THEATER IN DER RENAISSANCE (vor allem in Italien) Renaissance (frz. renaissance /ital. rinascità : Wiedergeburt) Der Begriff der Renaissance bezeichnet als historische Epoche den Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit, der zwischen 1400 und 1600 stattfand. In kultureller Hinsicht meint er eine Wiederbelebung antiker Ideale in Literatur, Philosophie, Wissenschaft und besonders in der Malerei und der Architektur. Ihren Ursprung nimmt die Renaissance in Italien, wo es bereits weit entwickelte Stadtkommunen und ein selbstbewusstes Handelsbürgertum gab. Der Mensch der Renaissance wurde sich seiner Freiheit und seiner schöpferischen Möglichkeiten bewusst, ja entdeckte sich erstmals als Individuum. Nach dem als "dunkel" und sinnenfeindlich empfundenen, jenseitsorientierten Mittelalter setzte sich ein dem Diesseits und natürlicher Sinnlichkeit zugewandtes Lebensgefühl durch. Dem theozentrischen Weltbild (auf Gott bezogenen) wurde ein anthropozentrisches Weltbild (auf den Menschen bezogenen) entgegengestellt. In den Wissenschaften vollzog sich die Abtrennung der Philosophie von der Theologie. Mit der wiederentdeckten Diesseitsfreude verbindet sich ein Denken, das auf Vernunft und Erfahrung basiert, so wie es der Humanismus formuliert hatte. Die kunstgeschichtliche Epoche der Renaissance wird in Frührenaissance (ab 1420), Hochrenaissance (ab 1500) und Spätrenaissance (ab 1520/30) untergliedert. Hauptauftraggeber & Mäzene der RenaissanceKunst waren die Papstkirche und verschiedene Fürstenhöfe (vor allem jener der Medicis in Florenz). In der Literatur gelten die Werke Dante Alighieris (La Divina Commedia, 1307-21), Franceso Petrarcas (Canzoniere, 1470) und Giovanni Boccaccios (Il Decamerone, 1353) als bahnbrechend. Zu den bedeutendsten Werken der bildenden Kunst zählen Michelangelo Buonarrotis Skulptur David (1501-04) und seine Fresken der Sixtinischen Kapelle (1508-12), die Mona Lisa (1503-06) des italienischen Malers, Bildhauers, Baumeisters und Naturforschers Leonardo da Vinci sowie Raffaels Sixtinische Madonna (um 1513). Beispiele für die reiche Renaissance-Architektur bieten die Peterskirche in Rom (nach einem Entwurf von Donato Bramante; als Bauleiter waren später auch Raffael und Michelangelo beteiligt) und die venezianische Kirche San Giorgio Maggiore (1566-79) von Andrea Palladio. Quelle: http://www.uni-due.de/einladung/Vorlesungen/epik/renaissance.htm Aber nicht nur der Geist wurde neu entdeckt. Seefahrer erkundeten Länder und Meere (Cristoforo Co1 2 3 4 5 lumbus , Vasco da Gama , Vicente Pinzón , Amerigo Vespucci , Ferdinand Magellan ); Astronomen das 6 7 8 Weltlall (Nikolaus Kopernikus , Galileo Galilei , Johannes Kepler ). Und es entwickelte sich der Kapitalismus; erste Banken wurden in Siena und Florenz gegründet. Das Bürgertum gewann Reichtum und Macht. In Koalition mit dieser aufsteigenden Klasse setzte sich in England, Frankreich und Spanien die Monarchie gegen den mittelalterlichen Feudaladel durch. In Italien und Deutschland dauerte dies noch ein paar Jahrhunderte. 1 (1451 – 1506): Wiederentdeckung Amerikas (ursprgl. schon von Leif Eriksson um 1000) (1469 – 1524): Entdecker des Seewegs nach Indien 3 (1460 – 1523): Entdecker der Mündung des Amazonas 4 (1452 – 1512): Erforscher der Ostküste Südamerikas 5 (1480 – 1521): begann am 10.08.1519 die 1. Weltumsegelung, wurde unterwegs getötet; die Reise wurde beendet, von 237 Männern, die aufbrachen, kamen am 06.09.1522 nur 18 Männer wieder nach Spanien zurück. 