Klinik-Puzzle in 3-D

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MODULBAU
Klinik-Puzzle in 3-D
Soll der Betrieb während einer Bauphase weitergehen, setzen immer mehr Kliniken auf den Modulbau.
Auch die Charité hat für die Sanierung ihres Bettenturms ein solches Ausweichquartier genutzt. Das
Interimsgebäude punktet mit schneller Bauzeit und lässt sich jederzeit wieder abreißen – in Berlin könnte
es sogar eine Dauerlösung werden.
W
er Anfang Februar 2013 das
Berliner Nachtleben genossen hat, dem sind sie vielleicht begegnet: lange Schwerlasttransporter mit riesigen Containern, die
von der Polizei metergenau durch die
engen Straßenschluchten gelotst wurden. An Bord hatten sie ein Krankenhaus, das zunächst in Einzelteilen angeliefert und anschließend an Ort und
Stelle zusammengebaut wird. Das Ziel
war die Luisenstraße in Mitte, wo das
bisher größte Sanierungsprojekt in der
Geschichte der Charité stattgefunden
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hat. Es umfasste die Sanierung des
1982 errichteten Bettenhochhauses einschließlich eines Neubaus des
zentralen Operationssaals und einer
Rettungsstelle in der Philippstraße.
Als sei die Maßnahme nicht schon
schwierig genug, musste die Sanierung
bei laufendem Betrieb stattfinden. Um
die Patienten nicht durch Baulärm zu
stören, hat die Charité daher für die
Bauphase 100 Meter westlich des
Bettenhochhauses einen Interimsbau
errichtet. Das besondere daran: Das
neue Bettenhaus der Charité Campus
Klinik (CCK) besteht komplett aus
jenen Containermodulen.
Die Sanierung des 82 Meter hohen
und weithin sichtbaren Wahrzeichens
der Universitätsklinik mit insgesamt
21 Stockwerken ist jahrelang heiß diskutiert worden. Letztendlich haben
sich die Betreiber für die Sanierung
entschieden. Dass der Bettenturm sanierungsbedürftig war, zeigte schon
die bröckelnde Fassade. „Die Anforderungen an ein modernes Bettenhaus
waren dort nicht mehr gegeben“, so
report bauen & planen Juli/August 2017 | 10. Jg
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Fotos: Charité
BAUEN UND AUSSTATTEN
BAUEN UND AUSSTATTEN
Kurze Bauzeit: Seit Februar 2013 lieferte der Hersteller auf dem Campus Mitte
der Berliner Charité täglich zwölf Baumodule an. Das fertige Ausweichklinikum besteht aus 160 Einzel­segmenten
in vier Stockwerken.
Mission erfüllt: Die Sanierung des Bettenturms ist mittlerweile abgeschlossen. Die Charité Campus Klinik steht
trotzdem noch, aktuell befinden sich
dort Teile der Herzmedizin. Ein Abriss
ist derzeit nicht geplant.
Marion Pfeil, Sprecherin des Infocenters Bau der Charité. Die Patienten wurden während der Sanierung
im neuen viergeschossigen Modulbau
untergebracht. Auch die Abteilungen
Allgemeinchirurgie, Geburtsmedizin,
Gynäkologie (einschließlich Brustzentrum), HNO, Intermediate Care Unit,
Kardiochirurgie, Kardiologie, Nephrologie, Orthopädie, Rheumatologie
und Urologie fanden dort ihren Platz.
Das neue Gebäude, das aus 160 Einzelmodulen besteht und sogar eine Cafeteria beherbergt, steht an der Stelle
eines früheren Versorgungsgebäudes
am Bonhoefferweg.
erklärt Prokurist Hermann Bauer von
Cadolto. Dort angekommen, müssen
sie nur noch zusammengesetzt werden. Die Campusklinik besteht aus
insgesamt vier Ebenen, denn höher
durften die Planer das Gebäude aus
denkmalschutzrechtlichen Gründen
Schlüsselfertig angeliefert
nicht bauen. Wenn man die neuen
Räumlichkeiten betritt, fällt auf wie
großzügig die Flure und Patientenzimmer angelegt sind. Auch die warmen Farbtöne des Interieurs und die
ziegelrote Fassade sind ansprechend.
Von außen macht das Gebäude trotz
ziegelroter Außenfassade allerding
nicht viel her. „Klar bilden wir uns
Die Container stammen von der Nürnberger Firma Cadolto. Jedes Modul
wiegt etwa 27 Tonnen und ist 17 Meter lang, 4 Meter breit und 3,86 Meter
hoch. „Wir bauen die Module zu fast
100 Prozent in unserer werkseigenen
Fertigungshalle und liefern sie Schlüsselfertig zu ihrem Bestimmungsort“,
10. Jg. | Juli/August 2017
nicht ein, mit dem Gebäude einen Architekturpreis zu gewinnen. Aber das
ist ja auch nicht unser Ziel. Unser Ziel
war, die Leute unterzubringen und ein
möglichst kostengünstiges Konzept
auf die Beine zu stellen“ so Christian
Kilz, Bauabteilungsleiter der Charité.
Unser Ziel war, die Leute unterzubringen
und ein möglichst kostengünstiges
Konzept auf die Beine zu stellen.
Christian Kilz, Abteilungsleiter Bau-, Anlagen- und Flächen­
management der Charité.
report bauen & planen
Auch in der eigenen Belegschaft gab
es zunächst Vorbehalte, schließlich
reduziert sich die Gesamtfläche des
Bettenturms von 22000 im neuen Modulbau auf 6000 Quadratmeter. Deshalb hat die Charité vor dem Errichten extra ein Originalmodul mit zwei
vollständig eingerichteten Patientenzimmern auf den Parkplatz am
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Form follows Function: Trotz schlichter Außenfassade merkt man dem
Gebäude nicht an, dass es aus Modulen
zusammengesetzt ist. Die Innenräume
sind hell, großzügig und in warmen
Farben gestaltet.
