenaberwarenin jener Zeit, besonders seit der Reformation,bedrängtund in ihren Mitteln eingeschränkt.Die Äbte von St. Gallen haben noch am ehestenin der Renaissanceperiode künstlerischeAufträge zu geben vermocht. Aber auch dieseWerke habenweder grosseAusdehnungnoch hervorragenden Wert. So waren es die öffentlichen Gebäude, wo der Bürgersinn in der Gesamtheit sich demonstrieren und so in höherem Grade die Künste beschäftigenkonnte. Basel hat es in jener Zeit auch wirklich gethan. Das traurigeLos, das HolbeinsGemäldehier hatten,ist leider bekannt genug, und es ist uns nur ein Schatten dieserWerke erhalten, die am ehestenauf eineMalerei im grossenStile hinzudeuten geeignet waren.1) Dürer wurde im gleichen Jahre 1521 zur Aus- schmückungdes NürnbergerRatssales verwendet,soll aber die Ausführung meist Pencz überlassenhaben. Der Rat von Basel hat sich Holbein gegenüberdurch eine zuvorkommendeBezahlungausgezeichnet. Die Bürger vermochten es nicht, die Baumeisterund Steinmetzen für ihre Häuser über das gewöhnliche Mass hinaus zu beschäftigen; doch wurden hierdurch die Maler entschädigt,welchen in den Fassaden ein schönesWirkungsfeld erwuchs. Das Tafelbild, das sich aus den Kirchen als Kultbild zurückgezogenhatte und nur noch um seiner selbst willen existierte, verlangte ein feineresKunstverständnisund einen ausgebildeterenSinn. Daher verschwandes eine Zeit lang ganz. Die Fassadenmalereien aber waren dekorativ und fanden so ein grösseresPublikum. Die Sitte, die Gebäude aussen mit Bildern, meist Heiligen, zu schmücken, war damals nicht mehr neu, sie lässt sich auch in der Schweiz schon frühe nachweisen.2) Sie scheint aber in der Zeit der Renaissanceeinen neuen Aufschwung genommen zu haben. Die italienischen Städte, besondersin Oberitalien, hatten damals die Fassaden- malerei aufs höchste ausgebildet. Hier war die Bemalung der Fassade zuerst als Ersatz für eine reiche Architektur gedacht, stellte sich aber allmählichebenbürtignebendiese und machteihr sogar den Rang streitig.3) In Deutschlandwurden jetzt wohl zum erstenmaldie Fassaden von oben bis unten bemalt. Die schon an und für sich durch die l) Vgl. A. Schmid,Die Gemäldevon HansHolbein d. J. im Jahrbuchder K. Preuss.KunstsammlungenXVII. -) Yögelin, Fassadenmalerei in der Schweiz. Anzeiger für schweizerische Altertumskunde 1879, 1880. 3; Burckhardt. Renaissance in Italien. I. Auflage, § 162 ff. nordischeArchitektur aufs malerischeangelegtendeutschenStädte konntendadurchan buntemReize nur gewinnen. Da man reiche Architekturenkaum gewöhnt war, kann man dieseMalereiennicht alseinenErsatzderselben bei mangelnden Mitteln ansehen.Siewurden eben beliebt, weil man das Haus auch nach aussen mit Geschichten und Figuren von irgend welcherBedeutungzum Beschauerwollte sprechen lassen.Im Südenwurdendie grossenFlächenmit grossen Bildern ausgefüllt,überdie Bedeutungdesrein Dekorativender Scheinarchitektur ist man schlecht unterrichtet. Von dem Moment an, wo man das rein Malerische solcher Fassadender Architektur vorzog, dürfte auch dasarchitektonischeElement in der Malerei zurückgedrängt wordensein. Holbein hat ausder unregelmässigen Anlageder nordischenHäuserein geistvolles Prinzipgezogen,indemer durchperspektivischeKunstgriffe die Unsymmetrie ausglich. Die Fassadenmalereien bliebendasganzeJahrhunderthindurch und längerüblich. In solchen Auftragen also bot das Bürgertum dem Künstler Arbeit und die Gelegenheit, einenhöherenStil anzuwendenund sich von handwerksmässiger Kleinlichkeit in der Anlage zu emanzipieren. Die Entwicklung des bürgerlichenDaseinsführte aber besonders eine reichereAusstattung desInnern herbei; Hausgerätund alles, was das häuslicheLeben umgab, wollte in vollkommenerWeise hergestellt sein, da die Zünfte über seiner Vollendung wachten. Die Kleinkunst entsprachdiesemLeben. So zog sich mit der Reformation die Kunst aus der Kirche immer mehr ins Haus zurück. In keiner Gattung aber hat der speziellschweizerischeBürgersinn einen entschiedeneren Ausdruck gefunden als in der Glasmalerei. Die Sitte der Fenster-und Wappenschenkung1) hatte sich Valerius Anshelmzufolgein den achtzigerundneunzigerJahrendesXV. Jahrhundertsentwickeltund wurdeoft zu einemlästigenZwang.Denn wer um die StiftungseinesWappensersuchtwurde, übernahmdamitmeist die Auslagenfür dasganzeFenster und »oft setzt man noch das halbe Haus auf die Fensterrechnung , beklagteman sich. Danebenaber wollte manauchehrenund geehrtwerden. Meyer hat hierüberinter- essante Detailszusammengestellt. Die Ständestiftetenihre Wappen einanderin die Ratshäuser und übernahmen auchsolcheStiftungen an Private; die Sitte gewanneine ungeheureAusdehnung. Da die Vorlagenfür die Scheiben,weil der eigentlicheGlasmalermeist nur Vgl. Meyer, Die schweizerischeSitte der Fenster-und Wappenschenkung. - 39 die technischeAusführung besorgte,oft bessernKräften übertragen wurden,gelangte dieseGattungzur grössten Bedeutung für die Ausbildung der Renaissancedekoration. An und für sich schonwichtig genug,da sie ihrer Anlage gemässsich architektonischer Dekorationsformen bediente, wird sie um so wertvoller, als schon Mitte der dreissigerJahreder anfangsähnlicheBuchtitelseinenCharakterändert, und so besonders für die vierzigerund fünfzigerJahredie Glasscheibe die Entwicklung dieser Dekorationsformenbeinaheallein belegt. Für die Kleinkunstund dasHandwerk begannjetzt ihre Glanzperiode- der Buchdruck aber hat recht eigentlichden neuenStil aufgezogen. Ohnedie mannigfaltigen Vervielfältigungsverfahren, welche im Buchdruck und Holzschnittgipfelten,hätte die Anwendungvon italienischenZierformennicht diese unglaublich rascheAusbreitung und allgemeineAufnahme gefunden. Burckmair, Dürer, Holbein und alle ändern hätten, trotzdem sie ihre ganze Umgebung mächtig in ihren Spuren hinter sich herzogen, nicht so durchzudringenvermocht, wenn sie nicht grossenteilsihre Arbeiten zur Vervielfältigung geliefert hätten. Die Buchdrucker aber, gebildete Männer und auf reichere Ausstattung ihrer Bücher nach italienischemVorbild bedacht, waren so die eifrigsten Auftraggeber der bildenden Künstler. Schon allein die grosseKonkurrenz feuerte sie dazuan, die Bücher immer würdiger zu gestalten. Die Künstler aber erhielten dadurch nicht allein die Möglichkeit zur eigenen Ausbildung, sondern sie fanden hier auch ein ausgedehnteres Publikum als bei jeder ändernThätigkeit. Und dazu gingen ihre Arbeiten in die Welt, verbunden mit den grossen Namen, deren litterarische Werke sie schmückten. Freilich gehen hier die Illustratoren meist anonym nebenher; höchstens mit Monogrammen haben sie ihre Sachengezeichnet,seltener freilich, wenn sie für Bücher arbeiteten, als wenn sie Einzelblätter in die Welt sandten. Und hier zeichnetensie weniger aus berechtigtemSelbstgefühlihre Werke, als um sich vor unrechtmässigerKonkurrenz zu schützen. Was aber ohne jedesZeichen namenlosauf uns kam, ist durch viele gründlicheStudienbisherschongrossenteils gesichtetworden.1) Man schlossauf die Meister,indem man die Hand genau in ihrer Führung stilkritisch verfolgte, oder es war der Geist der Werke, welcher auf den Urheber zu treffen erleichterte. ') DieWerkevon Bartsch, Passavant, Naglerund die Monographieen über die einzelnenWerke habeneine grossewissenschaftliche Arbeit vollbracht. Deutschland besitzt keine solche Zahl von Meistern wie Italien, die sich einer dem ändern in ihrer vollen Individualität anreihen. Auch der grosseKünstler blieb in engenSchrankengehalten. Das Zunftwesenzielt auf Anonymität. Die Meisterschaftwird allerdings betont, der Meister aber ist nur der Mittelpunkt und die Spitze einer Werkstatt, die von der Zunft aus geleitet wird. Und trotzdem der Stil so verstreut und ohne rechten Mittel- punkt eindringt,gelingt es doch jenen wenigen einsamenArbeitern, die hier schon öfter erwähnt wurden, alles auf ihre einzelnen Pfade hinzulenken. Es brechen auch hier, so verworren und vielseitig und jeweilsvon den ein/einenEinflüssenabhängigdie Bewegungist, die wenigengrossenNamen gestaltend hindurch. Auf dieseMeistermuss man immer wieder zurückkommen; in ihnen fasst sich die ganze, noch so verwirrte Bewegung zur Klarheit zusammen. Holbein und Manuel sind in der Schweiz die bedeutendsten Er- scheinungen, in deren Bahnalle ändernallmählicheinbiegen.Neben ihnen drängt sich der einzelnen Meister Weise nicht vor, die Werke gehen in der allgemeinenSchule und Zeitrichtung unter. Es ist mehr die Verschiedenheitder Aufgaben, welche die Meister unter sich unterscheidet. Wenn denn die Namen vieler von ihnen uns entweder nicht bekannt werden oder wir zwar Namen genug überliefert finden, mit ihnen aber keine Werke in Verbindung bringen können, so entgeht uns wenig dadurch. Sobald der Künstler sich nicht individuell den ErscheinungenseinerZeit gegenüberverhält, interessiertuns seine Person wenig. Er geht aul in der Strömung, welche nur als Ganzes unsere Aufmerksamkeitverdient. Wenn man ihnen aber nachgehen wollte und vergeblich sich abmühte, sie zu selbständigemWerte zu erheben, so erinnerte dies an die Konstruktionen von Stammbäumen wenig illustrer Familien,wo zwar lange,aberinhaltloseNamenreihen uns entgegentreten. Aber gleichwie hier nach ewig gleichem Gesetze dem Vater der Sohn und diesemder Enkel folgt, sotreffenwir auch in diesenallgemeinenStrömungenErscheinungen an, welche, ohne äussereBerührungmit einanderund ohnesichtbares Zurückgehenauf den gleichen Anführer, sich doch immer wieder in derselbenWeise einstellen,so dass eine innere Notwendigkeitsie zu treiben scheint, die sich schliesslichzu einem Gesetzeerhärtet. Und da, wo sich uns solchedeutlichzeigen oder sich auch nur ahnen lassen,da haben selbstWerke untergeordneter Gattung, die kein Leben für sich zu lühren beanspruchen, für uns dashöchsteInteresse. V. Kapitel. Die grossen schweizerischen Künstler in ihrem Verhalten Reformation und Humanismus gegenüber. Es galt bis jetzt, die Beziehungen der geistigenMächteder Zeit zu den bildenden Künsten zu beleuchten. Wo es aber die Verhält- nissegestatten,sollte man sich auch dasVerhalteneinzelnerKünstler den geistigenStrömungender Zeit gegenüberklar zu machensuchen. Nikiaus Manuels Stellung zur Reformation ist am hellsten beleuchtet, da er sich auch als reformatorischerPolitiker bekannt machte. Manuel ist überhauptwohl die universellstePersönlichkeitder deutschen Renaissance.Ursprünglich als Maler, aber ohne Gründlichkeit, gebildet, hatte er späterGelegenheit,sich als Dichter, Krieger und Staatsmann hervorzuthun. Er vereinigt alle Seiten des damaligen bürgerlichen Lebens seiner Heimatstadt in seiner Person. Er ist ganz der Mann aus dem Volke. Schon früh ist er gegen die Pfaflerrwirtschaft erbost und weiht seine Muse der polemischenTendenz. Die reformatorischeIdee ist aber in ihm noch nicht zu derselbenKonsequenz wie in der national-reformatorischen Partei gereift. Er verteidigt noch das Bündnis mit Frankreich, schliesst sich dem Feldzuge von 1522 an, der ihm den Stoff zum Bicoccaliede bietet, das schon oben als unmittelbarer Ausrluss schweizerischenKriegerbewusstseinsangeiührt wurde. Erst allmählich und in der letzten Periode seines Wirkens stellt er sich in den Dienst der Reformation. SeineStellungzum Bildersturmhat er in einem langen Gedicht: >Klagredder armen Goetzen«dargethan. Er lässt sie reden: Dass wider Gott, wie man tuot sagen, Man wöll Abgötter}- verjagen: Wir sind zufriden Gott wöll, überus. dass rechter ernst werd drus! So wollend wir die ersten sin Und willig tragen dise pin. Allein, dass d'warheit komm an tag, Die sich so gar nit bergen mag. Freilich: On zwifel ist und ganz gewiss Dass wir nit schuldig unsers bschiss; denn esist die Thorheit der Menschen,die in sie den wahren Gott hat legenwollen. In wie vielenDingenhat sichder Menschüberhaupt noch zu bessern! Allein wer götzen brennen wöll, Der luog, dass er nit sig ein gsell Der sünd und ergerlichen leben! So sig dann alle räch vergeben Eim jeden, der hand an uns legt Und nit den falschen schin vertregt, Den wir bishar gefüert hond.1) Alles zielte in der grossenreligiösen Erhebung jener Tage aui dasselbehinaus. Auch Manuel, der sein Ende nahen fühlte, war aus dem lebensfrohenMaler und Kriegsmann zu dieser Ansicht gelangt: Dass wir dich erkennend als unsern Gott Und uns sig das zeitlich guot ein spott! In der letzten Periode hatte er sich schon sehr der Malerei ent- fremdet; er war nie ein sehr grosses bildendes Talent gewesen. Eine wild sprudelndePhantasie, aber noch mehr ein auf die realen Zuständegerichteter Sinn hatten ihn eher zum Tendenzdichterseiner Zeit geschaffen. Vielseitiger ist er als Hütten, aber nirgendsso gross. Dennoch erinnert er an ihn. Sie haben beide zuerst zum Kampf gegen Rom in deutschenVersen gesungen. Manuel stützte sich auf dasaufblühendeBürgertum und kam mit ihm zum Siege. Hütten hat derselbenSachegedient- aber über ihm waltetedasVerhängnis, dasdie Vertreter einer auslebenden Gesellschaft zu verfolgenscheint und auch seinen Untergang begründet. Er träumt als einer der ersten von Deutschlands Grosse; aber er verachtet noch das Bürgertum. Ulrichv. Würtemberg gegenüber vertritt er in ungezähmtester Weise denStandpunkt desReichsritters und wie mit Sickingenist auchmit ihm sein Schicksalgeboren. In ihnen haucht der Idealismus des Reichsrittertums seineSeeleaus. Hütten sieht in die Zukunft, heller als ein anderer, aber er fällt als ein Opfer der Vergangenheit. So ') Bächtold, Manuel p. 237 ff. 43 verbindet die Natur die Gegensätze zweier Zeitalter in einer Seele und schafft ein tragischesGeschick. Rudolf Manuel ist der Schatten seines Vaters. Er reicht schon in die Periode, wo alles erstarrt, was, zum Streit gerufen, seineinnere Kraft einst hatte erproben müssen. Urs Graf dürfte keine tiefere Natur gewesensein. Er vereinigt nicht die kämpfenden Gegensätzeseiner Zeit in sich. Er ist der richtige Vertreter desLandsknechtswesens. Er hat sich sein Leben auf seine Weise anmutig gestaltet. Die Kunstchronik teilt mit, wie er dabei zu Werke ging.1) Hans Holbein war in ganz anderem Grade bildender Künstler als Manuel. Ein solches Talent aber findet sich in dieser Welt fest verankert und kann sich nicht leicht an ein anderesIdeal hingeben. ÜberHolbeins Seelenleben ist unssogut wienichtsüberliefert, trotzdem sein äusseresLeben mit Hilfe der Archive ziemlich genau rekonstruiert werden konnte.2) Sein Bild erhält noch eine nebelhaftereGestalt als dasRataels,von demwir doch einigesSchriftlichebesitzen.Über Dürer ist man ähnlich wie überMichelangelonäher unterrichtet. Wir wissen,wie ernst er eine religiöseErhebungseinesVolkes ersehnte. Er blickte erwartend auf Luther. Holbein stand im Banne des Humanismus. Ob geradeErasmus in nahen Beziehungenzu ihm stand, ist sehr fraglich. Vögelin3)'macht ErasmusVorwürfe darüber. Doch darf man ihm sein Verhalten gegen Holbein nicht zu hart auslegen. Er stand damals, ein alternder Mann, auf der Höhe seinesRuhms: Holbein war für ihn ein junger Handwerker. Wo man Blindheit für die gesamte Kunst vorfindet, kann man nicht erwarten, dass das einzelne Talent in einer Weise verehrt werde, die mit der Tradition bricht. Wenn auch ein inniges persönliches Verhältnis nicht bestand,so war Holbein doch ein Trabant des Erasmus. DessenReich war zu gross, als dass nicht alles, was in Basel geistige Interessen hatte, ihm eine Art von Hofstaat gebildet hätte. Obgleich Holbein in diesem Kreise nicht als ebenbürtig bebetrachtet wurde - denn auch Amerbach erwähnt ihn nicht in seinen lj Kunstchronik 1878 p. 297. Diese tollen Streiche entziehen sich heute beinahe der Mitteilung. Es sind Scherze im Sinne einer Zeit, deren Roheit wir überwunden zu haben glauben. 2 Auf Archivforschungen von His-Heuslergestützt hat Woltnunn dies in seinergrossenHolbein-Biographie ausgeführt. sj Vögelin, Repert.X. p. 345. Wer hat Holbein die Kenntnis des klassischen Altertums vermittelt? 44 Briefen1)- - so steht er doch in völliger geistigerAbhängigkeitvon ihm. Vögelin hat es wahrscheinlich gemacht,<kssBeatusRhenanus als Korrektor desFrohen die Künstler, die für diesenbeschäftigtwaren, in die Stoffe des Altertums einführte. Holbein hätte also bis zu einem gewissen Gradeeine humanistische Bildung genossen.Es ist sehr wahrscheinlich,dass er Latein las, wenn auch die Randzeichnungen zur Lausstuhitiaenur mit Hilfe einesgelehrtenInterpretenangefertigt werdenkonnten.2)Erasmusbrauchtihn einmalals Famulus,um sein Bild nach Frankreich zu schicken.3) Weltmann hat Holbeinzum Anhängerder Reformationgemacht und bei ihm, besondersaus den Rathausbildern,einen gewissenpuritanischenSinn nachweisenwollen. Leithäuserhat sich an Hand gründ- licher Quellennachweise gegendieseAnsichtgewandt.4) Er betont, wie sehr Holbein unter humanistischemEinflüsse stand, nur sagt er wohl zuviel, wenn er eine mächtigeFörderung von Holbeins Kunst durch die klassische Gelehrsamkeit der Humanisten annimmt. Holbein geht nirgends im Dienste der reformatorischen Tendenzen weiter als er vor den Humanisten verantworten kann. Wie dieseaber sich zur Reformation stellten, ist bekannt. Proben durfte LuthersSchriften nicht drucken, weil Erasmusesihm verbot.5) Holbein hat allerdings auch solche illustriert, aber nachher noch die grosse Madonnageschaffen.6)Holbein steht einsamerals seine Zeitgenossen. Dürer hat seinHerz der Reformation hingegeben,Manuel und Dürer sind Künstlerihrer Zeit und drückendie deutscheVolksempfindung aus. Holbein scheint daneben indifferent - er entwickelt aus sich herauseine Richtung, die in vielem seiner Zeit vorauseilt. So steht er noch isolierter, weder von der kalten Gelehrsamkeit der Humanisten verstanden, noch dem volkstümlichen Enthusiasmus der Reformation sich direkt hingebend. Freilich hat er in seinerKunst stetsdasVolks- tümlicheerfasst,der Gelehrsamkeit zu entgehengesucht. So hat er ') Burckhardt-Biedermann, Amerbach. *) Vögelin a. a. O. 1 A. Burckhardt, Holbein, p. 21. 4 Leithäuser,H. Holbeind. J. in seinemVerhältnissezur Antike und zum Humanismus. Hamburg1886,Gclehrtenschule desJohanneums.- - Ich finde michmit demVerfasser diesergeistvollen Arbeitin vollerÜbereinstimmung, wenn ich auchseineecht philologisch-deutsche Auffassungder Kunst nicht teilen kann. 6, Stockmeyer undReber.BeiträgezurBaslerBuchdruckergeschichte, p. 90. "; Dies sehr schonausgeführtbei Leithäuser, p. 13. 45 ja durch den Totentanz, der in diesenJahren der religiösenUm- wälzungentstand,eine volkstümliche Berühmtheiterlangt. Aber er ist nie polemisch,seineWerke sind die reinsten Kunstwerkejener Zeit. Er scheint den geistigenWirren der Zeit aus dem Wege zu gehen, will rein bildender Künstler sein. Es ist uns nur eine einzigeGesinnungsäusserung von ihm bekannt, die seineBeeinflussungdurch den humanistischenKreis verrät. In derselben Zeit, als Amerbach seine Konfessionslosigkeitbetonte, ErasmusBaselschon verlassenhatte (1530), hat Holbein sich geweigert, zum Abendmahl zu gehn. Er war aber damals gerade für das Rathaus beschäftigtund liess sich denn einesändern belehren. Er dürfte sich aber nur noch durch diese Rathausarbeit in Basel haben zurück- halten lassen, wo die strenge puritanische Zuchtrute sich nur zu schroff der erhofften Gewissensfreiheitgegenüberstellte. Dass aber Holbein nachgab,ist bezeichnendgenug für ihn. Er hat dasMeisterstückgeleistet, achtJahre hindurch am englischenHofe, ja in Heinrichs VIII. persönlicher Gunst, zu bleiben. Er lässt seine Meinung zurücktreten und stellt immer den Künstler voran. Das Talent des Künstlers ist aber zu sehr an die irdischen Erscheinungen gebunden, um sich nicht mit ihnen abzufinden und zu befreunden. HolbeinsAuftreten, so weit wir es verfolgenkönnen, hat etwasWeltmännisch-Diplomatisches.Er verzichtet auch auf eine ziemlich ehrenvolle Stellung in der Heimat, um im Ausland ein glänzenderes Leben zu geniessen. Dürer dagegen kehrt aus Antwerpen wieder in sein undankbaresNürnberg zurück. Die Baslerwaren erstaunt, als Holbein, wie ein grosserHerr, 1538 sich auf kurze Zeit in ihrer Stadt zeigte. Obwohl Holbeins Verhältnisseenger waren, berührt er sich doch auch hier mit Rafael; bei beiden ein glänzendes Auftreten und bei beiden dassanfteAnschmiegenan die äussernVerhältnisse. Und das Prädikat, mit dem JohannadellaRovereRafaelempfahl,mag in gleichemUmfangeauch für Holbeingelten: un discretoe gentil giovane.1) *; JohannadellaRoverean Soderini,zitiert in Gruyer,Raphaelet l'antiquite I. p. 220. Paris 1894. VI. Kapitel. Zeitliche Bestimmung der Stilwandlung. Bevorman auf die eigentlicheformale Entwicklungdes neuen Stilesund seineErscheinungennäher eintritt, ist es notwendig,die HauptmomentedieserEntwicklungchronologischfestzustellen;denn nur durch ein genauesFesthaltenam Datum lassensich Stilwandlungensicherverfolgen,wo man sosehrausder festgestellten Priorität dieseroder jener Form den Schlüsselzu einer ganzen Formentwicklung erhält. Freilich ist es gerade bei dieser Stilbewegung schwer, eine Erscheinungder ändern chronologisch anzureihen,da die Vorbilder, grösstenteilsim Buchdruck zu gleicher Zeit über den ganzen Korden ausgestreut,bald nach dieser, bald nach jener Seite hin eine regere Nachahmungrinden. Überdiesist man meistensauf Vermutungen angewiesen,da die Quellen, aus denen man schöpfte, geradeihrer grossenBeweglichkeitwegen nun verschwundenund verlegt sind. Aber gerade weil die nordische Renaissanceweder einen eigentlichenlokalenMittelpunkt noch eine strengchronologische Entwicklung hat, mussmansichan die wenigengegebenen Datenhalten, um einige festePunkte in dieser flüssigenBewegungzu besetzen, von denen aus weiter zu fühlen leichter wird. Die erstenSpurenvon der Kenntnis der italienischenKunstweise hat Springerzusammengestellt.1) Memlinghat denPutto undFruchtkränzeverwendet,1486 tritt der Putto2) vereinzeltin Breydenbachs Reise gen Jerusalem im gothischen Laubwerk auf, auch erwähnt l) Springer,Bilder ausder neuem Kunstgeschichte, II. Bd. Die deutsche Baukunst im XVI. Jahrhundert. Lichtwark, Der Ornamentstich der deutschenFrührenaissance,p. 48, bezweifelt, dass die nackten Figuren auf den italienischen Putto zurückgehen. 47 SpringerseineExistenzan einer Kanzelzu Freibergim Erzgebirge. DieseSpurensindabervereinzeltund ohneNachfolge,essindganz willkürliche Reminiscenzen oder Anlehnungen,welche ohne Beach- tung bleibenund denengegenüber die immernochso zufälligenErscheinungenaus demAnfang desXVI. Jahrhundertsschonden Charakter des Bewusstentragen, besondersseit Burckmair auf seiner Krönung Mariae(1507, Augsburg]eine kleine Renaissance-Balustrade in die gothischeDekorationeinschiebt,die gewöhnlichfür die erste deutliche Spur der Renaissancein Deutschland gilt. Mit Burckmair beginnt auch Lübke die Reihe der Renaissance-Meister.1) Diese Erscheinungenwirken nicht unmittelbar auf die Schweiz. Es handeltsich allerdingsnur um wenigeJahre. Bei dem raschen Fortgang aber,den nun plötzlich allerorten die Bewegungnimmt, sind wenige Jahre schon ein beträchtlicher Zeitabschnitt. An vereinzelten Spuren, die jenen ersten deutschen aus dem XV. Jahrhundert parallel gehen, fehlt es auch hier nicht. Urs Graf hat auf einem Blatte (Hisl),2j das 1506 in Strassburgerschien, Christus unter einer Kuppelhalle dargestellt, die den Gesamteindruck eines bramantesken Tempelchenswenigstensin den allgemeinstenZügen hervorbringt. Es ist hier also nicht ein Eintreten auf den ornamentalen Stil des Südensoder auch nur ein Anklingen desselben,sondern in den architektonischenHintergrund mischt sich zum erstenmaleine Erinne- rung an die Städte,die der Maler vielleichtauf einemKriegszugegesehen. Es scheintsich ihm unwillkürlich dieseForm mit der gothischen Konstruktion verschmolzen zu haben. Es ist bezeichnend für die schweizerischeRenaissance,dass sie sich zum erstenmaleals eine ReiseerinnerungeinesLandsknechts3)präsentiert. Aus einer ähnlichen flüchtigenErinnerung dürfte sich in die noch gothischeDeckedes Beinhausesvon Steinen-Schwyz von 1511 ein Anklang an Kandelaberformenverirrt haben. Es ist dieserdirekte persönlicheImport des Schnitzersum so bemerkenswerter, als es einesder wenigenBeispielesein dürfte, wo dieseFormen ohne Vermittlung deszeichnen*) Lübke, Geschichteder Renaissance in Deutschland.II. Aufl. I. p. 58. *) His, in den Zahnschen Jahrbüchernfür Kunstwissenschaft VI. 8)Landsknecht ist für die schweizerischen Söldnernicht der richtigeAusdruck. Im Gegenteil standen Schweizer und Landsknechte sehr schlecht mitein- ander.Man hat sichabergewöhnt,mit demWorteLandsknecht eineVorstellung zu verbinden, welche so ziemlich auch dem Wesen des schweizerischen Söldners entspricht. 48 den Künstlersins Kunsthandwerkübergingen. Aus dem Jahre 1512 befinden sich einige Scheiben in der Kirche von Sumiswald, deren ornamentaleAufsätze schon die ausgesprochenste Anlehnung an die italienischen Formen aufweisen. Da die einzelnen Werke, welche sich diesen Vorboten allmäh- lich anschliessen, spätergrossenteils nochmalsbetrachtetwerdenmüssen, könnenhier nur einigeDaten herausgehoben werden,die sich an bedeutendeMeister und so an gestaltendeKräfte knüpfen. Urs Graf ist der erste, der sich dem italienischenOrnament nähert. Von 1512 an antikisieren zum Teil seine Titelblätter, aus dem gleichen Jahre stammt die schönsteGravierung einer Dolchscheide,die im Museum von Basel erhaltenist.1) Nikiaus Manuel hat in seinemBlatte der heiligenAnna (1511) noch die traditionellenOrnamentformen;aus dem Jahre 1517aber stammendie Lucretia und andereBilder im Museum von Basel, welche seine Renaissanceformenschon aui der Höhe ihrer Originalitätzeigenund am bestenvertreten. 15152)hat der jüngere Holbein für Frohen den bekannten reizendenBuchtitel(W. 234) gezeichnet,den er, voll Stolz auf die glückliche Leistung, mit >/HansHolb.« bezeichnet hat, während er später fast nie mehr signierte. Er ist hier noch der unbekanntejunge Meister, der nach der Weise seinerZeit sich nennt. Die völlige Anonymität seiner spätem Blätter ist dagegenin dieser Zeit eine seltene Erscheinung.3) An dieseserste Blatt Hans Holbeins reiht sich dann die lange Zahl ähnlicher Leistungen, meist von ihm, seinem Bruder und dem Meister J. F. Diese Arbeiten, fast ausschliesslich für den Buchdruck 1 His 17. Abgebildet im Anzeiger für schweizer.Altertumskunde 1896 Nr. 4. 2) A. Schmidsetztihn ins Jahr 1516. RepertoriumXVTII. 6. Heft p. 449. ') Beinahealle ändernZeichnerhatten ein Zeichenoder ein Monogramm, besondersdiejenigen, welche direkt Einzelblätter auf den Markt brachten. Da war dasZeichenungefährwas heute die Patentnummer.Der ganzeDürerscheKreis und die übrigenKleinmeisterbedientensich ihrer. Holbein hat nur auf Bestellung gearbeitet und brauchte aus diesem Grunde das Zeichen nicht. Er wussre dafür seinenBlätterneinenStempelaufzudrücken, der immer für dieMeisterhandsprach. Dasser sich allein auf diesenverliess,zeigt diesichereVornehmheitdesKünstlers. Die Anonymität ist ein so sicheresMerkmalseinerWerke geworden, dassman signierteBlätterstrengauf ihre Echtheit zu prüfen, gut thut. GeringereKünstler oder spätere Sammler wollten durch den Zauber des grossen Namens die Werke ihrer Hand oder ihres Besitzesadeln und zur Geltung bringen, während der Meisterselbst darauf verzichtete. Es zeigt sich auch hier jenesstolzbescheidene Zurücktreten des Menschen hinter dem Künstler, das ich schon oben erwähnt habe. 49 geliefert,halten einen ähnlichenStil bis gegen 1530, nachdemauch Hans seit seiner Reise nach England (1526) in grösserm Umfang in dieserArt zu arbeitenaufgehörthat. In den dreissiger Jahrentritt ein Stillstand ein. Es ist die Zeit, wo in Deutschland das Kleinmeister- Ornament überall emporwächst.In der Schweiz hat es aber nur wenige Spuren hinterlassen. Die Buchillustration war bisher tonangebendin der Formwelt; neue Formen verbreiteten sich hier am raschesten. Und als sie in den dreissigerJahren zurücktrat, teils, weil schöpferischeKräfte fehlten, teils auch, weil die Illustration als solche weniger geschätztzu werden anfing, da man schonfür einengelehrteren Kreis zu schreibenmeinte und die volkstümliche Kunst vernachlässigte,ging von da an für einige Zeit das Glasgemäldein der Formentwicklung voraus. Die wissenschaftliche starreStrömung, die den Buchdruck regiert, hat auf das Glasgemäldekeinen Einfluss; denn es ist an sich ein Dekorationsstück und kann des Ornamentes nicht entbehren. In dieser Zeit ergreift denn auch das ganze Kunsthandwerk die Formen der Renaissanceimmer eifriger. Während die neue Religion die Kunst von der Kirche, die neue Wissenschaft sie von den Büchern entfernt, tritt sie immer mehr ins bürgerlicheLeben, wo sie sich allmählich eines jeden Gegenstandesbemächtigt. Hier, in den dreissiger Jahren des Jahrhunderts, beginnt die grosse Glanzzeit des deutschen Kunsthandwerks. Sie erstreckt sich aber über die erste Periode des auftretenden Stils hinaus und gipfelt erst in dessenzweiter Periode nach der Mitte des Jahrhunderts. Es bilden sich jetzt neue Typen für die Kleinkunst aus. Schon früher, seit ca. 1515, hatte diese die Renaissanceformzum Teil aufgenommen. Sie ist aber hier noch so ausschliesslichvon den zeichnendenKünsten geleitet, dass derenEntwicklung allein skizziert zu werden braucht. Die Holzplastikder frühen Zeit gipfelt für die Schweizin dem Chorgestühl von Bern (1523- 25), einem der schönstenWerke der nordischenRenaissanceüberhaupt. In der Steinplastikerhält die Renaissancean den hintern Rathausthüren zu Basel (1535-1539) zum erstenmaleine monumentale Gestalt. Eine neue Auffassungder architektonischenFormen im Grossen wurde erst später durch die theoretischenSchriften vorbereitet, die sich meist Perspektivennannten. Man mag bei Lübke dasKapitel nachlesen, das diesengewidmetist (IV. Kap.). Bei einem bewussten 4 50 - Zurückgehenauf die SchriftstellerdesAltertums und Italiensenthüllt sich hier die Macht der eingeborenen Weiseoft nur umso glänzender. Wie überhauptdie Architektur für uns kaum in Betrachtkommt,so haben auch diese Schriften nicht mehr in unsere Zeit zu zählen. Denn sie geradeschaffendie zweite Periodeder deutschenRenaissance, die einen wesentlichgelehrterenCharakterträgt. Es leben schon die Zeitgenossen Palladiosin Deutschland.*) Wichtiger wurden für den ornamentalenStil die sogenannten Kunstbüchlein, welche nicht Lehrbücher der Architektur, sondernnur möglichst umfassendeKatalogevon Details sein wollen. Bei der SeltenheitdieserBüchermussdasvon Vogtherr, Strassburg1538 als Paradigmagelten.2) So wenig wie die PerspektivendeutschenUrsprungsverleugnetdiesBuchseineHerkunft. Die Kunst der vierziger Jahre, z. B. die Glasmalerei,mag von solchen Büchern schon beeinflusst worden sein; seitdem aber solche Vorlagenbücher existieren (welchewir heute kaum mehr besitzen),ist eine genaueKontrolle für die Geschichte des Ornamentes im höchsten Grade erschwert. In solchenWerken wie Vogtherrs lösen sich die Formen, die schon eine gewissestrengeKlarheit anstreben,immer wiederzur reizendsten Freiheit auf. Immerhin drohte die wissenschaftlicheTendenz einen gewissen Klassizismusautzubringen,3)den man auch in einzelnenWerken der zweitenHälfte desJahrhundertsdurchbrechen sieht.4) Es finden sich sogar die schwersten Rustikaarchitekturen an Möbeln nachgeahmt. DieseBetonungeinesarchitektonischen Prinzipsim Gebieteder Dekoration war nicht nur deren innerstem Charakter, sondern auch dem deutschenWesenund der ganzenEntwicklungsgeschichte der nordischen Renaissanceentgegen. Wie oft aber sehen wir im Laufe der Eineder erstenund -wichtigsten Serien,welchedieseStrömungbeginnen, sind die Blätter desMeistersR. W. zum Teil 1545 bezeichnet,wahrscheinlich Rudolf Wyssenbachvon Zürich. Vgl. BartschIX., p. 168 und PassavantIII., p. 448. Folge gedrucktim Säulenbuchvon HansBlum, Zürich, 1662. Sie zeigen eine starkeAnlehnung oder gar Kopie italienischerVorbilder, Kuppelhallenetc. sind aber oft mit den wunderlichsten Formen deutschen Schnitzerstils bereichert. ) Vgl. dashochinteressante Kapitel beiLichtwark, Ornamentenstich p. 115 über Modell-und Kunstbücher.Bei der grossenSchwierigkeit,dasMaterialvollständigkennenzu lernen, mussLichtwark hier als Autorität gelten. , Vgl. die Quellen,Perspektiva, Vitruv, Lichtwark p. 133. 