Protokoll zum 10.12.2015 Musik der Renaissance
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Prof.Dr.SabineMeine MusikwisschenschaftlichesSeminarDetmold/Paderborn [email protected] FORUMWissenschaft|Bibliothek|Musik,HornscheStraße39 (1. OG,R8) Postanschrift: Neustadt22 D-32756Detmold Tel.05231/975670und-667Sekretariat Protokollzum10.12.2015 MusikderRenaissance KirstenRohde Matrikelnummer:7044153 PopuläreMusikundMedien 1 InderachtenMusikgeschichteVorlesunggehtesumMusikundSpracheinderRenaissance. DochwasistdieRenaissancegenau?WirbeschäftigenunsamAnfangderVorlesungdamit,dieser Fragenachzugehen.ZuerstgehtesumdieRenaissancealsBegriff,danachalskünstlerischerStilund zuletztalsEpochenbegriff. DasWort„Renaissance“stammtvondemitalienischenWort„Rinascitá“,welches„Wiedergeburt“ bedeutet.Seitdem15tenJahrhundertistesjedocheinSammelbegrifffürdieAntikenrezeption.Die MenschenwolltennachdemMittelalterwiedereinenNeuanfangundsuchtenhierfürnachLösungen inderAntike.BesonderswichtigwarderHumanismus,dasMenschenbildundFragenwie„Wasist einMensch?“und„WiekommenwirzurhohenMenschenwürde?“wiesieinderAntikebestand. DieseWandlungderWertezeigtesichauchinderbildendenKunst,wobeiwirbeider RenaissancealskünstlerischerStilankommen.EinleitendbetrachtetenwirdieDeckenmalereivon MichelangeloBuonarrottiinderSixtinischenKapelleinRom.AufdemGemäldesiehtmandie ErschaffungdesMenschen;AdamundGott,diesichzueinanderstrecken,waszueiner QuasiberührungderHändeführt.HinterGottverbirgtsicheinEngelschorundeswurdensehrhelle Farbenverwendet.AnhanddesGemäldeskannmangutdieaufdernächstenFoliegenannten Attributenachvollziehen: • „LichtundFarbe“zeigtsichinderHelligkeitdesGemäldes,inderVorlesungwurdeesals „hellundklar“beschrieben. • „Perspektive“zeigtsichinderVeränderungderParadigmen,Gottstehtnichtlängerüber demMenschen. • „StilundGeschmack“beschreibt,dassnundieNaturalsVorbildgenommenwurdeundman sichbeispielsweisemitderAnatomiedesMenschenbeschäftigte,umihnzumalen. • „Individualität“drücktobengenanntesnochbesseraus.DieIndividualitätdesMenschen standimVordergrund,AdamwirddetailliertundinseinervollenPrachtdargestellt. • „Autoritätsgewinn“erhältderMensch,AdamhandeltvonsichausundstrecktGottseine Handhin. AlldieseAttributekannmanauchaufdieMusikbeziehen,wasimspäterenVerlaufdesProtokolls erläutertwird. EsfolgtdieRenaissancealsEpochenbezeichnung,dieZeitvom14.biszum16.Jahrhundertnach Christus.LautFoliegabeshierdreiwichtigeBegriffe,diezubenennensind.Zuerstgibtesden Humanismus,derspätergenauererläutertwird.ZweitensentwickeltesichderFernhandel.Neue Kulturgüter,WissenundInhalte,aberauchWarenwieGewürzeundTuchstoffe(z.B.Seide)wurden ausdemOrientnachEuropagebracht.EsentwickeltensichganzeHandelsrepublikenundvorallem Stadtstaaten,dieinItalienvonreichenFamiliengelenktwurdenundsichsogargegengroßeMächte wieFrankreichstellten.IhreIndividualitätdrücktensievorallemdurchKunstaus.Alsletztesstrebten vorallemreicheBürgernachKalkülundFreiheitundhattenLustaufErfolg.Fürstenfragtensich,wie siestrategischgutleitensollenundsuchtenWissendazuinderAntike,waszueinerÜbersetzung alterTexteführte. IndiesemZusammenhangwurde1458derBuchdruckund1501derNotendruckerfunden.Des