coup d’Œil 84-jähriger Patient mit Synkope, progredienten Pleuraergüssen und Aszites Alexander Westphalena, David Ramsayb, DavidTüllera a b Kardiologie, StadtpitalTriemli, Zürich Kardiologie, Medizinische Klinik, Zuger Kantonsspital, Baar Die Autoren erklären, dass sie keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag haben. Fallbeschreibung Diskussion Ein 84-jähriger Mann wurde hospitalisiert wegen progredienter Atemnot, Gewichtszunahme und unklarer Synkope. Bei Eintritt fanden sich leise Herztöne, Unterschenkelödeme, gestaute Halsvenen, Pleuraergüsse und Aszites. Echokardiographisch wurde bei respiratorischer Variabilität der diastolischen Flussgeschwindigkeiten über den AV-Klappen und atemabhängiger Auslenkung des intraventrikulären Septums sowie einem indirekt gemessenen erhöhten ZVD die Verdachtsdiagnose einer konstriktiven Perikarditis gestellt. Zur Bestätigung der Verdachtsdiagnose wurde eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt, welche bei enddiastolischem Druckausgleich in allen Herzhöhlen (Abb. 1 x), respiratorischer Variabilität des linksventrikulären systolischen Druckes (Abb. 2 x) sowie Dip-plateau-Konfiguration (Abb. 3 x) das klassische hämodynamische Bild einer Konstriktion zeigte. Auffallend war zudem die unter Durchleuchtung sichtbare Perikardverdickung (Abb. 4 x). Bei fehlender früherer Bestrahlung oder Herzoperation sowie fehlender neoplastischer, immunologischer oder bakterieller Genese blieb letztendlich die Ursache der Perikardverdickung ungeklärt (DD postinfektiös, idiopathisch). Unter Steigerung der diuretischen Therapie besserten sich die Beschwerden des Patienten. Von einer Perikardektomie wurde aufgrund des Alters abgesehen. Die Pericarditis constrictiva ist das Resultat einer Fibrosierung und Verdickung mit daraus resultierendem Elastizitätverlust des Herzbeutels. Durch die von aussen wirkende Kraft wird die Füllung des Herzens behindert. Es kommt – da sich aufgrund des mobilen interventrikulären Septums die Hämodynamik der beiden Herzkammern gegenseitig verstärkt beeinflusst – zu einer gesteigerten respiratorischen interventrikulären Interaktion (sog. Interdependenz), zudem zu einer diastolischen Füllungsbehinderung mit beschleunigten frühdiastolischen Flussgeschwindigkeiten und einem gesteigerten und ausgeglichenen enddiastolischen Druck in sämtlichen vier Herzhöhlen. Die häufigsten Ursachen der konstriktiven Perikarditis sind idiopathisch oder viral (46%), nach Herzoperation (37%) oder Strahlentherapie (9%). Andere Ursachen (Kollagenosen, Malignome und posttuberkulöse, urämische oder purulente Perikarditis) sind insgesamt selten (8%) [1]. Klinisch dominieren Beschwerden im Rahmen der Volumenüberlastung oder des verminderten Herzzeitvolumens sowie gestaute Halsvenen. Typisch sind der Pulsus paradoxus, das Kussmaul-Zeichen und ein perikardialer Klick. Eine Konstriktion zeigt in der Echokardiografie folgende Befunde: atemvariable und gesteigerte initiale Einflussgeschwindigkeit in die Ventri- Abbildung 1 Enddiastolischer Druckausgleich in allen vier Herzhöhlen als wichtigstes Charakteristikum einer Pericarditis constrictiva, gleichermassen erhöhte Druckwerte (hier um 22 mm Hg). Links oben Druckkurve des linken Ventrikels (LV); rechts oben Wedge-Pressure-Kurve (PCW), dem Druck im linken Vorhof entsprechend; links unten Druckkurve des rechten Ventrikels (RV); rechts unten oben des rechten Vorhofs (RA). Der Pfeil zeigt jeweils den enddiastolischen Druck, welcher in allen Herzhöhlen gleich ist. Abbildung 2 Respiratorische Variabilität des linksventrikulären Druckes (entspricht dem Pulsus paradoxus) als Ausdruck der interventrikulären Interdependenz bei Pericarditis constrictiva, da sich wegen des mobilen interventrikulären Septums im rigiden Perikardsack die Hämodynamik der beiden Herzkammern gegenseitig verstärkt beeinflusst. Forum Med Suisse 2010;10(47):828–829 828 coup d’Œil Abbildung 3 Typische Dip-plateau-Konfiguration der ventrikulären Druckkurven (auch square root sign genannt, da die diastolische Druckkurve wie das mathematische Wurzelzeichen aussieht); zusätzlich endsystolischer Druck im rechten Ventrikel unter 50 mm Hg und weniger als ein Drittel des enddiastolischen Druckes als Kriterien für eine Konstriktion. kel (die sog. E velocity) bei normaler Bewegung des Mitralanulus (sog. E’ im tissue doppler), eine atemabhängige Auslenkung (septal shift) und abrupte frühdiastolische Gegenbewegung des interventrikulären Septums (septal bounce) sowie eine dilatierte untere Hohlvene und mögliche perikardiale Verdickung. Die Herzkatheteruntersuchung kann die Diagnose bei Vorliegen von atemvariablen Ventrikeldruckkurven, einer Dip-plateau-Konfiguration der ventrikulären Durckkurven (auch square root sign genannt) und klassischerweise eines enddiastolischen Druckausgleichs in allen vier Herzhöhlen beweisen. Das Verhältnis der Flächen zwischen der rechts- und linksventrikulären systolischen Druckkurve von In- zu Exspiration (als Ausdruck der interventrikulären Interdependenz) scheint ein zuverlässiges Kriterium zu sein, um eine Konstriktion von einer Restriktion zu unterscheiden [2]. Bei oligosymptomatischen Patienten kann eine konservative Therapie mit Diuretika und Salzrestriktion versucht werden. Die Therapie der Wahl bei einer Pericarditis constrictiva ist aber die Perikardektomie und führt bei einem Grossteil der Patienten zu einer Symptom- Abbildung 4 Kontrastmitteldarstellung des linken Ventrikels (sog. Laevokardiografie) mit sichtbarer Perikardverdickung (Pfeil: Trennlinie zwischen innen Myokard und aussen verdicktem Perikard). Eine Perikardverdickung kann besser im CT oder CMRI beurteilt werden, im konventionellen Röntgenbild (Seitenbild) sind lediglich allfällige Perikardverkalkungen sichtbar. verbesserung, wobei die perioperative Mortaliät je nach Ätiologie der Konstriktion sehr gross ist (5–20%). Korrespondenz: Dr. med. Alexander Westphalen Innere Medizin Kantonsspital Aarau AG CH-5001 Aarau [email protected] Literatur 1 Bertog SC; Thambidorai SK, Parakh K, Schoenhagen P, Ozduran V, Houghtaling PL, et al. Constrictive pericarditis: etiology and causespecific survival after pericardiectomy. J Am Coll Cardiol. 2004; 43(8):1445–52. 2 Talreja DR; Nishimura RA, Oh JK, Holmes DR. Constrictive pericarditis in the modern era: novel criteria for diagnosis in the cardiac catheterization laboratory. J Am Coll Cardiol. 2008;51(3):315–9. Forum Med Suisse 2010;10(47):828–829 829