Zukünftige Klimaänderungen und mögliche Folgen für Klosterneuburg © Christian Brandstätter Verlag Wien Workshop, 14. Oktober 2011 Maria Balas, Astrid Felderer Inhalt Klimawandel – was bedeutet das? Ein Blick in die Vergangenheit Wie wird das Klima im 21. Jahrhundert? Welche Bereiche sind vom Klimawandel betroffen? 2 Klimawandel – was bedeutet das? 3 momentaner Zustand der Atmosphäre (zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort) Charakter des Wetters über einige Tage oder eine Jahreszeit Durchschnitt aller Wettererscheinungen an einem Ort o. einer Region über einen längeren Zeitraum (min. 30 Jahre) 4 Das Klimasystem 5 Quelle: www.klima-der-erde.de Klimawandel Klimawandel über längere Zeit andauernde Abweichungen vom langjährigen Mittelwert Sonnenaktivität KLIMAFAKTOR MENSCH Vulkanismus Wechselwirkungen Erdoberfläche Quelle: Paeth 2007 (verändert) CO2-Konzentration in den letzten 250 Jahren von ca. 280 auf 385 ppm angestiegen übertrifft die natürliche Bandbreite der letzten 650.000 Jahre 6 Ein Blick in die Vergangenheit 7 Klimawandel findet statt! Mittlere Sommer- und Wintertemperatur im Alpenraum 1760-2007 (relativ zum Mittel 1851-2000) (Quelle: ZAMG) Zunahme d. Jahresmitteltemperatur im Alpenraum u. in Österreich seit vorindustrieller Zeit rund 2°C = 2,5 fache Erwärmungsrate im Vergleich zum globalen Mittel (+0,8°C) Seit Mitte 1970er Jahre +1,5°C Erwärmung stärker im Sommer als im Winter 8 8 Klimawandel findet statt! ~ 1 °C (Quelle: ZAMG) 9 Klimawandel findet statt! Österreich (v.a. Alpenraum) reagiert besonders sensibel auf klimatische Änderungen Seit dem letzten Gletscherhöchststand (ca. 1850) haben die österr. Gletscher mehr als 50% ihrer Fläche verloren Wahrnehmbare Zunahme von meteorologischen Extremereignissen wie Hitzewellen, Starkregenereignisse, Trockenperioden, Massenbewegungen, etc. Veränderung von Ökosystemen – Verschiebung von Arealgrenzen Änderungen in der Biodiversität – Ausbreitung wärmeliebender, nichtheimischer Pflanzen und Tiere Veränderung der Vegetationszeiten – frühere Blattentfaltung und Blüte (1,4 bis 3,1 Tage pro Jahrzehnt in den letzten 50 Jahren) 10 Klimawandel findet statt! 11 Quelle: Glletscherarchiv.de Wie wird das Klima im 21. Jahrhundert? 12 Klimaszenarien - global Globale THG-Emissionen [GtCO2 eq/Jahr] Quelle: IPCC 2007: WG1-AR4 Sehr unterschiedliche Treibhausgasszenarien (politischgesellschaftlicher Unsicherheitsfaktor) Daher auch sehr unterschiedliche Temperaturszenarien Die Modellunsicherheiten sind durch den grauen Balken dargestellt Klimaszenarien - global Treibhausgasemissionen: aktuell vs. IPCC Szenarien 14 Klimamodelle Sind komplexe physikalische Modelle, die das Klimasystem in vereinfachter Form abbilden Dadurch ist möglich, Vorgänge im Klimasystem zu simulieren. Enormer Rechenaufwand notwendig Globale Klimamodelle räumliche Auflösung von 100 bis 150 km Regionale Klimamodelle höhere räumliche Auflösung (10 x 10 km) Ergebnisse zeigen eine Bandbreite der möglichen