6 (1473 – 1543): Domherr & Astronom. Zweifelte an der Richtigkeit des geozentrischen Weltbildes. Stellte fest, dass die Erde sich nicht nur um sich selbst, sondern mit den anderen Planeten um die Sonne dreht. 7 (1564 – 1642): erbrachte durch Beobachtungen die Richtigkeit der kopernikanischen, heliozentrischen Lehren. Er entdeckte die Ringgebirge & Ebenen auf dem Mond, die Sonnenflecken, die Lichtgestalten der Venus, die Sternengestalt der Milchstraße und die Monde des Jupiter. Betrachtete das Jupitersystem quasi als Abbild des Sonnensystems. 8 (1571 – 1642): Mathematiker, beantwortete die bei Galilei noch offene Frage, auf welche Weise sich die Planeten um die Sonne bewegen. Fand 1609 die ersten Keplerschen Gesetze, die zwar eine korrekte mathematische Beschreibung für die beobachteten Bewegungsvorgänge im Sonnensystem boten, aber nichts über die Ursachen aussagten. Das heliozentrische Weltbild fand deshalb nur langsam Anerkennung u. wurde von Seiten der geistlichen und weltlichen Autorität bekämpft. Galilei wurde von der Inquisition der Prozess gemacht und unter Hausarrest gestellt. THEATER IN DER RENAISSANCE 2 1 Humanismus (lat. humanitas: Menschlichkeit) Als Humanismus wird eine Geisteshaltung bezeichnet, die zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert die historische und kulturelle Epoche der Renaissance kennzeichnete. In Anlehnung an die Antike zielte sie auf ein Idealbild des Menschen, der seine Persönlichkeit auf der Grundlage allseitiger theoretischer und moralischer Bildung frei entfalten kann. Als Humanisten galten zunächst die Männer, die sich wissenschaftlich mit der Kultur und vor allem den Sprachen der Antike (zunächst dem Lateinischen, später auch dem Griechischen) beschäftigten. Eine verstärkte Hinwendung zur Naturwissenschaft und die (häufig satirische) Kritik an kirchlichen Dogmen charakterisieren die Schriften vieler Humanisten. Ausgangspunkt der humanistischen Bewegung war Italien, wo Francesco Petrarca mit seinem Canzoniere (1470) das innerweltliche Schönheitsideal seiner Geliebten Laura pries und Giovanni Boccaccio in „Il Decamerone“ (1353) die Sinnenfreude feierte. Zum führenden Kopf des Humanismus wurde Erasmus von Rotterdam, dessen anti-klerikale Satire “Das Lob der Torheit“ (1509) zur europaweiten Verbreitung humanistischen Denkens beitrug. Im deutschen Sprachraum gelten unter anderen Johannes Reuchlin als Begründer der hebräischen Sprachforschung und Ulrich von Hutten („Die Studien blühen, die Geister prallen aufeinander. Es ist eine Lust zu leben!“) mit seinen teils auf Deutsch verfassten satirischen Dialogen als wichtige Vertreter des Humanismus. Quelle : http://www.uni-due.de/einladung/Vorlesungen/epik/humanismus.htm Das auf sich selbst gestellte Individuum löste den mittelalterlichen Kollektivismus ab, stellte sich in den Mittelpunkt des Erlebens, der Beobachtungen, der Analysen. Und wurde somit – auf Künstlerseite – ein autonomes schöpferisches Wesen. Und nicht lange – und der Gedanke des Genies war geboren und setzte sich durch. GENIE wurde zum Inbegriff des menschlichen Vermögens; seiner Macht über die Realität. Bedingt durch die ernannten Genies der Renaissance (allen voran Leonardo da Vinci9 und Michelangelo10) stieg das Ansehen der Künstler enorm. Aufgrund rationaler Geisteshaltung wurde das Leben in zunehmendem Maße beherrscht von den Prinzipien der Zweckmäßigkeit, der Planung und der Berechenbarkeit. Dies bedeutete für die Kunst: SCHÖN war die logische Übereinstimmung aller Teile eines Ganzen, die zahlenmäßig ausdrückbare Harmonie, der berechenbare Rhythmus. Begriffe: - Zentralperspektive, Luftperspektive, Farbperspektive, Goldener Schnitt, Zentralbau Kunst wollte nichts Göttliches mehr sein, grenzte sich aber auch deutlich in ihrer Fiktionalität von der Realität ab, z.B. durch Bilderrahmen, Statuensockel und Bühnenportal ( = Proszenium; der Bereich der Bühne vor dem Vorhang: Achtung! Hier beginnt die Kunst!). Wenn nun aber solch eine deutliche Trennung, dann andrerseits aber auch eine deutliche Illusion. 