BAUEN UND AUSSTATTEN
Ich kann mir gut vorstellen, dass Krankenhausneubauten
in Zukunft zunehmend in Modulbauweise errichtet werden.
Bettenhochhaus gestellt. „Die Mitarbeiter waren positiv überrascht wie
großzügig und freundlich das alles
ist“, so Pfeil.
Miete spart Abrisskosten
Der große Vorteil der Modulbauten, auf die sich neben Cadolto auch
Hersteller wie ALHO oder ADKModulraum spezialisiert haben, ist
die schnelle Fertigung. „Ein normales
Gebäudes zu bauen dauert etwa zwei
Jahre. Der Modulbau braucht dafür
hingegen nur ein halbes Jahr. Wenn sie
rechnen, wieviel Geld man in dieser
Zeit verdient, lohnt sich das sehr“, so
Bauer. Das war auch der Ausschlaggebende Grund für die Entscheidung
der Charité. Da die einzelnen Module
in den Werkshallen von Cadolto gebaut werden, gibt es auf der Baustelle
vor Ort deutlich weniger Baulärm. Ein
weiterer Pluspunkt ist, dass die Charité das Gebäude nicht selbst errichtet,
sondern mietet. Pro Jahr bezahlt die
Klinik dafür 3 Millionen Euro. Die
Herstellungskosten liegen bei rund 16
Millionen Euro. „Wenn wir es nicht
mehr benötigen, muss der Hersteller
das Gebäude zurückbauen. Diese Kosten sind im Mietpreis enthalten. Wir
haben auch die Option, den Mietvertrag zu verlängern und könnten es
sogar kaufen“, so Kilz.
Funktion vor Architektur
Modulgebäude sind derzeit für viele
Krankenhäuser eine Option, denn mit
den Fortschritten in der Medizintechnik stoßen vor allem ältere Gebäude
an ihre baulichen Grenzen. „Ich kann
mir gut vorstellen, dass Krankenhausneubauten in Zukunft zunehmend in
Modulbauweise errichtet werden.
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Grundfläche umfassende Neubau der
Module kann man austauschen und
schnell beseitigen, somit kann man
Klinik für Psychiatrie und Psychotheviel flexibler auf die ständig wechrapie in Düren. Der Hersteller ADKselnden Anforderungen reagieren“,
Modulraum aus Baden-Württemberg
argumentiert Kilz. Reinfried Sure,
fertigt selbst Büros und Schulen aus
ehemaliger Präsident der FachvereiniModulen, etwa die Kita des Klinikums
gung Krankenhaustechnik (FKT) und
Karlsruhe. Trotz regem internationafreier Berater im Klinikum Mittelbalen Interesses ist Deutschland derzeit
den, empfiehlt die Modulbauweise vor
der Vorreiter in Sachen Modulbau.
Dessen Marktpotenallem als Übergangslösung bei Sanieruntial schätzt Bauer auf
einige 100 Millionen
gen. Dass Neubauten
Euro jährlich. „Der
architektonisch andeutsche Markt ist
sprechender sind als
Einzelmodule
ausbaufähig. DageModu lbauten , g ibt
auch K ilz zu. „Dagen spricht allerdings,
DIE CHARITÉ CAMPUS
bei muss man wissen,
dass im Moment die
KLINIK BESTEHT AUS
160 EINZELMODULEN.
dass sich der moderne
Hälfte aller KrankenKrankenhausbau von
häuser in den roten
a nderen G ebäuden
Zahlen stehen - wobei
unterscheidet. Hier hat sich die Archidas für uns auch positiv ist, weil man
tektur der Funktion unterzuordnen.
lieber auf Modulbau setzt, statt sich
Man baut das Gebäude quasi um den
ein Luxusbauwerk hinzustellen.“
Operationssaal herum. Wichtiger als
die Architektur einer Fassade sind die
D er Um z ug i n d as m it t ler wei le
kurzen Wege.“
rundum erneuertes Charité Bettenhaus Mitte hat bereits im Dezember
2016 begonnen, heute sind fast alle
Als Dauerlösung geeignet
Nicht selten überdauern die Modulentsprechenden Stationen und Funkbauten sogar die ursprünglich angetionsbereiche erfolgreich eingezogen.
dachte Überganszeit, denn in punkDie Charité Campus Klinik steht
to Haltbarkeit stehen sie normalen
trotzdem noch, aktuell befinden sich
Gebäuden in nichts nach. Auch dedort Teile der Herzmedizin. Es könnren Größe ist flexibel und reicht von
te sogar sein, dass sie stehen bleibt.
60 Quadratmetern für ein Hybrid
„Die Charité ist eine erfolgreiche
OP-Modul bis zu kompletten Kliniken
Universitätsklinik und benötigt Exwie dem 19 000 Quadratmeter großen
pansionsfläche. Daher führen wir akZentrum für Kardiologie im russituell Untersuchungen durch, ob und
wie die Campus-Klinik nachgenutzt
schen Penza. Anbieter wie die ALHOwerden kann, bis das Land Berlin
Systembaugruppe mit Hauptsitz in
Nordrhein-Westfalen bauen Modulgeweitere Maßnahmen im Rahmen des
bäude, die sogar den PrimärenergiebeGesamtentwicklungsplans bewilligt“,
darf eines Passivhauses unterschreiten,
so Christian Kilz. zum Beispiel der 7 900 Quadratmeter
Martin Kucera
160
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Christian Kilz
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