4) Eines der schönstenWerke diesesStils, die StubeausFlims, im Kunstgewerbemuseum von Leipzig. menschlichenEntwicklung und gerade der der Künste alle innern GesetzeausserWirkung treten und irgend welcher fremdenMacht zum Opfer fallen. Im Folgendenwerde ich noch anzudeutenversuchen, welcher Art diese Macht hier war. Dass die deutscheOrnamentik sich jetzt aber noch erhielt und siegte,verdanktsie der AusbildungeinerForm, die nun mit unglaublicher Schnelligkeitum sich greift. Man fühlt, wie sie einem tief empfundenenBedürfnisentgegenkommt und leidenschaftlich ergriffen wird. Es ist dasRollwerk, das die ganze folgendePeriodein der Dekoration beherrscht,den Barock für dies Gebiet erzeugend. Wie essich unabhängignebenden importiertenFormen der italienischenFrührenaissanceschon aus der Gothik heraus latent entwickelt, wird noch später zu erwähnen sein. Gegen die Mitte des Jahrhunderts tritt es immer siegreicherhervor und überwuchert jede andere Form. Den Buchtitel bringt es zu einem neuen Aufleben. In der ersten Periode der deutschen Frührenaissance, also von ca. 1510-1550 hatte man sich an die italienischenFormen gewöhnt; man betrachtetenun die Abhängigkeit von Italien als etwas Selbstverständliches,ja geradezuNotwendiges.1) So verlor der Süden den Vorsprung von 100 Jahren, man machte seine Stilentwicklung allmählich gleichzeitig, natürlich auf seine Weise, mit. Der Verkehr war rascher geworden, man bezog bewusst die neuestenitalienischen Dekorationsformen. Seit der Mitte des XVI. Jahrhunderts wird die Dekoration international. So tritt das Rollwerk beinahe gleichzeitig überallauf, und es ist schwer, seinePriorität irgendwofestzustellen. Es liegt in der Luft. Nirgendsaber hat es sich üppiger entwickelt als in Deutschland. Die deutsche Kunst nahm liier zum erstenmal wieder ein Element auf, das ihrem Wesen ganz gemässwar, auf dem sie weiter bauen konnte, ohne seine inneren Gesetzezu verletzen , was in der Frührenaissanceso oft geschehen war. Die Stärke und die SchwächedeutschenKunstgeistessollten sich an dieserForm gleichmässigerweisen. Denn dies Ornament verlangte eine möglichstphantasievolle,kühne Behandlung- - die aber gerade für den deutschenGenius die Gefahr desVerlustesjeglicher künstlerischenMässigungin sich trug. *) Es ist bekannt,dass deutscheKunsrweisewiederum in Italien gezündet hat. So Dürer. Einen interessantenBeitrag dazu in dem zitiertenKapitel bei Lichtwark. 4* Italien, Frankreich, die Niederlande und Deutschland haben das Rollwerk beinahegleich sehr geliebt, Deutschland aber hat wohl die bestenFormen dafür gefunden. Und die grösstenVertreter dieses Stils, Stimmer und Ammann, sind aus der Schweiz hervorgegangen. II. StilgeschichtlicherTeil. Gothik und Barock haben gewohnte Formen, nur nach neuen Prinzipien, weitergebildet, bis eine völlige Stilwandlung durchgeführt war, der romanischeStil verwandelte sich in den gothischen, die Renaissance in den Barock. Und trotz dieser innern Verwandtschaft in ihrer Entstehungsgeschichtenimmt bei jedem das Ornament eine ganz verschiedeneStellung ein. Bei der Gothik leitet die Architektur mit überwiegenderBetonung des Technischen, Struktiven die Wandlung und zieht nur ein konventionellesOrnament zu ihrer Unterstützung heran, gibt es aber nicht zu selbständigemLeben frei. Die erstenÄusserungen desBarockssind umgekehrtim Ornamentalenzu suchen, wie denn auch der ganze Stil nach dem Malerischenstrebt. Rein ornamentaleFormen werden hier in die grosseArchitektur übertragen; in der Gothik wird die Architektur zum Ornamente verkleinert. Dass in der analogenEntstehung zweier Stile so von Grund aus andere Maximen massgebendwaren, lässt sich nicht allein aus dem verschiedenenStilgefühle erklären. Vielleicht dürfte man eine Lösungdarin finden, dassdie Gothik sichmit der polychromenDekoration von vornherein als verwachsen betrachtete, und unter dem stetenSchutz der Polychromie das rein Technische um so rücksichts- loserzurHerrschaftgelangte, währenddie an Farblosigkeit gewöhnte Spätrenaissance aus dem Bedürfnis nach malerischerWirkung die plastischeDekoration betonte. Die Entstehung der Renaissance ist nicht so sehr wie diejenige von Gothik und Barock ein stilgeschichtlicher Prozess. Der Stil ent- wickeltsichnicht rein von innenheraus.Man ergreifteinefremde 54 Form. Im vollstenMassetrifft dies allerdingsnur bei der deutschen Renaissance zu; sie ist ein rein äusserlich»kunstgeschichtlicher« Prozess, vielleicht der mächtigste aller Zeiten. Bei der italienischenRenaissance handelt es sich immerhin um eine tiefgehendeStilverwandlung. Nur die Form ist entlehnt; der neue Geist aber geht in ihr auf. Die deutscheRenaissance bleibt in ganz andermUmfangeäusserlich.Die Übergangszeit dauertlänger.Es ist aberanziehend, sie zu betrachten und die Entwicklungder Formenzu verfolgenvon den erstenäusserlichen kunstgeschichtlichen Anstössenbis zu einer innerlichenStilveränderung. Eine Vorbereitung dafür existiert im spätgothischenStile, die Auffassunghat sich langsamverschoben.Es erwacht auch da ein neuer Geist auf formalem Gebiet, der sich aber keine eigene Form schafft, sondern sie entlehnt. Damit tritt die äusserlicheVer- schiebung derFormenein,welche,dietieferliegenden Keimebefruchtend, schliesslich doch eine eigeneFormwelt, wenigstensin der Dekoration, auchfür den Norden zu bringenvermag. I. Kapitel. Die Gründe der Stilwandlung. In der gothischen Kirche war kein Platz für eine selbständige Dekoration. Die Malerei war bei der Schöpfungdes gothischenSystems mitthätig und völlig auf die struktiven Teile beschränkt. Nun machen aberdie zeichnendenKünste zuerst eineNeuerung geltend. Der grosse Aufschwung der Auffassung in der Malerei durch die van Eyck ist hier entscheidend.Darstellungen, die über dasstrengeKultbild hinaus- gingen, waren bis dahin nur in den Miniaturen gepflegt worden. Jetzt gewinnt dasAltarblatt,dasin Ermangelungvon Kirchenwänden, welche für grössereBilder Raum geboten hätten, Eingang fand, immer bedeutendere Dimensionen. Schon bei den van Eyck, den grössten Erscheinungenin der Kunst desMittelalters, begegnenwir von Anfang an einer entschiedenen AblehnunggothischerFormen für das Gebiet der Dekoration. Ihr feiner Kunstsinn muss bemerkt haben, wie sehr eine unabhängige Dekoration erstorben war, und sie greifen daherauf die Formen einer Kunstweisezurück, welche noch nicht die ganzeKleinkunst von einigen starren architektonischenMotiven abhängig gemacht hatte. Aus dem blossenBestrebenalso,durch ein gewissesArchaisierenin der Dekoration ihren Bildern eine erhöhte Idealität und Ehrwürdigkeit zu verleihen, erklärt sich dasZurückgreifen auf romanischeFormen noch nicht. Es mussvielmehrauf der Einsichtvon derUnzulänglichkeit der gothischen Motive für dekorativeZwecke und auf einer Auflehnunggegen sie beruhen,da dieseneigentlichsten Propheteneineshingebenden Naturalismusantiquarische Interessengewissfern genuglagen. Geradedie van Eyck, in derenZeit die spätgothische Dekoration,die erst als die Folge der durchsie gegebenen Anregunganzusehn ist, ihnennoch - 56 keine Formen zur Verfügung stellte, lehnen am konsequentestendie Gothik ab. Der Spitzbogen,der so augenscheinlichnur einem struktiven Bedürfnis entstammt, wurde von nun an aus diesen rein dekora- tiven Gemäldearchitekturenverbannt, auch wo sich die Künstler vom Romanischenzu den Neubildungen der Spätgothik hinwandten. Diese hatte unterdessendurch die Kleinkünste eine selbständigelebendigere Dekoration zustandegebracht. Der Kielbogenund ähnlicheVariantenverdankenauch dieser Entfernungvom Struktiven,diesendekorativ-malerischen Bestrebungen ihre Entstehung. (Vgl. auch die Umrahmung desApril im Brevier Grimani, derenFormen in ihrer Grazie beinahean den Stil Louis XV. erinnern.)1) In engsterBeziehungzu diesemUmschwungauf dem Gebiete der Dekoration steht die häufige Verwendung des Teppichschmuckes und der Draperieenauf Gemälden. Roger und Memling malen Baldachine, letzterer auf seinem Florentiner Bude, allerdings mit entschiedenerBeeinflussungdurch die italienische Kunst.2) Bei Rogers Madonna des Städelschen Instituts scheint der Baldachin noch von diesem Einrluss frei und allein in dem Wunsche entstanden, eine freie malerisch dekorative Form an Stelle des architektonischen Thrones zu setzen. Die Art und Weise, wie die Heilige in dem Zelte steht, dessen Vorhängevon Engeln zurückgeschlagen werden, erinnert an die Form der hängendenTabernakel, wo das Heiligtum in ähnlicherWeise den Blicken der Gemeindedargebotenwurde.3) Das XV. Jahrhundert brachte in den Kleinkünsten eine Ornamentik hervor, welche beinahehätte wagen können, dem ersterbenden gothischenSystem ein neuesLeben einzuhauchen,wenn eine solche Erscheinungim Leben der Stile überhaupteintretenkönnte. Man fragt sich, woraus dieseeigentümlichespäteEntwicklung des Dekorationsstiles sich herleite und wird vergeblich den Naturalismus zu Hilfe nehmen wollen, der die reizvollen Blumen- und Stillebendekora- tionen der Miniaturenerzeugte. Denn dieserein naturalistischen Zierformen waren doch nur für die zeichnenden Künste haltbar, die Kleinkünste brauchen stilisierte Formen. Sie blieben auch auf Bücher beschränktund wurdennoch spätin der Zeit derFrührenaissance ver\j Abgeb. SeemannsBilderbogen, No. 348. 81Für Italien und vielleichtdort gemalt,vgl. Kinkel, MosaikVIII, p. 311. i Vgl. Viollet-lc-Duc, Dictionnaire raisonne1du mobilier fran^ais, Artikel ubernade p. 252. 57 wendet.(Burckmair, in Devotissimae meditationes 1520,Muther1025.j1) Dürer vermiedden strengenNaturalismusim Ornamentalen,so sehr er in Naturtreueam passenden Orte Einzigesleistete. Dem NaturalismusdesXV. Jahrhunderts konnte der Dekorations- stil der Spätgothik, dieser»letzteprachtvolllebendeSprössling 2) des gothischenStiles, nicht entwachsen.Die Kraft, welche ihn hervortrieb, floss aus der Einsicht von der Knechtung der freien Dekoration durch die gothisch-architektonische Form und aus dem Rückschlage dagegen. DieseEinsicht hatten die van Eyck zuerstgehabtund in ihren Werken durch die Ablehnung der gothischenFormen für dekorative Zwecke proklamiert. Zu dieser negativen Erkenntnis gesellte sich dann im Laufe des Jahrhunderts der Umstand, dass die Bedürfnisse einer bürgerlichen Kunst die Dekoration immer bewussteraus der Kirche lösten und ihr eine eigene Entwicklung zusagten. Die Werke gothischer Kleinkunst waren bis dahin nur erleichterte Monumente von architektonischen Formen. Die kleinsten Möbel und Geräthe wiederholten die Glieder der Baukunst.3) Die gothischenMonstranzensind wohl das geläufigsteBeispiel dafür. Je mehr sich der Sinn von der kirchlichen Kunst abwandteund der bürgerlichen Kunst bedurfte, wollte dies System nicht mehr ge- nügen. Das Möbel ändertejedoch seinenTypus deshalbnicht, da er zu fest den praktischenRücksichtenangepasst war. Es wurde dem Ornamente prinzipiell kein Raum angewiesen, sondern es blieb ihm überlassen, sich seinen Platz zu erobern. So überwucherte es denn die ganzenFlächen;Rahmenund Füllungenwurden nicht strenggegliedert. Auch die struktivenTeile besetztedasOrnamentund zwang sie so, ihren starren Charakter abzulegen und ihre Funktion mehr verhüllt auszudrücken. Den Hauptbestandteil dieser spätgothischenFlächendekoration bildet ein flott stilisierteskrausesBlatt- und Rankenwerk,die sogel) Den AusgangdieserDekorationsweise in FrankreichbesprichtLichuvark a. a. O. p. 50. Le tableaude Cebes,Paris 1543. In Deutschlandfindet sich eine gleicheUmrahmung1588 an einer Heiligenfolgedes MeistersW. S. Pass.IV, p. 222 Nr. 4. s)JakobBurckhardt, Renaissance in Italien1868. § 130,p. 212. 8 Vgl. Stuhlbei Viollet-le-Duc MobilierI. p. 51; ein trefflichesBeispiel der französischen Spätgothikin architektonischen Formenabgebildet in >Fribourg artistique, 1893,Bahut.Nr. 24 und MurtnerChorstühle, Fribourgartistique1892 Nr. 6.« nannte Distel. Die Formen sind von unerschöpflicherMannigfaltigkeit. Tiere aller Art und andere Lebewesen zieht das Ornament in seine Kreise. Ich muss mich hier bescheiden,die Hauptzüge,welche im XV.JahrhundertdieRenaissance vorbereiten, klarzulegenund kann mich auf diese Formdetails nicht einlassen. Das Ornament erlangt als solches Berechtigung und Anerkennung. Dies beweistam klarsten der Ornamentstich, welcher schon in den ersten Zeiten des Kupferstichs aufkommt und seither nie mehr in seiner Entwicklung aussetzt. Hier tritt der Künstler im enteren Sinne als der Schöpfer des Ornaments auf und erfindet die Formen, welche der Hand- werker verwertet. weiter Für die Glasmalerei entfaltet der zeichnende Künstler später in der Schweiz eine ähnliche rege Thätigkeit zu Gunsten des Handwerks. SchongauersberühmteDistelranke (Bansch 115) ist das glänzendste Beispiel deutschenOrnaments aus der gothischenPeriode. Hier tritt es noch ganz um seiner selbstwillen und nicht alsVorläse O aut. In Italien wurde in gleicher Weiseder Ornamentstich gepflegt und erhielt sich hier noch länger als in Deutschland in dieser Weise, ohne für praktische Ver- Fig.i. wertungzu schaffen.Bei uns Sakramentshäuschen in S. Oswald,Zug. nimmt der Ornamentstich bald 59 den entschiedenen Charakter der Vor- lagean undspieltsoin derRenaissance eine grosseRolle.l) Die dekorative Plastik beginnt desgleichen sich freier zu regen, löst sich allmählich aus den Fesseln der Architektur los. An den reichen Chor- gestühlen,alsosogaranKirchenmöbeln, zeigt es sich; auch in der Schweiz wurden herrliche Werke dieserGattung hervorgebracht. Besonders charakteristisch ist aber das Ulmer Gestühl des Jörg Syrlin von 1469, weil daselbst der Meister sich selber dargestellt hat, voller Stolz sich und sein Werk der Nachwelt weisend. Es ist die erste ÄusserungdesKünstlerbewusstseins im Sinne der Renaissance;eine profane Idee. Dies Gefühl hat in Vischers Selbstbildnis am Sebaldusgrabseinen grossartigsten Ausdruckauf deutschem Boden gefunden, eine Erscheinung, welche allein schon in dem Streite, ob Vischer nur Giesser oder auch er- findender Künstler war, die Entschei- dung hätte nahe legen sollen. Überall, wo dieser wilde Dekorationsstil die starre gothische Form nicht zu verhüllen, beleben und um- zugestaltenvermochte, war sie einer traurigen Verknöcherung in geometrischen Konstruktionen verfallen. Man siehtan diesenkalten, gequältenLinien, dass man es mit Stile zu thun hat. einem sterbenden Doch war die spätgothische Dekoration lebendig genug, um eine Fig. 2. *) Vgl.Lichtwark,Der Ornamentstich Teil einerMonstranz.Basler der deutschen Frührenaissance. Berlin 88. Goldschmiederisse. 6o Wiederbelebung diesesabsterbenden Körperswenigstenszu versuchen. Eine Folge davon war die eigentümlicheAstwerkarchitektur.Dieser letzte Versuch machte aber klar, wie äusserlich eine solche Belebung ausfiel und dassman das starreSchemazwar verkleiden, nie aber zu neuemLebenumgestalten könne. Die Grundformenbliebendieselben und traten noch schlimmerzu Tage und der Mangel an wachstumerzeugendem innerenLeben fiel um so mehr auf, als man eine Art blätterloseBäume aus den struktivenErzeugnissender Gothik bezeichnendgenugzu formen anfing.!) Der jähe Umschlagin dies Astsystemzeigt sich sehr schönin den BaslerGoldschmiedrissen.Es sind meist Entwürfe zu gothischen Monstranzen, von denensichviele in der hergebrachten Form halten, bis plötzlichdazwischen hinein bei einer alle Gliedersich in Astwerk auflösen,dassich aberder alten Konstruktion genauanbequemenmuss. (Fig.2.) EineArt von Übersättigung undErmüdung,die beidenVersuchen,durch fortgesetzte Steigerungder geometrischen Grundformen Xeues zu schaffen,eintrat, hat hier den letzten Ausweg zur Rettung aus dem zu Tode gehetztenSystem versucht. Sie war nur Schein. Dennochist seitherdasarchitektonischeSystemgebrochenund die Dekoration zu Macht gelangt. Sie erhält von nun an in den Künsten ihre führendeStellung,wasfür dasganzeXVI. Jahrhundert massgebend bleibt. Der Dekorationsstil In Frankreich und der Renaissance war im tiefsten den französischen Teilen vorbereitet. der Schweiz hat sich die Dekorationnicht sosehr zur gothischenZeit schonfrei gemacht. Die Werke der Kleinkunst,sie mögenmit noch so grossemReichtum ausgestattetsein, behaltenein zum grösstenTeil aus geometrischen Figuren bestehendes Masswerkornament.Durch eine letzte und gewaltsameWeiterbildungdes gothischenSystemsist auch hier noch der Flamboyantstil entstanden, der schon eine Art Schreinerstil ist. Zur Erklärung der verschiedenenArt, in der in Deutschland und Frankreichdie Gothik auslebt,kannich mir nicht versagen,die Worte einesmodernenfranzösischen Kunstgelehrtenheranzuziehen,die in ihrer Art klassisch sind. Paul Mantz dürfte in seinem Buche über Holbein2)in einerrhetorischen Wendungwider\Villen denUnterschied charakterisieren:que les Allemands,si bien douesqu'ils soient,ont Sakramentshäuschen in S. Oswaldin Zug, die Kapitaleim Arbon-Saal undeineFenster-Säule in Cberlingen.^Vergl.Fig. i.) ) Paul Mantz, HansHolbein Paris1879,Pag 54- Es war Weltmann noch vergönnt, den Wert diesesBuches festzunageln: Kunstchronik 1879. - 6i toujoursbesoinde la protectionde la nature".(!) Jedenfalls hat der Flamboyant allenatürlichen Bedingungen für einegedeihliche Entwicklung der Architektur missachtet. Es mag gewagtsein, in den Stilen stetsden Ausdruckder geistigenTendenzen einer Zeit wiederfindenzu wollen. Dennoch darf man in der gothischenArchitektur eine Analogie zur mittelalterlichen Hierarchie erblicken, deren Glanzzeit mit der höchsten Entfaltung des Stiles zusammenfällt.FrankreichsKunst drückt dies am deutlichsten aus. Frankreich hat immer Systeme. So tritt auch da, wo dasgothischeSystemerlischt,ein neuerStil als eine Begleiterscheinung des absoluten Königtumsauf, das die geistlicheMachtablöste. Von nun an wird die Kunst so sehr von der weltlichen Herrschaft abhängig, dassdie Stile die Namen der Könige erhalten Francois Premier bis Louis Seize. In Deutschland würde es niemandem einfallen, die Frührenaissance als »Stil Maximilian' zu bezeichnen. So hat noch unter der Herrschaft des grossenKorsen, nachdem doch alle Reste mittelalterlicher Autorität zerbrochen waren, die Kunst im Stile desEmpire so recht dasBestrebeneiner gewaltsamen \Yiederbelebung des römischen Imperiums wiedergespiegelt. Und in gleicher Weise erstarrt das gothische System und die Dekoration schüttelt seine Fesseln ab zu derselben Zeit, wo die Hierarchie ihre tötlichsten Stösseerhält, eine allgemeineBefreiung der Gedankenaus der Tyrannei der Scholastiksich geltend macht und ein weltlicher Sinn auf seine Befriedigung ausgeht. Und desgleichen herrscht in der erstenHälfte des XVI. Jahrhunderts und gerade da, wo die heftigsten Kämpfe ausgefochtenwerden, und alte und neue Gedanken sich befehden, auch auf dem Gebiete der Kunstformen ein heftigesStrebennach Neuem und eine krauseVerwirrung. Der Zusammenhangsolcher geistiger Strömungen mit den Formen und Erscheinungen auf dem Gebiete der Kunst lässt sich natürlich nicht im Einzelnen verfolgen; denn wo auch ein Um- schwung als Ganzeseinem tiefgegründetenGesetzefolgt, können doch seineEinzelerscheinungen noch vielfach äussernEinwirkungen und dem Zufalle unterliegen. So sieht man noch Jahrhundertelang an der gothischenGewöhnung festhalten. Es ist dies aber nur auf Gebieten der Fall, welchevon Korporationenabhängigsind, die, tief in einer abgelebten Zeit wurzelnd,einerunabwendbaren Erstarrungverfielen. 62 - Man wird es nicht verkennen, dass in der Emanzipation des Dekorationsstilsim XV. Jahrhundert die wichtigste Vorbedingung für das Auftreten der deutschen Renaissance, dieses absoluten Dekorations- stiles,gegebenist. Dennochwird hiedurchdie wirkliche Aufnahme von italienischen Formen noch nicht zur Notwendigkeit gemacht, wenn auch der Umschwungder Gegenstände in der Malereiund die neuauftretenden AnsprüchedesLebenseine völlige Neuerung selbst in der Formweit nahelegenmochten. Die bildendenKünste sind aber von rein äussern historischenUmständen ebensosehrabhängig, wie von diesen innerlich treibenden Kräften. Esist wahr, dassdie spätgothische DekorationstetsneueElemente ergrifi, dassüberhauptder ganzeZug der Zeit auf Neues gerichtet war.1) Trotzdem der spätgothische Dekorationsstilals solcherauch höhernAnsprüchengenügenkonnte, empfandman doch auch hier eine allmählicheErmattung. Es brauchte aber einen äussernAnstoss, um die Formen der italienischen Dekoration in die deutsche Kunst zu verpflanzen.Dann allerdingswar der Boden bis tief hinein vorbereitetgenug,dassdieNeuerungraschum sichgreifenmusste.Man lasseaber nicht aus den Augen, dasskeine Sehnsuchtaus der Gothik herauszukommen,wie sie Italien ergriffen hatte, den Norden erfüllte, dassdas Publikum im Gegenteil teilnahmsloswar und die bildenden Künstler seine gesteigerten Ansprüche auch in der Gothik durch einen lebhaften Dekorationsstil decken konnten. Dass es hiebei aber nicht blieb, floss aus der direkten Berührung mit Italien. Der Verkehr mit dem Südenwar lebhaftgeworden,und wenn auch das deutschereisendePublikum für die dortigen Kunstzustände wenig Verständniszeigte, so fingen doch immer häufiger die Künstler selber das Wandern an. Für diese Verhältnisse den ersten historischen Teil berufen. kann ich mich auf Ich habe auch dort schon er- wähnt, dassgeradestarkedeutscheKünstler, deren Hauptkraftnicht nur auf demGebietedesOrnamentslag, sich zwar von ItaliensGeist berührtzeigten,seineornamentale Formensprache aberlangeZeit ablehnten. Es ist merkwürdig,dassauch,ausserden wenigenSpuren bei Memling,bei denniederländischen Quattrocentisten keinAnklang an die Renaissance im Ornamentalensich findet, obwohl viele, wie Roger,in Italien gemalthaben. DieseÖlmaler waren da im höchsten Grade geschätztund erschienensomit als die GebendenA'gl die pag. 28 zitierten Worte Dürers. italienische Kunstweisewar vom praktischenStandpunkteaus für sie keineswegs erstrebenswert. Endlich aber konnte der Norden nicht länger widerstehn. Ein Hauptanstosslag in den vervielfältigendenKünsten, vor allen im Buchdruck,dessen Einflussnicht hoch genugangeschlagen werdenkann. Deutschehaben den Buchdruckin Italien eingeführt und mussten sich da dem italienischenGeschmackeanpassen. Anfangs war aller- dings dieAusstattungder Büchersehr einfachund es ist fraglich, ob Italienerzur Hilfe herbeigezogen wurden, oder ob die Deutschenallein den Dienst versahen. Man sparte anfänglich für eine von Hand gezeichnete Illumination der Bücher den Raum aus. Ratdolt hat in den siebzigerJahren in Venedig gedruckt1)und nachher seit 1486 in Augsburg seine Offizin weitergeführt. Doch vermochtedie in Italienangenommene Kunstweisesich in Deutschland noch nicht zu halten, und so kann man auch diesem direkten Verkehr deutscherBuchdrucker mit Italien keinen sehr grossen Einfluss zuschreiben. Wichtig war erst das häufige Vorkommen italienischer Drucke in deutschem Gebiete, wodurch den deutschen Zeichnern die Vorlagen gleichsam auf den Tisch gelegt wurden. Eine reichere Dekoration der Titelblätter kam aber auch in Oberitalien erst in den neunzigerJahrenund besonders mit demBeginndesXVI. Jahrhunderts auf. Man sieht hier deutlich genug, dass man in Deutschlandwartet, bis Italien denBuchdruckso weit ausgebildet hat. Hier ist die eigentlichste Quelle der deutschenRenaissance.XTur die rascheVerbreitung solcher Werke und ihre grosseZahl machte es möglich, dass in so kurzer Zeit die Neuerung an allen Enden des Reichs zugleich auftauchte. Auch das deutschegebildetePublikum interessiertesich für diese vollendeten Drucke, besondersdes Aldus; man verfolgte mit Spannungdie Fortschritte der Technik und so auch der Kunst.2] Nicht nur die italienischenBücher, sondernauch die prachtvollenDrucke der grossendeutschenZentren nahmenbald dieseStellung ein und verbreitetenden neuenGeschmackerst recht im ganzenLande. Dies J) Vergl. für die Geschichte des Buchdrucks: Butsch, Die Bücherornamentik der Renaissance 1878.-- Besonders für Italien: Lippmann,Der italienischeHolzschnittim XV. Jahrhundert,erschien:Jahrbuchder K. Preuss.Kunstsammlungen Bd. V. und als Buch vermehrt. Art of wood engraving in Italy in the XV ^ Century, 1888, und Henri Delaborde, Gravüre en Italic, Paris 1882. 2 In welcherWeise venezianische Drucke in die Schweizimportiertund da begehrtwurden,lehrt ein Brief desGlareanan Zwingli v. 1516 zitiertbei Stockmeyer und Reber a. a. O. p. 86. 6-4 verlieh der deutschenRenaissanceeinen so eigentümlichen spontanen Charakter; die Deutschensahensich von den Italienern in ihrer eigenen Druckerkunst übertreffen und eilten, ihnen nachzukommen. Und trotz der anfänglichengrossenZurückhaltungist binnen 20 Jahrennicht der gothischeGeist, aber die gothischeForm hier überwunden. Denn da hatte sich das fremde Element mit der deutschen Erfindungverbundenund erhielt auch von Anfang an durch grosse deutscheKünstler ein nationalesGepräge. Ich habe weiter oben dieses Auftreten der Renaissance eine Mode genanntund dieserAusdruckbedarfhier umsomehreinerErläuterung, als ich daraufhinwies, welche tiefgehendenStrömungenin der Kunst zwar nicht geradezuauf die Renaissance hindrängten,aber doch ihr Auftreten als einen natürlichen weitern Schritt, als eine folgerichtige Kunstentwicklung erscheinenlassen. Die neuen Formen traten nun aberplötzlichmit einer Vehemenzauf, welche das innere Bedürfnis weit überstiegund somit sind sie eine Mode geworden. Der hinsterbendenArchitektur aufzuhelfen, vermochten ja auch sie nicht. Man muss dabei bleiben, den Wert einer solchen kunsthistorischen Erscheinungmit den Augen eines zeitgenössischen Künstlers zu betrachten, der nicht aus Ideenarmut auf das Neue gierig sich stürzt, wie die schwächereschöpferischeKraft oder das grosse Publikum, sondernderin seinemGeistealle Erscheinungsformen derKunst fassen, behandelnund abwägenkann. Und solchenKünstlern gegenüber, die ihre Selbständigkeit wie Dürer und Holbein gewahrt haben,ist die Renaissance immerhin als eine Mode aufgetreten. Wanderndeitalienische Meister,wie siein Augsburgund Krakau beschäftigt wurden,thatendasihrigezur Verbreitung derRenaissanceformen in Deutschland.Die ganzeAusdehnungder Renaissance er- scheintaberalsein Spiel desZufalls,da nur seltendie Einführung systematisch betriebenwurde. Im folgendenwerdendie Motive und Elemente,welcheman ausItalienentlehnte,nochnäher zu betrachten sein. Und wenn man denn da, so weit es unserMaterial heute noch zulässt,demEinzelnennachgeht,so wird man teils in der mehr oder wenigerfrühenAufnahmeeinerForm und ihrer mehroderweniger grossen Beliebtheit hie undda zu erkennen vermögen, dassnicht ausschliesslich ein blinderZufallseinSpielgetrieben. IT. Kapitel. Der Charakter der nordischen Renaissance. Dass die deutsche Renaissance ein reiner Dekorationsstil ist, habe ich von Anfang an betonen müssen, nachdem ich die wenigen Gebiete, auf denen der italienischeRenaissancegeist die deutscheKunst und insbesondere die Malerei berührt hat, erwähnt hatte. Warum aber die Renaissance diesen Charakter hat annehmen müssen, wird aus dem Vorhergehendenklar geworden sein. Da man aber den neuen Zierstil nicht als Ganzeserstrebte, son- dern seine Elemente bei ihrer grossenFülle und leichten Verwendbarkeit nur zur Befriedigung des immer reger werdendendekorativen Bedürfnissesbenutzte, so müssen die Werke dieserPeriode notwendig den Charakter des Unfertigen, des Gemischtentragen. Die deutsche Renaissanceentsteht erst allmählich positiver aus dieser Mischung heraus, erst nachdem die verschiedenen Elemente sich vermählt und so ein einheitliches Geprägeangenommen. Was aus einem solchen Wunsche nach Bewegung und Neuheit, nach Reichtum hervorgegangen, musste auch diese Züge an sich tragen. So ist denn die Dekoration dieser Zeit im höchsten Grade reich, frisch bis zur Aus- gelassenheit;Altes und Neues thut sich zusammen, wo man keine bindenden Regeln kennt. Dochwar dieÜberlegenheit der Renaissancedekoration zu einleuchtend,derWunschendlich,siein richtigerWeisezu verwerten,bald zu entschieden, als dassman nicht hätte anfangensollen,die Erinnerung an die altertümlichenund hier im eigentlichen Sinnealtmodisch gewordenenZierformenauszumerzen.Nur wo sich die Gewöhnung der Hand in der Schaffungder alten Form hartnäckigerzeigt als die AbsichtdesKünstlers,halten dieseMischwerkelängereZeit vor. Die 5 66 " ste Kraft der Spätgothikhatte im Laubwerkgelegen. Hier ist denn auch die nordischeHand am konservativsten.DiejenigenMeister, welche noch jene reichverschlungenen, zackigenund runden Blattgewirregezeichnethatten, konnten sich nur schwer an dasklare, stetsin der plastischenAnwendungpräzisierteLaubwerk der Renaissancegewöhnen,und so zeigendie Blätterwie Akanthusu. dgl. noch völlig gothischeBehandlung,wo Kandelaberund Säulenund andere ungewohnteElementeschonmit einer gewissenSchärfegegeben sind. Der naturalisierende Zug der Spätgothikversuchtes, die strengstilisierten Formen desRenaissanceornamentes wieder zurückzugestalten.'J Aber auch da, wo das Bemühen, sich der italienischenForm ganzzu nähern,mit Erfolg gekrönt war, blieb, wenigstensbei den im Kunstgewerbeangewandten Formen,die Mischungbestehen.Das Ornamentalekann in reinem Renaissancegeschmack gehalten sein, die Grundform aber des Gerätes oder Möbels bleibt die althergebrachte, gothische. PraktischeRücksichten hatten für dasganzeKunsthandwerkfeste Typen ausgebildet, welche man nicht mehr aufgebenkonnte. Und so besitzt denn das Möbel stets die Reminiscenz an die alte Konstruk- tion, während nur das rein Dekorative daran dem neuen Geschmacke huldigt. Es ist natürlich, dass die hauptsächlichstenCharakterzügeeines Stils sich aus der Art und Weise seineserstenAuftretens ergebenund dass,wenn auch allmählich äussereund innere Wirkungen die Formen umgestalten, sich doch diese ersten Züge nicht mehr werden ver- verleugnenkönnen. Die VerpflanzungdesRenaissancestils nachdem Norden ging ohne jede Spur von akademischerAbsicht vor sich. Es ist stets die individuelle Arbeit des einzelnenKünstlersdabei wirksam, nirgendseine Absichtauf durchgehendsystematische Behandlungdes Fremden. Da aber dieseBemühungender Einzelnenbald alle die gleicheRichtungeinschlagen,ist es erstaunlich,dass so langekein eigentliches Lehrbuchfür dasNeue entstandund dassein jeder aufs Geratewohlbei seinenArbeiten verfuhr. Die individuelleMannig- faltigkeitwurde dadurchnur gesteigert;aus derselben Quelle aber entspringenauch die zahllosenunverstandenenund beinahesinnlosen Anwendungen der neuen Form. l) Bezeichnenddafür die Umrahmungender Apostelfolgedes Kranach, Bartsch 21- 27. Einen schönen Naturalismus finden \vir auch in Italien bei den frühen Quattrocentisten. - 67 - Man könnte den Umstand, dass die Bewegung des Stilwandels erst spät sich laut proklamiert und zu einer wissenschaftlich theoretischengemachtwurde, darauserklärenwollen,dassderdeutscheGeist, damalsgeradein einer seinergrösstennationalen Äusserungen bebegriffen und das Nationale aufs schärfstebetonend, eine grundsätzliche Annahme der fremden Kunstweise ablehnen musste. Mag auch diese Denkart mitgewirkt haben, besondersden italienischen Baustil auszuschliessen, so waren doch auch hier die rein praktischenHinder- nissejedenfallsviel gewichtiger;Kunst und Wissenschaft hatten eben noch kein Bindeglied gefunden. Die niederländische Renaissance trägt allerdingsvon Anfang an einen ausgesprochener akademischen Charakter und das absichtliche Italienisieren bleibt auch da vorherrschender als in Deutschland. So ist es bezeichnend,dass bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts wohl die Niederländer, nicht aber die Deutschen italienische Stiche direkt kopierten.1] In Deutschland tritt diese volle Aufnahme des Fremden um seiner eigenen Vollendung willen erst mit der gelehrten Strömung ein, welche die Ausbildung der Künste seit den Theoretikern Durch leitet. den internationalen Verkehr waren immerhin die nationalen Tendenzen wenigstens auf dem Gebiete der Sitten und der äussern Lebensgewohnheitstark zurückgedrängtworden. Das »Fremde«erhielt die Reize, die es heute noch überall und vornehmlich in Deutschland ausübt. So unterlagendie dekorativenKünste als AusrlusseinesLebensbedürfnissesdieseninternationalenEinwirkungen am ehesten. Die antirömische Tendenz konnte für ein Gebiet, das in solchem Masse mit praktischenFaktoren zu rechnenhat, keine besondereGeltung erlangen. In Italien war die Scheidungvon Renaissanceund Gothik von Anfang an eine klar bewusste.2) Die Renaissancetrat gleich so mächtig auf, dass die ganze Nation teilnahm, sie war eine nationale Demonstration gegen die Gothik. In Deutschland dagegen konnten solche Kräfte auch im ungekehrten Sinne nicht mitwirken. Am ehestenähneln die Erscheinungenin Oberitalien denen dies- seitsder Alpen. Auch hier war die Renaissance zuerst ein Ereignis auf dem Gebiete der höhern Dekoration. Auch hier stösst man da- her hie und da auf Werke einesMischstils.3)Diese oberitalienische *) Die Hopfer, dieseKopistennaturen 'par excellence,machenam ehesten eine Ausnahme. 