9 * 15. April 1452 in Anchiano bei Vinci; † 2. Mai 1519 auf Schloss Clos Lucé, Amboise, eigentlich Leonardo di ser Piero, toskanisch auch Lionardo) war Maler, Bildhauer, Architekt, Anatom, Mechaniker, Ingenieur und Naturphilosoph. 10 vollständiger Name: Michelangelo di Lodovico Buonarroti Simoni; * 6. März 1475 in Caprese, Toskana; † 18. Februar 1564 in Rom; war ein italienischer Maler, Bildhauer, Architekt und Dichter. Er gilt sowohl als einer der bedeutendsten Repräsentanten in der Kunst der italienischen Hochrenaissance als auch weit darüber hinaus. THEATER IN DER RENAISSANCE Auch die Zeit wurde perspektivisch betrachtet; so löste am Theater das Prinzip der SUKZESSION (Nacheinander) das vorige der SIMULTANITÄT (Nebeneinander) ab. Das heißt, nicht mehr der Zuschauer zog am Geschehen entlang, sondern das Geschehen zog am ortsfesten Zuschauer vorbei. 2 Die Entwicklung des Renaissancetheaters nahm ihren Ausgang an den italienischen Höfen und Akademien gegen Ende des 15 Jahrhunderts. Der Fürst von Ferrara initiierte die erste Wiederaufführung einer Komödie von Plautus. Gleichzeitig sorgte der humanistische Gelehrte Pomponius Laetus in Rom für die früheste Tragödien-Inszenierung der Neuzeit (PHÄDRA des Seneca). Auch bei der Bühnengestaltung griff man auf die römische Antike zurück. Hierzu gab es die ZEHN BÜCHER ÜBER DIE ARCHITEKTUR aus der Zeit des Kaisers Augustus, in denen auch exakte Beschreibungen des römischen Theaterbaus enthalten sind. Durch die Neuausgabe dieser Bücher wurde ein bislang existentes, aber eben nicht richtiges Bild über die antike Aufführungspraxis korrigiert: dass grundsätzlich ein Erzähler den Theatertext rezitiert hätte, während Spielleute die Handlung bloß pantomimische dargestellt hätten. THEATERBAUTEN/-ARCHITEKTUR IN DER RENAISSANCE In erster Linie interessierte man sich aber für die Gestaltung der Scenae frons. Eine Rekonstruktion der niedergeschriebenen Pracht wäre zu teuer gewesen. Man realisierte deshalb eine einfachere Variante, über die man in einer damals wieder veröffentlichten Ausgabe der Komödien des Terenz Auskunft bekam: - Im Winkel zueinander aufgestellte Wände (Säulen) mit, durch Vorhang verschließbaren Öffnungen (= Häuser) Darüber Schrifttafeln, die Auskunft über die jeweiligen Besitzer der Häuser gaben Davor eine neutrale Fläche, auf der sich die gesamte Handlung abspielt = BADEZELLENBÜHNE bzw. auch TERENZBÜHNE THEATER IN DER RENAISSANCE - 3 Mit Beginn des 16. Jahrhunderts änderte sich die Bühne, dergestalt, dass die Auftritte nicht mehr nebeneinander, sondern hintereinander gelegt wurden. Die im stumpfen Winkel zusammengefügten Holzrahmen wurden mit Stoff bespannt und perspektivisch bemalt. Daraus ergab sich die Illusion des Tiefenraums. = WINKELRAHMENBÜHNE Nachteil dieser Bühne: man konnte nicht im Hintergrund spielen, da sich die Akteure dort in einer Größendiskrepanz zur Malerei befanden!!! Abmilderung des Nachteils: der Fluchtpunkt der Perspektive wurde hinter den Prospekt, der die Bühne rückwärtig abschloss, verlegt; dadurch reduzierten sich