Veränderung großräumiger Starkniederschläge im Klimawandel Mitteleuropas WETRAX (Weather Patterns, CycloneTracks and related precipitation Extremes) ist eine bilaterale Kooperation deutscher und österreichischer Forschungsinstitutionen sowie behördlicher Entscheidungsträger aus dem Hochwassermanagement. Am 18. Juni 2015 werden die Ergebnisse aus drei Jahren Forschung im Rahmen der Abschlussveranstaltung in Wien vorgestellt und gemeinsam mit den Experten diskutiert. Projektdurchführung Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Abteilung für Klimaforschung (Projektleitung) Universität Augsburg, Institut für Geographie Projektauftraggeber Auf österreichischer Seite: Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft; Sektion IV – Wasserwirtschaft Auf deutscher Seite: Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz; Referat 54 Monitoring, Wasserhaushalt und Warndienste (vertreten durch das Bayerische Landesamt für Umwelt) Bayerisches Landesamt für Umwelt; Referat 81 – Klimawandel und Wasserhaushalt Bundesanstalt für Gewässerkunde – Referat M2; Wasserhaushalt, Vorhersagen und Prognosen Fachliche Begleitung Deutscher Wetterdienst; Referat Hydrometeorologische Beratungsleistungen 1. Was wurde untersucht (und was kann diese Studie nicht leisten)? Im Projekt WETRAX wurde die Veränderung von großräumigen Starkniederschlägen im Klimawandel für den Zeitraum 1951bis 2100 untersucht. Diese Niederschläge haben das Potential zu großräumigen, extremen Flusshochwassern wie z.B. im August 2002 oder im Mai 2013 an Donau und Elbe. Das Untersuchungsgebiet umfasst Süddeutschland, Österreich und angrenzende Teile der Schweiz sowie Tschechiens. Kleinräumige, konvektive Niederschläge, die nur in Einzelfällen substanziell zu extremen Niederschlägen in einer gesamten Region beitragen, werden in der Studie explizit nicht untersucht. Als innovativer Ansatz wurden starkniederschlagsrelevante Muster der atmosphärischen Zirkulation nach zwei verschiedenen Vorgehensweisen bestimmt und ausgewertet. Diese Muster umfassen einerseits großräumige Zirkulationstypen („Wetterlagen“) und andererseits Zugbahnen von Tiefdruckgebieten. Die Ergebnisse zeigen, dass viele großräumige Starkniederschläge in Mitteleuropa mit nur wenigen Zugbahnen und Zirkulationstypen erklärt werden können. Das bedeutendste Muster dabei ist ein persistentes Höhentief über dem Alpenraum in Verbindung mit einem Bodentief, welches sich von Oberitalien in Richtung Polen verlagert und große Wassermengen aus dem Mittelmeerraum auf den Kontinent transportiert. Die Erkenntnisse sollen helfen, hochwasserrelevante atmosphärische Vorgänge besser verstehen zu können und Entscheidungsträger im Hochwassermanagement mit belastbaren Fakten in der Entwicklung von Klimawandelanpassungsstrategien zu unterstützen. 2. Welche Änderungen sind in Zukunft zu erwarten? Die Auftrittshäufigkeit von starkniederschlagsrelevanten Zugbahnen und Zirkulationstypen hat sich in den letzten Jahrzehnten kaum statistisch signifikant verändert. Einzig ein Zugbahntyp, der für Osteuropa von Bedeutung ist, zeigt eine deutliche und signifikante Zunahme. In der Zukunft ist speziell im Sommerhalbjahr (Mai bis Oktober) ein deutlicher Rückgang in der Auftrittshäufigkeit von starkniederschlagsrelevanten Zugbahnen zu erwarten, der sich auch bei einem Teil der entsprechenden Zirkulationstypen („Wetterlagen“) zeigt. Im Winter (Dezember bis Februar) ist dagegen mit einer