2) Vgl. J. Burckhardt, Renaissancein Italien, § 22 und 24. Ygl. oben. 68 Renaissance und hauptsächlich die von Venedighat die Neuerungin Deutschland hervorgerufen. Hier waren die grossen Druckereien, derenEinfiussobenbesprochen wurde, hier und in denbenachbarten Städten lebten auch die Stecher,deren ornamentaleErfindungen nicht nur die ähnliche Produktion deutscher Künstler, sondern das allgemeine deutsche Kunstschaffen beeinrlussten. Der Ornamentstich hatte sich hier in grossemMasstabeentwickelt und prächtigeWerke erzeugt. Der deutscheStich war seit Schongauerund Dürer in technischer Hinsicht dem italienischenüberlegen und wenn die Deutschen die Kenntnis der italienischenKunst zu einemgrossenTeile diesem verdankten,so studiertenhinwider die Italiener an den nordischenEr- zeugnissen.Nicht allein die Technik zog siean. So stammtdie DarstellungdesLiebesgartens auseinernordischen Anregung.1)Die Nachstiche von Dürers Werken sind bekannt geworden,Robetta giebt seinem »Adam und Eva-<einen landschaftlichen Hintergrund nach Dürer. Es wirkte dabei weniger die Absicht, zu täuschen,als eine innige Verehrung der nordischen Kunst mit. Nicoletto da Modena hat (Bartsch3) ein Schongauersches Blatt (B. 4) nachgestochen und diese schlichten Gestalten mit einer schönen Renaissance-Architektur umgeben. Wohl das erstemal, dass italienischer und deutscherGeist sich so auf einemWerke zusammenfanden.2) Dadurch aber, dass die zeichnenden Künste beinahe ausschliess- lich die Vermittlungübernehmen,wird der ganzeCharakterder nordischenRenaissance beeinflusst.Die Ornamentekommen oft ganz um ihrer selbstwillen im italienischenund späterim deutschen Ornamentstichvor; es tritt das Interesseein für die Form als solche.3) In der praktischenAnwendung haben darauf dieseMotive ihre Weiter- bildungerfahren;stetszuerstin denzeichnenden Künsten.4)Die Klein') Vgl. Lehrs im Jahrbuchder K. Preuss.Kunstsammlungen XII. *) Lippmann, »Der Kupferstich«,1893,erwähnt p. 69 eine Kopie nach Schongauer(B.65) und einenStich mit Anklängenan einDürerschesMotiv. Ob die neuesteForschungdas besprochene Blatt (B. 3) anerkennt,vermagich nicht zu sagen. Auf alle Fälle ist es für unsern Fall charakteristisch und dürfte um ca. 1500 entstanden sein. *) Dies schon seit Schongauer.Vgl. oben. *) Eine höchst geistvolleCharakterisierung desWesensder vervielfältigenden Verfahren,welche auch für uns wichtig und erläuternd ist, bei Schnaasc, Geschichteder bildendenKünsteim XV. saec. Herausgegeben als VIII. Bd. von Lübke 1879p. joo, Anmerkung. 69 künste übernehmen das Ornament erst nach und nach, es wird ihnen durch die Zeichnungzugeführt. So wird diesFrührenaissance-Ornament, das nicht durch eine Gattung der Kunst aufgebracht wird, welche die stoffliche Seitebetont, gewissermassen stofflos, eserscheint nicht an das Material gebunden und wird durch dasselbeso gut wie nicht modifiziert. Es ist ein abstraktes Ornament, das sich nicht aus den verschiedenenTechniken ergeben hat. Alle Formen des Frührenaissancestiles in ihrer Anwendung auf das Kunstgewerbesind, wo sie nicht einer innigem Verbindung mit dem italienischen Kunstgeiste entstammen,nur eine vorübergehende Erscheinungin der deutschenKunst. SeineneigentlichenAusdruck findet das Prinzip der Stoffverachtung erst im Rollwerk, in dessen Formendie ganzenordischeOrnamentikneu auflebt. Das Rollwerk ist, von dieserSeite betrachtet,das konsequenteErgebnis und die Steigerungdes Charaktersder deutschenRenaissance. DasMotiv des Rollwerks, auf einen plastischenStoff zurückgehend,behältseineplastische Natur auch in der Zeichenkunst unbeirrt bei, ohne sich z. B. zu den der Flächendekorationangemesseneren Formen einer reicher ausgebildetenMaureskezurückzufinden;ja sogargeradein der zeichnenden Kunst wird esam plastischstengebildet. Den deutlichstenAusdruck aber derVerwirrung,welcheinfolgedesgrossenÜbergewichtes desgezeichnetenOrnamentesin der praktischenAnwendung eintrat,liefert daseigentümliche Schmiede-oder Eisenornament,dasetwas später als dasRollwerk sich ausbildete und das aus einer bestimmten Technik hervor- gehende und durch sie bedingte Muster nun auf alle ändern Stoffe überträgt. Die zeichnendenKünste alsobestimmendurch diesenGrundton bis weit hinaus den Charakter der Dekoration, indem sie ihr die Stoffverachtung so sehr zur Natur machen, dass nicht nur das in unbestimmtem StoffegedachteOrnamentauf allesübertragen,sondern auch dasResultateiner ganz begrenztenTechnik in gleicherWeise verwendet wird. Es liegt im Wesen der Dekoration, immer mehr auf das Malerische hinzuarbeiten. Und so muss sie denn in der zeichnenden Kunst, in welchersie durch technische Schwierigkeiten am wenigsten gehindertist, ihre Entwicklungzuerst durchmachen.Die ungewöhnlich aufblühendeKleinkunst hielt darauf mit der Malereigleichen Schritt, nahm die Formbildung unter ihre Leitung und dehnteihre Herrschaft sogar auf die architektonischeDekoration aus. Von da an giebtim Nordendie Architekturihre führendeStellungauf und wird von den dekorativenKünstenabhängig.Es bleibt dies Verhältnis für das ganzeXVI. Jahrhundert bestehen.1) In den zeichnenden Künsten also tritt bei uns die Renaissance auf. Von den architektonischenGesetzen völlig entbunden, ergeht sie sich da in ihrer Freiheit. Und wo auch wie z. B. in den Epitaphformen von den Zeichnern der Architektur entstammende Formen als Dekorationsmotivübernommen \verden, ist die bewussteBefreiung Auchhier gehütetund bildetdie kühnstenAuswüchse,2) indemimmer die malerische Freiheit betont wird. Es sind nicht nur unverstandene Formen,wenn sich die Architekturenin so freie Bildungenauflösen, sondern die malerischeDekoration will ihr Recht. Und gerade Hol- bein, der doch für eine strengereArchitektur das grössteVerständnis besass,der überdiesdas Organische des neuen Stils wie kein anderer erfassteund innerlich verstand, löst dennoch Stützen und Bogen in Ornamente auf und verfolgt an ihrem Ort ausschliesslichdie malerischeAbsicht,derenBerechtigunger denn auch in vollendetenWerken klarlegt. Die in dem zeichnende Kunst monumentalen hat Rahmen so des Epitaphs von Anfang an ein architektonisches Element übernommen; in einer reichen und willkürlichen Ausbildungdesselbenaberden Barock in der Dekoration eingeleitet. Als aber die Kleinkünste und besonders die Tischlerei, um die Mitte desJahrhunderts unter einer wissenschaftlich- theoretischen Leitung immer mehr wieder Froschauer, Foliobibel von an architektonische Formen sich anzulehnenbeginnenund ähnlich wie in der Gothik eine Architektur im kleinenzu werdendrohen,hat die zeichnende Kunst glücklich im Kartuschenstil,diesemHauptelementeder barockenDekoration, sichso weit ausgebildet, dasssie mit seinerHilfe siegreich kämpft. Und sogarschonehe die klassizierende Richtung (parallelder vitruvianischenAkademievon Rom) in Deutschlanddie strengereArchitektur ') Vgl. Semper, Der Stil II. Aufl. II. g§ 157, 158, 159. (jcrade \veil dies architektonische Motiv nicht in der Architektur angewandt \vurde, wird sich die Dekoration auch hier ihrer Unabhängigkeit bewusst. Italiens bekannt gemachthat, bildet die zeichnendeKunst Formen wie z. B. die gewundene Kompositasäule. Zuersterscheintsienur als dekoratives,dannabersogarals tragendes Glied einesarchitektonischen Raumes.1)Aber erst etwa 50 Jahre späterbeginntsie die Kleinkunst zu überfluten und dringt sogar in monumentale Werke ein.2) So ist in der zeichnenden Kunst die Befreiung und Entfaltung der Dekoration schaft und deren schliessliche Herr- bis in Detailformen hinein un- gefähr 50 Jahre vor ihrer praktischen Anwendung belegt. Für beinahe alle neuen Motive besitzt die Zeichnung die Priorität. Dagegen macht die Herme eine Ausnahme. Sie scheint doch nicht rein eine unabhängigemalerische Erfindung zu sein; sie ist vielmehr wiederum direkt entlehnt Fig. 4. Froschauer, Foliobibel von 1543 aus der aus- ländischen Kunst, aus einem dem Monumentalen näher gelegenen Gebiete, und erst nach und nach wird sie bei uns zum rein orna- mentalenGliede umgestaltet.Wenn sich auch hier die zeichnende Kunst wieder an die monumentale anlehnt, so entwickelt doch sie auch diese Form zuerst. Mit Holbein beginnend tritt die Herme im Norden ihre Siegeslaufbahndurch die Dekoration an. In denjenigen ZweigenderKunst,welchealsdirekteSchöpfungen des zeichnenden Künstlers entstanden, bildete sich also die ganze deutsche Renaissance vor. So konnten sich auch auf dem Gebiete der KleinkunstkeineneuenTypenbilden,bevorderzeichnende Künstler solchezu entwerfenbegann. Es können liier nur Werke in Betracht kommen,die als Vorlagen geschaffenwurden; was die Maler sonst 1 Froscluuers Foliobibel von 1545. Bild zur Verkündigung von Johannes d. T. Geburt. Besondersdie Architekturen der Illustrationen dieser Ausgabe sind höchst bemerkenswert. Froschauer scheint ununterbrochen Zeichner besoldet zu haben, da auch in den dreister Jahren keine Verminderung der Illustration eintritt. Der Illustratorlehnt sich an Dürer und Holbein an, eine Datierungergiebt sich annäherndaus demKostümauf der Predigt desTäufersvon ca. 1540. Es dürfte übrigensderselbeKünstlersein, der schon 1531den grossenTitel zeichnete,der von diesemJahre an in einer langenReihe von Ausgabenerscheint.(Fig. 3 u. 4.; *) Zum erstenmalam Tabernakelvon St.Peter. Vgl. \\~olftlin,Renaissance und Barock, p. 47 72 - auf ihren Gemäldenund Zeichnungenan Hausgeräteneuen Stiles hervorbringen, trägt meist einendurchausidealenCharakterund wäre wenig zur Ausführunggeeignetgewesen. Die wenigenMeister,die in der ersten Periode der deutschen Renaissance für das Handwerk arbeitetenhat Lichtwark zusammengestellt und behandelt.1)Für die Schweiz kommt die Sammlungder Basler »Goldschmiederisse« in Frage. Wie der Name beweist, beschäftigensich auch dieseVor- lagen,wie die meistender deutschen Frührenaissance mit Metallarbeiten. Möbel finden sich nur wenige. Ein Bett (Abb. Lübke),2) ein Stuhl und wenig mehr. Werke, bei denendos dekorativeDetail in Übereinstimmung mit dem allgemeinenPrinzip erfunden wurde, diese eigentlichenTypen der deutschen Renaissance,sind im Kunsthandwerk in dieserfrühen Zeit noch selten und fast ganz auf die zeichnende Kunst beschränkt. Die meisten Erzeugnisseder Tischlerei änderten das gothische Prinzip nicht und behandeltennur die rein dekorativen Teile der Neuerung gemäss. SolcheArbeiten des Mischstils, in denen sich der alte Typus nur äusserlich mit neuen Formen schmückt, sind oft von hohem Interesse. Denn der Handwerker, der das aus dem zeichnerischen Stil übernommene Ornament in seinem Stofie auszudrücken hatte, musste sich über seine Bedeutung oft mehr Rechenschaft geben als der leichter arbeitende,aber darum auch oft gedankenlosere Zeichner. Es befindet sich im Besitze des Landesmuseumsin Zürich3) ein Schrank, der 1523 datiert ist und sich noch ganz im gothischen Typus hält. Bei der Anwendung desOrnaments ist der Arbeiter mit viel Verstand vorgegangen. So verwendet er für die vertikalen GliederdasKandelabermotivder Renaissancedekoration, für die horizontalen aber noch die gothischeSchleichranke. Obgleich die Kandelaber- form dem Schreinerkaum geläufig ist, muss ihm ein feinesnaives Gefühl doch den Wert derselbenfür eine solcheAnwendungklar gemacht haben. Das gothischeLaubwerk aber hat einen kriechenden Charakter; man gab ihm deshalboft und besondersauch bei vertikaler Anwendungeinen Stab, um den es sich spiralförmigrankte, jedenfalls in der Absicht,ihm für das Auge einen Halt zu geben.4) Nun l) Lichtwark a. a. O., Abschnitte Möbel, Hopfer, Flötner. *) Lübke, Deutsche Renaissance,II. Aufl. I, p. 97. 3 Tafel I. Die Mittelfelder sind neu. *) Vgl. als Beispiel:SchrankausLüneburg,Seemanns BilderbogenNo. 155. Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Schrank von 1523. Zürich, Tafel I Landesmuseum. ilt F. Bruckmann A.-G., München - 73 bringt hier der Meister die Kandelaberform. Man kann kaum annehmen, dass er dies nur that, um der Mode seiner Zeit genug zu thun, denn er gestaltetdie Renaissanceform nach gothischerWeise so sehr um, dass sie kaum mehr als solche erkenntlich ist und die Absicht, sie als etwasNeues zu accentuierennicht mehr hervortritt.1) Hier ist also die Ornamentik an den konstruktiven Teilen an- gebracht, ebensohäufig aber findet man Renaissancefüllungenam gothischen Möbel.2) Diese Mischung der Stile, dies Ablehnen einer durchgehenden Änderungdes Prinzips,das man bis tief ins Jahrhundert hinein findet, ist doch nicht durchwegs als handwerkliches Ungeschick, als Zopf auszulegen. Der zeichnendeKünstler allerdings, welcher in der neuen Form Genüge fand und Neues gab um des Neuen willen, musste sich auf eine konsequente, einheitliche Ausbildung des Neuen verlegen. Der ausführendeKunsthandwerkeraber, der durch den innigen Umgang mit dem zu bildendenMaterial vielleicht oft tiefer in das Wesen und die Bedeutung der ornamentalenForm zu dringen vermag als der in idealemStoffe arbeitendeZeichner, mag oft geradezuaus einer künstlerischenAbsicht die verschiedenenStile vermengt haben, da ihm ja auch der neue Stil nirgendsals ein Ganzes entgegentrat und ihn somit nichts zum Purismus verpflichtete. Man stehtbeidiesen naivenÄusserungen desKunstgefühls sozusagen einem elementarenGesetzedes ornamentalen Stils gegenüber,das sich nicht an eine speziellehistorische Form gebunden fühlt. In diesem Sinne gewinnen solche //unreine?.Werke ein erhöhtes Interesse, wenn sie auch selten freilich diese Höhe erreichen, sondern oft genug nur die Zeugen von Gedankenlosigkeitund Unverstand sind. Die häufige flache Behandlung der Reliefs zur Zeit der Frührenaissancedürfte eine weitere Folge des Umstandes sein, dass die Ornamentik meist nur aus unplastischenZeichnungen bekannt war,3) beruht aber nebenbei auf dem Fortleben einer gothischen Technik. Das Flachrelief der Spätgothik stand aber in engster Verbindung mit der Malerei, ist überhaupt nur bemalt zu denken. Das Relief hebt nur den Nachdruck des malerischen Schmuckes, ist allein ein Hilfsmittel *) Envas vorgerückter und nicht minder interessant der im Museum von Luzern deponierte,ebenfallsdem Landesmuseum gehörendeSchrank. 2) Der NordenDeutschlands, der im OrnamentstichvortrefflicheVorlagen besass,verwendet die Renaissancefüllungbesonderszahlreich. Vgl. Springer,Bilder zur neuernKunstgeschichte, DeutscheBaukunstim XVI- Jahrhundert. 74 der Malerei. Diese hatte es denn auch in solchen dekorativen Arbeiten zu einer seither unerreichten Vollendung gebracht. Die Bemalung desgothischen Möbelswar ganzallgemeinund auchdie freigeschnitzten Ziermotive werden auf eine farbige Unterlage gesetzt. In den ersten Übergangswerken zur Renaissance, welche,wie dieDeckevonLaupers\vyl (Bern)noch ganz im gothischen Flachreliefgehaltensind, ist die Bemalungan den alten und neuenMotiven gleichmassigbehandelt. Wenn abertrotzdem in der Renaissance die Buntheit bald verschwindet, so ist dies dochwohl nicht aus demselbenprinzipiellenVorgehenwie in der italienischenRenaissance zu erklären.!) Die Farbe ist der deutschen Renaissancean sich nicht zuwider; man versuchte die Bemalung anfänglich auch an Werken, welche schon bestimmten Renaissancecharakter trugen.2) So erhielt sogar die farbige Dekoration in der Glasmalereidurch die Renaissanceeinen neuen grossenAufschwung. Dass aber wenig unmittelbareBeziehungendesHandwerkerszu Italien bestanden,geht schon daraushervor, dass die deutscheRenaissance, als sie die gothischeBemalung allmählichfallen zu lassensich genötigt sah, nirgends die italienische Vergoldung des plastischenOrnaments auf farbigem(meistblauem)Grunde übernimmt, welche um die Wende desJahrhundertsin Italien eine so grosseRolle spielte. Die zeichnenden Künste aber vermittelten dies nicht und brachten in ihrer Farb- losigkeit auch kein neuesSystem der Bemalung auf, sodassdie neuen Formen, deren bunte flächenhafteBemalung nach gothischer Manier doch nicht wohl anging, ganz farblos gelassenwurden. Die Wert- schätzung desMaterials,auf welcheman durchdiesepraktischeXegation der Bemalung gewiesenwurde, trat denn auch bald als bedeutender Faktor mit ein. War die Buntheit der rein ornamentalen Glieder auch in Italien abgekommen,so wurden dafür doch kunstgewerbliche Gegenstände mit Malereiengeschmückt, die den Charakter von vollendetenKunst- werkenhatten; sie besetztendie Füllungen.3) In der Schweizfindet sich in Wettingen ein getäfeltesZimmer aus dem XVII. Jahrhundert mit Panneaux aus der Passion, früher wohl selten. 1 Die italienische Frührenaissanceliebt die Farbe, im Laufe der Entwicklung zum Klassischenaber verschwindet sie immer mehr, besondersdie dekorative Malerei am Möbel. : Z B. an den Wappen und Platbndschnitzereiendes Rathausesvon Aaiau 1520). Decke des SchirmvogteiamtesZürich. ") Vgl. dafür Kinkel, Mosaik IX. Diegemalten Tischplatten, welche sichausdergothischen Periode nochbis gegendieMittedesXVI. Jahrhunderts erhalten,sindimmerhin hier zu erwähnen,da alle oberdeutschen Charaktertragen. Holbein und Behamhabenwelchegeliefert,doch dürfte ihre Verbreitung klein gewesensein; ein Farbenspiel mit kostbarem Materialersetzte späterdiesesunpraktischeVerfahren.1) Die früheren Maler der deutschen Renaissance haben zum teil die Sitte der farbigenMarmorinkrustationVenedigsin ihre Gemälde aufgenommen. Am häufigsten kommenfarbigearchitektonische Glieder vor bei Altorfer, Schaffner und dem JüngernHolbein, in seiner noch von der augsburgischenKunst geleiteten ersten Periode. Der Handwerker war auch durch die Fülle der neuen Motive, welche, nach dem gothischen, immerhin etwasstereotyp gewordenen, Blattwerk die Aufmerksamkeit ganz absorbierten, zu sehr veranlasst, das rein Formale zu betonen. Bei der immer grösser werdenden Bedeutungderplastischen Form, welcheausderSteigerungdesdekorativen Elementesentstand, hei auch von selbst das bemalteFlachrelief rasch dahin.2) Das plastischeInteresse längt an, das malerischeabzulösen, und aus dem Zusammenwirkenaller dieserUmstände erklärt es sich, dass in so kurzer Zeit die Farbe ganz ausserGebrauch kam. Dass aber bei dem Wunscheeines jeden dekorativenStiJes,farbig3) zu erscheinen, die Farbe allmählich durch ein auf rein malerische Wirkung angelegtesplastisches Detail ersetztwerden muss und im Verlaufe von Hochrenaissanceund Barock richtig ersetzt wurde, habe ich weiter oben schon angeführt. Diesesplastische BedürfniserzeugtedennaucheineneueTypenbildung auf dem Gebieteder Tischlerei. Der spätgothische Stil hatte schon Typen hervorgebracht,in denen neben einer gewichtigeren ornamentalenFüllung auch die struktiven Teile des Möbels statt als blossesStabwerk auch als Ornamentbändergegebenwurden. ]i Kinkel, Mosaik X. 2) Ein hochinteressantes \Yerk des Übergangsist die Deckeaus dem Ötenbacher Kloster im Landesmuseum ,'.1520). Die Flachschnitzerei setzt sich aus gothischen und Renaissance-Motiven zusammen, nur der Grund ist bemalt und zwar schwarz. (Neuerdingsteilweise bemalt!) Das plastische Interesse ist an Stelle desmalerischengetreten;es ist eine Betonungdes Konturs. Vielleicht zeigt sich auch darin ein Einfluss der weiss-schwarzen PiListerfüllungender gleichzeitigen Buchtitel.Ähnliches an den Chorstühlen vonAarauundin Münster,Graubünden. s) Farbig ist hier auch für den blossenGegensatzvon Licht und Schatten gebraucht. Vgl. Wölfflin, Renaissance und Barock,p. 18, 21. Dies System kam somit der italienischenRenaissanceentgegen, welche es schon zur höchstenEntfaltung gebracht hatte.1) Es wurde so die Grundlageauchfür den neuenMöbeltypusder deutschenFrührenaissance.Neben der Füllung treten dekorierteLisenenauf. Die Neuerungaber,welchedurchdie Renaissance dazutratund dasWesen diesesfrühen Renaissancemöbels ausmacht,besteht darin, dassRahmen undFüllungin ein abgewogenes Verhältniszueinander gebrachtwerden, was die Gothik mit ihrer unbegrenzt wuchernden Flächendekoration noch nicht erreicht hatte.2) Man war liier auf dem bestenWege, als nach der Mitte desJahrhunderts die akademischeRichtung eine grössereAnlehnung an die architektonische Form der Renaissance aufbrachte. Auch schon die italienischeFrührenaissancehatte sich in Wandverkleidungenan die Architektur angelehnt. Dies Prinzip wurde im Norden für die Chor gestühlezuerstübernommen.3)Die akademisch-strenge Form löste sich aberbaldwiederauf, alsdieDekorationdesBarockhierzu wirken begann.4) Solangeaber die reiche und barocke Plastik das malerischeBedürfnis in der erstenHälfte desJahrhundertsnicht deckte, die Malerei aber doch schon abgekommenwar, musste man naturgemässeinen Ersatz in einer grösserenBerücksichtigungdes Materials rinden. Und hier trat denn eine italienische Dekorationsweise hilfreich in die Lücke, welche aus dem Material selber eine Art von Malerei schafft, die Intarsia oder das »welsche Getäfel . Die erstenSpuren diesesVerfahrens dürften für die Schweiz in Graubündenund Thurgau zu suchensein und zwar sind zuerstSternund Schachbrettmusterzum Schmuck der Lisenen verwandt.5] 1 Als Beispiel ein Schrank, abgeb. Semper, Stil II Aufl. II. p. 319. 3 Ein leicht zugängliches BeispieldiesesFrührenaissancetypus gibt Lübke, D. R. II Aurl. I, p. 93. Andere Beispiele im schweizerischenLandesmuseum. * Das Chorgestühlvon Bern 1523- 1525folgt ganzder italienischenAnlage, desgleichen die Gestühle unter den BaslerRissen, augsburgischenCharakters, deren eines, ausgeführt, sich im österreichischenMuseum zu Wien befinden soll. 4) Es mussals selbstverständlich gelten,dassdiesePrinzipienin der Praxis sich nicht ablösten und verdrängten, sie kommen zuletzt alle nebeneinandervor. Es gilt hier nur, sie voneinanderabzuleitenund so stetsihre Anfängezu beobachten. Einmal aufgenommen, gehensie in dem grossenGewirre unter. 5) Diese Muster finden sich mit gothischenMasswerkmotiven verbunden an einem Schrank von 1545 im germanischenMuseum zu Nürnberg (Nr. 1032) und einer Truhe (1064), welche aus Tirol zu stammen scheint. Ein gleichesStück im bayrischenNationalmuseum zu München. Den völlig gleichen Stil besitzt die Holzarbeit im Hause des Georg Supersaxoin Sitten (Wallis). Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Thür Berlin, aus Tafel II Schloss Haldenstein. K. ^Kunstgewerbemuseum. .1t F. Bruckmann A.-G.. München Man muss allerdingsdie Einführung der Intarsia im Norden zum grösstenTeile der italienischenMode zuschreiben;denn wenn sie auch einem grossen Bedürfnis der Dekoration entgegenkam, so entwickelte sie sich doch nicht von innen heraus, sondern nur ein äusserer Anstossweckte sie zum Leben. In Italien war der Übergang zur Intarsia ein ganz folgerichtiger Ersatz für die Malerei mit den Mitteln der Ebenisten;l) im Norden war die farbige Behandlung2)der Möbelschonausser Übungalsdie Intarsiaaufkam. Aber dasnordische Möbel hatte eben eine ähnlicheEntwicklung wie dasitalienischedurchgemacht und musste so bereitwilligst diesesitalienischeVerfahren aufnehmen. Wo in Italien die Absicht, Gemäldezu ersetzen,weniger deutlich verfolgt ist und die Intarsia als reines Dekorationsprinzipmit ihren eigenstenMitteln wirkt, wurde man von der Herstellung geometrischer Figuren aus verschiedenenHölzern bald auf diejenige von perspektivischen Ansichten geleitet, welche rasch eine ausserordentliche Vorherrschaftgewannen,da sie den technischenBedingungen so rein entstammten.3) Schon in Italien hatte man mit der Zunahme der technischen Geschicklichkeit die Intarsia nicht mehr als reines Ornament benutzt, sondern so die Absicht auf Täuschung damit verbunden. Ein gutes Beispiel dafür gibt die norentinischeBrauttruhe im bayrischenNationalmuseum, deren ganze Front sich in fingierte halboffene Schrankthüren und Schubfächer auflöst. Die technische Einfachheit der Her- stellung und die Freude, die neuentdecktenperspektivischenKunst- griffe zu verwerten, mögen bestimmenddaraufgewirkt haben, dass die deutscheIntarsia beinahe ausschliesslich diese Motive ergriff.4) Überdiessagte auch dieseArt dem deutschen Sinne, nicht rein dekorativ zu sein, sondern etwas zu fingieren, gewisseweitergehende ') Vgl. Jak. Burckhardt, Renaissancein Italien §§ 150, 151, 152 und Semper, Stil § 159- *) Es ist hier ein Stollenschrank im bayrischen Xationalmuseum zu er- wähnen,dessenRenaissancefüllung frei geschnitztund auf blauenGrund gesetzt ist. In Norddeutschlandhat sich die gothischeTradition überhauptsehr lange erhalten, die Berührung mit der Renaissanceist eine sehr äusserliche. 3) DieseArt der Dekoration mit perspektivischen Ansichten ist inhaltlich zu fern liegend, als dass nicht die Technik das erste Wort hier mitredete. 4 Wohl dasreichste BeispielistdasZimmerausSchloss Haldenstein v. 1548 (Berlin,Kunstgewerbemuseum). (Taf. II.) Fk 5. Truhe von 1567. Zürich, Landesmuseum. Vorstellungen hervorzurufen, ganzbesonders zu. Solcheperspektivische Städtebilderwaren als Füllungen besondersbeliebt zu der Zeit, wo sich die deutscheTischlerei sehr nahe an die antiken Ordnungen an- zulehnenbegann,und daher rindet man ihre reichsteVerwendung dort, \vo das Rahmenwerk sich in kühlklassischemStile halten will und die reichere Holzskulptur nicht zu Worte kommt. Ein ganz tüchtigesBeispieldafür bietetein Saalvon 1566 im Abtshofzu Wyl, wo die Wandverkleidung aus zwei Stockwerken schlichter Bogenstellungen besteht; die Intarsia aberin den Bögenund auf den Pilastern hervortritt.1) Diesearchitektonischen Formen wurden von der Wandverkleidung auf dos Möbel übertragen. Es ist dies weniger ein Wiederaufleben der gothischenTradition, als eineFolge davon, dass dasMöbel wieder grossund schwerund in engenZusammenhang mit der verkleideten Wand gebracht wurde. Selbstverständlich war der Wunsch, die Formen der italienischen Architektur, mit denen man nun durch theoretische Schriften und persönlicheAnschauungimmer mehr vertraut wurde, irgendwoanzuwenden. Da die monumentale Architektur Deutschlands hiezu keine Gelegenheitbot, musstees auf dem Gebietder Tischlereigeschehen. Im Besitze des Landesmuseums befindet sich eine Truhe von 1567 (die sechzigerJahre sind die klassischeZeit für diesen Stil), an der sich die architektonische Tendenz verbunden mit der Absicht auf Fiktion in Intarsia sehr deutlich zeigt. Die Front der Truhe ist mit 1 l .ine dickt Bemalung macht es unmöglich, den ganzen Umfang und Wert dieser Intarsien m bestimmen. Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Thür im ehemaligen Kloster Tänikon. Jt F. Bruckmann A.-G., München Tafel III - 79 - zwei Bogenstellungen versehen, eingelegte Lünettenin den Zwickeln erhöhen den Schein einer wirklichen Architektur und die Intarsien in denBogenötmungen erscheinen als Durchblickein eine Landschaft oder Stadt. (Fig. 5.) An ändernTruhen treten nicht seltenWappen an diese Stelle. Immerhin ist die eigentliche Intarsiadekoration von ArabeskenoderTrophäenund Stillebenanfänglichbedeutendseltener. Ein Motiv, das ganz der Intarsia entstammtund in Deutschland besondersdurch Flötner eine grossartigeAusbildungerhielt, ist die Maureske.1)Aber sie sogarist wohl nicht in demMassein die Praxis übergegangen, wie ihr prachtvollesLebenin der zeichnenden Kunst vermuten Hesse. Metall- und Lederarbeiten weisen sie häufiger auf. Eine der schönstenMischungen von Intarsia und Schnitzwerk aus der bestenZeit befindetsich an einemGetäfelin Tänikon (Thurgau). Während die fingierende Intarsiaarchitektur nur sehr spärlich an einzelnen Pilasterfronten wendet Pilaster ist, noch sind mit ver- andere schönen Frührenaissance-Motiven in Schnitzwerkgefüllt, in denen die Kartusche erst leise sich meldet. Die einzelnen Fül- lungen sind teilweise mit Intarsiengeschmückt,welche eineMischung von Rollwerk und Maureske enthalten; in anderenabergibt einevervollkommnete Technik hübsche Stilleben von Musikinstru- menten. (Taf. III.) Wo die Technik da- gegen versagte, findet sich die durch die Intarsia eingeführte und nur in ihr er- Fig. 6. Geschnitzter Schrankvon circa1550. träglicheperspektivische Ansichtauchdurch Schnitzerei wiedergegeben. Die Wirkung ist dann plump und bässlich. So an einem aus der süddeutschen Grenzgegend stammenden Schranke auf Gyrsberg.(Fig.6.) 1 Für die Geschichte dieses orientalischen Motivs vergleiche die vortreffliche Zusammenstellungbei Lichnvark, Ornamentstich p. 30 ff. 8o WegeneinesähnlichenVersagens der Intarsiatechnik scheinendie Propheten undHeiligenan denRückwänden desBernerChorgestühls, welche in dem italienischenVorbilde wohl als Intarsia gedacht waren und hier zu schwerwirken, in Schnitzereiübersetztworden zu sein. Sogreifendenndiebedeutendsten Eigenschaften, mit denender italienische Stil im Nordenerscheint, dieStofflosigkeit, die durch denzeichnerischen Stil bedingtwird, und die Farblosigkeit in ihren Wirkungenvielfachineinander,und eswird deutlich,wie sie die nordische Dekorationskunstin den Stil desBarock hineintreiben, in dem sieeigentlicherst zu ihrer höchstenund wahrstenEntfaltung kommt. Alles drängt darauf hin: der Charakter des deutschenKünstlers, welcherder strengenreinenForm sichverschliesst; der GeistderZeit, welcher eine mannigfaltigeund prunkvolle Gestaltungder Form befördert, und nicht zum kleinsten Teil die äusserenUmstände, die bei der Änderungder Dekorationsformmitthätig sind. Der Dekorationsstil der Gothik bereitet vor, es ist darin schon vielfach im Prinzipe ungesehen vorhanden,was dieAnnahmederneuenMotive begünstigt. Wie im einzelnen die Formen sich einiührten, bis die Neuerung im GeistedesNordensfestgewurzeltund heimisch,bis ein neuerStil darausgeworden war, wird nun noch zu betrachten sein. Tafel Schneeli,Renaissance i. d. Schweiz NikiausManuel, Glasbildentwurf. Basel. F. BruckniannA.-G., München IV IU. Kapitel. Die Motive und Prinzipien der neuen Dekoration. Was zu dieser eigentümlichen Entlehnung fremder, unter ganz anderen Verhältnissen entstandenen Kunstformen veranlasste, wird aus dem Vorhergehendenklar geworden sein. Von der Betrachtung des allgemein Formbedingenden hat man nun auf die der Form selber O O überzugehen. Denn es lohnt sich, diesen Formen und Motiven in ihrem Ursprung und ihrer Entwicklung und logischen oder verkehrten Anwendung nachzugehen,besondersda in dieser Periode zwar schon oft nach dem »was?«, nie aber mit der genügenden Beharrlichkeit nach dem warumr'< gefragt worden ist. Eine Antwort darauf aber ergibt sich nur aus der Folge der Formen einer aus der ändern. Das Ornament wird in gleicher Weise auf die verschiedenen Stoffe und Gebiete übertragen, die Verzierung ist überall dieselbeund auf allesangewandt. Durch diesenUmstandwird man naturgemäss auf die Betrachtungder vom Gegenstand losgelösten Form hingelenkt, dasInteressedafür in den Vordergrundgerückt. Die vorwiegende Betrachtungaber der Gerätenach der Ausbildungihrer Typen und ihrer technischenHerstellungmuss man als eine kulturgeschichtliche bezeichnen, da man ja doch die Beschreibung von Gerätschaften und Bräuchen Kulturgeschichte zu nennen sich gewöhnt hat. Die Umrahmung in der zeichnenden Kunst.1) Zum erstenmaleliefert die Renaissance ein fertigesMotiv, das ganzherübergenommen wird, für dieUmrahmung.Esist venvunder1 Ich wählefür dasFolgendemöglichstnaheliegende Beispiele, um eine leichte Beschaffungder Abbildungenzu ermöglichen.Rutsch,Die Buchornamentik der Keiuisvince, und Heite, B.isk-r und Zürcher Büchennarken werden daher am häufigsten zu zitieren sein. 82 lieh, dassdie Dekoration,die sich so entschieden von derArchitektur entfernt und in der Renaissanceso allen Zusammenhangmit der Architekturverlorenhatte, dennochdie erstenkonsequenter entlehnten Formen einem architektonischen Motiv entnahm. Man könnte dies für einen Zufall halten. Es war aber vollkommen natürlich, denn da die deutscheRenaissancefast allein aus dem Buchdruck schöpfte, nahm sie eben das hier so verbreitete architektonische Rahmenmotiv auf. Es bestand auch in der ornamentalen Kunst der Spätgothik geradehier das grössteBedürfnisnach einerNeuerung. Die zeichnende Kunst der Spätgothik brauchte nämlich ott einen Rahmen, welcher nicht nach der Art derjenigen in den meistenMiniaturen aus ornamentiertenBändern oder Leisten bestand, sondern ein, allerdings häufig ganz aufgelöstes,architektonischesGerüste besass. Auf Buchtiteln und Glasgemälden1) - die in der Schweizimmer mehr aufkamen - - rindet er sich besondersoft. Das Hauptstück ist dabeivon seitlichenStützenflankiertund mit einemBogennachoben abgeschlossen.Der spätgothischeNaturalismus hatte sich bemüht, das System immer mehr zu erleichtern. Die Laubgewinde nahmen hiebei einen hervorragenden Platz ein. Dennoch musste sich die Schwache dieser austollenden Dekoration hier zuerst bemerklich machen. Das allgemeine Umrahmungsprinziperstarrte, so wirr es sich zu gebärden suchte, man kam über die Auflösung des Tektonischen in krause vegetabilische Formen nicht hinaus und verlor dabei sogar oft noch die Form des Rahmens. Auch hier, wo man am ehestender Abwechslungbedurfte,waren derEntwicklungdesPrinzipsSchranken gesetzt.2)Man musstedaherdieÜberlegenheit desarchitektonischen Rahmens,der in Italien gebräuchlichwar, rasch einsehen,und so ergriff die nordische Kunst hier zuerst das italienische Element und nahm ein Motiv als Ganzes herüber. Die EntwicklungdesGlasgemäldes zeigt diesenÜbergang,obgleich er sich hier meist etwasspätervollzieht als im Buchdruck,insofern reiner, als das Schaffen dabei ein naiveresist. Erst mit der Renaissance und dem Strebennach vollendeterBehandlungder neuen Form wird dasGlasmalerhandwerk direkt vom gebildetenKünstlerabhängig. Wo aberderungebildete Glasmalerarbeitet,passter dasneue In jeder grösserenScheibensammlung \vird dieserTypus vertretensein; JASschweizerische Landesmuseum besitzteine ganzeReihevon ca. 1490-1515. '"' Schöne Beispiele finden sich Butsch, Tafeln 67, 68, 70, und Heitz, Basier Büchermarken,4, 5, 17, 22, 23. Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Tafel W WO A i I7~~ Basler Matrikelbuch T 1515. -r - 83 - tiv seinem Bedürfnis ansogutesgeht,während imBuchdruck schon sehrbalddieeigentliche italienische Rahmenform desEpitaphs zur Herr- schaft kommt.DasEpitaph isteinegeschlossene Form,welche einewillkürliche Behandlung vielmehrausschliesst, alsdaseinfache Rahmengerüst. DasGlasgemälde aber verlangtekeine so festeund als gefügtes Ganzes auftretende Form; derRahmen konntesichnachgothischer Traditionaufdasnotwendigste beschränken. DieFiguren oderWappen desMittelfeldes behalten denhergebrachten Grasboden, dieUmrahmung bestehtnur aus seitlichen Stützenund demBogen.(Vgl.Tat".R" Das ist also der direkteNachfolgerdes gothischen Rahmens nur mit Übersetzung desDetails;er tritt auchüberallda auf, wo er schonim spätgothischen DekorationsstilseineVerwendungfand. Alle StufenderRenaissanceentwicklung sindan diesem Rahmenin derGlasmalereibelegt.l) Für Buchtitel,welcheeineausgesparte Tafel brauchten, eignete sich dies einfacheRahmenmotiv nicht; es dient nur zur Einfas- sungirgendwelcher Kompositionen. Wappendarstellungen, wie im Buchdruck die Signete,2)und Heiligenbilderunterlagenden gleichenBedingungen wie die Glasgemäldeund verwandten den Rahmen daher häufig.3)An schweizerischen religiösenDarstellungenrindet er sich z. B. an ManuelsLukasbild von Bern (c. 1515), dann in sehr verschiedener Ausbildung an den Heiligenbildern im Hause Coraggioni in Luzern. Auch an einem alten Zuger Altar von 1519 (Rathaus Zug) wird die *) Beispiele: Scheibe von Sax, 1514, GermanischesMuseum. Die Scheiben von 1516 und 1517 im Rathaus von Stein, Madonnascheibevon 1520 im historischen Museum Basel. Schwarzmurerscheibe im Landesmuseum und unzählige andere in Museen und Privatbesitz. Von erhaltenen Rissen sind die von L rs Graf und Niclaus Manuel im Museum von Basel am -wichtigsten. Dann eine Zeichnung von Hans Leu, im Landesmuseum <aus Berlin . Die Scheiben von Wettingen, besonders die schönen Heiligenscheiben aus dem Holbeinschen Kreise gehören ebenfalls hierher. Die Scheiben von Hindelhank und Jegenstorf und anderer bcrnischer Dörfer gehören beinahe ausschliesslichdazu. 2 V L;!. Heitz, Basler Büchermarken Nr. 68, 91, 92, 94, 98. Zur Umrahmung religiöser Darstellungen kommt das Motiv vor in dem Missale von 1506. Venedig, wo es einen verblüffend deutschen Charakter tragt, die Figuren sich aber als italienisch ausweisen; dann auch in allen Livres d'heures des Simon Vostre, Jehan Pychon und Pigouchet von c. 1500-1515. Vgl. die Abbildungen bei Soleil, Les Heures gothiques, Rouen 1882. In Deutschland z. B. Holbein Weltmann 188 und W. 190 . Auch noch \V. 219 und 217. 3 Vgl. auch Basler Martrikelbuch, Blatt von 1515 Taf. V und das holbeinische von 1520 (Taf. VI,, wo ein mittelalterliches Motiv in Renaissanceübersetzt ist 6* Begrüssungvon Joachimund Anna durch die goldene Pforte derart eingerahmt. Auch in der praktischen Verwertung im KunstL'cwerbe löst er den gothischen Vorgangerab; meistenszur Umrahmung von Wappen und dergl. Die verschie- denen Wappendarstellungen in Aarau, welche 1520 für da .Rathausgefertigt wurden, "/eigenalle dieseUmrahmung, wo denn auch die Phantastik eler Formen die der Spätgothik noch übertrifft und das Grundmotiv des archi- tektonischen Bogens kaum mehr zur Geltung kommen Im historischen von Basel befindet Museum sich eine Erztafel mit den Wappen Erdmannsdorfund Eptingen, welche dasselbe Motiv auf- weist. Muli ,' bildentwurl Diese Art der Umrah- mung ist der gothischen Tradition gemäss und ohne Streben nach perspektivischerTiefe, höchstensdassdie Archivolte in der Untensichtdargestelltist. Dem entsprechend sind die Zwickel, die über dem Bogen entstehenmit unabhängigemOrnament oder mit Darstellungen versehen, die für sich Geltung haben und nicht dem architektonischen Gedanken sich unterordnen. Der Eintritt der perspektivischen Behandlung des baulichen Rahmens hängt mit der Aufnahme des strengern Epitaphmotivs zusammen. Das Epitaph ist die eigentliche monumentale Umrahmung im Sinne der italienischenRenaissancedekoration, es rahmt ein streng ausgespartesMittelstück auf allen vier Seiten ein, bezeichnet also keinen Durchgang, sondern ist Wanddekoration. Die Tafel Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Hans Holbein, Glasbildentwurf von 1520. Basel. alt F. Bruckmann A.-G., München VI durchlaufendeBasistritt als neuesElement zum hergebrachtenPrinzip hinzu.') Zwar ist die gewöhnlichethürartigeUmrahmunghäutiger,eine strengeAnwendungfindetdasEpitaphnur im Buchdruckund auch da hauptsächlichbei den Augsburgernund besonders Holbein.Doch erinnernauchdie wenigerkonsequent gebildetenarchitektonischen Rahmen der nordischen Renaissance sosehr an dieEpitaphformen,dassim weitem Sinne jeder RahmenEpitaphgenanntwerdenkann, falls er sich in etwasstrengererdekorativ-architektonischer Form hält. Wie der Name noch sagt, hat sich diesearchitektonischeLmrahmung in der dekorativen Plastik Italiens an den Grabmälern in monumentaler Weise gebildet. Nach J. Burckhardts Vermutung drang das Motiv in den Titelholzschnitt zuerst aus der Fassadenmalerei ein, wo es an den Fenstern Aufnahme gefunden.2) \ om monumentalenAltar weg mag es als Hausaltärchen und nachher gewöhnlicher Bilderrahmen für Madonnen-und andere Bilder seinen Einzug in das dem Privatleben dienendeKunstgewerbegehaltenhaben. Hier erhieltes jene zierlichenFormen,die es zur Übertragungaut den Buchtitel geeignet erscheinenHessen. Die Titeltafel bildet den Mittelpunkt der Komposition. Diese Epitapheimitieren meist kleine Monumente, welche aus Sockel,Stützen und oberm Abschluss bestanden und eine willkürlich reiche Gliederung erfahren konnten. Wie es schon in der monumentalen Form der grossenWandgräber geschehenwar, ergänzteman auch an den Titelschnitten diesekleinen Idealarchitekturenauf die Form des Oblongums, wodurch die eigentliche Triumphbogenform Aufnahme fand. Der Sockel bot Raum für eine figürliche Darstellung, \velche einen freien Gegenstand wählen oder sich auf den Inhalt des Bandes beziehen konnte;3) und nach der Weise der allegorischenGestalten an Grab- mälern wurden dem monumentalenGerüsteeinzelneFiguren oder kleine Gruppen beigegeben,\velche sich \vie Statuen dem baulichen GerippealsSchmuckeinordneten.4) DieseForm erhieltin Deutschland 1 Im italienischen Buchdruck: 1491,Pluurch von RUI;J;ZOde MunU.icrr.uo 1493,Fascic" Uedicinavon JohannKctham, bei den Brüdernde Grc^oriis, Venedig.1499,'-ltl-'i"-Herodot,dito. 1492,Decamerone, Venedig.1491,Aesop. Venedig, c. 1500 Luca Pulci, CyriMu Calvatico, Yen 2 f. Hurcklunit. Renaissance in Italien ^ 167,p 3f Y-1. Hdtz. B. B. Nr. 50. 4 V-1 Butscb j6 u. Heiu. 63, 95, 106 und 112. 86 beinahenocheinegrundsätzlichere Ausbildung alsin Italien,wo der architektonische Rahmen für solche Zwecke hinter dem rein orna- mentalen immer etwas zurücktrat. Maler aber, die Italien besuchten, wie Burckmair, und die nebenden Buchtiteln auch die herrlichen Grabmälerin VenedigsKirchensahen,welchedenReizdesKlassischen für den Deutschen in so hohem Grade besassen,musstensich um so mehr von diesenFormen angezogen fühlen, als der deutscheKunstsinn und die Tradition dem architektonischen Rahmen an sich durchaus nicht widerstrebten. Der rein ornamentale Rahmen war schwerer anzunehmen,die Formen weniger fasslich, auch litt er keine solchen figürlichenDarstellungen,war in hohem: Grade formal und kam dem deutschenWunsche nach Illustration nicht so sehr entgegen. Wie allerdingsauch er allmählich die Illustration aufnahm, wird nachher im Zusammenhanggezeigtwerden. Am Buchtitel.1) wo keine hervorragendefigürliche Darstellung den Rahmenin seineengenGrenzenzurückwies,konnte die Titelplatte immer mehr zusammengedrängtwerden, bis die Architektur nicht mehr den Charakter einesRahmens trug, sondern als selbstän" digesBauwerk dastand. Diesesmusstenur auf einer beliebigenFläche Raum für den Titel behalten. Hier fand dasEpitaphmotiv einereiche Variation; es wird eher Freimonument als Rahmen. Die Italiener hatten dieseBehandlungauch schonaufgebracht,wo ein vorspringender Mittelbau den Titel auf seiner Fläche trug und die Flügel zu figürlichen Darstellungenoder ornamentalemSchmuck verwendet wurden. Burckmair hat dasMotiv monumentalerausgebildet,und seinehöchste Vollendung erreicht es in dem grossartigenund berühmten KJeopatratitel Holbeins (W. 226, ij2^).2) Wie dies Blatt einen Höhepunkt in HolbeinsWerk darstellt,so gibt es zugleichden Gipfelpunktin der Ausbildungdieses freimonumentalen Epitaphprinzipes an. Die Italiener3) 1 Die besten deutschen Titel von Holbein: \Yoltniann, Holbein, Bd. II, No. 221 CAbb.Butsch 56 und Heitz 65 , 222 Heitz 106 , 225 Heiu 112), 234 Abb. Butsch41, Heitz 27 , und Woltmann,Ambros.Holbein No. i, und Signete: \Y. 240 Butsch 51, Heitz 103 , und A. H. \Y. 39 Butsch 63, Heitz 53 . \Yohl das beste Paradigma eines eigentlichen Epitaphs, schon dadurch, dass das Monu- ment einen Abschlussnach unten besitztund also als hängendeWanddekoration Bedacht ist: der Titel zum neuen Testament des Thomas WolfT, Basel 1523, von J. F. geschnitten.Für Fensterumrahmung brauchtHolbein das Motiv in \Y. 39, einer seiner spätestenZeichnungenin Basel. - Abb. Butsch 53. Z B. Butsch,7, Terenz Yenedig1497, ölt wiederholt bis tiei im XYi Jahrhundert. Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz im Tafel VII n "i ii ibiwi iHiiiiiiiüi ERASMI MI ROTERODA GERMANIAE DECORIS. RVM TRES. CHILIADES AC FERE Buchtitel ADAGIO/ von CENTVRIAE TOTIDEM. Urs Graf, ilt F. Bruckmann Holzschnitt. A.-G.. München 87 - undBurckmair,1) derhierwohlvon seinem Bestengeleistet hat, stellen dieseMonumente in strenger Vorderansicht dar, während Holbeinim Kleopatratitel eineetwasseitliche,perspektivische Ansichtwählt, also das plastischeElement betont. Ein ähnlichesFreimonumentmotiv findet sich bei Urs Graf 1513 (His 3H).2) Der Mittelbautritt zurück, dieFlügelspringen vor, voneinemBogendurchbrochen, dessen vorderer Teil aber nicht auf einer Stütze ruht, sondern frei in der Luft in einer Konsoleendigt. Die Idee dürfte Graf aus einem italienischen3) Drucke haben; Springinkleehat 1516 Grafs Schnitt wiederum benutzt.4) Der italienischeTitel hat wenig figürlichenSchmuck und betont, wie die meistenitalienischenSchnitte, seinenschlicht ornamen- talen Charakter,indem jeglicheSchattengebung vermiedenwird. Urs Graf hat einegrossehumanistischeDarstellungdamit verbunden. Nach Vögelins5)Urteil ist dies die erstefür FrohengelieferteArbeit, in der sich der humanistischeEinflussdes BeatusRhenanuskundgibt, der von nun an in Wirkung tritt. Ein Grundunterschiedtrennt die deutschen von den italienischenTiteln, sie ziehen überall die figürliche Darstellung heran, wo die italienischenrein ornamental sind; sie stehen als Illustration unter dem Einflüsse des Humanismus. Solchemächtigemonumentale RahmenkonntenwederanScheiben oder profanenund heiligenBildern, wo die figürlicheDarstellungvor demOrnamentalen denVorranghabenmusste,nochim Kunstgewerbe zur Verwendungkommen. Durch die Verwendungund Ausbildung der perspektivischen Darstellungaber übten sie auf alle dieseGebiete und namentlich auf die Malerei einen ungeheuren Einfluss. Die Luft- und Linienperspektivebeschäftigtedamalsim Norden wie im Südendie Maler; dasInteressedafür mussteentsprechend der hohenBlüte der Malereiüberallnochzunehmenund zu einem eigentlichen Studium der Perspektive führen. So wurde auch das Gebiet der reinen Dekorationzu einem Feld für dieseneue Kunstfertigkeit gemacht,indemmanimmer mehrauf die Darstellungarchitektonischer Formenhinlenkte,wo die Gesetzeder Perspektivein reichstemMasse l) Die Nummern Bausch 4, 5, 6. l His, Beschreibendes Verzeichnisdes\Verkesvon Urs Graf, ZahnsJahrbücher, Bd. VI. (Vgl. Taf. VII.; ; Epistoledi SanctoHieronymo,Ferrara1497. Das Motiv ist genau das gleiche,als Konsoleeint Art spitz zulaufendes Renaissancekapitäl. 4; Butsch, 36. Vögelin,Wer hat Holbeinetc., im Repertoriumfür Kunstwissenschaft, X, P 345- verfolgtwerdenkonnten.Die gothische Dekoration hattehiezukeinen Anlass geboten. Die Versuche darin waren auch mit sehr verschiedenemErfolge gekrönt.Aberdennoch zeigensichanallenEndenenergische und beinaheleidenschaftliche Anlaufezur perspektivischen Darstellung. Das ersteist immer die Archivolte,derenVertiefungauf italienischen Vorbildern in den auf StichenhäufigenTonnengewölben zahlreichgenug dargestellt war. Ein schönes Motiv weisssichdiePorträtkunst hieraus zu eigenzu machen,indemsiedasBrustbildmit einemRundbogen einrahmt,dessenperspektivische Vertiefungeinen Blick nach dem Hintergrunde gewährt. Burckmairhat es durchseinenClairobscureschnitt des JohannesPaumgartnervon 1512 aufgebracht, Hans Holbein an dem Doppelporträt des Bürgermeisters Mcver von 1516 in freier Weise, Ambrosius 1518 im Petersburger Bilde wiederholt. Die Umrahmung der Heiligen am Berner Chorgestühl ist eine Ausbildung desselbenMotivs. Durch dies Streben nach Ver- tiefung des Rahmenmotivs erhält der monumentale Rahmen auch im Glas- gemälde,dashier seinerAnlage wegen Fig. 8. FranzösischeScheibe. neben dem Buchtitel stets die erste Freiburg,Museum. Stelle einnimmt, immer mehr Raum. So weit es immer angeht, wird das architektonischeGerüstbetont. Und nun erst tritt auch der eigentliche Epitaphrahmenim Glasgemäldeein.1) Der Sockel muss unten durchgezogenwerden,so dassdie Figuren nicht mehr auf dem hergebrachten Grasbodenstehen,sondernin der UmrahmungPlatznehmen.Diesemuss demnacheinegrössereTiefe erhalten; die Basis,die Stützen - - meist Pfeileroder in derVerdoppelungmit vorgelegtenSäulen- - und der Bogenwerden nun gedehnt,sodassdasGanzedenEindruck einestieferen Durchgangsmacht.2]Es bleibt diesder üblicheTypus für langeZeit; J) Holbeinwird \vohl sicherdieepochemachenden Typen ausgebildet haben. Doch hält sich seineHoldermeierscheibe W. 107 noch im altenBogenthürmotiv. 2 Die Zahl der Beispieleist Legion, da diesSystemdasganzeJahrhundert hindurch Jas beliebtestebleibt. Ich begnüge mich, einige der frühsten Beispiele anzuführen:Sehrwichtig die früheZeichnungHolbeinsim Bd.U I 48 , im Museum Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Hans Holbein d. J., Glasbildentwurf von 1517. Braunschweig, Herzogl. Museum. Verlagsanstalt F. Bruckmann A.-G., München Tafel VIII die Basiskann zum Zwecke der Inschrift oder irgendwelcherDarstellung verwendet werden; die Zwickel desgleichen. Doch hat das Zwickelfeld bei diesem festen architektonischen Aufbau nicht mehr die Frei- heit wie bei dem einfachen Bogenmotiv; es wird logischer Weise in den architektonischen Gedanken ein- bezogen. So erhält die Umrahmung die bekannte Triumphbogenform.1) Holbein hat diese ganze Erscheinung in der Schweizgeleitet, seine Motive sind entscheidend und An- lehnungendaran finden sich in der übrigen Schweiz meist erst in den dreissigerund vierziger Jahren. Das frühste und wichtigste Blatt dieserArt besitzt dasHerzogl. Museum in Braunschweig. Holbein hat es 1517, also in der Zeit des Luzerner Aufenthaltes, gezeichnet. Fig.9. Savovische Scheibe. Freiburt,r, Museum. Wenn auch die Perspektive noch fehlerhaft ist, so scharlt das Blatt doch einen neuen Typus. Das architektonischeGerüst erscheint fest und geschlossen.- (Taf VIII.i von Hase! W. u>-\ Fi_v7 Die ganzeEntwicklung belegtdie Bisler Hand/.eichm' Sammlungund /war gehören 211den lehrreichsten eine Anxahl Blätter, \velche in der Mache llolbein nahe stehen, aber ihm nicht angehören, so z. B. U I 45, U I 43 Dann die HolbeinscheMadonna W. 29. Für den fr.in/usischen Stil /.. B. die grossenScheibenmit Heiligenim historischen Museumvon Baselund die\Vappenscheibea vun Savm eil und Frankreich von 1554 im Museum von Freiburg. l ig. 8. u. 9. Im Matrikelbuchder BaslerUniversitätist d.is Muliv in den Darstellungenvun IJ25 und 1526besondersschönrepräsentiert. l :ne grosse Zahl von Entwürfen und Scheiben weisen di. der \Yunsch, ein wirkliches Gebäude nachzuahmen, deutlich ist. n, wo Bahnbrechend ist auch hier Hülbein, dessenBerliner Zeichnung W. 110 das Motiv in seiner klassischenVollendung zeigt. Es ist um so \vertvoller, als der ganzeAu! bau den r~> .">ebenen Verhältnissen gemäss erdacht und nicht entlehnt ist. Sehr schön aus- gebildetist der Triumphbogenauchan einer Scheibemir Aristotelesund Phyllis 1327 bei ProfessorRahn in Zürich. Abb. . Meisterwerkeder Glasmalerei» Xo. 8 und H. Lübke, Geschichte der deutschen Kunst, S. 764. !.> stammt aus einem Hopferschen Blatte von 1518, bez. Philippus Adler patricius faciebat. 3 Diese Zeichnung ist in Weltmanns Verzeichnis noch nicht erwähnt; sie galt bis jetzt nicht als Holbein. Dennochgehörtsie unter die interessantesten HolbeinschenGlasbildentwürfe.Das Wappenist das der LuzernerFleckenstein; go In den zwanzigerJahren bleibt der Berner Scheibentypuswesent- lich einfacher.1)Die Umrahmunghat keinen festenZusammenhang, die üppige und schöneZeichnungder Kandelaber-und Blattwerkmotive weist auf ManuelsAnregungenhin. Im Gegensatzzu dem festen Bau der Basler Scheiben,streben diese nach möglichster Autlösung desArchitektonischen. Der Rahmen bleibt in seinenGrenzen, die Basiswird aber fast überall durchgezogen.2)Holbein ist der grösste Vertreter der Perspektive; Manuels Versuche, sich ihm hierin zu nähern, sind kläglich genug ausgefallen,trotzdem man bei ihm einen ahnlichen Sinn für die Logik baulicher Konstruktionen, wie ihn Holbein besass,erwarten sollte, da er in der Thätigkeit eines Baumeisters auftrat. Holbein war bemüht, immer mannigfaltigere Motive in das Glasgemäldeeinzuführen, figürliche Komposition und Rahmen in immer engere Beziehungenzu bringen. So konnte es nicht ausbleiben, dass er in ähnlicher Weise wie am Buchtitel auch hier das Freimonument zu verwerten strebte, wo zahllose neue Kombinationen sich erschlossen.Das BerlinerBlatt (\Y. 119) machteden Übergang; die Umrahmung der Komposition begann sich vom Randeder Scheibe zu lösen und so frei darin zu stehen. Ein ganz selbständigesFreimonument arbeitete er dann in der Scheibe mit den Einhörnern (Basel dasDatum 1517 passtalso auffallenddazu. Überdiesgehört dasMotiv ganzin Holbeins Entwicklungsgang. Die Landsknechte sind im Streben nach elegantem Kontraposto noch affektiert, schon viel freier die kleinen Heiligenfiguren. Die Heraldik ist wie nieist bei Holbein auf Jas Notwendigste beschrankt. Wichtig ist die Darstellung in Untensicht; das Motiv der kleinen Säulchen über den Kämpfein hat Holbein mehrmals dem Xicoletto ßartsch 54, 57 und PassavantV pag. 97, Xr. 84) entlehnt. Das Blatt ist der älteste Glasbildenuvurf Holbeins; es steht zwischen den Illustrationen zur Laus stultitiae und den Zeichnungen aus der ersten Zeit des zweiten Aufenthaltes in Basel. Der Strich erinnert noch teilweise stark an jene Illustrationen, zum Teil aber findet sich auch schon die grosse, etwas plumpe Art der ersten Basler Blätter. 1 In den Kirchen von Hindclbank,Jegenstorf, Utzenstori',Kirchberg, Grossaffoltern, \Vorb, Lauperswyl, Sumiswald sind für unserePeriode die hervorragendsten Beispiele aufbewahrt. -) Schöne Vertreter diesesBenieitypus sind auch die Wettinger Scheiben des Meisters H G Griebel von Bern) von 1522. \V. S. n und 12. Fester und mit der Absicht, ganz architektonisch zu wirken, die aus Quadern gefügten Umrahmungen der Diesbachscheibenvon \Vorb (die gleichen in der Schlosskapelle von Peraules). In dieser Art auch ein Entwurf von Urs Graf, Basel, Band U I 60. Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Hans Holbein d. J., Glasbildentwurf. Basel. W. 93) aus. Er ist in dieserRichtungnirgends weitergegangen alsin diesemverhältnismässig spätenBlatte.(Taf.IX.) In dem Entwürfe mit den zwei Landsknechten(Basel,W. 92) löst sich der Rahmen ebenfalls freiheraus, dasganze isteineVerbindung desTriumphbogens mit einerKuppelnische, ein äusserst elegantes Motiv, dasauf Holbeins eigeneErfindungzurückgeht.Im Blatteder heiligenElisabeth (Basel, W. 90) stellter die Hauptfigurin einenkleinenKuppelraum, indem die seitlicheUmrahmunggleichsam im Halbkreishinten durch gezogen wird. So sucht Holbein, wo immer es angeht,die dekorative Architektur zu betonenund ihr einengrössernUmfangzuzugestehen. Es ist aber zu beachten,dasser an Blättern, wo die figürlicheKomposition eine Verbindung mit der Rahmenarchitektur nicht gestattet, dieseauf das notwendigstebeschränkt1) und so nirgendsnach einem Schema, sondernimmernachreiflicherkünstlerischer Überlegung handelt. Holbein durchbricht somit als erster in der Glasmalerei2)das Prinzip der Umrahmung vollkommen und schafft darausganze ideale Architekturen und Interieurs. Das Interieur hat in der ganzen modernen Kunst seit den van Eyck eine liebevolleAusbildung erhalten; es ist keine neueErscheinungder Renaissance.Doch bekommt esdurch die Renaissance einen neuen Aufschwung und einen wesentlichdekorativen Charakter. Auf ganzen grossen Gebieten stellt es sich nur als eine Konsequenz der vertieften Rahmenbehandlungder Renaissancedar. Allein schon das Werk Holbeins belegt diesen Zusammenhangauf jeder Stufe. Indem die vorderen Stützen solcher idealer Architekturen den Rahmen bilden, vertieft sich dieser zu einem tiefern unabhängigen Räume, welcher die vielfachsteGestaltung erhaltenkann. Nicht selten ist es ein Kuppelraum (so in demfrühenBlattederheiligenRichardis, Basel,W. 50), durch dessenSäulenstellungen ein Ausblickgestattet wird.3)(Taf.X.) Sehrbezeichnend istfür einesolche Ausgestaltung des Rahmenszu einemgrossenInterieurdasDoppelblatt W. 66 u. 67, Christus vorKaiphas unddieGeisselung, welche in denselben Rahmen »)Beispiel: Die Pa^ionslblge in Babel, desgl.Crucifixus, W. 95,Basel. 2j Es wird kaumerwähntwerdenmüssen, dassHolbeinnuralsYurzeichner thätig war. s) Dies Motiv auch an Signeten,so an dem des Proben Heitz 37, das T F. schnittund, fallses auchvon Ambros.Holbeinstammen möchte,jedenfalls ini Ornamentalen starkbeeinrlusste, und dasdesV. Curio;W. 239,Heitz 104). Diesen stehtnochnahe,obgleichnachvornenichteigentlich epitaphartio ichhessend: die VerhöhnungChristi, W. 68, Basel. /usammengefasstsind. Das gleicheSystemvertritt, wohl schon einige Jahre früher (.-),dasDoppelblatt(W. 82 und 83) der Maria und des heiligen Pantalusin Basel. Das Vollkommenste aber, was überhaupt im Xorden in dieserArt geschaffenworden ist, hat Holbein in seiner Madonna mit dem knieenden Ritter in Basel (W. 91) erreicht. Für dergleichenHallen möchteich den Namen Gehäusevorschlagen,eine alte Benennung,die sich zwar früher mehr auf den architektonischen RahmendesEpitaphsbezog(Erasmusim Gehäus), mir aber solche ideale Interieurs, welche aus der Vertiefung des Rahmens entstehen, besser zu bezeichnen scheint. \Yenn man diese Gehäuse Holbeins mit dem vergleicht, was /.. B. in AugsburgVortreffliches darin geleistetwurde oder was Italien hervorbrachte, sieht man ein, dass seine Räume so selbständig em- pfundensind, dasssie nirgendsvon ihm entlehnt werdenkonnten, sondern dasser allein durch das Studium der Perspektivedarauf geführt wurde, und sie so seiner innersten Anlage entstammen. Man hat hier den Eintiuss des Mantegna stets geltend gemacht und Holbeins perspektivischeStudien von diesem hergeleitet. Es ist kein Zweifel, dassMantegna mächtig und von allen Italienern am meisten auf Holbein gewirkt hat; aber wenn man aus der Darstellung der L'ntensicht, die man bei Holbein öfter trifft, auf eine Anwesenheit Holbeins in Oberitalien schliessenwollte, würde man zu weit gehen. Seine perspektivischenStudien konnte Holbein alle in Deutschland gemacht haben, wenn er seine Anregungen auch aus italienischen Stichen empfing. In dem Stiche des Xicoletto von 1512 (Antonius Eremita, Bartsch 24) z. B. ist ein Interieur wie das der Basler Ma- donna im Prinzip vorgezeichnet. L'nd Holbein stellt sich in der Art. wie er dieseAnregungenweiter bildet, direkt neben die grössten Meister aller Zeiten. Fragen, aut deren Lösung er von aussennicht getuhrt wurde, wirit er auf und überwindet sie. Unter solchen Pro- blemendrängtsichihm dasderUntensichtum so häufigerauf, alser an den Fassadenmalereien ohne diesegar nicht auskommenkonnte. Und dasser an solchen Fassadeneine Virtuosität in der perspektivischen Darstellung erreicht hat, die wohl in Deutschlandund Italien an der- gleichenWerken einzig dastand,ist bekannt. In den Zeichnungen seinerreifenPeriodeist die perspektivische Darstellungvollendet. Das trühesteBeispielmit Untensicht die Braunschweiger Zeichnungvon 1517, einesder in der Perspektive gelungensten Beispiele:dasBerliner Blatt (W. 119). Verständnisvoller hat auch in Italien, besondersfür Schneeli,Renaissancei. a. Hans Holbein d. J., Glasbildentwurf. Basel. Verlag-sanstale F. BnickmannA.-G., München Tafel X so kleineVerhältnisse,keinMeisterdie Perspektive behandelt.Holbein denkt auch in den kleinsten Verhältnissen durchaus monumental; er verdankt das Beste sich selbst und nicht fremden Vorbildern. Bei dem durch die Renaissanceformen lebhaft erhöhten perspektivischen Interesse jener Zeit konnte auch ein geringer Anstoss die AusbildungsolcherPrinzipienbisin ihre äussersten Feinheitenanregen. Jedenfalls verbreitete sich die Perspektive und die Darstellung der Untensicht rasch überall hin, so dassauch hier sich in dem allgemeinen Entgegenkommenund Verständnis ein Bedürfnis verrät. Selbst Manuel, dessenStärke die Perspektivenicht war, hat sich mit Glück in der reizendenBerliner Madonna an der Darstellung der Untensicht versucht. (Tat. XL] Der Maler des \veissen Adlers zu Stein braucht sie an seiner Fassade. Darauf wird sie so beliebt, dass in zwei weniger vollkommenenGlasscheiben der Schlosskapelle von Peraules von 1520 gemässder hohen Plazierung der Scheibesogar die durchlautende Basis in der Untensicht erscheint.1) V-_l. auch Tat".XII Die Basler Scheibenrisse aus Holbeins nächster Verwandtschaft und Nachfolgezeigendas Gehäusein mannigfacherAusbildung.2) Auch Manuel (?) hat in dem Berner Standeswappenvon 1530 ein Gleiches versucht.3) Ein sehr schönerzum Gehäusevertiefter Rahmen an einer aus Carignan stammendenScheibe mit St. Peter und St. Lorenz in St. Nicolas, Freiburg. Den französischenScheibentypusdieserArt mit der charakteristischengelbbraunen Umrahmung zeigt deutlich eine Scheibe des DresdenerKunstgewerbemuseumsmit der Darstellung der Madonna.4)Doch ist hier, wie übrigensauch in dem angeführten BaslerBlatte (U II, 12) das Gehäusenicht eine blosseVertiefung des Rahmens,sondern von diesemlosgelöst. Dies System rindet sich schonauf dem SignetFrobensvon AmbrosiusHolbein (Heitz33) und in sehr schöner Ausführung in dem schon zitierten venezianischen Missalevon 1506 (V. Typus). Sehr geschicktverwendetes auch 1 Abb. .\kister\verke der Glasmalerei. \Yinterthur. X<> 2*, 30. '" Lines der bezeichnendstenGehäuse,das war in der Perspektive verfehlt ist, aber doch eine Kopie n.ich Hans oder Ambrosius sein könnte: Basel U II. 12 Das (iehäuse hat sich hier vom Rahm.. l Die Pfeilerfüllung rechts ist die gleichewie auf dem Titel von 1517, den Woltnunn dem Ambrosiuszuschreibt, \V 4, Butsch 43. Die starke Anlehnung dieses Titels an ein italienischesBlut ist evident. \bgeb. in der Festschriftzur Eröffnungdes Kunstmuseums, Bern 4 Yirl. auch die Glasgemälde von S. Saphorinim Waadtland;abgebildet in denPublikationen desVereinszurErhaltunghistorischerKunstdenkmäler. Tafel V. - 94 eine Scheibeder Stadt Diessenhofenvon 1531 (in Stammheim). Die Architektur ist nicht Eines mit dem Rahmen, sondern zieht sich dahinter in die Tiefe. Kassette ein Durchblick An Stelle der Decke wird durch eine Art auf den Himmel frei. Dies muss aus einer koloristischen Absichtso gemachtworden sein, und man wird hier auf die grosseVeränderunggeführt, welchesich durch die Umwandlung der Form für die Scheibenauch in koloristischer Beziehungergab. Während die Zeichnung der Scheibeoft von einem Vorzeichner entworfenwar, ist die Farbe ganz dasWerk desGlasmalers.Und da sich der Vorzeichner in der Renaissancegerne eine Freiheit nimmt der Technik des Glasmalersgegenüber, erscheint dieseNeuerung in der Farbe als eine Art Repressaliedes Handwerkers. Die Umrahmung der spätgothischenScheibe war vorwiegend monochrom gehalten. So auch die frühsten Rahmen mit Renaissancemotiven.1) Beim In-die-Breite-Wachsen desRahmensaber musstedieses tote Farbenprinzip der dekorativen Wirkung Eintrag thun, die ver- grössertenRahmenflächen verlangteneine koloristischlebhaftereBehandlung. Schon vor 1520 werden denn auch hie und da die ornamentalenTeile farbig ausgeführt.2) Da diesekoloristische Änderung,auseinemallgemeinen Bedürfnis entspringend,beinahegleichxeitig überall eintrat, so ist nirgends eine bestimmte Priorität festzustellen, die auch stets bei dem lückenhaften Material über einen hypothetischenWert nicht hinauskommenkönnte. Der farbige Rahmen wurde bald zur allgemeinenRegel und blieb in Verwendung bis in die Zeit des kalten Klassizismusam Ende des Die Scheibenvon Wettingen weisen eine Reihe von Übergangswerken von ca. 1520 auf, \vo Renaissancemotive in der herkömmlichen Farbe erscheinen. 2 Ein deutliches Beispiel der einfarbig grauen Rahmenbemalungan der schönen Scheibe des Wilhelm Schindler von 1518 zu Lauperswyl, wo die Umrahmung in einer üppigen Renaissanceüber die gewohnte Dimension hinausgeht und so monoton wirkt. Das französischeSystem behalf sich mit den Schattierungen von Starkgelb bis Erdbeerbraun. Eines der frühsten Beispiele des polychromen Rahmens in Stein a. Rh. Knörigenscheibe von 1516 im Rathaus. In Wettingen, halt sich die Zweifarbigkeit lange, doch ist 1521 die Scheibe des Abtes Joner, welche der Meister der Augustinerscheiben der Usterischen Sammlung (Landesmuseum} gemalt hat, polychrom; desgleichenmehrere des Meisters C. W. V. E. Am siegreichstendringt die Polychromie im bernerischenScheibentypusvor, %vo die Renaissanceüberhaupt sich am meisten in malerischer Auflösung gefällt; in den verschiedenen Scheiben geistlicher Herren in der Kirche von Worb steht 1521 die Polvchromie schon auf der höchsten Stufe. Schneeli,Renaissancei. d. Schweiz Nikiaus Berlin, Tafel XI Manuel, Madonna. K. Kupferstichkabinet. instalt F. Bruckmann A.-G., München - 95 XVII. undim XVIII. Jahrhundert, wo ohnehindieGlasscheibe ihre wichtigeStellungverlorenhatte. Die Farbenwirkungen desOrnamentalen wurden mit Hilfe einer unerhörten Technik zur höchsten Harmoniegesteigert und erreichtenihre grössten Triumpheum die Mitte desJahrhunderts, besonders unterKarl v. Aegeri undBluntschli.1) Sie bliebenbis gegendas Ende desJahrhundertsauf einer ähnlichen Höhe. Aegeri hat auch gerne dasGehäuseverwendet,2)dasin dem Kartuschenstil der Murerschen und Stimmerschen Scheiben wieder zurücktritt. Es ist hier nur von denjenigenInterieurs die Rede gewesen, welche als Raum für die Darstellung dienen und sie zugleich umrahmen, also eine Art erweiterte Nischen sind. Sie sind in der Art des architektonischenRahmens als Ornament aufzufassen,da sie in keiner innern Beziehungzum Dargestelltenstehen. In ähnlicherWeise dekorativ, aber selbständigvom Rahmen gelöst, sind nun diejenigen Gebäude,sei es Äusseresoder Inneres, welche den Schauplatzder grösserenbildlichen Darstellungen abgebenund begrenzen. Zunächst stehen kleine Hallen, wie die auf Dürers BaslerZeichnung von 1509 zum Beispiel. Das Gebäude ist um seiner selbst willen da und beherbergt die Figuren. Solche Gebäude erscheinenüberall, wo ein Rahmen ausgeschlossen bleibt. Dürer hat noch oit kleine Hallen etc. für seine Figuren geschaffen, und wiewohl er die Renaissanceim Grunde ablehnt und ganz nach seiner Idee behandelt,hier doch seine Kenntnis italienischerBauwerke dargethan.3)In höherm Grade ist dies allerdings bei Burckmair der Fall in seinen wundervollen Blättern, B. 12 und B. 24, wo die zarteReinheit der italienischenFrührenaissance erreicht ist und dasArchitekturbild über das Reindekorativehinausgeht. Alles aber, was in dieser Beziehungauf deutschemBoden geschaffen wurde, wird übertroffen durch Burckmairs berühmteBlätter vom Tod als Würger (1510) und von KaiserMax4) (1508). Hier zeigt sich nicht nur eine gründlicheKenntnis der italienischenStiche und Drucke, sondern auch der italienischenStädte. Weniges nur noch hat diese Blätter erreicht, da andereKünstler ihre Phantasienicht so mit italienischerForm hatten sättigenkönnen, sondern, wo sie sich an höhere 'i Vgl. die Scheiben .ius Muri in Aarau und die Scheiben aus Tanikon im Lnndesmuseum. a Y^l. eine Abb. bei Händcke,Schweizerische Malerei,p 172 :; Vgl. dauerenDaniel Hopfer,Bartsch4, 5, 7. 