die Verkürzungen, aber wirklich befriedigend war diese Lösung nicht. Sebastiano Serlio entwarf um die Mitte des 16. Jahrhunderts, basierend auf der notwendigen Trennung von neutraler Spielbühne im Vordergrund und perspektivisch gestalteter Bildbühne im Hintergrund, Einheitsdekorationen für die drei hauptsächlichen Gattungen des Renaissancetheaters: Palastarchitektur für die Tragödie Sebastiano Serlio: Bühne für Tragödie (http://www.easyart.de/leinwanddrucke/Sebastiano-Serlio/Set-design-for-a-tragic-scene-303082.html) THEATER IN DER RENAISSANCE - 4 - Straßenbild für die Komödie Sebastiano Serlio: Komödienbühne (http://library.calvin.edu/hda/node/1415) Waldlandschaft für das Schäferspiel Sebastiano Serlio: Bühne für Schäferspiel (http://library.calvin.edu/hda/node/1418) (Einen Schritt weiter: Giacomo Barozzi da Vignola: PERIAKTENKULISSE: 3-seitige Prismenwände, die so bemalt waren, dass man durch einfache Drehung einen schnellen Kulissenwechsel von einem Spielort zum nächsten bewerkstelligen konnte.) THEATER IN DER RENAISSANCE - 5 Wesentliche Änderung in der Theaterkultur bestand auch darin, dass im Auftrag von Fürsten, Patriziern und Akademien in Oberitalien erste Permanenttheaterbauten errichtet wurden – während man sich bis dahin mit provisorisch aufgeschlagenen Perspektivbühnen in den Sälen der Palazzi begnügt hatte. Bis heute erhalten: TEATRO OLIMPICO VICENZA http://www.filmcommission.it/pub/Allaboutvicenza/Photo/Vicenza/pages/teatro%20olimpico_jpg.htm THEATER IN DER RENAISSANCE http://www.panoramio.com/photo/35402793 6 Ursprünglich war von Andrea Palladio angedacht, dass hinter den Toren der Scenae frons eine veränderbare Periakten-Dekoration eingebracht werden sollte. Sein Nachfolger Vincenzo Scamozzi ließ jedoch eine nicht verwandelbare, perspektivisch gestaltete Architektur aus Holz und Gips einbringen. Sie stellt ein idealisiertes, antikes Theben dar zum Eröffnungsschauspiel von 1584 „KÖNIG ÖDIPUS“. Auch hier gilt: aufgrund des steilen Anstiegs und der perspektivischen Verkürzung kann der Raum hinter den Toren nicht bespielt werden: die 3 mittigen Straßenzüge plus die je 2 Straßenzüge in den seitlichen Türen dienten lediglich dem Mythos vom siebentorigen Theben. THEATERDRAMATURGIE IN DER RENAISSANCE Auch die Dramaturgie basierte auf der Wiederentdeckung des klassischen Altertums. Das vollendete Menschentum, das man in der Antike erreicht glaubte, schlug sich nieder im Namen der neuen geistigen Bewegung: im Humanismus. Zunächst wurden diese in der damals verbindlichen Gelehrtensprache Latein aufgeführt; im Laufe der Zeit ging man aber dazu über italienische Übersetzungen zu spielen. Von da an war es nur noch ein kleiner Schritt zur Schöpfung eigener Dramen nach deren Muster. Mehr als ein 50 Jahre vor der Eröffnung des Teatro Olimpico entstand in Vicenza von Giangiorgio Trissino die erste italienische Renaissancetragödie SOFONISBA. (griech.: dauerhaft anwesender Chor, Einheit des Ortes, der Zeit, der Handlung; röm.: Handlung aus röm. Geschichte, Rhetorik und Darstellung von Greueltaten nach Seneca) THEATER IN DER RENAISSANCE Der Humanismus erblühte an den jungen Universitäten, an den aufgeschlossenen Fürstenhöfen sowie in den Häusern reicher Patrizier. Das wesentliche Schrifttum, das studiert und verbreitet wurde, waren die antiken griechischen Dramen und Aristoteles Poetik – aber vor allem auch die antiken römischen Tragödien und Komödien von Seneca, Plautus und Terenz. 