ENTZÜNDUNG Definition: Entzündung ist die Reaktion des Organismus auf die Einwirkung eines Reizes, dessen Intensität so groß ist, dass an seinem Wirkungsort eine Struktur- und Funktionsschädigung entsteht Zweck: Neutralisation Lokalisation und Beschränkung Reparation Entzündungsreize 1. Physikalisch: Strahlen, Wärme, Kälte, mechanisch 2. Chemisch: Säuren, Laugen, Schwermetalle, Toxine Enzyme (z. B. Pankreatitis) 3. Mikroorganismen 4. Würmer und Insekten 5. Immunologisch: Allergien, Autoimmunerkrankungen 6. Maligne Neoplasmen Einteilung Pathologisch-anatomisch: ¾Exsudativ: serös (Serumdiapedese) fibrinös = pseudomembranös (Plasmadiapedese purulent = eitrig (Leukodiapedese) hämorrhagisch (Erythodiapedese) ¾Nekrotisierend oder alterativ: ulcerös gangräneszierend = verjauchend ¾Proliferativ: granulomatös Zeitlich: ¾Kurz dauernd (akut) ¾Lang dauernd (chronisch) DIE AKUTE ENTZÜNDUNG Kardinalsymptome nach Celsus ¾RUBOR ¾CALOR ¾TUMOR ¾DOLOR ¾FUNKTIO LAESA Verursacht durch: Gefäßerweiterung Permeabilitätssteigerung Austritt von Plasma und Entzündungszellen Aktivierung der molekularen und zellulären Effektormechanismen Zeitlicher Ablauf 1. Störung der Mikrozirkulation Reizeinwirkung Katecholamine Konstriktion Alteration Histamin Vaso-Dilatation Verbesserte Durchblutung, hellrote Verfärbung, Rubor Steigerung des Stoffwechsels, als Wärme empfunden, Calor 2. Steigerung der Gefäßpermeabilität Zustand der Gefäßwand beeinflusst durch ¾ Mediatoren: im Anfangsstadium Histamin Substanz P, Prostaglandine ¾Zerstörung der Basalmembran durch direkte thermisch Einflüsse, Enzyme (Proteasen) oder bakterielle Toxine ungenügende Filterwirkung, pathologisches Exsudat, Kompression der Lymphgefäße Flüssigkeitsansammlung, Schwellung, Tumor ¾Adhäsion von Thrombozyten an Gefäßwand-Thrombose Schmerzempfindung (Dolor): Wichtig zur Erkennung der Gefahr durch Noxen Noxe wirkt: ¾Direkt durch Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) ¾Durch Zellschädigung freiwerdende K+-Ionen ¾Mastzellaktivierung, Freisetzung von Histamin Freisetzung von Substanz P (Neurotransmitter), kann wieder Histamin freisetzen Positive Rückkopplung ¾Kontaktaktivierung des Hagemanfaktor, Bradykinin Produktion ¾Histamin und Bradykinin fördern die Bildung von PGE in intakten Zellen Heftige Entzündungen führen zu folgenden systemischen Veränderungen: ¾Leukozytose ¾Fieber ¾Veränderung der Plasmaproteine ¾Beschleunigte Blutsenkung ¾Erhöhter Neopterinspiegel in Blut und Harn LEUKOZYTOSE Produktions-Leukozytose Vermehrte Ausschwemmung von Leukozyten aus dem Knochenmark durch z.B. IL-1 Linksverschiebung 25.000 Leukozyten/mm3 im peripheren Blut Aktivierung der Leukozyten, besonders der neutrophilen Granulozyten Morphologisch: toxische Granula, Lysosomen Margination der Leukozyten Leukozytendiapedese ¾Neutrophile Granulozyten Aufgabe: Phagozytose und Inaktivierung der Noxe Freigesetzte lysosomale Enzyme verstärken Gewebszerstörung ¾Monozyten