1 Abb.Lübke D. Renaiss. U. Aufl. I. p. 25. - 96 monumentaleAnlagen machten,aus geringerDetailkenntnisheraus abstrakte Konstruktionen ersannen. Schäuffelins berühmtes Abend- mahl1)ist auseinersolchen Künstleridee entstanden. Hieralsoschafft der Maler in seinerPhantasiedie späterepraktischeAusbildungdes Stiles vor. Von solchen Hallen und Räumen, deren Konstruktion sich nigstensim allgemeinenan Vorhandenesanlehnenkonnte, tritt man jetzt auf ein Gebiet über, auf dem es im Norden überhaupt bei solchenIdealgebildenbleibensollte und das, da es sich nicht in Wirklichkeit umsetzte, ebenfallsnoch hier bei der Dekoration zu besprechen ist. Die architektonischenHintergründe der Bilder werden gerne mit Formen geschmückt, welche den Schein des Klassischenauch einer weitern Umgebungder Handlung verleihensollten. Es ist bezeichnend, dassin Italien Meister, welche vielleicht als Architekten den strengen Stil handhabten, als Maler die Gesetze der Architektur in solchen l : sadenund Stadtansichtenvernachlässigten,da sie hier nur auf den malerischenEindruck hinarbeiteten,und so das eigentliche Pittoreske in die Architektur einführten.2) Dies sind aber Meister, von denen der Norden wenig beeinflusst ist. OberitalienischegeringereKräfte, die sich den graphischenKünsten widmeten, haben hier gewirkt. In diesen Blättern ist denn oft die Architektur wirr und unklar genug und ebenfallsnur in dekorativer Absicht gegeben. DeutschlandsStecher standenum 1500 in intimer malerischerAuffassung und Behandlung von Baulichkeiten höher als diese Oberitaliener und wurden daher von ihnen kopiert. Dennoch aber haben malerischeStädteansichten,wie die desMeisters J. B. mit dem Vogel (Bartsch,Hieronymus) und ähnliche die nordische Phantasie sehr wahrscheinlich befruchtet, wo die Künstler im gleichen Genre etwas leisten wollten. Es waren noch keine Städtebilder mit ausgesprochenitalienischem Charakter, diese traten erst allgemeiner an Hand3) der perspektivischenLehrbücher auf, sondern es ist nur eine Art von ornamentalerBehandlungder Baulichkeitenzu bemerken. 1 Abb., Lübke. D. Renaiss.II. Aufl. Lp 77. Besonder1- die Maler des Quattrocento nehmen sich in der Architektur nicht selten malerische Freiheiten. Waren sie auch nicht immer daneben Archi- tekten, so kannten und verstanden sie doch jedenfalls den strengenStil; trennten also hier be\vusster Weise die Gebiete. Ygl. J. Burckhardt, Cicerone, V. Aufl. II. p Die Irühsten, aber noch ganz nordisch gedachten, bei Rodler, 153:. Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Anonymer Glasbildentwurf. Basel (Band U II, 20) talt F. BruckmannA.-G., München Tafel XII 97 Es scheint,dassman besonders die Kuppel als eigentlichesMerkmal einesmodern gehaltenenGebäudes oder als Inbegriff der klassischen Architektur ansah. Sie geht parallel dem von einer Muschel ausgefülltenHalbkreisbogen, der ebenfallsin der idealenArchitektur als Fassadenabschluss oft vorkommt. Dürers erste ideale Konstruktionen, wie sein Interieur von 1504, zeigenantike Studien. Ein Blatt des Marienlebensist besondersbemerkenswert(Christi Abschied von der Mutter), wo er im Hintergrundeeinen antiken Giebel mit Giebelfiguren anbringt und im übrigen der ziemlich mittelalterlich angelegten Dorfburg durch Kuppeln einen antiken Charakter verleihen will. Spätergiebt Dürer in einer kleinen Palastfassade eine deutlicheErinnerung an Venedig.1) Wie Urs Graf als ersten Renaissanceversuch einesschweizerischen Künstlers in einem kleinen Kuppelbau einen ähnlichen, wenn auch viel vageren Reiseeindruckfesthält, wurde schon oben erwähnt. Schon Foucquet hatte sich der Kuppel bemächtigt, sie aber in ganz Ireier Weise als Kugel gebildet. Der Norden gab sie gerne muschelartiggegliedert, in der rohestenForm erscheint sie beinahe wie eine Gänseblume(Urs Graf, His. 5). In Venedig war durch Gentile Bellini eine gewisse orientalischeTracht und Lokalität für die Vorgängeaus derBibelgewähltworden, wobeidie Kuppelden Orient kennzeichnete. Der Tempel von Jerusalem wird vom alten Holbein (Basel,Us, 14) mit einer Zwiebelkuppeldargestellt. (Taf. XIII.) In dieser Zeit hat auch die nachmalsim Barock so häufig verwendete Zwiebelkuppelzuerstihre Anwendung mit viereckigemUnterbau in der Zeichnung gefunden.2) In der Ausstellung von Stein a. Rhein (1895) befand sich eine Truhe ausGyrsberg,die der Katalogfür zusammengesetzt ausStücken desXVI. und XML Jahrhunderts erklärt. Die FüllungenzeigenStadtansichten in Intarsia, wo sich auch ein Zwiebelturm rindet, die Lisenen aber sind mit gothischem Masswerk dekoriert. Ich kann über die Echtheit dieses interessanten Möbels nicht entscheiden. Innere Gründe liegen aber zur Annahme einer Fälschungnicht vor; denn die Zwiebel- kuppel ist eine Konsequenz der idealenfreien Architekturzeichnung, wo sie sich eben beinahe100Jahre vor ihrer praktischenbarocken Anwendung bei uns findet. 1 Marter St. Johannis, Holzschnitt B. (M 2 Vgl. diehochwichtigenBemerkungen bei Lichuvark,Ornamentstichp. 56. Die Zwiebelkuppel als Ergebnis von Masswerkkonstruktionenauf einer Zeichnung im Print Room des Britischen Museums. Sloane Collection Nr. 5218.) 7 98 - Der MeisterdesAltars von Wyl (1516) geht auf den idealen Burganlagen der Seitenflügel schon über die gewöhnlicheKuppel hinaus. Über den Seitenflächen eines nach oben ausladenden vier- eckigenTurmes erhebensich grosseim Halbrundabgeschlossene Giebel, die von Lünetten durchbrochensind und alsTräger einer nach Art des Kreuzgewölbes konstruierten Kuppeldienen.1)Der Maler hat mit grossemGeschickbekannte Formen neu und in einer augenscheinlich klassischen Weise verwandt. So krönt er ebenda die Front eines kleinen Turmes mit einem ähnlichenGiebel, wodurch das Dach in derArt einesTonnengewölbes eingedeckt wird. (Fig. 10.) Ambrosius Holbein hat in seinemPetersburger PorträteinerStadtmauer Detail Fig.ID. aus dem \Viler von1516. Alur kuppelgekrönte Türme gegeben. Auseinemanalogen Bestreben musste man auch Fassadenauf Hintergründen zu erfinden suchen. Wie die Italiener selber die Architektur auf Ge- mäldenin höheremGrade dekorativund sogar oft rein malerisch aufgefassthaben, so haben die Deutschen um so mehr die malerische Wirkung allein gekannt, als ihnen die grosseRenaissancearchitektur nur teilweise, und auch da nur in der aufs Dekorative gerichteten Abart Norditaliens,bekanntwar. So bleibt denn auch die eigentliche italienische Fassadenformausser auf Burckmairs >/Tod als Würger« beinaheganz ausgeschlossen in der erstenPeriodedeutscherRenaissance- kunst. Bei allen Künstlern, welche Italien nicht gesehenhatten, blieben ideale Fassadenkonstruktionen mit alleiniger Verwendung italienischer Detailsin Übung,bis Beham,noch bevor die »Perspektiven eigentlicheantikisierendeArchitekturaufrisseverbreiteten, einen Schimmerder römischenBaukunstnachDeutschlandbrachte.2) Altorfer hat, da er Architekt war und seinen Stolz darein setzte, die italieni- schenFormen am originellstenin seinenphantastischen Architekturen verwertet.3) Urs Graf hat sich in der Schweiz nicht über die schon angeführten zufäDigen Erinnerungen hinausangestrengt.Auch Manuels Stärkewar die konstruktiveThätigkeit nicht. 1 D.IS gleiche Motiv von H. S. Beham (?) auf Passavant187. 2 Hauptsächlich:Auffindung des wahren Kreuzes,München, Pinakothek. ;< Susanna,München, die Hoffart in Berlin, und das Blatt des heiligen Hieronymus. Bartsch 22. Schneeü, Renaissance i. d. Schweiz Hans Holbein d. Ae., Zeichnung. T,-tfei Basel. XIII - 99 Von denwenigen bedeutenden Zeichnern derRenaissance, welche sich in der Glasmalereiund im Buchdruck bethätigten, hat Holbein hier wiederumeine Stellezu beanspruchen.Man kann sagen,dass er nirgendsin dem Masseden Eindruck italienischerBautenwiedergibt wie Dürer oder Burckmair. Er scheint im Aufriss einer Fassade unsicher, wo er eine Renaissancewirkunganstrebt. Eine alleinige konfuseAusschmückung des nordischenSystemsmit den Detailsder Renaissancescheint ihm zu widerstreben. Daher greift er nicht selten auf das Mittelalter zurück. lichen Stadtbilder Nur da ist er sicher; seine mittelalter- sind vortrefflich. Seine idealen Architekturen aber tragen den Charakterder Schöpfungenjener Meister, welcheItalien nicht gesehen haben. Den horizontalen dachlosen Abschluss der Fassadebringt er kaum zu stände. Wo er einen anbringt, setzt er eine Balustrade darauf und macht das Dach zur Terrasse.1) Der kleine Durchblick auf dem Todesbilde des Königs gibt am ehesten mit seinen Schwalbenschwanzzinnen und venezianischen Halbrund- giebeln ein italienischesStädtebild. Doch darf man die Andeutung eines steilen Daches nicht übersehen. Die Paläste auf dem Bilde der Kaiserin mit den mächtigen giebelgekröntenStreben und das gleiche System auf dem Ecce homo (W. 71) zeigen eine Mischung altertümlicher und moderner Elemente, die beinahe die Wirkung eines damaligen französischen Landsitzesübt. Holbein hält sich stetsin seinen Kombinationen auf dem Boden der Realität oder doch desMöglichen. Xach Holbein haben sich einige Glasmaler und hauptsächlich der Illustrator der FroschauerFoliobibel von 1545 wieder in idealen aberunsinnigerenArchitekturen gefallen. In den fünfzigerJahrenhaben die Städtebilder in Münsters Kosmographev schon den Wert von Plänen; nur die des Orientes halten sich innerhalb der idealphantastischen Architektur. Das beste Blatt ist die Abbildung von Akkon,-) deren Architektur unter Benützung des Hintergrundes von Dürers Madonna mit der Birne (1511) entstanden ist. Es tritt hier kein neuesElementmehr ein; die Kuppel dominiert alsGipfel der Renaissance- wirkung, und sokommt ein Fortschritt in die gezeichnete Architektur erst durch die wissenschaftliche Tendenz. Eine Renaissancearchitektur (wir sehen, in welcher Einschränkung das Wort überhaupt zu verstehen ist) existiert in Deutschlanddamalsnur im Kopfe des Malers. *) Todesbilder, Kurfürst. 2 V Buch, p. 1018. lon Von der architektonischen Umrahmung und ihrer per- spektivischenVertiefung aus- gehend,wurden wir auf die Betrachtungaller architektonischen Formen auf Gemälden geführtund habenschliesslich die Betrachtungeiner architektonischen Dekoration mit der- jenigeneinerdekorativen Architektur vertauscht. Der zeichnende Künstler versuchte, sei es als Spiel seiner Phantasie, oder sei es von der künstleri- schen Absicht auf Stimmung desMilieus ausgehend,Gebäude und Fassaden zu schaffen. Ein bedeutenderes Feld aber fand er in der malerischen Um- kleidung der wirklichen Gebäude; in der Fassadenmalerei im Grossen. Und hier, bei der Betrachtung solcher Fassaden werden wir wieder ins Einzelne und besonders auf das Grund- motiv derdeutschenRenaissance, den architektonischen Rahmen in seinerVerwendung auf grosse Verhaltnisse zurückgeführt. Die Fassadenmalerei1) ist keineErfindungderRenais- ^^^^^^ Fi<T HansHolbein, Ölgemälde.Basel. sance;jedenfallsgeht sie im Borden ins Mittelalter zurück, mag sie auch ursprünglich aus ItalienihrenWeg dahingefunden haben. Näherallerdings liegt es, ihren Ursprung in der Bemalung der mittelalterlichenHolzhäuser zu suchen. V^l. oben, pag. 37. Tafel Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Das Haus zum weissen "alt F. Bruckmann Adler A.-G., in Stein München a. Rh. XIV 101 In der Schweiz ist uns nur eine Fassadenmalerci aus der frühsten Periode nordischer Renaissance an Ort und Stelle erhalten. Es ist der weisseAdler zu Stein a. Rh., dessenEntstehung man, Inhalt und Dekorationsmotivender bildlichen Darstellung nach, in die Jahre von ca. 1520-1530 setzenkann. Vögelin1)hat über den Meisterdieser Fassade künstlicheVermutungengehegtund besonders seinVerhältnis zu den Saalmalereiendes Klosters St. Georg klarzulegen sich bemüht. Er verneint es, dass die gleiche Hand beide geschaffen. Wenn es auch nicht allein völlig nutzlos wäre, solche Hypothesen aufzustellen, so könnte doch der Zustand von dergleichenMalereien, welcher jede stilkritischeBetrachtungausschliesst, davon zurückhalten. Händcke2) hat über den Maler von Stein andere Vermutungen und schreibt die beidenWerke der gleichen Hand zu. Weiter nach den Meistern und dem Zusammenhangihrer Leistungen zu fragen, kann uns hier nicht interessieren es gehört in die lokale Künstlergeschichte. Gegen einen Ausspruch Vögelins habe ich mich aber hier zu richten, nämlich, dassdie Gliederung der Fassadedes Adlers einem einheitlichen architektonischen Gedanken entstamme, »ein sicherer Gesamteindruck der architektonischenKomposition« erreicht sei. (Taf. XIV.) Denn die gemalteArchitektur ist nicht für das Haus entworfen, sondern die Zwischenräumeder Fenster sind in mehr oder weniger geschickterWeise mit Einzeldarstellungenausgefüllt, welche alle für sich ihre Umrahmungen besitzen. Dass aber diese Bilder aus einem verfügbaren Vorlagenschatzdes Malers den Verhältnissen des Lokals gemässausgewähltwurden, wobei man teilweise nach leicht geübten perspektivische]!Regeln das dekorative Element dazu schuf oder eine brauchbare Ornamentbordüre verwertete, sollte schon aus der Art hervorgehen, in welcherdie grossenBogendarstellungen deszweiten Stockwerksmit dem Versuch einer perspektivischen Architektur im dritten Stockwerk auseinanderklaffen. Von einer architektonischen Idee kann doch wohl kaum die Rede sein. Die Verschiedenheit der Güte der einzelnenKompositionen wird auch nach dem Grade zu er- klären sein, in dem der Maler über Vorlagen augsburgischer oder italienischerProvenienz verfügte. Wenn man den Gedankenan Vor- lagenfesthält,wird sich das Rätselam einfachstenlösen,und man braucht die Meister, welche Kartons entwarfen, nicht vor der Voll') A. a. O. Anzeiger IV, p. 201 ff. *) Händcke,Die schweizerische Malerei,p. 198ff. 102 - endungder Fassade mit Hinterlassung geringererErsatzleute abreisen zu lassen. Das Verständnis des Meisters vom \veissen Adler für die korinthische Säule dürfte zum mindesten auch nicht höher gestellt werdenals dasdes Meistersvon St. Georg. Ein jeder hat seineVor- lagennachseinerWeiseverwertetund liefertso langeVortreffliches im Sinne des neuen Stiles, als sie ihn nicht im Stiche lassen. Die eigene eingehende Kenntnis derRenaissance kannaberwohlbeikeinem von beidenvorausgesetzt werden. Für dasSystemder nordischenRenaissance-Fassade sind zwei Erscheinungen am weissen Adler wichtig:die Anbringungeinzelner, selbständig eingerahmter undornamental abgeschlossener Darstellungen und die Verwendung der Untensicht. Das Erste ist die vollkommen natürliche und naive Weise der Fassadendekoration, wie sie einem jeden als selbstverständlicher- scheinenmusste,der eine eigentlichearchitektonische Gliederungder Fassade weder kannte,noch überhauptanstrebenkonnte. Erst über die Renaissance reflektierende deutsche Künstler wie Burckmair und Holbein konnten zu jenen Mitteln der Ersetzung einer wirklichen Architektur durch die Malerei gelangen. Die naiv bemalte Fassade hat anfänglich nur den Zweck, zu erzählen. In dieser Form ist sie auch dem Norden nicht neu. Es spricht sich darin nur das malerischeBedürfnis aus, welches ja die Architektur nachzuahmen keinen Anlass hat; ein Bedürfnis, das in Venedig, freilich nicht naiv, sondern als ein bewusstesProdukt hoher Kultur, sich an Fassaden in einenausgesprochenen Gegensatz zur Architektursetzte.1) Die Untensichthabeich weiter oben schon besprochen.Dass sie auch am weissenAdler verwendetist, beweistdie obenaufgestellte Behauptung,dassdie Lust an perspektivischer Darstellungund das (treilichnicht oft mit praktischem Erfolg gekrönte)Verständnisin allen Schichtender Künstlerschaft verbreitet war und dasses nur eines geringen Anstosses vonaussen bedurfte, um überallSchöpfungen dieser Art zu veranlassen. Holbeinsoll sichdiesenKunstgriffin Paduageholt haben; -- m noch höherm Masse musste dies beim Meister vom weissenAdler der Fall sein. Es ist aber viel wahrscheinlicher,dass durch italienische StichedieseArt perspektivischer Darstellungin Deutsclüandbekanntgegebenund dann sofort selbständig verarbeitet worden ist. 1 Jakob Burckhardt, Renaissancein Italien, I. Aufl. § 162. Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz \l' " -T» Rekonstruktion des Hertensteinhauses, Aquarell. Eines der ursprünglichstenMotive der italienischenFassaden- malerei,der ornamentale Fensterrahmen, ist hier naturgemäss nur in diskretester Weiseam untersten Stockwerkund zu oberstangewandt; es ist aber kein Epitaph, sondernein höchst primitiver Abschluss durch Säulen und Gebälk. Hans Holbein ist auch für die Fassadenmalereiein genialer Neuerergeworden.Überall,wo dieserMannzu arbeitenanfängt, fühlt man, wie ihm nicht von aussendasBestekam, sondernwie es tief aus seinem Innersten quillt. sierung des echten Künstlers: Auf ihn passt jene Charakteri- Wenn Ihr's nicht fühlt, Ihr werdet'snicht erjagen!etc. Trotzdem auch im Norden die Bemalung der Fassadenmit Wappenund Heiligenein alter Brauchwar, muss die Sitte der vollkommenen Bemalung in der Art des weissen Adlers und vieles Folgenden als eine Neuerung der Renaissanceangesehenwerden. Und diese Entwicklung steht entschieden unter italienischen Auspizien. Jakob Burckhardt hat in einigen Paragraphen seiner Renaissancein Italien die verschiedenen Arten der italienischen Fassadenmalerei zu- sammengestellt.Etwa fünfzig Jahre später als in Italien und noch bis ins XVII. Jahrhundert hinein macht die nordischeFassadebeinahe die gleichen Wandlungen durch. Das italienischeAuge verlangte eine architektonischeGliederung der Fassade,und so mag zuerst die Malerei in Konkurrenz mit der kostspieligenArchitektur getreten sein. Die gemalteArchitektur kommt auf, doch erst allmählich wird die Malerei an der Fassadefrei und sogarder Inkrustationvorgezogen.1]Der naiveBeweggrundzur Fassadenmalerei war also in Italien die Absicht, für die architektonische Ausschmückungeinen Ersatz zu schaffen,und nach und nach traten die eigenen Mittel der Malerei erst in ihre Rechte. Die deutsche Fassaden maierei dagegen war kein Ersatz, sondern ein Mehr; man ging über die gleichzeitigeArchitektur hinaus. Die naive deutsche Fassade betont die Malerei als solche, das architektonische Gerüste wird weder verstanden,noch gefordert. In diesemSinne ist der weisse Adler zu verstehen.Erst die gelehrteRenaissance bringt die Richtung der Italiener auf. »EineeinzigeGattung blieb, wie es scheint,HansHolbeind. J. vorbehalten:die illusionäreDarstellungeineswirklichenGebäudes, an ') Vgl. Burckhardt a. a. O. § 162, Zitat aus Ludovico Dolct. iu-4 dessenFenstern,Gängenetc. menschlicheGestaltenin der Zeittracht auftreten.PompejienthältÄhnliches, nurohneStreben nachIllusion.*1) DieseWorte JakobBurckhardtspassenhier in den Zusammenhang. Früher,2) als dieBaslerEntwürfeund dieFassade zumTanz,in denen die NeuerungHolbeinsam grossartigsten ausgebildet ist, entstanddas Hertensteinische Haus zu Luzern (1517-18). (Taf. XV.! Holbeins Fassaden sind nur noch in Entwürfen oder Nachbil- dungenerhalten. So auch die von Luzern, derenKopieenuns kaum gestatten,ein annäherndes Bild des einstigenAussehens zu gewinnen. Es ist natürlich unmöglich, festzustellen,ob dem Hertensteinhause oder dem weissen Adler die Priorität zukommt; in der Ent- wicklungder Fassade aber belegtdasLuzernerHaus einenFortschritt. Die Illustrierungder Fassadescheint hier wie dort hauptsächlich angestrebt,und eine durchgehende architektonische Ideedürfte auchhier gefehlt haben. Es ist dies doppeltnatürlichin einerStadt, wo schon viele bemalte Häuser existierten, die wohl alle keine architektonischen Gedankendarstellten.3) Wie ich es beim Meister von Stein annahm, hat auch Holbein hier zum Teil nachVorlagen gearbeitet. Das Vorbild war AlantegnasTriumphzug, den er, wie Weltmann4) feststellt, nur aus Stichen kannte. Aber während der Meister von Stein mit seinen Bogendarstellungen die Architektur des Hausesdurchbricht und eine der Fassade zuwiderlautende perspektivische Vertiefunggedankenlos anbringt,vermeidet Holbein hier alles, was einer strengenFassadenmalereinicht zukommt. Wie immer bei Holbein begegnenwir einem strenglogi- schenund fein künstlerischen Denken. Es ist nicht ausZufallgeschehen, dasser den architektonischen Hintergrund desTriumphzuges wegliess;denn eine solcheTiefe wäre hier nicht am Platzegewesen. Er beobachtetund erkenntdie strengerenGestezedesFrieses. Besonders deutlichliegt der Keim zu seinenspäteren Werken in der Mitteldarstellung,wo die drei Königssöhneauf dasHerz des Vaterszielensollen. Der Vorgangspielt nicht in einembeliebigen ßurckhardt a. .1. O. $ 164. Doch wurden auch in Italien die Klickte der Scheinarchitektur, vorherrschendim Interieur, ausgebeutet Vgl. Burckhardt, ??169, p. 2*h. '' Die Angabebei Liebeiuu,Geschichte der FanulieHertenstein, p. 13^, dass das Haus /.um Tan/, früher gemalt sei, beruht auf einem Irrtum. 3 Y^'l Liebeiuu a. a. O., p. 15; 1 \Yohmann, Holbein L, p. 139. Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz %f ^7^f'^f^4^Y~-, J&^^W^fe^ Hans Holbein, StUck eines Fassadenentwurfes. B 10) Räume,sundernin einer schonmit Absichtauf Illusion dargestellten altanartigenHalle. Holbein ist da, wo er an dieserFassade Figürlichesund Architektonisches verwendet,bestrebt,es in einen engen Zusammenhang mit dem Gebäudezu bringen. Es zeigt sich eine organischeVerbindung. Deshalb überschreitetdenn auch das Architektonisch-Ornamentale hier die Grenzen des einfachen Rahmens, die es am weissen Adler und in später ausgeführten Fassadenfesthält. Die Architektur emanzipiertsich in den Werken des zeichnenden Künstlers zum erstenmalin grössererAusdehnung. Es ist hier im Monumentalen die Parallele gegeben zu den Vorgängen in Holbeins Scheibenentwürfen. Holbein wird Architekt. Wenn ich das Programm diesesAb- schnittes, der nur vom architektonischen Rahmen in allen seinen Er- scheinungsformenhandeln sollte, zum zweitenmale ausdehne,so verleitet hierzu wiederum der innere Zusammenhang. Denn wie aus der Vertiefung des architektonischenRahmens Holbein sein Interieur schul, so gelangt er hier in ähnlicher Weise durch die Anwendung perspektivischerKunstgriffe zu der Erfindung seiner idealen architektonischen Fassaden.Die Perspektivebeherrscht hier alles andere. Es ist sehr charakteristischfür Holbein, dass alle seine architektonischen Schöpfungen, welche über das Traditionelle hinausgehen, diesesperspektivischeElement betonen und so beinahe lediglich als perspek- tivischeProblemeerscheinen,deren Lösung sich der Künstler zur Aufgabe macht. (Vgl. auch Taf. XVI. Selbst noch auf jenem Bilde der Prinzen am Hertensteinhause scheint das malerischeMotiv dasarchitektonischeüberwogenzu haben. Aber es widersprichtdoch nicht dem Gedankender Fassade.Es fügt sich im Gegenteilihr ein und scheint sich aus ihr zu entwickeln, sucht alsoeine gewisseIllusion hervorzurufen. Esist sicherund lässt sich an allen Werken desjungen Holbein nachweisen:er strebtstets nach einem monumentalen Stile. Warum aber hat er in seinen Fassaden nicht die Architekturen des Südensnachzuahmengesucht; in dieserArt Malerei nicht auch nur einen Ersatz für die Architektur erblickt, wie es der monumental crestirnmteSüdländer selber that: Die Fassadenmalereien,die wir von Holbein noch kennen, haben aber mit einer Fassadeder italienischenRenaissanceso gut wie nichts zu thun. Wie man schon am Hause von Luzern sieht, strebt Holbein von Anfang an darnach, den figürlichenSchmuckder Fassademit dem io6 rein dekorativen in innigen Zusammenhangzu bringen. Dies war der erste Grund, der ihn dazu trieb, die Fassadenicht mehr als reine Fläche zu behandeln,sondern in einer erleichtertenArchitektur Stand- punkte für die Figuren zu suchen. Der naturalistischeSinn musste ihn hiezu führen. Überdies aber konnte seine Freude an der architektonischen Darstellung sich in der Fläche nicht in gebührenderWeise aussern. Dies dürften die inneren Gründe gewesen sein. Wenn aber auch derenMacht noch so zwingendwar, ist es doch unbegreiflich, dass er so weit vom Stile italienischerFassaden,den er doch sichtlich erstrebte,freiwillig abwich, wenn er solche in Wirklichkeit gesehen hat. Hierauf aber weist nichts in seinen wunderbaren Gebäuden hin, und es legt uns diesabermalsdenGedankennahe,dassHolbein den Monumentalst!] Italiens an Ort und Stelle nicht kennen lernte. In seinen grossenFassadenmalereien tritt die Unkenntnis der italienischen Fassade eben so sehr hervor wie auf den kleinen architektoni- schen Konstruktionen seiner Hintergründe. Aber all dies miteinander brauchte noch keine Gebilde wie das I laus zum Tanz zu veranlassen; es musste der rein äusserliche Umstand noch hinzukommen, dass die mittelalterlichen Fronten in ihrer willkürlichen Anlage die Anwendung der Renaissanceform erschwerten und entweder eine teppichartigeBekleidung mit einzelnen Gemälden, eine völlige Zerlegung der Fläche und ein Aufgeben jeder grossen einheitlichenWirkung nahelegten oder ein gänzliches Hinausgehen über das Gegebene,eine vollkommen idealeKonstruktion erheischten. Holbein hat das letztere gewählt, und wie er aus den ungünstigsten Verhältnissen ein geistvolles Motiv herauszugestalten vermag,lehrt besondersschön das Haus zum Tanz. (Taf. XVII.) Da hier einer der grösstenDeutschensich auf seine Weise mit den Resultaten der italienischenRenaissanceabfindet, lohnt es der Mühe, ihm auf seinen Wegen nachzugehen. Die Fassadensind der einzigeOrt, wo Holbein durch den Gegenstandgenötigt wird, in grossemStile zu schaffen,wo er nicht wie gewöhnlichdem Gegenstandezum Trotz gross verfährt. Es hat etwasRührendes,zu sehen, wie er sich hier eine Welt gestaltet,wie er den gegebenenRaum ganz zu verhüllen, in seinemIdealraumeaufgehenzu lassenbestrebt ist. Es ist kein blosserZufall oder eine Künsterlaunegewesen,dass Holbein, aus England zurückkehrend, von allen seinen Werken dies Schneeli, Reii.iiss.mce i. d. Schweiz Rekonstruktion des Hauses /um Tan/.. Basel arnehesten>.einbischengut fand.1)Es musstefür ihn der Anblick dieses Hauses dasganze Streben seiner Jugend gleichsam konzentriert enthaltenund ihm um so liebereErinnerungen wachrufen,alser in England immermehrsichgezwungen sah,seinGenie in Gegenstände hineinzuströmen, welcheseinerKraft keinevölligeBefriedigung gewähren konnten. Es ist gewiss,dassdie grosseKompositionund dasAntikisieren HolbeinsFreudeundStolzwaren. AberhätteseinkräftigerRealismus sich soweit von der italienischenFassadeentfernt, die damalseinem nordischenAuge als der Inbegriff des >Antikischen : erscheinenmusste, wenn er siein ihrer ganzenWirkung in Italienhättegeniessen können? Ist es überdies ganz nur Zufall oder rein malerischeAbsicht, dass dasganzemonumentaleScheingebäude desHauseszum Tanz keinen Abschlussnach oben hat und so als unfertigesWerk, nur als ein Versuch charakterisiert erscheint? Liegt nicht eher eine Art von Resignation darin? Denn inhaltlich geht die Architektur hier nicht über die Motive hinaus, die Holbein überall verwendet und die er sämtlich aus Hintergründen und Umrahmungen italienischerStiche kennen konnte. Perspektivische Säulenreihen, tiete Bogenhallen und Zinnen. Und diese wenigen Motive antiken Charakters weiss er in unerreichbarer Genialität zu einem einheitlichen grossenBau zusammenzufügen ganzselbständig und ohnean italienische Monumentalbauten sich anzulehnen,- nur zuletzt bleibt der Abschlussnach obenein Fragment. So bezeichnet das Haus zum Tanz, wie Holbein selber wohl wusste,2) denGipfelpunkt jenerersten Periode dernaiven Renaissance in Deutschland, wo nur aus der Kenntnisder ornamentalen Details undweniger architektonischer Motiveheraus immerhin eineeinheitlicheHaltungerreichtwurde. Holbein erhebtsich hier über dieseganzePeriodeund über- ragtsomitauch dieganze folgende deutsche Renaissance. Sein Werk. dasnicht nur im Einzelnen, sondern in derGrundanlage eineUnkenntnis deritalienischen Kunstverrät,atmetdennoch durchaus hohen klassischen Geist.Die Gesamtwirkung desBauesist trotz aller >)Vgl-Woltmann, Holbein I. p. 150. *) Als Holbein1538jenesUrteilabgab,war seineRenaissance schonin diezweite Periode eingetreten -- er hatteunterdessen denStil vonFontainebleau inirenomnien undsodiesen frühen Werken gegenüber einStück seiner einstigen Originalität emgebüsst. Verstösseoeinaheeine römische. Er muss in jener Zeit auch schon römischeStichegesehenhabenund von der grössernStrengedieses Stils sofort angezogen wordensein. Jedochsteht dasHaus zum Tanz noch nicht direkt unter diesem Einflüsse \vie das Gebäude aul der schönenPassionvon Basel(Fig. n); man fühlt hier mehr nur die innereVerwandtschaft als eineAnlehnung. In den Stichen nach römischen Werken der Hochrenaissance hat darauf Holbein sein Pathos zum erstenmalein fremden Dekorationsarbeitenwieder gefunden. Wenn Holbein Italien wirklich besucht hat, so finden sich davon wenig Spuren in seinen Werken. Er schafft seine grossen Motive mit der Kenntnis weniger Elemente. Warum sollte er sie auch in Italien geholt haben? Hat nicht Mantegna seinen grossen Stil aus sich selber hervorgebrachtoder hat Masaccio irgendwo Vor- bilder gefunden? Die gestaltende Kraft lag damalsin der Luft und schlummerteauf dem Grunde schöpferischerSeelen; und es war eine glückliche Zeit, die es vermochte, ihr die Anker zu lichten. Über den malerischenBaustil der Lombardengreift Holbein hinaus auf den mächtigenStil der Römer. Nicht die Formkenntnis, die er sich auf einer Reiseerwarb, hat solcheWerke erzeugt, sondern die innere Wahlverwandtschaftmit den grossenMeistern desCinquecento. Die zwei verschiedenen Entwürfe für das Haus zum Tanz, die in Basel und Berlin erhalten sind, zeigen, mit welchen feinsinnigen Erwägungen er seine Arbeiten behandelt hat. Während er zuerst ein Fenster in der Tiefe eines Bogengewölbeseinfügte, wobei aber Fenster und Umrahmungennicht ganz zusammenfielen,ändert er es nachher dahin, dasser den Bogen als ideal-dekorativesGlied auf die freie Wandfläche malt, die Fenster aber alle von Pilastern eingefasst in die vorspringendenTeile der gemaltenArchitektur und somit alle auf die gleicheEbeneverlegt. Es ist keineFrage,dassdurch dieseReflexion der genialeersteEntwurf mancheEinbusseerlitt. (Taf. XYIII und XIX.) Im Bande U 2 der Basler Sammlung befindet sich der Entwurf iür eine kleine Fassade/zum Gryffenstein«,1)welche schon von Holbein beeinflusst sein muss. Das architektonische Gerüste zieht sich über die ganzeAusdehnungder symmetrisch eingeteilten Front, die Fenster sind mit epitaphartigen Dekorationen umgeben und die Fassadeals Ganzesvon grossenSäulen flankiert, welche gemeinsam ein Gebälk tragen. Die architektonischeIdee kommt hier nicht über das rein 1 U -i, 13. (Taf. XX. Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Tafel Hans Holbein d.J., Skizzefür das Haus zum Tanz. Basel. XVIII re a 109 Dekorative hinausund trägt so den allgemeinen Charakterder damaligennordischenRenaissance, den Holbein allein überschritt. Dasarchitektonische Elementbeschrankt sicham Gryffenstein aul das AI"tiv des Rahmens. HolbeinsgeistvolleVerwertungder Perspektive ist am Fassadenentwurf von Paris3) dagegen deutlicher vertreten, obgleich auch da ein ähnlicher dekorativer Stil wie am Gryffenstein beobachtetist. ^Vürden nicht Zeichnung und Details schon gegen HolbeinsUrheberschaft sprechen,die Anlage und dasSystemder Fassadeallein müssten es thun. Die holbeinische Tradition ist allerdings darin deutlich und wirkt sogar schon in der lahmendenWeise einer jeden Tradition. Denn obgleich die symmetrischeAnlage der Fassadeperspektivische Wirkungen so gut wie ganz ausschloss,strebte der Künstler doch welche an. Holbein hat die Zwischenräume zwischen den Fenstern verschiedenerStockwerke aufs Glücklichste zu Baikonen umgestaltet; der Zeichner des Pariser Blattes nun bringt unter den Fenstern des ersten Stockes eine Art von Bretterbalkon an, durch den die zwei Stockwerke hohen Säulen der architektonischenGliederung hindurch- gehen. Der geistvolleAusweg Holbeinsist hier, unter veränderten Bedingungen angewandt, sinnlosgeworden.Das Übergewicht des malerischen Gedankens,wie es an der naiven Fassadeund auch in HolbeinsgrossenSchöpfungen erscheint,ist hier schonmehr dem lediglichDekorativengewichen.Die Illusionist nur am obersten Stockwerk gewollt,wo einigeFigurenausaufgemalten Fenstern herunterzublicken scheinen. Sonst viegt das Ornamentale Flächenunter denFensternsindnicht mit frei komponiertenFiguren, sondern mit grossen ausPflanzenmenschen gebildeten Ornamenten im Sinneder Kleinmeistervorlagen ausgeschmückt. Die Hausthüre mitdenperspektivisch vorgebauten Flügeln gibteineVariation des üblichen Umrahmungsprinzips undenthältkeinenwesentlich neuen Gedankenals die durch die sehenden Putten.