7 Weitaus bedeutender als die italienische Renaissancetragödie wurde das italienische Lustspiel, die „commedia erudita“ (gelehrte Komödie). Übernommen wurde dabei von Plautus und Terenz: - 5-aktiger Handlungsaufbau 3 Einheiten typenhafte Figurenzeichnung Alltagsmilieu Liebesintrige Dabei machte sich besonders Pietro Aretino11 um die Durchsetzung der italienischen Landessprache verdient. (Il Marescalco (1533), La Cortigiana (1525/ 34), Lo Ipocrito (1542), La Talanta (1542), Il Filosofo (1546), Komödien ; L'Orazia, (1546), Verstragödie) Ein weiterer wichtiger Schriftsteller war Ludovico Ariost12, der vor allem für eines der ältesten italienischen Adelsgeschlechter, die Este in Ferrara, eine Reihe von Komödien verfasste. Sein wichtigstes Werk ist aber das Versepos „Orlando furioso (Der rasende Roland)“. (La Cassaria, 1508 (dt. Die Kastenkomödie), I Suppositi, 1509 (dt. Die Untergeschobenen), Il negromante, 1520 (dt. Der Nekromant), La Lena, 1528 (dt. Lena, die Kupplerin); alle übers. v. Alfons Kissner, 1909) Auch Kirchenfürsten und Politiker versuchten sich als Komödienautoren. Die Zeiten überdauert hat nur der deftige Schwank La mandragola von Niccolò Machiavelli13. 11 http://de.wikipedia.org/wiki/Pietro_Aretino http://de.wikipedia.org/wiki/Ludovico_Ariosto 13 http://de.wikipedia.org/wiki/Niccol%C3%B2_Machiavelli 14 http://de.wikipedia.org/wiki/Giordano_Bruno 12 THEATER IN DER RENAISSANCE Und der als Ketzer verbrannte Theologe Giordano Bruno14 hinterließ das Drama Il candelaio (Der Kerzenmacher), ein Höhepunkt der commedia erudita. 8 Ausgehend von einem einzigen erhaltenen griechischen Satyrspiel (Euripides: DER KYKLOP) bildete sich als dritte Gattung des Renaissancedramas das SCHÄFERSPIEL. Darin spiegelt sich die Flucht der Humanisten aus einer Welt der permanenten politischen und ökonomischen Machtkämpfe in eine idyllisch stilisierte Natur. Den Auftakt gab Angelo Poliziano15 mit FAVOLA D’ORFEO, dem ersten weltlichen Drama in italienischer Sprache. Sehr gepflegt und gefördert wurde das Schäferspiel am Hofe der Este in Ferrara, wo Torquato Tasso16 nicht nur „Das befreite Jerusalem“, sondern auch das spiel AMINTA schuf. Motto: Erlaubt ist, was gefällt. Schon vom Geist des Barock geprägt, schuf Battista Guarini17 eine ‚tragicommedia pastorale‘ IL PASTOR FIDO (Der treue Schäfer), mit dem Gegenmotto: Erlaubt ist, was sich geziemt. von hier zur Oper war nur noch ein kurzer Schritt: Das Schäferspiel stellte aufgrund seiner musikalischen Einlagen, Ballette und Chöre das ideale Rohmaterial für die neue Kunstgattung „dramma per musica“ dar. Das „dramma per musica“ war ersonnen worden in der Absicht, die legendäre Deklamationskunst des antiken griechischen Theaters mit musikalisch-gestischen Mitteln nachzuahmen. a) Verstand sich zum ersten Mal als reine Kunst, die einzig der Erbauung und Unterhaltung des Publikums diente. b) Die ersten Ansätze zum Drama als Wortkunstwerk, in dem Handlung durch Dialoge vorangetrieben wird. c) Prunkliebende Höflinge nahmen diese „neue Welle“ dankbar an und auf. Und im Gegensatz zu „rekonstruierten Aufführungen“ blieb hier der Prunk, die Ausstattung mit oberstes Gebot. Und um etwaiger Langeweile vorzubeugen, ersann man sich burleske tänzerische Zwischenspiele, sogenannte Intermedien. d) Die commedia erudita erstarrte nach und nach zu schablonenhafter Langeweile – und machte somit ihrem Gegenteil den Weg frei: der commedia dell’arte. 15 http://de.wikipedia.org/wiki/Angelo_Poliziano http://de.wikipedia.org/wiki/Torquato_Tasso 17 http://de.wikipedia.org/wiki/Giovanni_Battista_Guarini 16 THEATER IN DER RENAISSANCE THEATER IN