Entwicklungen auf 15 regionales Modell Quelle: ZAMG globales Modell Klimaszenarien - Alpenraum TEMPERATUR Veränderung der Durchschnittstemperatur 2021/2050 - 1971/2000 (HADCM3/CCLM/A1B) (Quelle: reclip:century) Periode 1971-2000 Mitteltemperatur Hohe Warte 10,2 °C Bis 2050 Zunahme der Mitteltemperatur um ca. 2,5 – 2,8 °C Klimaszenarien - Alpenraum NIEDERSCHLAG Zeitraum 1971-2000 Jahresniederschlag Hohe Warte im Durchschnitt 620 mm Veränderung des saisonalen Niederschlags (SOMMER – WINTER) 2021/2050 - 1971/2000 (HADCM3/CCLM/A1B) (Quelle: reclip:century) Abnahme des Sommerniederschlags Zunahme des Winterniederschlags Saisonale Trends nach Klimaregionen Niederschlag 1971/2001 - 2021/2050 Veränderung in % (2x A1B) Temperatur 1971/2001 - 2021/2050 Anstieg in °C (2x A1B, B1) Winter 2,2 ++ 1,8 1,8 1,6 Frühling +8% 1,6 + 1,2 =/+13% 1 +10% +13% +7% ~- -10/+10% 1,2 <-/= 1,2 1,2 + +13% 1,7 1,8 1,2 1,1 +11% <-/-> (Quelle: reclip:century) <-/-> -13%/= <-/= <-/= Saisonale Trends nach Klimaregionen Temperatur 1971/2001 - 2021/50 Anstieg in °C (2x A1B, B1) Niederschlag 1971/2001 - 2021/50 Veränderung in % (2x A1B) +++ 2,3/0,6 Sommer 2,3/1 2,3/1,2 2,5/1,3 ++ -10%/<- 2,3/1,7 Herbst 1,9 1,9 2,1 2 - -8%/<- <- 1,9 1,8 = <- 2,3/1 2,5/1,1 2,5/1,1 - <- =/<- (Quelle: reclip:century) =/-15% <<- -9%/<- <<-/-8% =/-12% Klimaszenarien - Alpenraum STARKREGENEREIGNISSE große Unsicherheiten gegeben bis 2050 mögliche Zunahme der Starkregenereignisse höhere Niederschlagsvariabilität im Sommer (Quelle: reclip:century) Klimaszenarien - Alpenraum SOMMERTAGE (>25 °C) Zwischen 1971-2000 durchschn. 56 Sommertage/Jahr (Hohe Warte) bis 2050 Zunahme um ca. 17-22 Tage (Quelle: reclip:century) Klimaszenarien - Alpenraum HITZETAGE (>30 °C) HITZEPERIODE NACH KYSELY (MIND. 3 AUFEINANDERFOLGENDE TAGE MIT TMAX >=30 °C Zwischen 1971-2000 durchschn. 11,3 Hitzetage/Jahr (Hohe Warte) bis 2050 Verdoppelung der Hitzetage (durchschn. 26-29 Hitzetage/Jahr) Quelle: Kromp-Kolb & Schwarzl 2005 Quelle: www.ufo-neudorf.at Klimaszenarien - Alpenraum FROSTTAGE (TEMPERATURTAGESMINIMUN <0 °C) Zwischen 1971-2000 durchschnittlich 66 Frosttage/Jahr (Hohe Warte) bis 2050 Abnahme der Frosttage um ca. 25 – 28 Tage/Jahr (Quelle: reclip:century) ZUSAMMENFASSUNG TRENDS • Anstieg der Durchschnittstemperatur • Zunahme der Sommertage • Verdoppelung der Hitzetage • Abnahme der Frosttage • Verlagerung des Niederschlags vom Sommer in den Winter • Erhöhte Niederschlagsvariabilität 24 Welche Bereiche sind vom Klimawandel betroffen? Tourismus/Naherholung Siedlungen/ Infrastruktur Gesundheit Belastungsklima Naturgefahrensituation Land- und Forstwirtschaft Wasser Naturgefahren = Hochwässer, Murgänge, Rutschungen, Lawinen, Steinschläge und Felsstürze Naturgefahren seit jeher eine Bedrohung Grundsätzlich Zunahme des Schadenpotenzials durch Siedlungsausdehnung/Wertsteigerung © www.nzz.ch Klimawandel zusätzlicher Faktor Erhöhung des Naturgefahrenpotenzials durch: Zunahme extremer Wetterereignisse (Starkniederschläge, © www.skywarn.at Stürme, Hagel, Dürre, etc.) (v.a. im Sommer) Verändertes Abflussregime Auswirkungen auf : Siedlungen, Infrastruktur, Forstwirtschaft, Tourismus, …. Beeinträchtigung/Beschädigung von Verkehrswegen, Stromleitungen, Wanderwegen etc. hohe volkswirtschaftliche Kosten 26 Forstwirtschaft hohe Empfindlichkeit gegenüber klimatischen Veränderungen hohe ökonomische, gesellschaftliche und landeskulturelle Relevanz Prinzipiell: höhere Zuwachsleistungen möglich Veränderung der Artenzusammensetzung im Wald Erhöhter Wasserbedarf durch steigende Temperaturen, längere Vegetationsperioden, stärkere Verdunstung Weniger Niederschlag im Sommer Trockenheit Zuwachsverluste infolge schlechter Wasserversorgung Starkniederschläge Bodenerosion Sturmschäden Mildere Winter & längere Sommer begünstigen Vermehrung & Ausbreitung von Schadinsekten (Eichenprozessionsspinner) verminderte Widerstandskraft klimabedingt vorgeschwächte Wälder Klimawandelfolgen beeinträchtigen Nutzwirkung, Wohlfahrtswirkungen, Schutzwirkung und die Erholungswirkung © Biosphärenpark Wienerwald Management Landwirtschaft - Weinbau Verlängerung der Vegetationsperiode Zunahme der Spätfrostgefahr zum Zeitpunkt des Austriebs Starkniederschläge Bodenerosion Auftreten neuer Rebkrankheiten und von Schädlingen Vorverlegung des Lesetermins (August?) Zunehmende Bedeutung des Bodens Veränderungen der Weinqualität (Zucker – Säureverhältnis) Schlechtere Anbaubedingungen für frühreife Arten © www.holiday.check.at Tourismus und Naherholung „Stadt im Grünem“ mit hohem Erholungswert Wienerwald als Naherholungsgebiet Zunahme der Sommertage und Verdoppelung der Hitzetage Veränderung der Luftqualität höhere Ozonbelastung Starkregenereignisse Erhaltungsaufwand für Wege © www.klosterneuburg.at Trockenheit Erhöhung der Waldbrandgefahr Vermehrtes Auftreten von Krankheitsüberträgern Ausbreitung allergener Pflanzen Verschlechterung der Wasserqualität (Badedermatitis) © www.cusoon.at/wandern-durch-den-naturparkeichenhain 29 Ökosysteme/Artenvielfalt Standortfaktoren (Bodenart, Hydrologie, Landschaftstruktur) und Klima prägen die Vielfalt auf allen Ebenen Von zahlreichen Faktoren beeinflusst Klimawandel zusätzliche Gefahr Klima beeinflusst direkt Physiologie und Stoffwechsel: © www.ulrich-kelber.de Pflanzen werden durch Strahlung, Temperatur und Wasserverfügbarkeit beeinflusst Tiere werden vor allem vom Temperaturregime beeinflusst Der zeitliche Verlauf von Lebensvorgängen und das Durchlaufen charakteristischer Phasen wird vom Klima und der Witterung bestimmt (Blattaustrieb, Fruchtreife, Reproduktion, Zugverhalten, Zunahme der Generationen bei Insekten etc.) Indirekter Einfluss des Klimas: Menge und Art des Nahrungsangebotes, verschiedene Bodeneigenschaften und weitere Habitateigenschaften Veränderung der Anzahl der Arten und der Artenzusammensetzung in Lebensgemeinschaften und Biotopen Ausbreitung von Generalisten (wärmeliebende, nicht heimische Arten) allergene Pflanzen