(Taf.XXI.) T diesen wenigen aufunsgekommenen Resten derfrühen Fassaden- alerei lie«n eine reiche Entwicklung ihres Stilsbeschlossen : vonder ' reinin chenAuffassungdesnaivenKünstlerszu dergrossenIdeal- i«-'*1-" -hitektur Holbeins und - nungen .eser wiedermit erzwungenen Anleh- sie in einen rein ornamentalenFassadenstil Werke >Dcssinsd'ornementde HansHolbeincist das Blatt auf -rn{el XVIII ff.reproduziert, vonHisabermitausgesprochenstem Zweifel behandelt. - 110 - Nikiaus Manuel hat auch Fassaden bemalt - - das Bild Salomonis vor den Götzen, das er in Bern an einem Hause anbrachte, spielte in seinerBiographieeine Rolle, da man darin eine Anspielungaut seinen GrossvaterFrickart sehen wollte. Die kärgliche Abbildung,1) die uns davon überliefert ist, lässt kein richtiges Bild der ganzen Fassade gewinnen. Dem CharakterManuelsgemässwird aber umsomehr dasFigürliche die Architektur überwogenhaben,als es dem Maler jedenfallsauch hier mehr um den lehrhaftenGehaltdesBildes zu thun war. Obgleich das Haus zum Ritter"-) in SchafFhausenschon in die " / PeriodedesBarocks(ca.1570)fällt, musseshier noch berührtwerden, weil es als ein Werk des bedeutendsten nachholbeinischen Schweizer- malers, des Tobias Stimmer, eine weitere bedeutendeUmgestaltung der Fassadenmalerei in schönsterWeise belegt. Es mischt sich hier die illusionäreDarstellung in der Art desHauseszum Tanz mit einer rein malerischenBehandlungder Fläche; denn die grösserenZwischenräume der Fenster sind mit allegorischenDarstellungen ausgefüllt, neben welchen die architektonische Dekoration sich auf die Fenster etc. beschränkt. Eine perspektivischeKunst wie am »Tanz war nicht notwendig - - es tritt auch in der SeeledesKünstlers kein Wettstreit ein mit grossenArchitekten, sondern er betont die Rechte der Malerei in bewusster Weise. dem Die Unterschiede zwischen dem »Ritter« und Tanz - sind umso lehrreicher, als Stimmer des entschiedensten durch das Haus zum Tanz beeinflusstist. Die Figur des Curtius ist beiden Häusern gemeinsam. Stimmer schliesstauch wie Holbein die Fassadeunter dem Dachstuhl ab, behandelt sie also noch als ein ideales Gebäude, sodasszwischen Dachstuhl und Fassade der blaue Himmel hindurchblickend gemalt ist. Wie Holbein, bringt er auch Pfauen auf dem oberstenGiebel sitzend an. Aber während Holbein sein ideales, ganz seinerschöpferischen Phantasie,die ihn mit den grossenArchitekten in Konkurrenz zu treten zwang, entstammendesGebäudeals unvollendet oben abbricht und die Geräte der Arbeiter noch verstreut darauf liegen lässt, hat Stimmer seinenBau ganz zu Ende geführt, indem er dasGiebelmotivder Architektur seinesZeitaltersabborgt. 1 Bei Rettig, Programm der Berner Kantonschule 1862. Vgl. Vogelin im Anzeigerfür schweizerische Altertumskunde,IV. 303ff. und 531 ff., und Handcke, SchweizerischeMalerei, p. 326 ff., welcher in weniger gesuchter Weise aK Yn-elin ästhetisiert. Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Späterer Entwurf für das Haus zum Tanz. Berlin, K. Kupferstichkabinett. Tafel XIX Die Malereiarbeitetalso hier nicht mehrder Architekturvor, sondern lehntsichan sie an. Die Fassadenmalerei erlangthiemit, auf selbst- ständigen Wegen,ein ähnliches Resultat wie dieitalienische: siewird als Ersatzfür die Architektur und zugleichfür ihre reiche malerische Wirkungbeliebtund ausgebeutet. So eng sich Stimmeran Holbein anschliesst,musstendennoch die Leistungender beiden so weit von einanderverschiedensein, weil die inneren und äusserenBedingungensich ganzverschobenhatten. Die naivste Stufe der Fassadenmalerei ist aber gegen das Ende des Jahrhunderts noch einmal in der bäuerlichen Kunst Ardüser<-in Graubünden repräsentiert. Ich erwähne hier nur das CorayscheHaus in Waltensburg, das von den vielen Denkmälern, die der Fleiss dieses armen wandernden Meisters sich einst gesetzt hat, noch eines der besterhaltenen sein dürfte. Die Malerei dient hier nur zur erzählenden Belebungder öden Flächemit vieldeutigenund erbaulichenErinnerungen aus alter und neuer Zeit, welche der geschäftigePinsel ohne Regel und Wahl auf die Wände warf. Wie die Gebäude selber entbehren auch diese Malereien jedes höhern dekorativen oder architektonischen Gehaltes in ländlicher und naiver Umgebung ist die künstlerischeIdee wieder in ihre unbewusstenAnfänge zurückgesunken. Die architektonischeUmrahmung war alsoauch für die Fassadenmalerei der Ausgangspunkt eines jeden Dekorationsprinzips,wo sich diesenicht gänzlich einer festen dekorativen Anlage entzog, um sich frei malerisch zu bewegen. Die Ausschmückung grösserer Wand- flachenim Innern der Gebäudezeigt gleichfallsdieseVerschiedenheit derPrinzipien. Wo der Gegenstand nicht Anlassdazugibt, wird eine dekorativeUmrahmungganzweggelassen.DasBild ist wie ein ungesäumterTeppich über die Wand gebreitet. HolbeinsBilder im Innern des Hertensteinhausessind so gehalten. Es ist lediglich die Illustration der Wand erstrebt, indem jede Fläche gleichmässigmit einem ge- wünschtenGegenstande belebtwird. DerInhalt ist durchausdie Hauptsache. Wo nur ein Gemäldeauf je eineWand trifft, ergab sich dies von selbst, es bedurfte keiner weiteren Gliederung. Dennoch aber ist der Wunsch der frühen Renaissance,überall einzufassenund zu aliedern, ein mächtiger und durchgehender. Eine der bedeutendsten Einzeldarstellungen der Frührenaissance in derSchweiz,die wenigstens in einerZeichnungerhaltenist,1) befandsich im Agnesenkloster zu 1 Abb.im Anzeigerfür schweizerische Altertumskunde V, p. 218. - SchafThausen: Die Rückkehr \\2 des verlorenen Sohnes vom Steiner MeisterT. S.1) Die zwei verschiedenen Vorgänge der Geschichte sind hier durch einen Pilasterauseinandergehalten und in dieserWeise die Wand gegliedert. In ähnlicher Weise sind die Bilder von Diessenhofen2)(1527) seitlich durch Pfeilerbegrenzt; dasBreitformat der Gemäldeschloss eine gänzlicheUmrahmungaus. Doch ist eine solchefür die Thüre verwendet und über der Thüre noch ein Bogen mit Darstellung im Bogenfeldund seitlichenArabeskenleisten aufgemalt. Wo eine Reihe von verschiedenen Bildern gegebenwerden sollte, ergabsich die Gliederungund EinteilungderWand von selbst. Hier trat denn auch das Umrahmungsprinzip wieder in sein Recht. Es bildete sich für die Wandmalerei kein besonderer Stil der Umrahmungaus; die üblichenMotive kehren hier wieder. Das schönste BeispieleinereinheitlichenWandgliederungbesitzenwir in denbekannten Malereienvon St. Georg zu Stein a. Rhein. (Taf. XXII.) Hier sind die Wände von grossenArkaden mit Pfeilern und Pilastern gegliedert, welche in geschickterWeise perspektivischdargestellt sind. In die Bogenöffnungen sind die Bilder eingeordnet. Die Zwickel sind mit Medaillons oder Gefässen,die auf den Kapitalen stehen, ausgefüllt. Diese steinern gedachteDekoration ist noch die einzige, welche in der Art italienischerWandgliederungeneine einheitlicheUmrahmungsidee, die sich vom Bilde emanzipiert, darstellt. Meistens sind die Bilder einzelnumrahmt und so ist die Umrahmung an dasBild gezogen, nicht selbständig durchgehend.Diesvor allem im HauseCorraggioni zu Luzern, wo jede figürliche Komposition, je nach ihrer Grosse,von einem Rahmen umgeben ist: die Heiligenbilder in zwei Reihen über- einander,eine kleinlicheAnordnung, die natürlichauch eine grosse einheitliche Gliederung der Wand unmöglich machte. Die Wandgemälde im Schlosse Überstorfbesitzeneinenornamentalen Rankengrund, der sich über die ganzeFläche spinnt; man be) Es ist kein Grund vorhanden, an der Identität der Meister von S. Agnes und S. Georg zu zweifeln ; das Monogramm auf der Zeichnung erscheint durchaus zuverlässig. Händcke, p. 197, greift dies an, da er die Pause in Schaffhausen lür die altereSki^/.ehält. Bei einer eingehendenVergleichungder beidenReproduktionenerweistsich die Handzeichnung Beck'sals die ursprüngliche,die Pause nur als eine äusserstflüchtige Durchzeichnung derselben. 2 MitgeteiltvonRahnim Anzeigerfür schweizerische Altertumskunde,1895, III, Bd. VI, p. 463. Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Tafel XX Fassade zum Gryffenstein. Anonymer Entwurf, Basel. "MltaF. Bruckmann A -G., München findet sichhieralso noch gänzlich in dergothischen Tradition, wiewohldieGegenstände humanistisch sind. Wie dieWändeim Hause Techtermann in Freiburg ursprünglich gegliedert waren, lässt sichheute nicht mehrentscheiden. Es ist aberwahrscheinlich, dasseinehöhere dekorative Absichtnichtmitsprach.1) Manuel hat in seinerFolge von Todesbildern,die er ca. 1518 malte, die einzelnen Scenenzwar nicht eigentlicheingerahmtund durch Rahmen getrennt, dennoch aber durch eine fortlaufendeArkade desMittelgrundes die Bilder in ihrer Einzelheit betont und den ganzen Cyklus rhythmischgegliedert. Der Wandteppichvon St. Vinzenz von 1515 in Bern2) muss hier auch erwähnt werden. Das Prinzip bleibt im Grunde das gleiche. Der Teppich ist ja aucheineArt von Wandmalerei,nur mit erhöhter festlicher Würde. Auch hier ein Cyklus von Darstellungen, welche unter sich durch ein dekorativesSystemauseinanderzuhalten sind. Stetsder gleicheKandelaberversiehthier den Dienst - - nach seiner Form zu schliessen ein Werk der frühen französischen Renaissance. Der Bogen ist in den Ecken nur angedeutet,aber nicht über die ganze Komposition gespannt. Holbein löst schliesslich im Rathaus von Basel den Rahmen ganz von der figürlichenKomposition. Nur ist er da, wo die Vorgängein einemInnenraumespielen,daraufbedacht,einenPfeileroder ein ähnliches Glied der Architektur auf den Rand des Bildes treffen zu lassenund so einenjeweiligen entschiedenenAbschlusszu schaffen. Doch ist danebender Gedankeeiner ganz selbständigeneinheitlichen Raumgliederung vorhanden. Zwischen jedes grosse Wandgemälde stellt sich eine Einzelügur in eigener architektonischerUmrahmung, so den architektonischenGedanken des ganzen Raumes ausdrückend und betonend. Aus der blossenWandgliederung ist hier eine Raum- gliederunggeworden.3) Die BaslerWandmalereien im ehemaligen Hausezum Pflug von 1540*)habenganzornamentalen Charakter,Thür und Fensterrahmen bilden ihre Hauptmotive. Anlich und wohl noch reicher waren die Wandgemäldedes alten Werkhofs in Basel von 1535. Motive aus holbeinischen Titeln waren dazu verwandt. l) Die beiden Bildercvklen sind bei Haendckc p. 130 f. erwähnt. s Historisches Museum. 1 Rekonstruktion von Schmid im Jahrbuch J K. Pr K. XVII. Bd. *) Abb. Anzeiger f. seh. A. 1892 Xo. 4. R Der rein ornamentale Rahmen in der zeichnenden Kunst. Aus dem Vorhergehenden hat sichergeben,dassdie Umrahmung, welche sich an Formen der Architektur anlehnt, eine ungeheureVer- breitung in der zeichnenden Kunst fand und beinaheausschliesslich ausden Titelblättern hervorgegangen ist. Konnte dieserascheEntwicklung einer bestimmten Dekorationsform nur vor sich gehn, wo der Boden nach jeder Hinsicht vorbereitetwar, so fand aus dem entgegengesetzten Grunde die rein ornamentale Umrahmung nur eine geringeVerbreitung. Auch sie tritt zuerst im Buchdruck auf und vermagsichkaum darauszu entfernen,da ihr die Bedingungennirgends sonst günstig sind. Diese eigentlichenBordüren, welche den Titel eines Buchesin den verschiedenstenBreiten einfassten, waren in italienischen Drucken nochhäutigerals dasEpitaphmotiv.Ihre Übersetzung ins Deutsche haben sie hauptsächlichdurch die Hopfer gefunden. Die italienischeBordüre der Renaissanceentsteht in den mannigfaltigstenKombinationen. Das Ornament besitzt unerschöpflicheHilfsquellen. Es lassensich innerhalbdiesesUmrahmungsprinzips verschiedene Systemenachweisen. Ein Grundunterschiedergibt sich aus der Buchdruckerpraxis, indem die einen Einfassungenals Ganzes komponiert werden,1)die ändern aber aus verschiedenenLeistenzusammengesetzt sind und so stets wieder in anderer Zusammenstellungabgedruckt werdenkönnen.2)In Deutschlandhat dieseArt einebesonders häufige Verwendung erfahren. l) Z. B. Butsch, Bücherornamentik der Renaissance. Tafeln 4 u. 9. - 7 R. Butsch, 12 u iv Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Anonymer Tafel XXI Fassadenentwurf. Paris, Louvre. Verlagsanstalt F. Bruckmann A.-G., München Die am reinstenornamentalen Leistensinddie blosseRanke und das Knotenwerk. Letzteresist in der frühen Zeit der deutschen Renaissancenur von Dürer verwendet worden, der dabei auf eine direkteitalienische Anregungzurückgeht.1) Gegen dieschlangenförmig laufende Rankebewahrtdie frühe deutsche Renaissance eineeigentümliche Zurückhaltung; obwohldies Motiv sich in der italienischenKunst in wunderbarsterWeise ent- wickelt hatte, wollte es doch dem Deutschennicht gelingen. Nur Holbeinhat es behandelt,selten,aber dann mit Geschick.2) Und doch war dieRankeeinesderbeliebtesten unterdenwenigen Motiven derSpätgothik.Mansolltedenken,dasssiesogleich in dieRenaissance übersetzt wurde. Abergeradein der häufigen Verwendung in der Gothik muss der Grund für dasAussterbenin der Renaissanceliegen. Die Hand des Künstlerswar an das gothische Laubwerkgewöhnt und fiel immerwieder dareinzurück; es war ihr leichterganzfremde Formennach-alsdiealtgewohnte umzubilden. Wirklichzeigen sich nirgendshäutigerals im LaubwerkRückfällein die gothischeFormbehandlung.3)Es kam hinzu, dassdie Symmetriedes Renaissance- ornamentes hauptsächlich frappierte undvomdeutschen Künstlernachgeahmt wurde. Der fortlaufendenRankewurde dahernicht die Sorg- falt gewidmet,die esgebraucht hätte,um sie der Tradition zu entwinden, und so blieb sie langeZeit noch gothisch,als dassymmetrische Ornament sich schon schön entwickelt hatte.4) Esist dieeigentliche Kandelaberarabeske, welchealssymmetrischesMotiv ungezählteVariationenerlebte,wie es auch schonin Italien die beliebtestealler Zierformen war/1) Butsch giebt unter 1 Ygl. Lichtwark, Ornamentstich, p. 41 ff. und Springer, Dürer p. 63. Butsch 35. 2, Obere Leiste von J. F. Butsch 50. Heitz 70. H fitz 67 erscheint die gothische Rankenform, nur etwas ruhiger und saftiger gebildet Holbein \V. 55. 3 Ein weiterer Grund liegt \vohl auch in dem Umstände, dassdiese Ranke erst in der Hochrenaissance ihre höchste Blüte fand, dass sie ferner im italienischen Buchdruckauch seltenan .Seitenleisten, sondernmehr an FUSS-und Kopf leisten verwendet ist, weshalb sie der deutsche Druck auch auf diese Teile beschränkt. Sehr schönist sie entwickelt am Titelblatt des mailandischen Aesop von 140,8 und noch reicher im Tesaurospirituale,Signerre,Mailand 1498. Abgebildetbei Lippmann, Art of wood engraving. *) HolbeinunddieKleinmeisterhaben zuerstRenaissancelaubwerk geschahen. \Vie sich letztere gegen die Symmetrie verhielten, vergleiche Lichtwark a. a. O. unter Aldegrever, pag. 192. 5) Burckhardt a. a. O. § 134. No. 27, 28, 29 derenVerwendungzur Titelbordürenachitalienischen Mustern. (Butsch 9, 10, 13, I6.)1) Urs Graf hat am häufigstendie SeitenleistenseinerTitelblätter in dieser Art verziert, und auch von den Brüdern Holbein existieren zwei solche Blätter. (Butsch 43 und 45.) Allerdings tritt hier das Ornamentale schon in Verbindung mit ziemlich umfassendenfigür- lichen Darstellungen.Man stössthier auf eine Eigentümlichkeitder deutschen Randleisten. Auch die Italiener brachten in die ornamentalen Motive mannigfaltiges figürliches Beiwerk. Aber selbstPutten und dergleichenwirken dann an dieserStellebeinahenur ornamental,und wo sogargrössere selbständige Kompositionen eingeflochten sind,halten sie sich in der antikisierendenErscheinung des Ganzen.2) In Deutschlandverlangt die Illustration ihr Recht; das Ornament tritt oft zurück vor der figürlichen Komposition. GeradedasHolbeinische Blatt(Butsch45) zeigt denÜbergang sehr deutlich. Die Darstellung hält sich noch zum Teil an den Putto, dieses mehr dekorative Element; die Illustration besetzt aber die breite Fussleiste,und das Ornamentale bleibt auf die schmalen Seitenleisten eingeschränkt. Hier, und nicht auf dem Gebiete des vegetabilischenOrnaments, tritt die Renaissancebordüre die Erbschaft der gothischen Periode an, jener Leisten der Illuminatoren mit ihrem naturalistischen,gleichsam erzählendenSchmucke. Dürer hat darauf in seinenRandzeichnungen zum Gebetbuchdiese Art der Dekoration ausgeweitet,der Rand wird mit kleinen Genrescenenversetzt und das vegetabilischeElement schlingtsichdazwischen, ohneeineeigentlicheVerbindungherzustellen. Butsch 89 zeigt diese Art in den Buchdruck übertragen, in Butsch 90, 91, 92 und 96 hat schon die Ornamentik die Verbindung der kleinen Genrefiguren übernommen. In Dürers Rahmen zum Kruzifix von 1517 (Butsch 33) hinwiederumsind die Figuren der Engel in die engstegeistigeBeziehungzum Mittelbilde gebracht. Das Ornament spielt dabei eine untergeordneteRolle. In dem Rahmen Butsch 34 von 1517 ist schon jeder ornamentale Gedanke überwunden, die Leiste zerfällt einfach in eine Reihe von grössern figürlichen Kom- positionen,die der Rahmenformangepasst sind. Dürer also hat dieser echt deutschenEigenart,der BevorzugungdesInhaltreichenund Bev) Ich beschränke mich auf BeispieleausButsch,der dieseEntwicklungsehr mn illustriert und den Vorteil hat, jedermann zugänglich zu sein. 2 Z R Butsch, 4, 7, 10. Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Wandgemälde im Kloster St. Georg zu Stein a. R deutungsvollen vor demreinFormalenim BuchtitelzuerstzumDurchbruch verhelfen. Dies Prinzip erfreut sich nun natürlich einer grossen Beliebtheit - - bleibt aber doch nur den bedeutendsten Kräften vor- behalten. Ambrosius Holbein hat mehrere Kompositionen dieser Art entworfen, auf Butsch 46 und 48 blieben sie auf Kopf- und Fussleiste beschränkt, während die SeitenleistenallegorischeGestalten in ornamentalerVerbindung zeigen; auf Heitz 26 sind auch die Seitenleisten kleine Scenen. Wo Hans Holbein sich nicht dem Epitaphmotivezuwandte,hat er denn dies deutscheSystemder Umrahmungauf die höchsteStufe gebracht. Das vollendetsteBlatt ist sein Titel von 1523 (Heitz 15), desseneinzelneDarstellungen,auch abgesehenvon der geistvollen Gruppierungin dem engenRaum, vollendeteMeisterwerkesind. Es ist eine jener Arbeiten, an denen man die geistigeGrosseHolbeins und sein immenses Kompositionstalem so recht kannschätzenlernen. Die Trennung der einzelnen Kompositionen ist in Heit/ 71 (W. 212) und dem Blatte mit dem Parisurteil (W. 220) ganz aufgegeben,ob- gleich sieganzverschiedene Gegenstände behandeln.Auf demletztern Titel ist durch eine sinnreiche Architektur das Figürliche in eine schöneharmonische Anordnunggekommen.(Taf.XXIII.) Am konsequentestenist dies Dekorationsprinzip da ausgebildet, wo eine einheitliche Komposition den ganzen Rahmen ausfüllt. Es fehlt dabei jeder ornamentaleSchmuck, und alle Aufmerksamkeit des Künstlers ist darauf gerichtet, die Darstellung in die Form der Titelbordüre hineinzubringenund die dabeientstehendenSchwierigkeitenzu überwinden. Es ist allgemein bekannt, welch herrlichesBlatt Holbein in dieserArt in seinerCebestafel schuf.1)Hier hat dasIllustrationsprinzip das dekorative vollkommen überwunden und sogar den Rahmen gezwungen, der eingerahmtenTafel gegenübereinenunverhältnismässigen Umfang anzunehmen. Ein ungünstigesResultatergabder Versuch, den Rahmenzu einer Darstellungin einem Gehäusezu benützen. Das Blatt Butsch55, dasJ. F. schnitt, lehrt es zur Genüge. Die Anordnung der Tafel war dabeinicht mehr mit Geschmack durchzuführen.2) ) W. 227, Butsch 54 2) Falls Holbein die Vorzeichnungin dieserForm lieferte, muss er sich durch seineFreudeam Gehäusezu dieser unglücklichenKompositionhabenverleiten lassen. Die Tafel ist besondersungeschicktangebracht,da es scheint,als sei sie mit dem Kopfe der dekorativenweiblichenFigur an einemFestonaufgehängt. Es ist abernicht ausgeschlossen, dassJ. F. hier ziemlichwillkürlich ver- Neben dieser hervorragendenAusbildung der Illustration rinden sich auch zahlreicheRahmen,wo dasFigürlichedasOrnamentnicht verdrängt, sondern sich in anmutigster Weise damit verbindet. In ähnlicher Weise wie am Epitaph werden die Figuren gerne etagenweise übereinanderangeordnet in ganz freier Weise z. B. von Holbein in Heitz 64 und 66 (Butsch57) und von Urs Graf (Butsch99). Nach italienischem Vorbild ist der Putto, nur in freierer nordischer Auffassung, für die Kandelaberleistehäufig von Urs Graf verwandt, z. B. Heitz 11 etc. oder wohl am reichsten und schönsten auf dem Holbeinschen Blatte Heitz 9. Einige Randleisten Urs Grafswie Butsch38 und 40 bringen in der Säule eine architektonische Form; sie lehnen sich damit an Dürers Titel von 1513 (Butsch 3c). Man muss hier noch zweier Basler Blätter gedenken, welche sich in der Anlage an seltenereitalienischeFormen anlehnen und rein ornamentaleKompositionen sind. Man rindet sie gleichfalls bei Heitz (40 und 46). Trotzdem die nordische Verwilderung im Ornament hier sehr stark mitspricht, hat man doch wohl in diesenDarstellungen am ehestenden Einfluss eigentlicher Grottesken*) zu erkennen. Die Grotteske hat die Kunst des Nordens direkt sehr wenig beeinflusst;2j es war kein Raum für sie da, weil sie einer Fläche bedarf und ihr der Rahmen keine solchezur Verfügung stellte. So sind denn diese zwei Rahmenihre einzigenÜbersetzungenins Deutsche,auch da unter dem Einflüsse venezianischer Drucke bis zur Unkenntlichkeit entstellt.3) Frankreich hat die Grotteske früher als Deutschland(wo sie im Fuggerpalastz. B. 1570, aber von italienischer Hand, monumental verwertet wurde) aufgenommen. In der Schweiz trifft man ihre Verwendung im grossennur in der französischenGewölbemalerei der Kirche von Lutry am Genfersee (1577). Sie tritt also erst spät, selten und nur durch Frankreichs Vermittlung auf. fuhr und vielleicht nur ein Holbeinsches Bild durch Anbringung der Tafel zum Titel stempeln wollte. Die angeführte Geschmacklosigkeitkönnte man dann auf seine Rechnung setzen. Der Wert des Blattes ist meistenssehr hoch angeschlagen worden ; in der Entwicklungsgeschichtedes Titels bezeichnet es aber einen Rückschritt. Im Bande U II, 7 der Basler Sammlung ist das Motiv für einen Glasgemäldeentvv'urtbenützt. 1 Für die Grotteske vgl. Schmarsow im Jahrbuch der K. Preuss. Kunstsammlungen II. p. 151 ff. Trotzdem Zoan Andreas Grottesken girwiss auch bekannt Nvaren. ') Schmid nennt im Repertorium XVIII, 6. Heft, Ambrosius Holbein als den Meister. Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Titel von Hans Holbein Tafel XXIII d. J., Metallschnitt. Verlaesanstalt F. Bruckmann A.-G., München Titel dagegen wie Heitz48 (Butsch42) undHeitz48a sindtreie Kopieen nach venezianischenBlattern, wie z. B. das der Biblia vulgäre des Rusconi(1517 etc.).1) Unter die ornamentalenUmrahmungenist noch eine der beliebtesten Zierformen der Renaissancezu zahlen, der Kranz. Doch ent- fernt man sich hier vom Buchtitel, als dessenEinfassungnirgendsdies einfache Motiv, welches überdiesja dasRund verlangte,gebrauchtwurde. Der Kranz findet sich hauptsächlich zur Umrahmung von Wappen und Medaillons in der zeichnenden Kunst, wie auch direkt von da über: nommen in der Zier- plastik. Er ist eine der frühesten Renaissance- formen, die im Norden aufgenommen werden. Der Kranz, der als blosses Dekorationsmotiv den Zweck ohne der Umrah- mung erscheint, muss Fig. 12 Wappen Amerbach. Steinrelief. Basel, später noch berührt bist. Museum. werden. Unter den nordischenDrucken mag der BurckmairscheHolzschnitt mit der Sancta Mater Ecclesia von 1508 '(Butsch 19) zuerst dasMotiv in Zirkulationgebrachthaben. Xach Mantegneskem Vorbild bestehen die Kränze, die hier die Schilde umrahmen, aus Lorbeer und Früchten. In den schweizerischen Buchdruck tritt er durch Hol- beins Titel von 1517 ein, der überhaupt stark durch Burckmairsche Motive beeinflusst ist.2) Im BaslerMatrikelbuch, dessen heraldische J) In Drucken des Proben von 1516finden sich im Text einzelneKopfleisten, welche direkt venezianischenCharakter tragen. *) Weltmann giebt ihn als Nr. i dem Ambrosius, Schmid nimmt ihn für Hans in Anspruch. Da er sich im Motiv stark an Burckmair anlehnt, ist die Entscheidung nicht leicht. 12O - Darstellungendie Stilwandlung des XVI. Jahrhundertsin interessantester Weisebelegen,findet sich ein Lorbeerkranz mit fliegenden Bändern schon 1511 als Schildumrahmung. Am Getäfel von Aarau rahmt er 1520 dasAarauerWappenund die Medaillons ein. Von da an tritt er ununterbrochen auf bis in die Zeit der Kartusche hinein.1) (Vgl. Fig. 12.) Eine freiereornamentaleUmgestaltungerhält der Kranz schon recht früh. Er ist dann eher nur ein ornamentaler runder Rahmen, der sich aus allen möglichenElementender Renaissance, Delphinen, Füllhörnern, Laub- und Bandwerk zusammensetzt.2)Die reichsteAus- bildung erhält er in dem speziellbernerischen OrnamentstilderRundscheibenvon Hindelbank.3) Er ist da zu einem kreisrunden breiten Rahmenerweitert,dessenLaubgewindemit Putten, Medaillonsetc. bereichert sind. So ist hier die Verwandtschaft mit dem strengen Kranze nur noch eine verschleierte; dies Prinzip der Wappenumrahmung leitet sich aber dennoch vom Kranz her, den die Renaissance einfuhrt; denn die Gothik umrahmte den Schild mit Masswerk- ornament und dergleichen. Es ist hier noch der Kartusche zu gedenken,jenesornamentalen Rahmens,dessenallgemeine Bedeutung in der Stilentwicklung des XVI. Jahrhundertsschon weiter oben gewürdigt werden musste. Denn in ihr hat das sogenannteRollwerk seinen vollendetstenAusdruck gefunden. Ich unterscheide zwischen Rollwerk und Kartusche; das erste bezeichnet die elementare Form, aus der sich die Kartusche, ein gewöhnlichovaler oder oblongerRahmen,zusammensetzt.Über die Entstehung des Rollwerks findet man die interessantesten Notizen bei Lichtwark,4)so dassich hier nur noch einigeschweizerische Beispiele zur Ergänzung der VorgeschichtedieserForm gebenmuss. Das Rollwerk ist eine geboreneRahmenform, da es sich am Randeder Schilde und Tafeln bildet und nicht seltensich aus derVerschlingungzweier Rahmen zusammensetzt. Die ersten Spuren von Formen, die dem Rollwerk in bestimmterWeise vorarbeiten, befinden sich an den Schilden. Doch ist erst die italienischeSchildform dafür entscheidend,da die Aufrollung des gothischen Schildrandesdie Symmetrie, welche in der Kartuscheimmer herrscht,noch nicht kennt. Die Anfängeder ,i Z. B. am Wappen Amerbach von 1550im historischenMuseum von Basel. :i So Holbein, Butsch 57, Heitz 64. Abb. Meisterwerke der Glasmalerei Nr. 38. Ornamentstich p. 15 fi. Kartusche liegenalsowohl in derÜbertragung dergothischen Rollung auf den symmetrischenRenaissanceschild.1) Sehr wichtig dafür ist Heitz 108 (Butsch50), dasHolbein anfangsder dreissiger Jahre zeichnete. Im übrigen ist Holbein jedoch sehr zurückhaltendbei der Rollung der Schilde; es gilt bei ihm der Typus wie Heitz 109 fast durchgängig.Er hält sich somit an den italienischen Idealschild.Er ist jedochauchder erste,der, an dembekanntenRahmendesErasmus, in Deutschlandein ganz ausgebildetes Rollvverk einführt. Die frühen Rollungen aber verlassendie Schildform nicht. Eine Ausnahme davon macht das Druckerzeichen desProbenauf demTitel Heitz46, welches schon 1521 die herkömmliche Schildlorm ganz aufgibt und dasOval annimmt, somit wohl der trüheste Vorläufer der eigentlichenKartusche ist.2) Diese fällt unsere Periode, nicht mehr in sie führt barocke Hochrenaissance ein. die Im Buchdruck siegt sie sehr rasch über die die architektonische ornamentale und Leistenumrah- mung. Sie nimmt da meistens die Ovalform an, besonders für Signete u. dergl. Mit dem oblongen Rahmen verbindet sich das Rollwerk erst etwas später. Es ist dazu eben seine Über- tragung auf das architektonische Rahmenprinzip der Frührenaissancenotwendig. Wahrscheinlich vollzog sich diesezuerstam Glasgemälde, welches die Ovalform anfänglich ausschloss. Typenwie Fig.15.Kartusche. Venedig 154*- '' Symmetrische Schildemit Anlangenvon Rollungz. B.: Heitz33 von 1517, 57 von i;u;, 41 von 1520, 45 von 1520, lerner 159, 160, 161, 162,welche dasallmähliche Vorrücken gegendie Kartusche belegen. - Fs ist dies derselbeTitel, den ich auch bei der Grutteske erwähnte und den Schmid dem Ambrosius Holbein zuweist. ButschII 86 desTobiasStimmersind wohlzuerstam Glasgemälde in einerallmählichen Durchsetzung desarchitektonischen Gerüstes mit Rollwerkformen entstanden und von da in den Buchdruck überge- gangen.So ist wenigstens in Süddeutschland für den Übergang der Kartusche zu einerin Rollwerkaufgelösten ArchitekturdasGlasgemäldeentscheidend; Stimmer undAmmannleiten ja für einelange Periode den Geschmack im deutschen Buchdruck.1! DasRollwerknimmt nun schonreichenfigürlichenSchmuck auf, meistPuttenoder allegorische Figuren,derenselbständige Bedeutung sich aber ganz dem dekorativenGedankenunterordneterst jetzt wird die Figur rein dekorativ verwendet. Obgleich in Italien an den Umrahmungen des Bonasoneeiner der erstenSchrittegegendie Kartuschegethan war, ist Italien doch massigin dieser Form. Die massgebende Ovalform hat sich aber jedenfallshier entwickelt. Correggiobringt sie schon 1515 an der DresdenerMadonnaan. Ein venezianisches Titelblatt, erschienen15412) in /La Biblia la quäle in se contiene i sacrosantilibri«, zeigt für die ()valumrahmung eineninteressanten Übergang zumRollwerk. Diegerollten Formen treten noch nicht plastischvor und der Akanthus ist noch nicht ganz überwunden. Solche Blätter werden wohl auf den Norden gewirkt haben. (Fig. 13.) Überall aber bleibt das Rollwerk anfänglichauf den Rahmen beschränktund entwickelt an dieserStelle seineungeheuredekorative Pracht. Alles geht in diesem einen dehn- und leicht variierbaren Motive auf. Als Flächendekoration erscheint es in Verbindung mit der Maureske.3) 1 Liclmvark charakterisierta. a. O. p. 27 das Rolhverk der verschiedenen Länder. Frankreich und die Niederlande behalten einen klaren monumentalen Zug, weil dort das Rolhverk für grossearchitektonischeDekorationen benutzt wurde und zum Teil auch Ja entstand. In Deutschland dagegen ist es die Form des Zeichners par excellence. Lichuvark bemerkt, dass Ammann auch einen monu- mentalerenZug hineinbringt. Ich glaube,dassdies auf Rechnungder Glasscheibe zu setzen ist. 2 Ob zum erstenmal? Vgl. Lichuvark, p. 26. Fig. 14. Holzbdiniucrei au:>A.irju von 1520. Das Umrahmungsprinzip und der in Werken der Zierplastik Kleinkunst. Das italienischeund französische Rollwerk trägt einenmonumentalenCharakter,weil es sich an plastischenArbeiten ausbildet. Deutschland dagegenbehält eine wilde krause Form - - die zeichnenden Künste bilden eben allein daran. So steht es auch in der ersten Periode der Renaissance. Die zeichnenden Künste beeinflussen die Plastik;nirgendsist der Fall umgekehrt. Bei der Betrachtung derjenigenfrühenWerkeder Zierplastik, welche den Geist oder doch wenigstens die Form der Renaissance angenommen haben,ist die Holzplastik zuerstinsAuge zu fassen,da sie, beweglicherund wenigerstarrgebundenalsdie Steinhauerei, auch 124 günstigerenmateriellenBedingungenunterliegend,die neue Form früher übernimmtund ihren Zweckengemässgestaltet. Es ist selbstverständlichund einleuchtend, dass in ausgeführten Werken der dekorativenPlastikjeder An dasMotiv derarchitektoni- schenUmrahmung relativ noch mehrVerwendungfand als in der zeichnenden Kunst. Denn es war ebenbeinahedaseinzigedekora- Fig. 13. Wappen von Aarau. Rathaus, Aarau. tive Prinzip, welchessich für die plastischeBehandlungeignete. Es war ja aus Architektur und dekorativerPlastik in die zeichnendeKunst übergegangen und wurde nun auf sein ursprüngliches Gebietzurückgenommen. Durch den Mangel an anderenVorlagen war diesenatürliche Wahl überdies schon bestimmt. Es sind hauptsächlichgeschnitzteWappendarstellungen,welche das architektonische Rahmenmotivverwenden. (Aarau 1520.) Sie haben das Bestreben,es dem Buchtitel und der Scheibegleichzuthun. Tafel Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Schrank von ca. 1550. Zürich, Landesmuseum. XXIV Der baulicheRahmenübernimmtin der Renaissance wenig neue Gebiete,er ist die Fortsetzungdes gothischen. (Fig. 14 u. 15.) Ein neuesFeld entsteht ihm am Möbel als Füllungsmotiv, wo dasMöbel durch Lisenen gegliedertist. Er ist dann meist Umrahmung einesWappensoder einerornamentalenDarstellung,mit welcher er zusammenden Spiegel füllt. Beispiele: Truhe aus dem Wallis im Übergangsstile (Landesmuseum). TruheNaegeli-Spillmann von 1525 im historischenMuseum zu Bern, als Füllung der Füsse. Truhe von 1567,Landesmuseum, Truhemit demWappen von Ulm von 1550 (Landesmuseum).1) (Fig. 5 u. 16.) Die gesamtearchitektonische GliederungdesMöbelsgehörtnicht hierher und wurde schonoben besprochen. Fig. 16. Truhe von 1550. Zürich, Landesmuseum. Das Berner Chorgestühl ist nicht als ein Werk deutschenGeistes in seiner Gesamtanlagezu fassen. Das Detail daran ist aber oft ganz deutsch, hauptsächlich die Heiligen und Propheten, deren perspektivisch vertiefter Rahmen die beim Porträt beliebte Anordnung wiederholt. Die Fragmenteeiner alten Vertäfelungnebendem Chorgestühl der Kathedralevon Lausannezeigenden Versucheiner einheitlichen Wandgliederung,wobei der eigentlicheRahmenzurücktritt. Als ein Werk der Übergangszeit ist der Stil aber schwankendund unschön. Die zeichnenden Künstlerlieferten auch Möbelentwürfe,2)wie die Basler Sammlung beweist. Abgesehen von den augsburgischen 1 Ein Stuhl, Fribourg artistiquc 1890, Xr. '* Vgl. Lichnv.irk a. a. O., p.ig. n. 12 Chorstuhlentwürfen, derenKopieendie BaslerSammlungbesitzt,tragen aber diese frühen Entwürfe mehr den Charakter von Festdekorationen als von Brauchmöbeln. (Das bekannte, von Lübke DeutscheRenais- sance, p.97 reproduzierte BettundeinStuhlunterden»Goldschmiederissen.