Zunahme von Westwetterlagen zu rechnen, die in einigen Regionen zu vermehrten Starkniederschlägen führen können. Sowohl die Intensität als auch die Häufigkeit von starken Gebietsniederschlägen wird bis zum Jahr 2100 im Herbst und Winter um 5% bis 15% zunehmen. Im Sommer hingegen ist ein Rückgang von -10% bis -30% zu erwarten. Die saisonale Zunahme der Niederschlagsmengen in den Herbst- und Wintermonaten kann vor allem auf die Zunahme der verfügbaren Feuchtigkeit der wärmeren Luftmassen zurückgeführt werden. Daneben spielen Änderungen in der Verweildauer und der Intensität der Tiefdruckgebiete eine weitere Rolle. Der sommerliche Rückgang starker Gebietsniederschläge hängt mit der Verstärkung antizyklonaler Zirkulationsmuster und damit vorwiegend mit dynamischen Prozessen zusammen. Die Ergebnisse über zukünftige Änderungen basieren auf statistischen Methoden, die auf die Simulationsergebnisse der globalen Atmosphärenmodelle ECHAM5, ECHAM6 und IFS angewendet wurden. Diese Modelle stellen eine Teilkomponente der für den vierten und fünften Sachstandsbericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC 2007 und IPCC 2013) durchgeführten Erd-System-Modellierungen („Klimamodelle“) ECHAM5/MPIOM, MPI-ESM und EC-EARTH dar. 3. Wer ist besonders betroffen? Gibt es regionale oder jahreszeitliche Unterschiede? Die deutliche Abnahme der Starkniederschlagshäufigkeit und der Starkniederschlagsmengen im Sommer gilt für alle untersuchten Regionen im Untersuchungsgebiet. Die mäßige Zunahme im Winter und Frühling betrifft insbesondere die nördlicheren Gebiete. Die Klimamodelle weisen allerdings auch eine sehr hohe interne Variabilität schon in der Gegenwart auf. Wirkungen durch den verstärkten Klimawandel sind oft erst in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts deutlich ausgeprägt. Die Änderungen in den kommenden Dekaden sind weniger einheitlich und weisen je nach Modell sogar gegenläufige Entwicklungen auf. 4. Wie sind die Hochwasserereignisse 2002 und 2013 einzuordnen? Die Hochwasserereignisse vom August 2002 und Mai/Juni 2013 wurden durch ausgeprägte Höhentiefs über Mitteleuropa ausgelöst, welche jeweils in Verbindung mit starken Bodentiefs standen. Diese kamen aus Oberitalien in 2002 sowie aus dem Bereich des Balkans in 2013 und waren für den Sommer ungewöhnlich stark. Die zu diesen Zeitpunkten vorhandene hohe Bodenfeuchte und das hohe Temperaturniveau (2002) bzw. der starke Temperaturgegensatz über Mitteleuropa (2013) der spätsommerlichen bzw. frühsommerlichen Atmosphäre haben wesentlich zum Ausmaß der Ereignisse beigetragen. Obwohl die dazugehörigen Zirkulationsmuster sehr speziell sind und in dieser Intensität nur selten auftreten, ist auch in einem geänderten Klima mit derartigen herausragenden Ereignissen rechnen. Die Zunahme der Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit in der Klimazukunft lässt - trotz der aufgezeigten mittleren Abnahmen der moderaten Extrema im Sommer – ähnliche oder sogar noch extremere Ereignisse als 2002 oder 2013 erwarten. Diese Aussage wird vor allem durch die gesonderte Analyse der Vb-Ereignisse gestützt, welche auch für im Sommer eine Zunahme der herausragenden Extrema aufzeigt. Um das Auftreten von außergewöhnlichen Starkniederschlagsereignissen wie im Fall von Vb besser verstehen – und damit Veränderungen im Auftreten von derartigen Ereignissen besser abschätzen – zu können, bedarf es weiterer intensiver Forschungsarbeit.