WeiterenentdeckteChristophKolumbus1492Amerika,wasdenMenscheneinneuesWeltbildund neueHandelsperspektiveneröffnete.WichtigwarauchdieOsmanischeEroberungKonstantinopels 1453und1517dieReformationderKirchedurchMartinLuther,dersichmitderFragebeschäftigte, wieKircheseinmuss,wennesumdenMenschengehensoll.Zuletztändertesich1543das geozentrischeWeltbild,welchesdieErdeimMittelpunktdesUniversumssieht,durchNikolaus KopernikuszumheliozentrischenWeltbild,beidemsichdiePlanetenumdieSonnedrehen. DieEpochehattejedochnichtnurguteSeiten,davorallemim14.JahrhunderteinePestpandemie ausbrach,diedasirdischeWeltbildebenfallsveränderte.DieMenschenfragtensich,warumsiekrank wurden,starbenundGottihnennichthalfundsieerkannten,dasssienichtaufihnvertrauen konnten.DesWeiterenwurdedasVerhältniszwischenarmundreichreflektiert,dareichereFamilien auchbessermedizinischversorgtwurdenundsodiePestöfterüberlebten. AlsFazitdieserEinleitungkönnenwirsagen,dassderHumanismusinderRenaissanceeinesehr bedeutendeRollespielte.WasistalsoHumanismusgenau? 2 HumanismusbezeichnetunteranderemdieBildungsreformbewegung.EineBewegung,diesich Gedankenmachte,wiemandasMenschenbildrevolutionierenkann,damitessogutistwiedasin derAntike,deridealenKultur.DieAbgrenzungvomMittelalterwarhierbeisehrwichtig.AlsModell wurdeItaliengenommen,wasmitdenStadtstaatenzusammenhing,dieKunstundKultur vorantrieben.AusgangspunktwardieFamiliederMediciinFlorenz,dievoneinerunbedeutenden FamiliezueinerdereinflussreichstenitalienischenDynastienihrerZeitaufstieg.Siefördertendie ÜbersetzungvonWerkenausderAntike,vorallemdieLehrenPlatons,insLateinischeundspäter auchinsItalienischeundmachtensiesoderGesellschaftzugänglich,wasdasInteresseanPlatons Schriftenwiederbelebte.ErstmalskonntenaucheinekleineElitedes„normalen“Bürgertumsund FrauenanDiskussionenüberSchriftwerketeilnehmen. InderMusikwareinRückgriffzurAntikejedochnichtmöglich,daeswederZeitzeugennoch AufzeichnungenausdieserZeitgab.DiesveranlagtedieMusikerMittedes15.Jahrhundertsdazu, eineneueMusikzuspielen,diederderAntikeebenbürtigist,namensArsNova.EinMerkmaldieser Musikwar,dasssiemehrstimmigwar. Da1501erstmaligauchMusikgedrucktwurde,entwickeltesichaucheinMusikmarktmitVerlegern. OttavianoPetruccientwickelteeineDruckmethodemitbeweglichenTypen,diezwarteuerwaren undeinenlängerenArbeitsvorgangvoraussetzten,allerdingskonntemansiewiederverwerten.1528 setztesichdieTechnikdesPariserVerlegersPierreAttaignantstärkerdurch,beideresnureinenTyp gab,dernichtwiederverwendetwerdenkonnte.AllerdingswarderArbeitsaufwandhierkleinerund dasSystemrentabler. NachdieserEinleitungderVorlesungkommenwirzumUnterkapitel„MusikundSprache“. InderRenaissancetrenntemanMusiknichtmehrvonderSprache,imStudiumwurdesiezusammen mitGeisteswissenschaftenstudiert.ManbeschäftigtesichmitderRhetorikvongriechischen PhilosophenundDichtern,umdieMusikwieeineRedeklingenzulassen. HierzubeschäftigenwirunsmitMusikgattungeninnationalenSpracheninFrankreichundItalien. InFrankreichnanntemandieseChanson,wirbeschäftigenunsbesondersmitdem