«) Sie gehörenunter die idealenGeräte,wie sie die Malerauf ihren Werken auch sonst anbringen. Sie entstehenrein aus malerischer,dekorativerAbsicht, von ihrer eigentlichenBestimmungwird abgesehen. So hat Holbein nur da, wo er sich in der gothischen Tradition hält (Ablassblatt, Evangelisten im neuenTestament)wirklich zur AusführunggeeigneteMöbel geschaffen.Wo er im Renaissancegeschmack arbeitet,komponierter in freienMotiven(z.B. auf denTodesbildern)oderin Anlehnungan denEpitaph(Thron desKaisers).Dürers Throne (z. B. Triptvchon,Zeichnung,Berlin) habenbellineskeAnlage. Das Handwerk vermag aber dennoch schon im Laufe der dreissigerJahre einen neuenMöbeltypuszu schaffen,welcherdurch eine feine Gliederung (meist durch Lisenen und schöneProfile) und wohl abgewogeneVerhältnisse sich dem italienischen nähert und nicht nur eine Verkleidung des gothischen Gerippesmit Renaissancedetail ist. Solche Arbeiten sind unabhängig vom O o Einflüsse der zeichnendenKunst und am ehesten durch eingeführte italienische Werke angeregt. Der Ostschweizscheinen die bestenVertreter dieser Richtung anzugehören.So eine grosseTruhe mit dem Wappen Muntprat im Landesmuseum.Sieistganz schlichtgehaltenund wirkt nur durch die schönen Grössenver- hältnisse; die In- tarsia ist mit geometrischen Mustern diskret vertreten. Das gleichegiltvoneinem grossen, im Detail schon stark klassizistischen Schranke des Landesmuseums.l) Fig.17. Truhevon 1539.Zürich,Landesmuseum. (Taf.XXIV.) Oben ein Triglyphenfriesmit Stierschädcln. Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Sog. Truhe des Erasmus. Basel, Histor. Museu EinekleineausHuttwylstammende Truhevon 1539(Landes- museum) vertrittdiesen gleichen Stil; dieFüllungen derLisenen bilden Intarsienund geschnitzte Kandelaberarabesken. Die Frontfüllungen nehmen rautenförmige Rahmenprofileein. (Fig. 17.) Ganz selbständigund von den zeichnenden Künstenim Motiv unberührt ist die sechseckigeKanzel der Eglise communalevon Payerne. Ein gesteigertes Dekorationsbedürfnis, dassich in origineller Weise äussert,verrät allein die Neuerung im Stile. Wohl eines der schönsten und interessantesten Möbel aus dieser Periode ist der sogenannteTrog desErasmusim historischenMuseum von Basel, datiert I538.1) Die Front wird durch gebauchteSäulchen in vier Felder eingeteilt, welche von kassettiertenRahmenprotilenumgebeneMedaillons schmücken. Die Eckfüssesind mit Delphinen verziert. (Ob das Werk wirklich schweizerischenUrsprungs ist, wage ich nicht zu entscheiden.) (Taf. XXV.) Eine wichtigeÄnderungdesTypus bringt derRenaissancerahmen am Altare hervor. Die Bilder des gothischenAltares waren von dünnen goldenen Stäbeneingefasst, die Flügelstetsbeweglich. Die Renaissance betonte die Umrahmung stärker, das Ganze unterlag einer einheitlichen mo- numentalenIdee, und so ging allmählichdie BeweglichkeitderFlügel verloren. Schon in der spätgothischenZeit finden sich Anzeichen, dassman den geöffnetenAltar fest und monumentalgestaltenwill. Am ursprünglichengothischenTypus ruhte nur das Mittelbild auf konsolenartigenTrägern, auf einem Unterbau. Schon 1510 sind an einem Altar der Eglise des Cordeliers in Freiburg diese Konsolen an den SeitendesUnterbaueshinausgeschoben, so dassbeim geöffneten Altare die Flügel darauf ruhen, beim geschlossenenaber dieseTräger unbeschäftigtüber den Umfang des Altars hinausragen.2)Die Basler Entwürfesammlung gibt weitere Belege für dieseallmähliche Wand- lung. In BandUi, Xr. 28, ist ein kleinesAltärchen(elsässische Arbeit, datiert 1514) in Renaissanceformenausgeführt. Der Sockel nimmt die ganze Breite der geöffnetenFlügel ein, diese scheinen noch be- weglich und der festearchitektonische Rahmendes Mittelbildestritt etwas zurück, um ihre Bewegung nicht zu hindern. Im BandeU13, Nr. 88, dagegen sieht man ein noch gothischesAltärchen, dessen l) Er stammt aus Amerbachs Besitz, dem Erasmus hat er dem Datum zu- folge nie angehört. * Abb. Fribourg artistique 1890, 24 [28 Seitenflügel schonfest sindund auf den gothischen Masswerkträgertl ruhen (ca. 1520). Den vollendetenRenaissancetypus tragen zwei Entwürfe augsburgischenCharaktersim BandU I3-1) Nr. 101 ist besonders vortrefflich. (Taf.XXVI.j Der triumphbogenförmige Mittelbauhat einen festenarchitektonischen Rahmenerhalten,dieSeitenflügel nehmenkeine \'\$. i S. Altar aus Katzis. Zürich, Landesmuseum. Bilder mehr auf, stellenaber mit ihren halbenRundbogengiebeln die richtigeÜbersetzung desaltenFlügelprinzips dar. Auch dieLeuchter haben einen ganz monumentalen Charakter erhalten, indem fackel- tragendePutten auf hohenSäulenzu SeitendesAltarsaufgestelltsind. Der Altar hat hier seine Umgestaltung vom Möbel zum Monument vollzogen. Ein schönesausgeführtes BeispieldiesesPrinzipsbietet ein Xr. 92 und TOI. Xr. Q2 rcprod. im Fonnenscli.it/ 1877, Xr. 112. Schneeli, Renaissancei, d. Schweiz Altarentwurf. Tafel XXVI Basler Goldschmiederisse. Altar von 1548 ausMoritzbrunn,1) wo die seitlichenRahmenviel kleiner als der mildere sind, sodasseine elegante,pyramidaleGesamt- form entsteht. GeistreichgestaltetauchDanielHopfer in derBerliner Handzeichnung (2052)dasneue Prinzip. Sein Altar besitzteine einheitliche monumentaleForm, an Stelle des Mittelbildes ist das Tabernakel getreten. Das Altärchen von Katzis (Landesmuseum) zeigt das hergebrachte Prinzip,doch mit Übertragungdes Schnitzwerks in eine Art von Dürerscher Renaissance.(Fig. 18.) Der Altar der Frührenaissancein seiner Vollendung ist das Meisterwerk in der Luciuskapelle im Dom zu Chur. Der Gesamtaufbau ist von den feinsten Verhältnissen. Die althergebrachteAnordnung leuchtet noch durch; die Seitenflügel ruhen auf schönen Delphinkonsolen und enthalten je drei einzeln eingerahmteGemälde übereinander.Über der von schlankenKompositsäulenflankierten Mitteldarstellung setzen ornamentierte Pilaster den Rahmen fort und nehmen ein mit perspektivischvertieftemRahmen versehenesBreitbild in die Mitte. Dieser Aufbau ist wie der Mittelbau mit einem schönen Gesimseabgeschlossen;seitlich lehnt sich als Eckfüllung freiesSchnitzwerk daran. Die geschnitzteBekrönung gehört zum Schönsten,was die Renaissance bei uns in dieserArt hervorgebrachthat. (Tat. XXYII Häufiger als in der Tischlerei ist die bauliche Umrahmung in der Steinplastik durchgeführt. Das Motiv vermählt sich hier wieder dem Stoffe, von dem es sich ursprünglich herleitet. Seine häutige Verwendung in der deutschenRenaissanceist um so natürlicher, als sich die ganze Renaissancearchitekturdieser Periode auf Thür- und Fensterrahmen beschränkt. Die besten Werke entstanden da, wo man sich nahe an die zeichnenden Künste in den Formen anschloss. Wo der Steinhauer selbständigverfährt und mit einzelnenzufällig aufgefundenen Renaissancedetails zu wirken versucht,arbeiteter ohneGlück und steht gebannt im Kreise seiner gothischen Tradition. Es existieren noch ziemlichvieleBeispiele dieses ganzhandwerklich-praktischen Vorgehens, dem jedes Bewusstseindes neuen Stiles abgeht. In Luzern sind uns mehrereBeispielevon solcherWeise dekorierten Thüren und Fenstern erhalten. Dass ausschliesslkh Thüren und Fenster ausgeschmücktwurden, ist begreiflich; eine Fassadenvon Moritz von Hütten, München, P.a\XTis:]icsX.uinrulmuscuin. gliederung, welche,nachArt der italienischen Renaissance arbeitend, diegothische Gewöhnung verlassen hätte,warbeidemvölligenMangel an theoretischerEinführung des Renaissancestiles ausgeschlossen. Waren ja sogarauch die idealenFassadenkonstruktionen nur weniger Maler,welcheItaliengesehen hatten,übereinensolchen,auf dasRahmenmotiv beschränkten Schmuckhinausgegangen.SogarHolbein hatte keine Gliederung seiner idealenArchitekturen versucht. Die beiden Thüren im Gödlinhause zu Luzern von 1524 sind vom Frühesten dieser Art. Obgleich zu dieser Zeit in der zeichnenden Kunst schon die vollendetsten Arbeiten für Epitaph und Portal erschienen waren, ist hier die Verwertung der italienischen Motive eine höchst primitive. Die Thüren schliessenin gerademSturz und sind von plumpen Pilastern flankiert, deren KapitalegleichdenSchäften auf den Fronten von einem schwach profilierten Rahmen eingefasstsind. Da am Sockelein eisernerRing in Stein nachgeahmtist, wird der Steinarbeiterseine Renaissancekenntnis Fig. 19. Thür am Göldlinhause, Luzern. an einem Möbel jener Zeit erworben haben; von dem Einflussder zeichnenden Kunst ist nichts zu bemerken.Der Flachbogen über der vorderen Thür hat ein gothischesProfil, er steht in keiner Be- ziehung zu den seitlichenStützen. Das Bogenfeldzeigt ein noch grossenteils gothisches Dekorationsprinzip. (Fig. 19.) Von der hintern Thür ist im allgemeinendas gleiche zu sagen, nur dass hier ein breitermit RosettenbesetzterGurt den Bogen bildet. An mehrerenändern HäusernLuzerns sind nach gothischer Weise nur Bogendekorationenohne seitliche Stützen angebracht. So an den Fenstern desHausesCorraggioni, derenFormen sich nur teil- weiseder gothischen Welt entreissen.Wie hier ist auchan derThüre Schneeli,Renaissancei. d. Schweiz Altar des hl. Tafel XXVII Lucius. Chur, Dom. des »Schlüssels« eine Muschel als Hauptmotiv des Bogenfeldes ange- bracht.DerBogenruht nicht auf Stützen,sondernauf Masken.Am »goldenenAdler", und an einem Hause der Furrengasseist an ver- schiedenen Fensterngothisches Stabwerkin vielfacher Überschneidung beibehalten; den Renaissancecharakter verleihen der Arbeit nur Del- phine u. dgl., die sich den Stäbenanschmiegen. In ähnlicher Weise eine Verbindung von gothischemStabwerk mit dem Muschelmotiv an einem Hause der Rue du Chäteau in Moudon. In dieser rein praktischen Stilwandlung sind einige Thüren in Chur hervorragend,welcheein bedeutendeinheitlicheresGeprägetragen. Vor allen die jetzt entfernte Thür des Dalpischen Hauses an der oberen Gassevon 1528. Die Umrahmung besteht nicht aus Stützen und Gebälk, sondern aus einem von Protilrahmen umsäumten und mehrmals unterbrochenenOrnamentstreifen,welcher den Bogen begleitet. Durch eine Ergänzung desBogens vermittelst kassettenartiger Zwickelfüllungen auf dasOblongum ist ein Anklang an die Triumphbogenform geschaffen. (Taf. XXVIII.) Von einem ähnlichen Ornamentrahmen ist ferner eine Thüre im ersten Stockwerke des Churer Rathausesvon 1546 umgeben. Sie stammt vom gleichen Meister, der den grossenKamin1) im SchlosseHaldenstein und die verschiedenenbauchigenFenstersäulenebendort geliefert hat. Die Renaissance hat hier überall noch etwas Plumpes und Unsicheres, zu einer Zeit, wo in Holzarbeiten bald das Höchste geleistet wurde. Noch 1575 schliesst die Thür des Menhardschen Hauses hinter der Martinskirche im Spitzbogenund dasRenaissancedetail daranhat wenig Freiheit. Auch in Detailbildungen ging die gothischeGewohnheit ungerne von ihremWege ab. Hie und da werdengothischeStäbean Fenstern u. dgl. schüchternumgebildet,indem die ornamentierteBasis sich etwas der Kandelaberformnähert. (Fensterdes SchlossesPeraules, Hotel du Cerf, Romont und Sakramentshäuschen von Glis, von 1539, alle höchst primitiv.) DiejenigenWerke, welche am bestenund entschiedensten die baulichenFormen derFrührenaissance tragen, sind die beidenkleinen Thüren in den hintern Höfen desRathauses zu Basel(dat. 1535 und I539)-2) Sonst sitzt auch hier selbstin der dekorativenPlastikdie ') 1545. - Abb. in Burckhardt u. \Vackerrugcl, Das Rathaus von Basel. 9* gothische Traditionfest. (Grabmal desBonifacius Amerbach von 1562 im KreuzgangdesMünsters.)Seit dem stilistischen Aufschwungunter HolbeinsAnregung war wieder ein Rückschritt eingetreten,bis der Barock mit seinen Epitaphien die Ausschmückung des Kreuzgangs unternahm. Für Wappendarstellungen an Gebäudenwurde der architektonischeRahmennocham häufigsten verwandt.1)DasGrabmalunterlag ähnlichenBedingungen,da esauchmeist nur ein Wappen trug, übernahm aber nur langsam die Renaissanceform. So ist das Grab des Peter von Englispergin St. Jean zu Freiburg (i544)2) noch roh in den Renaissanceformen.Ein Grabmal von 1546 in der Kirche von Tänikon dagegen ist feiner ausgebildet und folgt dem allgemeinen süddeutschenTvpus.3) (Fig. 20.) Eine feinere und strengereZeichnung weisen einige Grabplatten aus St. Pierre von Genf (dat. 1517 und 1531) auf.4) Es sind Chorherrengräber. Die Verstorbenen sind in Lebensgrösseauf der Platte dargestellt,eine richtige Architektur von Stützen und Gebälk umgibt sie; im Giebel einmal die Insignien der geistlichenWürde, das andere Mal das Wappen/') Der traditionelle Typus ist hier in Renaissanceformen übersetzt. Eine interessanteThür von 1565 aus dem Abtshof von Wvl (Landesmuseum)zeigt den stärkstenEinfluss des damaligen Schreinerstils. Trotzdem sie mit ziemlichem Reichtum behandelt ist, bleibt dasMotiv kleinlich: eine Einfassungvon Pilastern, welche sich in ver- schiedene Stockwerkezerlegt.iTaf. XXIX.) - EineWappenumrahmung von 1566 im Abtshof ist schon barock. So vermochte die Plastik den zeichnenden Künsten in keiner Weisenachzukommen und musstediesendieEntwicklungselbstsolcher Typen überlassen,welche nur in ihr ihren höchstenAusdruck hätten finden können. 7.-B. Wappen von Freiburg am Schloss von Murren. Schöner und inter- .nrer ein Steinreliefvon 1549mit den WappenFrölich und Rahn im Vigierschen Hauseauf dem Krunenpkuzzu Solothurn. Kandelabersäulen trafen ein perspektivisch in die Tiefe -eilendes Gebälk mit Putten. Inschrift: AXGST VXD XOT WERT BIS IX TOD. In der Turnhalle von Rheinau ein Steinreliet' mit Wappen Wellenberg von ca. 1550. '* Abb Fribourg artistique 1894, 17. 1 Zahlreiche Beispiele im bayrischen Nationalmuseum. * Jetzt im Hofe des Musee archeologiquein Genf. '"} Die Zeichnung ist in den Stein graviert. Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Thür des ehemals Dalp'schen Hauses in Chu - '33 Die schönenArchitekturen am Schlossevon Avenchesvon 1567*) un<Jan der »Maisond'Orleans in Neuenburg können noch zur Früh- renaissance gerechnet werden,gehörenaberdoch einerreiferenund von der unsrigenwesentlich abweichenden Entwicklungan. Sie sind durchaus französisch. (Fig.21.) . 20. Grabmal in der Kirche '""«*'"""""- von "'-"""" Tanikon. Der RitterschePalast in Luzern steht gleicherweisevereinzelt; er ist ein \Verk italienischen Geistes.SeinBeispielhat aber in Luzern gewirkt;balddarauferstellte manim Göldlinschen Hauseundspäter in dem daran anstossenden Hause-) Säulenhöfein der Art des Ritter- schen. Die ToskanischeOrdnung und das rippenloseitalienische 1 V:,-!. Lambert et Rychner, L .irchitecture suisse, 2 Jetzt Herrn J. Bossard gehörend - 134 - Fig. 21. Maison d'ürlcans, Xeuchatul Zwillingsgewölbetreten somit zum erstenmal an wirklich schweizerischen Bauten auf. Es lehrt dies wieder, dass die ausführenden Künste sichwenignachder zeichnenden Kunstrichten, und dasssiepraktische Beispieleund Vorbilder verlangen. Denn so viele ideale Hallen man damalsim Norden schonkonstruierthatte, \var dochkeineausgeführt worden, und erst das Beispiel des Ritterschen Palastesbrachte die Bogenhalleder Renaissancezum Leben. Schneeli, Renaissance Tafel i. d. Schweiz Thür von 1565 aus dem Abtshof in Wil. Zürich, Landesmuseum. 1t F. Bruckmann A -< " München XXIX Die Füllung in der Renaissance. In der gothischen Dekoration hatte ein wirres Ornament ott die ganze Fläche als teppichartigerSchmuck überwuchert.1) Die Neuerung der Renaissancebesteht darin, dass sie strenge zwischen Rahmen und Füllung unterscheidet und ein abgewogenesVerhältnis zwischen beide bringt. Die Bedeutung der Füllung kann natürlich in keinem Vergleich zu der desRahmens stehn ; doch bildet sich in ihr das Flächenornament der Renaissance aus. Besonders die Werke der zeichnenden Kunst boten in ihren RahmenRaumfür Füllungen. Zum Beispielals SchmuckderSockelstücke monumentalerTitelblätter wurden figürliche Kompositionengebraucht. Diese Art der Flächendekoration erhielt sich in der ganzen Frührenaissance, wurde aber mit der wachsenden Meisterschaft im Orna- mentalen doch mehr vernachlässigt. BesondersBreitflächen forderten zu figürlichemSchmucke auf.2)Doch dieitalienischen Vorbilderlieferten auch hiefür vortreffliche ornamentaleFüllungen. So kommt in der Renaissance die Füllung zu einer ganz ändernBeliebtheitals in der Gothik; mit der Erweiterung des Motivkreises nimmt sie zu. Das Wesender Renaissancefüllung ist die strengsteSymmetrie. In der Breitfüllung wird zur Betonung der Mitte, von der aus oder nachderhin sich dasOrnamententwickelt,gerneein Schild,Medaillon, Gefässoder dergl. angenommen.3) :) Vgl. Schrank aus der Dompropstei Basel, historisches Museum. 2 Vgl. Holbein, Butsch 41, 44. a, Vgl. Butsch31A, 51B, 40, 49, 50, J. F. 56. Heitz 34, 38, 65, 95, ferner ornamentaleBrcitfüllungenam Chorgestühlvon Worb (Fig.23); am Plafond des gemaltenSaaleszu Stein a. Rhein. i36 - Es sind immer abgeschlossene ornamentaleKompositionen,die für diesenZweckeigensgemachtwurden; fortlaufendeMusterkommen nur an den Friesenvor, welcheeine Gruppefür sich bilden. Auch die Frieseder Renaissance beobachtenoft den Grundsatzder Symmetrie.1) Ganzauf die architektonische Umrahmungbeschränktbleibtdas Motiv der Zwickelfüllung,'2)wozu statuarischerSchmuck, in der zeichnenden Kunst auch gerne freie figürliche Kompositionen3) verwendetwurden. Am häufigstensind aber das Dreiblatt, Medaillons, Gelasse und Rankenornamente. Die Hochfüllung wird besondersreich an den Fronten von l'leilern und Pilastern und auf Lisenen. meistens in der zeichnenden Kunst, durchgebildet. Die Motive sind meist aufstrebend,selten hängend;im Allgemeinensind es die Formen, die bei der Leistenumrahmung schon erwähnt wurden.4) Italien bildete die Pilasterfast immer mit feinemRahmenprofilund Füllung, kanellierteselten. DeutschLind folgte in dieser ersten Periode seinemBeispiel. Im Buchdruck wurde neben einer mehr plastischenWiedergabe des Ornaments die Intarsiamanier übernommen, wo das Ornament entweder weiss auf schwarzem Grund oder umgekehrt erscheint. Pilaster und Lisenen sind selten ungefüllt, besonders auch in der Plastik (vornehmlichin Holz). Alle italienischenMotive werden wiederholt und neue kombiniert. Beim Fintritt der Intarsia in die Tischlerei werden die Lisenen nicht nur mit geometrischenMustern, sondern sogar mit kleinen Architekturausschnittengefüllt.5) Bogenfüllungensind verhältnismässig selten, da überhaupt die Anordnung eines Bogenfeldesam baulichen Rahmen meistens vermieden wird. Als Füllung von Quadrat und Kreis dient vornehmlich das Medaillon und die Rosette. Der kassettierteRenaissanceplafond liebt besonders diesenSchmuck,so langeseineKassetten gleichwertigsind.6) 1 Z B. Holbeins Entwürfe YV. ,5, Babel. \Veitaus am häutigsten auf Glasgemälden,wo man ungezählte Beispiele linden wird ; lerner auf Titelblattern, Wandgemäldenwie z. B. in Stein a. Rh. und an .Möbeln. Wobei der Putto eine t^rosseRolle spielt. Am häutigstenwiederum auf Scheiben,Titelblättern etc. Dann an Möbeln: Chorstuhle /.u Bern, Truhe Nägeli, Bern, von den frühsten. ) Schrank im Landesmuseummit Triglyphenfries, Getäfel in Tänikon. 1 Zürich, Decke aus dem Schimivogteiamt. Peraules,Plafond im Saal, wo die Kassetten etwas rautenförmig verschoben, und Tänikon. Wo sie sich aber einem grossen geometrischen Muster (Sternmusteretc.) einfügen, erscheinensie leerodermit eigenszu dem ZweckekomponiertenOrnament.1! Das Wappen tritt amPlafondauchgerne als Kassettenfüllungauf. Bogenlaibungenkassettiert die deutschcRenaiv sance nach Vorbild italienischem mit Vorliebe. AK Füllung erscheinendieselben Formen. An Scheiben- umrahmungenauch etwa eineArt Lünettcn in perFig. 22. Plafond.BasierGoldschmiederisse. spektivischerAnsicht. Einen neuen Aufschwung erhielt die Dekoration der Quadrat- und Kreisfüllungdurch die Intarsiamuster der Maureske. Die Bildung ornamentalerFormen um einen testenMittelpunkt ist hierin vollendeten Varianten gelöst. (Flötner, Maureskenbuch.) Die Intarsia leitet in diesen Formen zum Rollwerk hinüber.-) Das für den Plafond in Aufnahme gekommeneSvstem der Kassettierungwird als allgemeinesDekorationsprinzipüberallhin übertragen. Rahmenprofilebilden dabei alle möglichengeometrischenMuster. Die Anwendung des Motivs an Möbeln und den Füllungen architektonischer Glieder scheint sich von dem oberitalienischen Inkrustations- verfahren herzuleiten, wo man in der Mitte der Füllung eine runde Scheibeund an den Seiten einlassendeKassettenanzubringenliebte.3) 1 Basel, Bd. U n, 124 Im. 22 2 Tänikon, wo auch Stilleben in Intarsia. l läufig bei den Augsburgern. Von Holbein bei Heit/ : dort auch das Intarsiamuster, das in einer bestimmten Gruppe Holbeinscher Blatter stets wiederkehrt An Möbeln und Architekturen wohl am frühsten Holbeins, bei Saul, David, Salomon, Isaak, im Totentanz im alten Testament bei der Gräfin; beim Blatte des Achatz \V. 49 im alten Testament ein frühes Beispiel der rautenförmigen Füllung, noch bedeutenderdie rautenförmigenFüllungen auf W. 66 und \V. 69 in Basel. Es sind dies Motive, welche von der französischenFrührenaissance auch sehr bevorzugt werden. 13» Hin anderessehr beliebtesMotiv ist die rautenförmige Füllung, welche als Kassetteoder als aufgesetzterRahmen erscheint. (Truhe aus Huttwvl 1539, Landesmuseumetc.) Ein schönes Beispieleinerreichenkasseuierten Füllungam Schrein des Erasmus(Basel). (Taf. XXV.) Eigentümlicherweisetritt in der Schweiz dasin der französischen Gothik besondersbeliebteFüllungsmotivdes gefälteltenPergaments erst in der Renaissanceperiode häufiger auf und behält dabei ganz &r*^fpz^mf%trß*i" >-,'J;!: -. «":'.-". 1P " Fig. 23. Das Chorgc-btühlvon Worb. seine ursprünglicheForm bei. So an einem schönenSitztrog in Freiburg,1)an der Thüre von Ittingen und als Pilasterfüllung am Göldlinhause; immer in Verbindungmit Renaissanceformen. In Niederdeutschland hält sich dieseDekorationhauptsächlich langenebenden AldegreverschenFüllmotiven. Besonders die in deutschen Museen zahlreichvertretenenStollenschränke zeigenhäufig dieseMischung. Im Kunstgewerbemuseumin Dresden befindet sich ein aus Ulm lj Fribourg artistiquc 1893, II. stammender Schrankdieses Stiles,der alsodieÜberleitungdesMotivs nach Oberdeutschlandbelegt. Diese Mischwerke halten sich bis spat ins Jahrhundert hinein. Ein Versuch, das Pergament den Formen der Renaissance zu nähern, an einem Möbel des Germanischen Museums(1162). Eine selbständigeErsetzung der gothischen Masswerkfüllungen an der Architektur des Blattes Bartsch 71 von Lukas van Lcyden zeigt die interessanteKopie in der Basler Sammlung. (U n, 3.) Rahmen und Füllung lösen sich also durch den Einfluss der Renaissancezu einem rhythmischen Verhältnis auseinander,und das Ornament der Füllung, sei es nun Breit- oder Hochfüllung, bildet sich gleich- massigum eine festeMittellinie. Gleichwie vor der gänzlichenNeubildung eines Möbeltypus der Renaissancedie Meisterwerke oft nur durch den Rahmen Renaissancecharakter erhalten, so weisen Werke H -' sich andere nur durch ihre Füllmotive als der Renaissance aus. Die niederdeutschen Stollenschränke u. dergl. sind hiefür das geläufigste Beispiel. Eine ähnliche Kredenz im Musee archeologique von Genf.1) Die Anlage ist gothisch, nur die FüllungenenthaltenRenaissancerundbögen, derenÖffnungen eigentümlicherweisemit Masswerk ausgefüllt sind. Dem reizvollen kleinen Chorgestühl von Worb verleihenbeigothischem Typus auchnur dieFüllungen desBaldachinsRenaissancecharakter. (Fig. 23.) Es müssen hier noch zwei Werke des reinsten l ]_" 24. Ketten- zug. Ornament Stiles Henrv H. erwähnt werden, deren Hauptreiz am Stuhleder ebenfalls in den wundervollen Hochfüllungen besteht, Supersaxo, Sitten. welche in Form von langenOrnamentstreifenzwischen derLisenengliederung angebrachtsind. Das eine, der Doppelsitz,mit hoher Rücklehneim HauseSupersaxo2) in Sitten und dasandereein *) Ähnlichauch,Dressoirrenaissance, Fribourgartistique1890,19. 2 Der Stil beweist, dasses nicht der Stuhl desbekanntenGeorg Supersaxo ist, die Devise G. W. G. Gott will, Georg will; blieb in der Familie seit jenemerstenGeorgständig. DasWerkwird in diefünfzigerodersechziger Jahre gehören. - l [0 ebenfallsaus Sitten stammendesGetäfel,jetzt in Luzern.1] DieseLeisten weichen von den üblichen Kandehberformen ab, ihr spezifischfran- zösischesMuster gehört in die Gruppe der Kettenzüge(entrelaces). (Fig. 24.) Die Bekrönung (der Aufsatz i. Am Passepartoutder Buchtitel war nur Platz für einesolche, wo er sich als freiesMonument aufbaute(vgl. Rutsch 7 und 53). Ihre Motive decken sich meist mit denen der Breitfüllung, Gefässe,Füllhörner und Putti spielen dabei eine grosse Rolle. Der Aufsatz ist gleichseitig und besitzt einen festen Mittelpunkt. FortlaufendeMuster sind selten, so z. B. eine Art Palmette, die als Umbildung der gothischen Krabbe erscheint an der Petrusscheibeaus Carignan (in Sr. Xicolas, Freibur. In der zeichnenden Kunst*) konntendie Autsätzekeine grosse Bedeutung gewinnen. Sie kommen dafür häutig an Möbeln vor,*) wo sie als Ersatz der gothischenZinnen etc. auftreten. In der frühen Renaissanceist er am gewöhnlichen Möbel seltener; er wird am meistenam teierlichenGeräte und Möbel angebracht.Der prachtvolle Aufsatz des Lucius-Altars in Chur wurde schon erwähnt. Noch reicher bilden ihn die BaslerAltarentwürfe(desgl.bei Hopfer). Er ist da alsdurchbrochenes Schnitzwerkgedacht. Mit ähnlicherSchnitzerei wird auch die verschiedeneHöhe von Mittelstück und Flügeln an- mutig ausgeglichen.Delphine,Füllhörner4)etc. spielenda die Rolle. die seit Alberti"') an der italienischenKirchenfassadedie grosseVolute übernahm. 1 In der Villa des Herrn J. Bossard. VereinzelteVignetten können im Motiv auch alsAutsätzeaui'gefasstwerden. Fribourg artistiquc 1893, II. 4 Wohl zu ähnlichem Zweck Basel, Band U», 2. '"" Sta. Maria Xovella, Florenz. 141 Am Berner Chorgestülil ist an die Stelledes gothischenBaldachins ein prachtvollergeschnitzter Aufsatzgetreten. JederPilasterder Rückwand setzt sich über dem Ge- sims in einem idealen Gefäss fort, Fig.25.Baldachin, an dem sich jederseitigFabelwesen Fia Peraules, Schloss-aufbäumen. kapeile. 2Ö Baidacnin Peraules,Schloss- Einemerkwürdige Übersetzung kapelle. erfährt der gothische Baldachin der Statuen in der Kapelle von Peraules. Die Figuren sind da von kleinen bemalten Himmeln aus gebranntem Ton überdacht, welche reiche Ornamente von Vasen, Füllhörnern, Xajaden u. dergl. tragen. (Fig. 25 u. 26.1 Der untere Abschluss. Die schwebendgedachtenWanddekorationenmüssenals Gegenstuck der Bekrönung auch einen unteren Abschluss besitzen. Die Epitaphtitel bildeten zuweilen dergleichen aus (Heitz 105 und 41).') Sonst ist die Form selten, naturgemässkommt sie noch an Orgeln vor (Orgel von St. Ulrich, Augsburg; alte Münsterorgel aus St. Martin im historischenMuseum von Basel). Die Konsole, obgleich keine rein dekorative, sondern eine struktive Form, gehört in ihrer dekorativenAusstattung doch hierher, weil sie auch einen Abschlussnach unten bildet. So die Konsolen, auf denendie Heiligen in der Kapellevon Peraulesstehen;fernerdie des Kreuzgangesvon St. Georg in Stein a. Rh. und ihr italienisches Vorbild zu St. Johannin Schaffhausen von 1517.~ 1 Und neues Testament von Thomas \Yolti~,Basel 1525; ein kleines voll- ständigesEpitaphrähmchen auf dem italienischenStiche Pass.V, p. 187, Nr. 95a, Paris , welcher überhaupt in Deutschland eine Mcn^e interessanterMotive verbreitet haben dürt'ie. ! Aus Technik und Motiven dieser Konsolen geht klar hervor, dass sie keine deutsche Arbeit sein können. Sie dürften das Werk eines reisenden Italieners sein. Lübke beschreibtsie in seinerDeutschenRenaissanceII. Aull. I D. 258. In der zeichnenden Kunst erscheint die Konsole oft in Volutenform ; sie ist aber dann nicht Abschluss, sondern bloss Träger. Das als Gefäss dekorative Form. Erst in der Renaissance tritt das Gefäss als Dekorations- J form auf, es erhältalssolche eine wesentlich andere Form als als Gerät.l) In der Breitfüllung und dem Aufsatz tritt das italienisch geformteGefässbesonders häufig auf. Die Kandelaber sind oft auch nur eine Häufung von Gefässen (Graf). Die breite, niedrigeSchaleist am beliebtesten (z. B. Holbein, Butsch 53). Henkelgefässesind schon sel- tener.2] (Fig. 28.) Eine im Norden verein- zelte ganz italienische Form (Halsgefäss)an den Zwickel- 2'. Brunnen. Detail ausDavid füllungen undPostamenten von und Bethseba. Von XiklausManuel,Basel. Stein a. Rh. (Taf. XXII.) Eine lombardischedekorative Vasenform an dem Auf- satz desBernerChorgestühls (vgl. CapellaColleoni,Bergamo);ähnliche Schalenan den Baldachinenvon Peraules. Am strengsten *) Dieses übergeheich hier, da ich auf den vortrefflichenAbschnitt pag. 58-105 des Lichtwarkschen Buches verweisen kann. ') Z. B. Holbein W. 55 und 74. - 143 Fig. 28. Vase. Detail aus Holbein \V. 7 | antikisiert eine Urne auf einer Konsole von St. Johann (Schaffhausen). Solche Detailformen sind wichtig für die Beurteilung des Verhältnisses,in dem einzelne Werke zu Italien Prachtvolle stehen. Vasen an der Umrah- mung der Planetenvon Burckmair (B. 41). Einegleichfallsrein dekorativeAbart des Ziergefässesist der Brunnen in der zeichnenden Kunst. Er ist nicht monu- mental, sondernphantastischbehandelt. (Manuel,Altorfer).1) Der Trog ist meistens eine weite, mit radialen Buckeln versehene Schale,2)oft mit mehrstöckigem Aufbau (Urs Graf, Butsch 99). Die Wasserspender schon in dieser freien Art auf dem paduanischenStich der Fontana d'amore XV. Jahrhundert).3) l) Manuel, Bethseba,Basel Fig. 27 , dorfer Bartsch 59. 2 Scheibe halb 1534. im Landesmuseum, A'.t Holz- 8 Vgl. Jahrb. d. K. Pr. K. XII, p. 216, Pissende Putti auch bei Zoan Andrea. Fig. 29. Säule auf einem Glasbild. "\Yettingen. Detailformen der Architektur und des architektonischen Rahmens. Die Träger und Stützen. Die Säule italienischen wird von der Renaissance mit Freudeausgebildetund verwertet. Die nordische Gothik hatte sie über dem Pfeiler fast ganz vergessen. Daher bleibt sie in der deutschenRenaissance lange Zeit rein dekorative tive Funktion. der in Form ohne struk- Gerade Holbein, Deutschland struktive braucht das Empfinden fast nur feinste besitzt, den Pfeiler. Wo bei ihm die Säule konstruktiv erscheint, weist sie meist unverkennbare Anklänge an romanischeund frühgothische Formen.1) Als Glied der Architektur kommt die Renaissancesäule vor, aber in unschöner und wenigitalienischerBehandlungaufW. 19, dem leidendenChristus, auf W. 62, auf dem Rathausbilde des Charondas und W. 90. Avnbrosiusbringt sieauf Butsch48 und 63 an. Dürer verwendet die Säule nach italienischer Art auf Butsch 34, Burckmair öfters. Bei Holbein eine schöne italienische Säule auf W. 84. Hier dient dasKapital aber zugleich i -,o. Detail aus dem anonymen ' Glasbildentwurf. Basel, U II y2. W. 68 und 69, W. 108, W. 20 schöne P.ission, Otmnrshcim , Todesbilder Xr :. einer Statue als Postament. Man berührt hier die Funktion, welche die Säule in ihrer dekorativen Anwendung in Deutschlandfast immer versieht. Sie trägt eine Figur; sehr oft auch, wenn sie einerPfeilerarchitektur vorgelegt ist (dasMotiv monumental z. B. in Sta. Corona zu Yicenza).1) Die rein dekorative Bedeu- tung, welchedie deutscheRenais- sanceder Säulebeilegt, ist am klarsten ausgedrückt in Dürer'schen Blatte dem des Simson in Berlin, wo einige Engelchen, die auf einer Spitze stehende, eine heidnischeGottheit tragende Säuleim Gleichgewichthalten.2) Heidengötter werden aut Säulen dargestellt bei Salomons Abfall von Holbein auf dem Titel W. 220, von Manuel in seiner bekannten Fassade; dann die gleiche Szenein Wertingen von 1521(SüdseiteNr. 3), etc. Diesevorwiegende An- Fig.31. Anonymer Glasbildrahmen. Basel, Band U II. 10. wendung der Säule als Bildsäule erklärt sich wohl allein daraus,dass sie in der spätgothischenPeriode als Brunnensäule beinahe ausschliesslich so auftrat. In der Renaissanceist die Brunnensäuleauch weiterhin wichtig. Den Übergangvon der gothischen Pfeilersäule zur Renaissancesäule: der Seevogelbrunnen(HistorischesMuseum, Basel), der Brunnen aus Kleinbasel (ebenda),dann eine noch achteckigeSäule in Payerne(nur *) Vgl. Urs Graf, Butsch 58, 39, 40 und His 314, dort nach Dürer Butsch 32, Butsch 84, Butsch 41 und 51. Holbein W. 239 und W. 240. Heitz pag. 77 und 79. Heitz 112, fernermit StatuenHeitz 10, 103,104,106 und die BaslerHandzeichnung U II. 10, welche wohl auf ein Holbeinsches Motiv zurückgeht. (Fig. 30 u. 31. 2 Ahnlich im Gedanken,die von einem Weibe getrageneSäule am Rahmen der Scheibe St. Bernhards, Wettingen, Westseite 9. 'Fig. 29. in I46 der SchildRenaissance). In vollendeterRenaissance dann der schöne Brunnenaus der Spalenvorstadt (Basel,historisches Museum),die bekannten Brunnen (Taf. XXX) von Bern und Freiburg,1) Moudon Fig. 52. Brunnen in Moudon. (Fig. 32), Orbe, Lausanneetc. Die Formen dieserSäulen halten sich an die gleichzeitigin der zeichnenden Kunst gebräuchlichen. l, Die FreiburgerBrunnenabgebildetim Fribourgartistique.1890, 7, 20. 