Nach Auswanderung aus Blutbahn Differenzierung zu Makrophagen beseitigen Abfallprodukte der Granulozyten Oberflächenrezeptoren, Phagozytose Angriff auf pathogene Mikroorganismen (Mykobakterien, Leishmanien, Toxoplasmen) FIEBER Bei Entzündungen, vor allem infektiöser Genese, Freisetzung von Mediatoren, die zu einer Erhöhung des Temperatur-Sollwertes im hypothalamischen Thermoregulationszentrum führen: ¾Exogene Pyrogene (Endotoxine Gram-negativer Bakterien) bei Kontakt mit Makrophagen Produktion von ¾Endogenen Pyrogenen Interferone induzieren endogene Pyrogene wie z.B. Interleukin 1, TNF α VERÄNDERUNG IN DER ZUSAMMENSETZUNG DER PLASMAPROTEINE IL-1 stimuliert die Leber zur Produktion von ‚Akute Phase Proteinen‘ Akute Entzündung: alpha-2 und beta-Globuline Chronische Entzündung: gamma-Globulin-Fraktionen Wichtigste Proteine (100-1000facher Anstieg) ¾C-reaktives Protein (CRP) ¾Serumamyloid A (SAA) CRP Name abgeleitet von Fähigkeit mit C-Polysaccharid der Pneumokokken zu reagieren. Bindet an Oberflächenstrukturen von Bakterien und Pilzen und erleichtert die Phagozytose (Opsonisierung) Aktiviert die Komplementkaskade (klassisch) Weitere Akute Phase Proteine: Mit 2-4 facher Erhöhung: alpha-1 anti-Trypsin alpha-1 anti-Chymotrypsin Fibrinogen Haptoglobin Anstieg um etwa 50% der normalen Serumkonzentration: Caeruloplasmin C3 Weitere Proteine die ansteigen: C2, C4, C6, C9, Faktor B Kininogen Serumferritin SAA Problem bei langandauernden Entzündungen: Durch Proteasen entstehen Spaltprodukte, die sich aneinander lagern und unlösliche Fibrillen bilden. Es entseht eine Begleitamyloidose vom retikulären Typ. BLUTSENKUNGSREAKTION (BSR) Globaler Indikator für die Zusammensetzung der Plasmaproteine. Durch Veränderung des Proteinmusters (alpha-2 Globuline) sedimentieren Erythrozyten schneller: Beschleunigte BSR über 25mm/h Normal 5-15mm/h Unspezifischer in vitro Parameter Sensitivität 98% CHRONISCHE ENTZÜNDUNG Akute Entzündung Heilung Elimination Chronisch Persistenz Tod Wichtigster Mediator IL-1: Proliferation von Fibroblasten Sekretion von Kollagen Kapselbildung Wichtige persistierende Reize ¾Fakultativ intrazellulär lebende Mikroorganismen (Mykobacterium tuberkulosis) Parasiten wie Leishmanien ¾Extrazelluläre Mikroorganismen (Salmonellen in Gallenwegen, Anaerobier in Zahngangränen) ¾Fremdkörper ¾Autoimmunerkrankungen ¾Tumore ¾Physikalische und chemische Reize Veränderungen von Makrophagen Zur Elimination, Lokalisation und Abkapslung von Entzündungsherden z. B. beim Granulom vom tuberkulösen Typ Zu Epitheloidzellen: Haben keine Rezeptoren für Phagozytose, gut entwickeltes Ergastoplasma Produktion von Fibroblasten-aktivierenden Faktor (FAF) Riesenzellen: Durch Zellfusion MEDIATOREN - Wirkstoffe der interzellulären Kommunikation - bei pathologischen Prozessen in Geweben oder Blut aus Vorläufern gebildet und sezerniert - meist parakrine Wirkung (selten: autokrin, endokrin) - unterschiedliche