KomponistenGuillaumeDufay(1397-1474),dervonJürgStenzlauchalsBeethovendes15. Jahrhundertsbezeichnetwurde.ErwareinfranzösischerKirchenmusikerundreistevielinseinem Leben.InseinemWerk„Adieu,m’amour“von1460wendetsicheinlyrischesIchanseineGeliebte. EsstehtinC-Dur,danninFundhatKadenzeninDundC.DerAmbituserweitertsichüberdasStück inWellenbewegungen,bisereineOktaveannimmt.DasWerkwarfürdiedamaligeZeitneu,daes sehrausgeglichenklingtunddiedreiStimmenausbalanciertzueinanderpassen.DieUnterstimmen sindbegleitendundselbstderTextunterstütztdieRuhemitan-undabschwellendenKonsonanten. Wo„Adieum’amour“erklungenist,istnichtmitSicherheitzubeantworten.DufayhatteKontaktzum Hofvon„Philipp,demGuten“inDijon/Burgund.DortwurdeesinMusikerkreisenauf Dichterwettbewerbengesungen. DaszweiteBeispielderChansonistdasChorstück„laguerre“(1528)vonClémentJanequin(14851558),einembekanntenKomponisteninParis.EsgehtindenzweiTeilenallgemeinumdenersten errungenenSiegdes21jährigenKönigsFrancoisI.ineinemKrieggegendieSchweizundMailand.Im erstenParthörtmanAufforderungsrufe,derGeschichtezulauschen.ImzweitenParthörtmandie Schlachtselbst;diefünfStimmenahmenKriegsgeräusche,diefürdamaligeOhrenrealklangen,und Trompetennach.EsstehtinlydischFmiteinemb,washellundstrahlendwirkt,umdieBotschaft, dassFrankreichgewonnenhat,zuunterstreichen. EswurdeinBordeauxgespielt,wiezuvermutenist.DortwarFrancoisI.zuGast. AlsnächstesbeschäftigtenwirunsmitItalienundderFrottolaalsGattungsbezeichnung,denersten gedruckten,volkssprachigenLiedern.DasBeispielisteineVertonungvonBartolomeoTromboncino nacheinemTextvonFrancescoPetrarca.EsstehtinMensuralnotationunddiezweiteStimmespielt AkkordeaufeinerLaute.DarübersingteineOberstimme(=Cantus). PetrarcasDichtungenwarensehrmusikaffin,mitvielenhellenVokalen,waseinenitalienischen GelehrtennamensPietroBembo(1470–1547)dazuveranlasste,sichfürdieitalienischeSprachein derMusikeinzusetzen.ErerfandModelle,indenendieMusikmitdemKlangderSprache„spielt“. 3 DieFrottolenerklangenzuerstindenvonIsabellad’EsteeingerichtetenRäumen,indenensich AdeligeundGelehrtevonihrerArbeiterholtenundsichderMusikundderEntspannungwidmeten. AbernichtnurdieobereSchichtderGesellschafthörtedieseLieder,dadurchdenMusikdruckdie NotenauchindieStädtekamenunddortdieMenschensogarInstrumentelernten,umdieMusikzu genießen.SozumBeispielinderHandelsstadtVenedig. DasletzteBeispielwarendieMadrigale,diepopulärsteMusikgattungim16.Jahrhundert,dieauch nachDeutschlandundEnglandexportiertwurden.SiewarenmehrstimmigmiteinemTextinder jeweiligenMuttersprachezuerstrelativleichtsingbar.DasbehandelteStück„Italiamia“vonPhilippe VerdelotistebenfallseineVertonungeinesTextesvonPetrarca.DasGedichtisteineHymneandas eigeneLand,indemaberauchgeklagtwird.DieVertonungpasstdurchdieDur-Moll-Harmonikzur GrundstimmungdesGedichtes. KlagenandasLandwarennichtgernegesehen,wodurchdasStückvermutlichnuringebildeten, regierungskritischenKreiseninFlorenzundRomgespieltwurde. Zusammengefasstlässtsichsagen,dassesinderRenaissanceinallenBereichenderGesellschaft großeWandelgabundeinersterSchrittfürdieheutigeGlobalisierunggemachtwurde.Auchgabes revolutionäreSchritteinderMusik,wiedasZusammenspielausMusikundSprache,daswirauchaus Kunstliedernkennen. 4