1892, 5, 17, 1893, 18, 1894, 15. Schneeli, Renaissance i. d. Schweiz Der Dudelsackpfeiferbrunnen Tafel in Bern. XXX »47 Eine Eigentümlichkeit weist öfters die Stellung der Säule, sie ist nämlichgerneübereck(diagonal auf denArchitrav)gestellt.(Dürer, Zeichnungvon 1509 in Basel,Holbein, Hauszum Tanz). Esist möglich, dass sich diese sonderbare An- ordnungauch aus einer gothischen Tradition erklärt, da der gothische Pfeilerdiagonalstand. Es kannaber auch nur die Absicht, das Kapital in einer schönen und reichern An- sicht zu zeigen, dazu veranlasst haben.1) Der Kandelaber. reichen dekorativen In Kunst der der Re- naissancesind glatte Säulenschäfte selten. An ihre Stelle tritt der Kan- delaberschaft, d. h. der Schaft setzt sich ausmannigfachgeschwungenen Wulst- und Kehlteilen zusammen/ Holbein beobachtet darin eine ge- Kandelaber. Fig. 33. Basler Goldschmiederissc wisseMässigung,üppigerist Manuel. Die Berner Glasmalerschulehat z. B. in einigenScheibenvon Utzenstorf, Worb etc. sehr schöne und reiche Kandelaber geliefert. (Fig. 37. In der Glasmalerei wohl der schönste Kandelaber an der Erlachscheibe von Jegenstorf (1530). (Fig. 35.) Der Versuch, einen Leuchter in Renaissanceformen zu bilden in der Eglise des Cordeliers zu Freiburg, am Altargemälde von 1510, ebenda ein Lesepult auf Kandelaberfuss.2) Holbein zieht die ornamentierte Säule dem Kandelaber vor; diesen bildet er unter niederländischerAnregung leicht und zierlich I\V. 39,Basel).(Vgl. Fig. 34.) SonstsindseineStützenmeistensmassig. In der zeichnendenKunst überwiegt der Pfeiler den Pilaster, doch besteht keine scharfe Scheidungderselben. Zum Schmucke ist ihm oft eine Säule vorgelegt. Hie und da wird der Schaft von Ge3) Vgl. die originelleStellung der Wandsäulenan der Maison d'Orleans in Xeuchätel. (Fig. 21.) 4) Vgl. auch BaslerGoldschmiedrisse. U XIII. (Fig. 33.) 10* simsen unterbrochen. Holbein behandelt den Schaft des Pfeilers dekorativ am freisten, besonders in den Umrahmungender Basler Passionsfolge, z. B. W. 74.') Ein Pfeiler bildet immer den Kern der Stütze, wo man einen festen baulichen Eindruck hervor- bringen will. 2) (Fig. 36). Die Flächen der Pfeiler und Pilaster sindfastdurchgängig ornamentiert(vgl. unter Füllung). Hie und da sinddie Pfeiler-flachen auch mit Rahmenprofilen kassettiert nach Art der Archivolten. Es ist dies wohl eine verfehlte Anwendung der Kassettierung an Stelle der dem Norden ungeläurigenRustica. Eine der lombardischenPlastik (Certosa, Dom von Como) entnommeneForm: die Auflösung der Pfeilerfronten in Nischen mit Figuren.3) Der Versuch, in gleicher Weise am SäulenschaftFiguren anzubringen, ist gescheitert. Wundervolle Pfeilerarchitekturen von Holbein (W. 91, und W. 66, 67). Die Kämpfergesimseführt er dabei an der Wand weiter. Eine Pilasterarchitektur amRehabeam- bilde desRathauses von Basel.4) r.- Der Pfeiler als struktives Glied wird im allgemeinengleichförmiggebildet, viel reichere Variationen der Dekoration erlebt der l) Desgleichen W. 82 und am Holzschnitt: W. 217. * Charakteristisch die Pieilerarchitektur des HolzschnittesW. 219, welcher eine Säule vorgesetzt ist. Wettingen, Erlachscheibe ca. 1520, Ab- bildung >Meisterwerke« Nr. 13, dort 1562(!) datiert und Scheibedes Seb. von Stein 1520, Wettingen, Westseite 29. J Schön auch die Scheiben von Diessbach in \Vorb und Peraules. Vgl. das Werk: Meister- Kandelabervon Holbein. werke der Glasmalerei,Nr. 27 und 28. Säulenschaft. Ganz glatte Säulen sind aus- geschlossen, zum mindestenist der untere Teil ornamentiertl) oder der grössereSchaftteil ist ornamentiert und allenfallsein pfeiler- artiger,gefüllterUnterschaftdaruntergesetzt. (Auch oft eigentliches Stylobat.) W. 222, Heitz 106, Rathausbild mit Valerianus. Der Ornamentscbmuck ist hier überallskulptiert gedacht/) oft sogar am untern Schaftteil reicher Figurenschmuck. (Rathausbild mit Charondas, Dudelsackpieiterbrunnen,Bern etc., W. 239, Heitz 104.) Kanneliert ist der Schaft höchst selten; in klassischerWeise sogar erst nach dem Eintritt der theoretischen Richtung. Am ehesten wird die Kannelierung gewunden und ist dabei scharfkantig.3) Dies Prinzip scheint nicht von Italien übernommen, son- dern die Fortsetzung der gothischengewundenen Stabbündelschäfte.4)Die Säulenwindung (beiFroschauer1545) ist dagegenwohl schon barock. Der Schaftist meistensstarkgeschwellt, wo dieseWindung hinzutritt. Überhaupt ist die Bauchung der Säule in der nordischen l) Gebaucht bei Urs Graf H. 366 von 1516, wo der glatte Schaftteil von einer Troddelschnur umwunden, dann von Holbein 1523 W. 221 und W. 190, W. 234. 2j Ein einflussreiches Vor- bild war wohl Nicoletto Bartsch 3. 3 Worb, Scheiben. 4 Ein Brunnen von 1546 in Biel belegtden Übergang,dann die Scheiben von Peraules Xr. 10 und ii (Sudario) abgebildeter Meisterwerke XTr. 26, Wettingen (Südseite Xr. 3 und Westseite 9), Holbein W. 68, und ein Decken- trägervon 1544im historischen MuseumBasel. pjCT,, Kandelaber. Erlachscheibe, Jegenstorf. Renaissancesehr beliebt.1) Der Schaft schwillt ent- wedergleichmässigan und ab, oder der grösste Umfang bleibt in der untern Haltte. Meistens legt sich dann ein Kelch und Blatt- werk um die Bauchung. DieseForm ist die häufigste. Es ist somit schwer, eine Grenze zwischen Säule und Kandelaber zu ziehen, da sich fast immer der Schaft nach dem Vorbilde des Kande- labers in mehrere Teile zerlegt. In der Glasmalerei beutet die Polychromie diese Yielteilung aus. Hier wirkt man auch oft nur durch die MusterungdesSchaftes.DasProfil derSäulebleibt dann ruhig, nur durch umgelegteRinge unterbrochen,welche den Schaftzerlegen. Es kommen, besonders in derÜbergangszeit, vielesolcheMuster vor, ein ausgesprochenfranzösischesin Ligerz (ScheibeS. Peter und S. Vinzenz).2) (Fig. 38.) Ein anderes bloss malerisches Verfahren ist die Marmorierung des Schaftes, die besonders in den frühen Holbeinischcn Arbeiten (schon beim alten Holbein) oft vorkommt und allmählich erlischt.3) Eine gleichfallsweniger monumentale,ziemlich dekorative Auflösung der Stütze ist die in vegetabilischeFormen. Am liebsten wird der SchaftdannnachArt desLorbeerkranzes geschuppt. . \Vettingen 1519, Nordseite 73.)4) (Tat". IV.) r) SelbstMantegnaschwellt die Säule in dekorativer Architektur zu stark. (B. i.) 2 Ein ähnlichesMuster, in Skulptur gedacht von Holbein, \V. 92. In französischen livres d'heures von Pigouchet gemusterte Schäfte. Abbildung in Soleil, Les Fig. 36. Pfeileraus demBandeU I (75) Basel. hcuresgothiques,Rouen. 3) Verhältnismässig spät 1530, Erlachschcibe, Jegenstorf. 4 Abbildung >Meister\verke<Nr. 4, 18. Dies sind die Hauptformen; das Detail wird ganz individuell gebildet, da dasWesen der nordischen Renaissance auf einem völligen Mangel an tonangebenden Schemen beruht. Ebenso mannigfaltig ist die Kapitälbildung. In derÜbergangszeit löst sich das Kapital noch gerne in Laubwerk auf, wird nimmt aber allmählich als fester und Grundform das ita- lienischeRenaissance-Kapital an.1) Der Ansatz wird durch einen Ring bezeichnet, darüber ein hoher, oft von Blattwerk um- gebener und kannelierter Hak, unter der stark geschweiften PlinthekleineVoluten ausbiegend. Auch Holbein tastet lange in diesen Formen herum. Er lässt sogardieVoluten unverhüllt vom Ring aus aufsteigen,der Abacus ist dabei zu einem Wulste ein- geschrumpft(W. 19, W. 90) oder die Voluten sind unorganisch diesemWulste angehängt(W. 62). Auf W. 221 (Rutsch56, Heitz 65) ein gleicherWulst, die mangelnde Deckplattedurch ein Gebälk mit Simaprotil ersetzt. Holbein versucht offenbar für die Säule eine originelleKapitälform nach Art des bekannteren italienischen Pilasterkapitäls zufinden.Überall, *) Der alte Holbein bringt dies schon 1512 auf dem Wunder des h. Ulrich (Augsburg; an, er kennt es wohl durch Burckmair. Säulevon F. Griebel,\Vettingen. \vo diesKapitalerscheint,ist dasGeoülknachArt der Postamente behandelt, oben und unten mit einem Profile.1} Die Vermittlung diesesrunden Wulstes und des viereckigenGebälksversucht er, indemer statt derVolutenje vierkleineTrägerchen nachArt der altenEckplättchender Basenanfügt. Sie sollenso die viereckigeDeckplatteersetzen.2) Basenund Kapitale sind daher oft nach dem gleichenSystemgebildet. (Vgl. Basenan W. 119. Fig. 40.) Die Kapitalevon W. 69 sind lediglich auf denKopf gestelltegothischeBasen.(Fig. 41.) Das gleiche Problem findet man an den ° Hg. 38. Detail einer Scheibe in Liger- Kapitalen aufU II, 12(Basel). Hier ist derAbacus durch ein langarmiges,zwischen Wulst und Gebälk geschobenesKreuz, welches die Ecken (für das Auge) stützen soll, ersetzt. (Dieser Umstand spricht vielleicht für die ursprünglich HolbeinscheIdee des Blattes.) Auf W. 69 bringt aber Holbein an den Pfeilern schon das übliche italienische Pilaster- kapitäl an. Am glücklichsten auf die Säule übertragen ist dies Kapital in W. 84, Anna seibdritt und am gemaltenRahmenzu Frobens Fig. 59. Kapitale aus Hol- Caduceusim Museum von BasellFig. 421, u. bein W. 119. W. Ii2, Matrikelbuch.3) Ganz rein italienische Kapitale am Berner Chorgestühl. Daneben kommen unzählige Varianten vor; von der primitiven Urform eines Wulstes Fig. 40. Basen aus Holbein W. 119. reichen oder einer Kombination Kehle aus in Luzern Blattwerk, Schilden,Korbformen,Lebewesen, Kan- 1 Besonders deutlich auf W. 33, Abbildung Tafel XVI; für das Hertcnsteinhaus bis zur entstanden zu sein scheint. ein Blatt, das Der starke Gebrauch der Marmorierungist koloristischbegründetund geht auf augsburgischeAnregungen zurück. Die barbarische Behandlung des Gebälks zeigt, wie unrecht manHolbeinthut,wennmanihn geradein dieserZeit mit Italienin Berührungbringt. "* Z. B. Charondasbild, St. Katharina\V. 87, \V. 92. \V. 82. 'Fig. 44. Rcpr. His. Dessins d'ornement PL XXIII und V. delaber- und Vasenteilen. Die Verfolgung ins Ein- zelnewäre unmöglich; struktive Problemewie bei Holbein zeigen sich kaum, die Formen werdenin ausschliesslich dekorativer Absicht aufs freieste ausgebeutet.1) Daneben hin und wieder ein Zurückgehenauf romanische Kapitale.2) Im Wunsche, Antike zu geben, greift man nach der romanischen Form; gleich wie der Italiener sucht auch der Deutsche die Antike im eigenen aus Holbein, W. 69. Lande und glaubt sie im Romanischenzu finden. Vielleichtmögen bei dem Mangel an historischerKritik Fig.4i. Kapital,Detail die romanischen Denkmäler damals ILV42. Kapital von Holbein. im Xiirden vielfach für antik gehalten worden sein. Am monumentalen Rahmen ist das gerade Gebälk sehr selten, fast immer tritt der Bogenan seineStelle. Ein gerades Gebälk, Platte, W. 69 und 70. Sonst nur an Gehäusenund Architekturen. (Am Epitaphrahmen W. 221 auch als durchlaufendes Ge- sims.) Eine strenge Architravform ist dabei nicht beobachtet, Postamente und Architrav sind oft gleich gebildet. Auch auf zeichnenden italienischen Kunst ist Werken der der Architrav oft mit grössterFreiheit behandelt,die strengeDreiteilungerscheint beiHolbein Fig. 43. Kapital, Detail aus Hol- bein,W.84. 1 Die klassischenOrdnungen sind ein Ergebnis der Theorie. Hans Blum, Von den fünf! Sülen, Froschauer, Zürich 1558. Ein frühes jonisches Kapital bei Holbein, Paulus1,40 W. 192,danneinesauf der Scheibevon Aarau in Stein 1545 nach Vogtherr?). 2 Kap. von 1508 auf einer Scheibe des historischen Museum Basel; auf einer Scheibe des Bischofs Christoph von Basel von 1>22 ebenda, auf dem Zaleukos- bild von Holbein, am Rahmender hl. Afra im HauseCorraggioni,auf der Scheibe 154 nur am Hause zum Tanz und der spätenZeichnungmit den Einhörnern, sonst hat der Architrav oft nach unten und oben ein Gesims.(Fig.44.) Danebenauchblossein unprofilierter, mit Friesornamentgeschmückter Balken. (Fig. 45.) Der Rankenfriesist am häufigsten;er besitztmeistensein fortlaufendes Muster, dassich aber in bestimmtenIntervallenstetswiederholt.1) Unter die frühstendieserausgesprochenen Friesornamente gehört der mit den Stierschädelnauf dem Titel W. 226. Das gleiche Motiv auf einem Blatte der Bürkischen Sammlung Bd. II. Fol. 29. Erst die Theoriebringt denStierschädel in seiner klassischenBestimmung als Metopenfüllung auf. (Schrank im Landesmuseum.) Die Triglvphen2) beherrschen seit der Mitte des Jahrhunderts eineZeit lang den Fries. (Zimmer aus Flims, im Kunstgewerbemuseumvon Leipzig.) Der Stierschädel,von Ranken verbunden von Holbein W. 90.3) Rosetten als Friesdekoration mit Ranken verbunden4)auf W. 19. Holbein bringt auch aut dem Charondasbilde einen strengen Figurenfries. Diese antiken Motive treten aber hinter dem eigentlichen symmetrischenRenaissancefries zurück, welcher ein Mittelstück besitzt 44- Kapital ausHolbein W..X2. und so nur eine bandartigausgezogene Breitfüllungist. Die klassischen Bei- spiele dafür liefert Holbein am Haus zum Tanz,5) und auf W. 55 etc. Ganz rein italienischeFriese an den Rücklehnender vorderenSitzreihedesBernerChorgestühls;dort auch der Verkündigung in Jegenstorf und 1524 auf einer Scheibe in Grossaffoltern, und 1523 Scheibe von Zürich bei Prof. Rahn in Zürich. Sehr deutlich auch auf der M.inuelschen M.idonna in Berlin Aldegrever verwendet auch auf seinen Architekturen oft ein kleines \Yurfelkapital noch um die Mitte des Jahrhunderts. :) Häufig Palmette, vgl. Butsch 7. 2 1336 erscheinen in Italien die Friesordnungen des Meisters A. V. z) Desgl. W. 226 Butsch 53 und \V. 220. 4) Vorbild bei Rosex Bartsch 6. Hier ist er allerdings eher die Dekoration einer Attika als Fries. die vollendetstenRepräsentantendes Renaissance-Blattwerks in der Schweiz. Schöne deutsche Vorbilderin augsburgischen Drucken von 1515 und 16, Muther1) Xr. 909 u. 942. Zu dem geradenGebälk tritt fast immer noch ein Bogen oder Giebel hinzu, so dass ein Bogen- oder Giebelfeld entsteht. Der Giebelist seltener(U II 9, Basel, W 82) und meist später (U I 45 ca. 1540, zählt schon in die Stilgruppe, welche in C. v. Aegeri gipfelt). OrnamentierteBogenfelder W. 62, U II 10. (Fig. 31.) Dagegenkünst- lich geschaffene(falsche)Bogenfelderauf W. 225 (Heitz 112) und am Bilde des Täufersim HauseCorraggioni. Fit 45. Kapital, Detailaus Viel häufiger tritt der offene Bogen Holbcin,AY.90. direkt über die Stützen. Wo er eine strenger architektonischeForm hat, ist die Archivolte von einem friesartigen Bandebegleitet.2)Die Laibungist kassettiert(meistensmit Rosetten gefüllt), mit Festonsgarniert oder von Lünetten durchbrochen.3) Die Bögen sind fast immer flach und so gut wie nie auf den Halbkreis erhöht, meistenssetzt der Bogen direkt über dem Kapital an (W. 84), seltener schiebt sich ein Gebälkstück dazwischen (auch nur blosses Profil, Sima W. 108). Der Kielbogen bleibt in der Architektur noch lange beliebt, in der zeichnenden Kunst ist er selten.4) Dereigentliche Korbbogen auf einerfranzösischen Scheibe (St.Dcnis) im historischen Museum von Basel. ÜberdemBogennochziemlichhäutigein giebelartiger Abschluss durch Brechung des Architravs in verschieden scharfem Winkel. ') »Die deutsche Bücherillustration Er der Gothik und Renaissance.« '2 Gewöhnlichdie Formen der Friese,z.B. Butsch 56, 58. Eine spe/iclle Dekoration der Archivolte, die auf den Mittelpunkt des Bogens radiallautendcn Kannelüren. Z. B. die Titel Butsch 41 u. 44 Heitz 27, 30 etc. 3 Das Motiv sehr hübsch an dem Pariser Fassadenennvurfe. Tat". XXI 4 Z. B. Crucifixus,Scheibeaus Carignan, St. Xicolas, Freiburg ; Scheibe von 1523 in Sumiswald, da noch mit Masswerk und Muschel, und noch 1548 Scheibe von Jörg Beli, Rät. Museum, Chur, und 1557 »Meisterwerke<", Nr. 22. i56 ist meist sehr spitz.1) (Heitz 106, W. 222, hier im Bogen drin wie U II 10). Ganz spitz auf der Nische einer Figur für den Rathaussaal (1523, Basel), liier gleichfalls in einem Bogen, \velcher von einer Muschelausgefüllt wird. Dieser spitze Giebel stammt aus der Gothik und ist eines mit der von der Wimpergesich herleitendenDekorations-form. Die Verbindung mit der Renaissance geschiehtwohl zuerst in Venedig, doch ist hier ihre gothische Funktion noch zu erkennen, der Mu^chelbogen tritt unter und nicht über ihn.2) Dies sind alles mehr oder weniger struktivc Formen, welche die rein dekorative zeichnende Kunst sehr oft verlässt. Der Bogen löst sich dann ganz auf in Voluten, Füllhörner, Kränze3) etc. etc. Die Zwickeldarstellung ist selbständig. Die Auflösung geht aber so weit, dassdie ornamentale Füllung des Zwickels zugleich den Bogen bildet.4) In Peraules5) (Nr. 10) setzt sich die Stütze noch in einem Aufsatz gegen den obern Rand der Scheibefort. In geistreichsterWeise ist die Zwickelfüllung und der Bogenabschluss in Eineszusammengezogen von Manuel 1518 (u. UI. 109).(Fig.46 u. 47.) DerBernerstil istüberhaupt l) Im stumpfenWinkel an der Briiggler-Scheibeim Münster zu Bern und Schöni-Scheibevon 1551 im historischen Museum Bern, an der Holbein-Scheibe, Wettingen, --Meisterwerke« N*r. ii. 2 Sehr deutlich am Grabmal Tommaso M<_>ceniL:<>, wo hinter dem Giebel noch kleine Kuppeln. 1 Schon 1516, Scheibe Landenberg im Rathaus Stein a. Rhein, im Scheitel sich kreuzende volutenartige Blätter, auf denen Fig. 46. Nikiaus Manuel,Uetail aus einem Glaibildentwurf in Basel. Putti reiten. * Z. B. Delphine, Worb; bloss Blattwerk, Scheiben Friberg und Bonstetten in Ligerz, nach gothischerArt; in Wettingen die Scheiben von H. G. Vgl. »Meisterwerke«,Nr. 60. 5 Meisterwerke', ;6. - 157 der bunteste, er löst Stützen und Bogen auch ganz in Blumengewirre auf. (Berlin, K. Ornamentsticbsammlung.) Der Scheiteldes Bogens wird gerneornamentalbetont. Die frühsten Formen hiefür sind Tafel mit Jahreszahl1) und Medaillon.2) Später werden unzählige Formen dafür herangezogen. Holbein hat die Bogenmitte nur selten so hervorgehoben; einen eigentlichen Schlussstein gibt er nie.3) Dieser frei ornamental gelöste Bogen kommt auch ganz ohne Stützen vor. Für dieDarstellungwurdehiedurch mehr Raum gewonnen. Entweder wird diese Dekoration als freischwebendes Zwickel- ornament aufgefasst,4) oder durch Konsolenoder hängende Schlusssteine5)immer noch der architektonischeUrsprung angedeutet. Der dies wohl Schild. die zuerst Es ist Fig. 47. Kiklaus Manuel, Detail aus einem Glasbildentwurf in Basel nach ') Holb. 1518, W. 107, Scheibevon 1521 im Kunstgewerbe - Museum Dresden, \Vorb 1521. 2 \V. 72 und 73. 3 Originell das Motiv der Christophscheibe von Hindelbank 1519, aus Bechern,die auf denStützenstehen,quellendieRankengegendieMitte. ; Meisterwerke« Xr. 33. 4 Am frühsten schon 1512 vom alten Holbein auf dem Ulrichsbilde und AnnaSelbdritt; desgl.1512auf denScheibenvon Sumiswald;späterunzahlige Male. Sehr schön die Aufzätze von Utzenstorf jetzt historischesMuseum, Bern , geistreichauch mit Beziehungauf den Inhalt der Darstellung,einer Maria in Egypten, in Lauperswyl. ; Sehr schönder BaslerEntwurf U II, 20. (Vgl. Taf. XII.; i58 italienischem Vorbild umgestaltetereine Zierform. Vereinzelttritt er schon sehr früh auf.1) Von da an ununterbrochen. (SeineEntwicklung zur Kartusche siehe da.) Die beliebtesteForm ist der acht- oder neuneckige,längliche,symmetrische Schild.Seltenerist der Amazonenschild, der in venezianischenDrucken sehr häufig vorkommt, von den Deutschen aber nur ungern übernommen wird.2) Er stirbt bald wieder aus. Die Druckerzeichen werden meist in italienischer Schildform dargestellt, eigentliche Wappen aber selten.3) Dem heraldischen Gefühl des Nordens widerstrebte offenbar diese Form, welche die heraldischen Bilder nicht zur Entfaltung kommen liess. Auch war damals die Heraldik noch nicht eine rein dekorative Kunst und besass ein zu stark nationales Leben, als dass sie die fremde Form . Renaissance-Schild Basler in M.ivs\verk. Goldschmiederisse. hätte aufnehmen sollen. Eine Weiterbildung des gothischen Schildes durch Schwin- gung der Randlinie und Umsäumung mit Blattwerk z. B. an einem Brunnen von 1534 in Estavayer. Die heraldischesymmetrischeSchildform, die in der Renaissancezeit für Deutschlandgiltig wird, schon in der BaslerMatrikel 1511. Die Tartsche, im Wunschenach einer Neuerung umgebildet und abgerunderebenda 1515 (Taf. XV), kühn und barock 1526 am WappenAmerbach (ebenda,ob von Holbein?). Die Tafeln werden meistoblong gebildet und von einem Rand umgeben.An denEndenRingeoderHalter(St.Johann,Schaffhausen) Drachen,Fabelwesen.Hie und da einehängende Tafel (Matrikel1526, Rathausbild Samuel und Saul). Der Rand der Tafel erhält denselben ) 1501 in Genf, Grabstein Mus. arch. 1506 Bartsch, Kranach 113). 1508 Burckmair Rutsch 19 - 1512 Urs Graf, His. 17 u. UX 110. -- Ein einflussreiches,italienisches Beispiel auf einem Blatte des Xicoletto. B. 4. Burckmair, Butsch 19, 1508. Dürer, Butsch 32. Urs Graf, Butsch 40. 1 So das Wappen von Diessbach, 1522 in Utzenstorf, \vo die Symmetrie devgeistlichenInsignien dieseForm nahe leirte, des^l. in Gent, \vo aber die Heraldik schon der italienischen näher steht. - '59 - Schmuck wie der Schildrand; Schild und Tafel nähern sich einander in den Formen, bis sie in der Kartusche zusammenfliessen. Das Medaillon1) gleichfallsschonsehrfrüh, beliebtin Zwickeln und jeder ändernFüllung,hauptsächlich am Kassettenplafond. Die Köpfe einfach im Profil, zum Teil antikisierend,2) zum Teil modisch (Aarau, Rathaus; Perau- , r v ->'«-- ^^^^~ " -_^J- '"" /" - les, Plafond]. Am Haus zum treten die Medaillonköpfe stark und bewegt hervor; eine Form, die in der Sakristei von "? -/«se:^^ " ./ \ ^3S?'*~~7'J <-4#**&-\\ '-i-,i l' Tanz Fig.49Schild an einem Hause in Freiburg. S. Satiro in Mailand ihr monu- mentalesVorbild hat. 3J Die Rosette geht demMedaillonin seinerVerwendungparallel; sie ist besondershäufig in Kassettenund an Friesen. Der sind in ebenso Feston der und der Kranz deutschen beliebt wie Renaissance in der italieni- schen. Überall helfen sie aus, alle möglichenGestaltennehmen sie an" Der Kranz als Umrahmung wurde schon besprochen. Der Feston stammt direkt aus der Festdekoration; er bekleidet Säulenschäfte, Kapitale,ist in Bogen- laibungenaufgehängtetc. etc.4) Es ist die natürlichste und liebens- würdigste Dekorationsform der Renaissance. Am reizendsten, wo er sich mit dem Putto verbindet und durch ihn belebt wird; er dient 50. Schildvon UrsGraf. 1 Das Medaillonals Selbstzweck mit architektonischer Umrahmungin der Serie von Imperatorenköpfenvon H. R. Manuel. Pass.31 ff. Zürich bei Gessner1559. 2 Die leinen Medaillons an den Rücklehnen der vorderen Sitzreihe des Berner Chorgestühls /.um Teil mit italienischer Tracht; an einer Konsole von St. Johann, Schaffhausen,in einemMedaillon zwei Profilköpfe, gegeneinander sehend, ein Motiv, das nur auf Mailänder-Münzenwiederkehrt. 3 Ähnlichund früh -Meisterwerke Xr. 28,später-Meisterwerke; Xr. 5. * Als Flächendekoration an der Loge im Dome von Chur. i6o dann oft als Schaukel1)oder wird von Putten an Schnürengehalten.2) Der Lorbeer ist nach italienischemVorbild das gebräuchlichste Blatt für den Feston. Früchte (Äpfel) treten dazu. Doch löst er sich auch in gothischesLaubwerk (dann meist krause Reben3)auf oder wird in Hülsen gesteckt.4) Den dicken, vollen Fruchtfestonder italienischen Renaissance nimmt Holbein erst mit dem Rollwerk an, da er ihn aus der zeichnenden Kunst vorher nicht kannte. Er stammt also wohl aus Frankreich (Fontainebleau).5) Darauf bleibt er lange der treue BegleiterdesRollwerks.6) Fig. 51. Feston. Detail aus der EnthauptungJohannis, \-f\\ Xiklaus Manuel, Das Füllhorn wird sehr zahlreich verwandt. Besonders in den vielfachenKombinationen des aufgelöstenBogens und des Aufsatzes ist es gut zu verwerten, da es alle Schweifungen auszuführenim ständeist.7) Die Trophäe ist als Füllung8) selten, wird aber ähnlich wie der Feston an Schnüren aufgehängt. Besondersvon Urs Graf, der 1 Schon 1512, Scheibe Sumis\vald und 1516 von H. Holbein "\V 23 |. 3 Z B. auf Anna Selbdritt, Hans Corraggioni. 3 Z. B. Manuel, Enthauptung des Täufers, Basel. .Fig. 51. 4 'L B. Urs Graf U X 34. :' l'aulus, W. 192 und Erasmus W. 206, beide gegen 1540. '' Ygl. z. B. den zürcherischenTitel von 1559 A. Gessner; Abb. Butsch II. Bd., Nr. 95 und Heitz, Zürcher BüchermarkenXo. 19, 22, 32, 55, 36. ' Das Füllhorn selbständigals dekorative Form an Entwürfen des Bandes U XIII in Basel. (Fig. 52.) 8j Der alte Holbein versuchte sich an einer Trophäe als Füllung auf der Rückseite der Berliner Zeichnung 2572. Vgl. den Schaft des Mosesbrunnpis von Moudon, mit Trophäen. (Fig. 32.) überhaupt Vorliebe für die hängenden Schnüre, an denenKugeln, Scheibchen,Troddeln oderWaffen angefasstsind, hat. Es sind dies Motive der lombardischenOrnamentik.1) Eine höchst spiessbürger- licheÜbersetzung desTrophäenfrieses von UrsGrat (UI 60).2J EigentlichesBandornamentist in der deutschen Frührenaissance sehr selten. Es wird nie einheimisch. Die Pilasterfüllungen mit Bandverschlingungenam Berner Chorgestühl sind direkt oberitalienisch. Die Lebewesen. In der Bildung phantastischer Lebewesen gipfelt die Lebenslust der Renaissancedekoration. Es wäre vergeblich, alle dieseGestalten, welche man dem überreichen italienischen Formschatz entnahm und selber erfand, nennen zu wollen; die Variationen sind ohne Zahl. Sphinxe,Chimären, Nereiden und Najaden, vor allem aber der Putto. (Im Barock gehen diese Bildungen besondersan der Herme weiter.) Auch in diesen Formen Charakter treu. bleibt die ,2 Füllhorn. Basier Gold- schmiederisse.' deutsche Renaissance ihrem Ihre Erfindungen sind krauser und phantastischer als die italienischen. Die erstenÜbergängevon den Lebewesender gothischenEpoche zu einer schon durch die Renaissance becinflussten Phantasiean der Decke des Ratssaalesvon Aarau; aul einigen geschnitzten Deckenbalkender Sammlung von Burgdorf und des historischen Museums in Bern. Deutsche Fabelwesen neben rein italienischen Motiven am Chor- gestühl von Bern. Man kann mit ihrer Hilfe genau feststellen, was der deutscheSchnitzer nach italienischerVorlage und was er aus der eigenenPhantasiegeschaffenhat. Der Putto ist dasjenigeElement der italienischenRenaissance- dekoration,dasam frühstenin die nordischeKunsteindringt.Unzählige deutscheWerke zeigenKinder in spätgothischem Laubwerk. (Wohll) Desgl. Matrikelbuch 1519. 2) In gleichemSinne die Trophäen am Dudelsackpfeiferbrunnen zu Bern. (Taf. XXX.) ii gemuth1490,Manuel,Graf, vieleScheiben, Titel etc. etc.)1) 1516auf dem HolbeinischenTitel W. 234 ist das Kind schonauf der Höhe seines Renaissancecharakters; ~) von da an hält es sich bis ins Rokoko. Es ist bezeichnend, dass die deutsche Kunst zuerst das Kind aus der italienischen übernahm; denn der nordische Künstler bevorzugt die Form, die zugleich einen geistigen Inhalt hat. Und so \var von allen italienischen Dekorationselementen der Putto dem Norden am verständlichsten, weil er eine menschliche Seele besass. Das Kind wird gleichsamdasSymbol der deutschenRenaissance, unsicher, unstät, ja unverständig,aberimmer heiter und liebenswürdig. 1 des Basler In Schniuwcrk noch neben Ratssaales. 2) Vgl. Lichtwark p. 4«. der Gntliik .m Jen Decken von Arbun und Inhaltsverzeichnis. Vorwort. Einleitung pag. i I. Allgemein geschichtlicher I. Kapitel. Teil: Der politische denzen -- Reformation -- Zustand Nationale Ten- Humanismus -- Bürgertum . . II. Kapitel. Das Kunstbedürfnis des Zeitalters. - " Volkstümliche Kunst - Stellung von Reformation und Humanismus zur Kunst - - Vorwiegendes Interessefür das Ideelle Zähigkeit der gothischen Form . III Kapitel. Die leitenden Geister in der Formbewegung. - Dürer, Burckmair, Holbein etc. in ihrem Verhalten der italienischen Form gegenüber . . IV. Kapitel. Die Besteller und Auftraggeber der Epoche. -- Fürsten -- Patriziate -- Bürgerliche Kunst Fassaden-- Kunst im Hause -- Glasmalerei -- Buchdruck V. Kapitel. Das Verhalten der grossen schweizerischen Künstler über. -- R e t o r m at i o n und Humanismus gegenManuel als Reformator -- Holbein zurückhaltend VI. Kapitel. II. Zeitliche Bestimmung der Stihvandlung . Stilgeschichtlicher I. Kapitel. . Gründe der Stilwandlung. - " Streben sance. - 18 27 34 - 41 > 46 - Die Emanzipation nach neuen Formen - RegererVerkehr mit Italien - - VervielfältigendeKünste . Kapitel. " Teil des Dekorationsstiles II. 5 Der Charakter der nordischen 55 Renais- Mischstil, Steigerung der dekorativenElemente- Mangelan Theorie- Überwiegender Einflussder zeich- nendenKünste,Stofflosigkeitdes Ornaments-- Aufgeben derFarbeund neueMittel zur ErreichungdesMalerischen Barocker Stil - Intarsia . II* > 65 III. Kapitel. Die Motive und Prinzipien der neuen Dekoration. - Die architektonischeUmrahmung - Einfaches Motiv mit Seitenstützen Epitaphmotiv Die perspektivischeVertiefung -- Das Interieur - Architektur auf Gemälden -- Fassadenmalerci-- Wandmalerei . . J-UL:. Mi Die rein ornamentale Umrahmung Randleisten Kranz IV -- Kartusche ... . . > 114 Das Umrahmungsprinzip in der Holz- und Steinplastik Die Füllung in der Renaissance . > 123 Die Bekrönung -- der Aufsatz Der untere Abschluss -- Konsole . Das Gefäss . > 140 »141 > 142 Kapitel. Detai l Turme n der neuen Dekoration. Architektonische Detailformen - Träger und Stützen Gebälk und Bogen . Das Beiwerk -- Schild - Medaillon -- Rosette - > . > 15 5 i l l Feston l ullhorn -- Trophäe -- Lebewesen -- Putto . . »157 Verzeichnis A. I II III IV Y *YI *VII *YIII Einschaltbilder: Schrank von 1525. Zürich, Landesmuseum Thür aus Schloss Haldenstein. Berlin, K. Kunstgewerbemuseum Thür im ehemaligen Kloster Tänikon Nikiaus Manuel, Glasbildentwurf.; Basel . Basier Hans Holbein, Glasbildentwurf von 1520. Basel Buchtitel von Urs Graf, Holzschnitt . 84 HansHolbein d.J., Glasbildentwurfvon 1517. Braunschweig,HerzogMuseum .... Hans Holbein d. J., Glasbildentwurf. Hans Holbein d J,, Glasbildeiitwurf. Basel Basel . . . g2 *XI Nikiaus Manuel, Madonna. Berlin, K. Kupferstichkabinett . *XII Anonymer Glasbildentwurf. Basel (Band U II, XIII Hans Holbein d. A., Feder/eichnung. Basel XIY XY XYI XYII XYIII XIX *XX "*XXI XXII *XXIII XXIV XXY 72 . Matrikelbuch liches IX *X der Illustrationen. Das Haus zum Rekonstruktion weissen der Adler Fassade in Stein a. Rh. des Hertenstein'schen . 94 96 . Hauses in Luzern. Aquarell im Museum zu Basel ... . . Hans Holbein d. J. <;?, Stück einer Fassade,Handzeichnung. Basel 104 Rekonstruktion des Hauses zum Tanz . . . . Erste Skizze für das Haus zum Tanz von Hans Holbein d. J., Handzeichnung. Basel . Hans Holbein d. J., Entwurf für das Haus zum Tanz. Berlin, K. Kupferstichkabinett . Fassadezum Gryffenstein. Anonymer Entwurf. Basel . Anonymer Fassadencntwurf. Paris, Louvre . 'Wandgemäldeim Kloster St. Georg zu Stein a. Rh. . Titel von Hans Holbein d. J., Metallschnitt . Schrank von ca. 1550. Zürich, Landesmuseum . Trog des Erasmus. Basel, Hist. Museum . Die mit * bezeichnetenlaj\ln sind in Lichtdruck hergestellt, dU ubrigtn in Autotypie. 106 110 112 114 uo 124 126 - i66 beite XXVI Alurentwurf. Basel,BandU 13 XXVII XXVIII Altar des hl. Lucius. Chur, Dom .128 . 13° Thür des ehemalsDalp'schen Hausesin Chur 132 XXIX Thür von 1565 aus dem Abtshof in Wil. Zürich, Landesmuseum134 XXX Der Dudelsackpfeiferbrunnen in Bern. . . 146 B. Textillustrationen: Ornament 52 Fig. i Sakramentshäuschen in St. Oswald,Zug 58 > 2 Teil einer Monstranz. Basier Goldschmiederisse 59 > 3 Froschauer, Foliobibel von 154-, 70 4 Dasselbe . 71 . 5 Truhe von 1567. Zürich, Landesmuseum 78 > 6 Geschnitzter Schrank von ca. 1550 . 79 > 7 Hans Holbein, Glasbildentwurf. Basel . S FranzösischeScheibe. Freiburg, Museum 9 SavoyscheScheibe. Freiburg, Museum lü 84 . Detail aus dem Wiler Altar von 1516 . 100 12 Wappen Amerbach, Steinrelief. Basel, Histor. Museum 119 13 Kartusche. Venedig 1541 14 Holzschnitzerei aus Aarau von 1520 121 123 . > 15 Wappen von Aarau. Rathaus, Aarau 10 Truhe von 1550. Zürich, Landesmuseum 17 Truhe von 1559. Zürich, Landesmuseum 18 Altar aus Katzis. Zürich, Landesmuseum » > > > » 91 98 j i HansHolbein, Ölgemälde.Basel " MS . 124 . 125 126 128 19 Thür am Göldlinhause, Luzern . . 130 20 Grabmal in der Kirche von Tänikon 133 2l Maison d'Orleans, Neuchatel . 134 22 Plafonddetail. Basler Goldschmiederisse 137 23 Das Chorgestühl von Worb 138 24 Ketten/ug. Ornament am Stuhle der Supersaxo,Sitten 139 25 u. 26 Baldachin. Peraules, Schlosskapelle . i ji 27 Brunnen. Detail ausDavid und Bethseba.Von Nikiaus Manuel, Basel 142 28 Vase. Detail aus Holbein, W. 74 143 29 Säule auf einem Glasbild. Wettingen . 143 30 Detail aus dem anonymen Glasbildent\vurt". Basel U II 52 144 31 Anonymer Glasbildrahmen. 145 32 Brunnen in Mondon ... .146 33 Kandelaber. Basler Goldschmiederisse. 147 34 Kandelabervon Holbein . . 148 35 Kandelaber. Erlachscheibe,legenstorf . . 149 36 Pfeiler aus dem Bande UI 75. Basel 150 37 Säule von F. Griebcl, Wettingen . . 151 Seite Fig. 38 Detail einer Scheibe in Ligerz . . 152 39-45 Kapitale. Details aus Holbein 15:-155 46 u 47 Xiklaus Manuel, Details aus Glasbildentwürfen in Basel 156 u. 157 > 48 Renaissance-Schild in Massvverk. Basler Goldschmiederisse 49 Schild an einem Hause in Freiburg 50 Schild von Urs Graf . 159 > 51 Feston.Detail ausderEnthauptungJohannesvon NiklausManucl. Basel ',2 Füllhorn. Basler Goldschmiedurisse Schhissvignette . ... 161 162