chemische Substanzen 1. Lipidmediatoren Arachidonsäuremetaboliten PAF = platelet activating factor 2. Biogene Amine Histamin, Serotonin 3. Kinine Bradykinin 4. Anaphylatoxine Komplementspaltprodukte C3a, C4a, C5a 5. Sauerstoffradikale 6. Interleukine und Interferone Mediatoren und ihre Wirkungen Gefäßtonus GefäßPermeabilität Thrombozyten -Aggregation Leukozyten Bronchien Magen Uterus Schmerz PGE2 Dilatation Zunahme Hemmung - Dilatation Schutz Kontraktion Auslösung PGF2α Kontraktion Kontraktion - PGD2 Kontraktion - Hemmung Chemotaxis Konstriktion - - Auslösung PGI2 Dilatation Zunahme Hemmung - - - - - TXA2 Kontraktion - Förderung - Konstriktion - - - LTB4 - Zunahme - Chemotaxis - - - - LTC4 Kontraktion Zunahme - - Konstriktion - - - LTD4 Kontraktion Zunahme - - Konstriktion - - - Kontraktion Zunahme Förderung Chemotaxis Konstriktion - - - Lipidmediatoren Arach-Sre.Deriv PAF ↑ Mucus-Sekretion ↑ Durchblutung - - - Konstriktion Schutz ↑ Mucus-Sekretion (Lungengefäße + Koronarien) Dilatation (periph. Gefäße) Mediatoren und ihre Wirkungen Gefäßtonus GefäßPermeabilität Thrombozyten -Aggregation Leukozyten Bronchien Magen Uterus Schmerz Dilatation Zunahme - - Konstriktion ↑ SäureProduktion Kontraktion Auslösung Biogene Amine Histamin (kleine Gefäße;über H1 und H2 -Re ze ptor) (über H1 Re ze ptor) Konstriktion (große Gefäße; über H1 - Re ze ptor) Serotonin = 5-Hydroxytryptamin Zunahme Förderung - Konstriktion - Kontraktion Auslösung Dilatation Zunahme - - Konstriktion - Kontraktion Auslösung Kontraktion Zunahme Förderung Chemotaxis Konstriktion - - Auslösung Dilatation Zunahme - Chemotaxis - - - - Dilatation oder Konstriktion (abh. von Kreislaufabschnitt) Kinine Bradykinin Anaphylatoxine C5a Sauerstoff-Radikale ⋅ O2 − Lipidmediatoren Arachidonsäuremetaboliten (= Eikosanoide) - entstehen aus Arachidonsäure (= 4-fach ungesättigte C20Fettsäure) - Arachidonsäure: aus Membran-Phospholipiden durch Phospholipase A2 freigesetzt A. Prostaglandine und Thromboxane Entstehung durch Cyclooxygenase (COX) katalysiert B. Leukotriene Entstehung durch Lipoxygenase (LOX) katalysiert C. Lipoxine vor kurzem entdeckt, biolog. Bedeutung unklar Wirkung: - Superoxidanion-Radikal-Produktion - Freisetzen lysosomaler Enzyme aus Leukozyt Interferone = Glykoproteine: gebildet als Antwort auf virale bzw. bakterielle Infektion oder auf antigenen bzw. mitogenen Stimulus IFN-α: von Leukozyten gebildet; v.a. antivirale Wirkung IFN-β: von Fibroblasten gebildet; v.a. antivirale Wirkung IFN-γ: von T-Zellen gebildet; v.a. immunmodulatorische Wirkung Antivirale Wirkung Nicht direkte Wirkung auf Virus, sondern Wirkung auf befallene Zelle → Hemmung von Virus-Replikation Immunmodulatorische Wirkung - antiproliferativ, antimitogen - autokrine Steigerung von IFN-Synthese - Induktion der Freisetzung weiterer Mediatoren - ↑ NK-Aktivität - ↑ Makrophagen-Aktivität - ↑ Expression von MHC-Antigenen - Reversion von malignen Phänotyp