DER RENAISSANCE – ALLGEMEIN 9 THEATER UND HUMANISMUS NÖRDLICH DER ALPEN Deutschsprachiger Raum Das Drama und die Bewegung des Humanismus nahmen nördlich der Alpen während der Renaissance nie die Bedeutung ein, wie im Süden. Im deutschsprachigen Raum lag der Fokus auf der grundlegenden Erneuerung der Kirche. Bedingt durch Erasmus von Rotterdam und dann Martin Luther kam es zu einer Spaltung der Kirche und offenen kriegerischen Auseinandersetzungen. Bauernkrieg18 1525 – 1526 feudale Zersplitterung war besiegelt: - in Westeuropa mächtige, fortschrittsorientierte Nationalstaaten - in Deutschland verharrten Territorien in Beschränktheit und Rückständigkeit Um den Protestantismus durchzusetzen, war es vor allem notwendig, dass das Individuum lesen konnte. Die Errichtung von öffentlichen Bibliotheken und Schulen war unabdingbar und für Luther ein absolutes Muss. In diesem Zusammenhang wies er immer wieder darauf hin, dass das Theaterspiel eine bedeutende pädagogische Maßnahme sei: "Comödien zu spielen soll man um der Knaben in der Schule willen nicht wehren, sondern gestatten und zulassen, erstlich dass sie sich üben in der lateinischen Sprache, zum andern, dass in Comödien fein künstlich erdichtet, abgemalet und fürgestellet werden solche Personen, dadurch die Leute unterrichtet und ein Iglicher seines Amts und Standes erinnert und vermahnet werde... solches wird in Comödien furgehalten, welchs denn sehr nütz und wol zu wissen."19 Davon angeregt erstand das SCHULTHEATER, dergestalt, dass man antike Dramen erst auf Latein, später auf Deutsch, erst in der Schule, später in Tanzsälen, Zunftstuben und Rathäusern aufführte. Bühne: neutral, wenige Versatzstücke, auf drei Seiten Zuschauer. Stoffe: das antike Schrifttum wurde immer mehr von der Bibel verdrängt20 Niederlande Aus dem Mittelalterspiel heraus entwickelte sich Laientheater der „Rederijker“ (Rhetoriker): allegorische Umzüge, lebende Bilder, Schwänke, Farcen, moralische Spiele Schweiz Ähnlich wie in den Niederlanden. Niklas Manuel machte aus dem überlieferten Fastnachtsspiel ein Kampfmittel gegen die römische Kirche. DER ABLASSKRÄMER und VOM BABST UND SEINER PRIESTERSCHAFT sind gekennzeichnet durch i) Revueform ii) groteske Figurengestaltung iii) derbe Zoten. Synthese von Fastnachtsspiel und Schuldrama JESUITENDRAMA: spektakuläre Geschichten um Tugend und Laster; Ausschöpfung des vollen Potentials an Bühnenmaschinerie und Spezialeffekten; inkl. virtuoser tänzerischer und musikalischer Einlagen: der absolute Kontrast zu den kunstfeindlichen Inszenierungen des protestantischen Schultheaters. Moral der Dramen: die von der Zeit ach so gepriesenen Verstandeskräfte seien letztlich auch Gottesgnade!!!! Nürnberg Synthese von Fastnachtsspiel, Humanismus und Schultheater: Hans Sachs21 18 http://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Bauernkrieg Martin Luther, Tischreden und Colloquia 20 Peter Simhandl, Theatergeschichte in einem Band, Seite 67: „Besonders beliebt waren Vorgänge und Figuren aus dem Alten Testament, denen ein moralischer Lehrwert abgewonnen werden konnte, wie zum Beispiel die Geschichten von Kain und Abel, Abraham und Isaak, Moses, Hiob, Rebecca und Susanna. In den Evangelien boten sich besonders die Gleichnisse vom verlorenen Sohn, von den Arbeitern im Weinberg, von den klugen und den törichten Jungfrauen sowie bestimmte Ereignisse aus dem Leben Jesu zur Dramatisierung an.“ 21 http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Sachs 19 THEATER IN DER RENAISSANCE Elsass – Strasbourg 1 0