und Krankheitsüberträger Neue Konkurrenzsituation in den Ökosystemen, die derzeit schwer abschätzbar ist 30 Gesundheit Höhere Temperaturen und Hitzebelastung: Generell Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit Hohe thermophysiologische Belastung (bes. ältere, gesundheitlich vorbelastete, Kinder, etc.) Flüssigkeitsmangel, Verschlimmerung von Vorerkrankungen, Hitzekrämpfen erhöhte Mortalitätsrate Geringe nächtliche Abkühlung © www.diepresse.com Veränderungen der Ausbreitungs- und Übertragungsbedingungen für Krankheitsüberträger (Zecken - FSME) Kürzere Generationsdauer, längere Aktivitätsperioden, Etablierung und Einschleppung neuer Vektorarten und Krankheitserreger Verändertes Auftreten biologischer Allergene (Pollen, Raupenhaare, Sporen) 31 Gesundheit Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea L.) © www.forst.bayern.de © www.forst.bayern.de © www.forst.bayern.de 32 Gesundheit Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea L.) © www.forst.bayern.de © www.myallergo.de 33 Gesundheit Höhere Temperaturen und Hitzebelastung: Generell Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit Hohe thermophysiologische Belastung (bes. ältere, gesundheitlich vorbelastete, Kinder, etc.) Flüssigkeitsmangel, Verschlimmerung von Vorerkrankungen, Hitzekrämpfen erhöhte Mortalitätsrate Geringe nächtliche Abkühlung © www.diepresse.com Veränderungen der Ausbreitungs- und Übertragungsbedingungen für Krankheitsüberträger (Zecken - FSME) Kürzere Generationsdauer, längere Aktivitätsperioden, Etablierung und Einschleppung neuer Vektorarten und Krankheitserreger Verändertes Auftreten biologischer Allergene (Pollen, Raupenhaare, Sporen) Verschlechterung der Luftqualität (Sommersmog, Ozon) Zunahme der UV-Strahlung durch Abnahme des stratosphärischen Ozons Sonnenbrand, vorzeitige Hautalterung, höheres Risiko für Hauttumore und –krebs Höhere Anforderungen an Lebensmittelhygiene (Zunahme lebensmittelbedingter Infektionen) 34 Siedlungsentwicklung / Bauen und Wohnen Stadtklima geprägt durch Wechselwirkungen aus Versiegelung/Verbauung/Verkehr/Industrie Hoher Versiegelungsgrad und dichte Verbauung verstärken Hitzebelastung Bedarf an Luftschneisen und Kaltluftentstehungsgebieten Steigendes Naturgefahrenpotenzial durch Starkregenereignisse (kleinräumig) Überlastung gebäude- und siedlungsbezogener Regenentwässerungs- und Abwasserentsorgungssysteme Verringerter Heizbedarf Erhöhter Kühlbedarf im Sommer Wasser Verlagerung des Niederschlagsmaximums vom Sommer- ins Winterhalbjahr Mehr Starkniederschläge im Sommer: kleinräumige Überflutungen u. Massenbewegungen Beeinflussung der Trinkwasserqualität 35 © www.1001-stadtplan.de DANKE für Ihr Interesse! Maria Balas und Astrid Felderer Abt. Umweltfolgenabschätzung und Klimawandel T: +43-(0)1-313 04/3457 oder +43-(0)1-313 04/3246 [email protected] [email protected] www.klimawandelanpassung.at Umweltbundesamt www.umweltbundesamt.at Vernetzt im Klimawandel Klosterneuburg ■ 14.Oktober 2011